The Swapper21.06.2013, Eike Cramer
The Swapper

Im Test:

Sein oder nicht sein? Diese Frage steht beim Puzzle-Plattformer The Swapper (ab 14,99€ bei kaufen) aus dem Hause Facepalm im Mittelpunkt. Während man seinen Weg durch eine verlassene Raumstation bahnt, erkundet man philosophische Grenzgebiete. Kann das Sci-Fi Abenteuer im Test überzeugen?   

Die Frage nach dem Sein

Wer sind wir? Was es ist, das uns von Tieren unterscheidet?  Viele nennen es Seele, einige nennen es Selbst, doch es gibt weder einen physischen noch einen metaphysischen Hinweis darauf, wie aus dem Chaos aus Nervenzellen, chemischer Reaktion und elektrischen Impulsen in unserem Gehirn so etwas Elementares wie das Bewusstsein für das eigene Ich entstehen konnte. Niemand weiß, wo sich dieses Ich versteckt, geschweige denn, ob es jemals möglich wäre die Persönlichkeit eines Menschen zu extrahieren und losgelöst vom Körper aufrecht zu erhalten.

Auch ich kann nicht erklären wie dieser merkwürdige Transfer meines Ichs stattfindet. Ich weiß nur, dass das Gerät in meinen Händen dazu fähig ist. Außerdem kann es  vier Kopien meiner selbst herstellen, die mein Verhalten exakt imitieren. Jede dieser leeren Hüllen kann ich mit einem einfachen Tastendruck übernehmen. Wie ein Energiestrahl bündelt der Swapper dann mein Bewusstsein und überträgt ihn auf einen dieser Klone, meinen Körper als unbeseelten Automaten zurücklassend. Gefunden habe ich dieses mysteriöse Gerät auf jenem verlassenen Planeten, auf dem meine Rettungskapsel notgelandet ist. In dieser habe ich die Raumstation Theseus, die im Orbit um den Planeten kreist, zwangsweise verlassen müssen. Doch wer mich ins All katapultierte, wer ich bin oder was passiert ist, weiß ich nicht. Ich weiß nur: Ich bin!

Komplexe Lichtspiele

Das Artdesign ist sehr abwechslungsreich und verbindet Elemente vieler Sci-Fi-Universen. Hier könnte Event Horizon Pate gestanden haben.
Das Artdesign ist sehr abwechslungsreich und verbindet Elemente vieler Sci-Fi-Universen. Hier könnte Event Horizon Pate gestanden haben.
Zurück durch den noch mit Energie versorgten Teleporter der leeren Mine finde ich mich auf der völlig verlassenen Raumstation wieder. Dunkle Gänge, sporadisch beleuchtete Säle, Schlafräume und Foschungseinrichtungen erwarten mich. Teilweise sind sie mit fremdartigen Pflanzen überwuchert und manchmal muss ich Vakuum und Schwerelosigkeit überwinden, um die nächste Kammer zu erreichen. Langsam taste ich mich durch die riesige Station und finde immer wieder Kugeln, die mir verschlossene Türen öffnen oder Zugriff auf verschlüsselte Konsolen gewähren. In regelmäßigen Abständen finde ich auch große, porös wirkende Felsbrocken, in deren Nähe mich das Gefühl beschleicht als würde jemand kryptische Worte direkt in meinen Verstand flüstern. Telepathie oder pure Einbildung? Und wer ist dieser andere Mensch, der sich offensichtlich noch in der Station umherbewegt, mir mal droht, mal hilft? Und was hat der Swapper mit dieser ganzen Situation zu tun?

Je weiter ich in die Station vordringe, desto komplizierter wird es, die wichtigen Entschlüsselungskugeln zu finden, um meinen Weg fortzusetzen. Ich muss immer komplexer werdende Rätsel lösen, um die versteckten Gegenstände zu erreichen. Im Weg sind mir dabei rote Lampen, die eine Übertragung meines Bewusstseins verhindern und blaue Lampen, in deren Lichtkegel ich keine Klone platzieren kann. Diese muss ich  ausschalten oder umgehen und dazu meine Gruppe aus Kopien geschickt positionieren, kniffelige Schalterrätsel entwirren und teils winzige Zeitfenster. Das fordert und lässt mich

Die düstere Atmosphäre von The Swapper wird durch die tolle Kulisse sehr gut transportiert.
Die düstere Atmosphäre von The Swapper wird durch die tolle Kulisse sehr gut transportiert.
manchmal lange Zeit über die Bewältigung einzelner Passagen grübeln, zumal einfaches Ausprobieren meist zu keiner Lösung führt. Einzig genaues Betrachten der Umgebung und Kenntnis der Funktionsweise des Swappers helfen mir die verschlossenen Passagen zu öffnen. Nach der Lösung eines Rätsels beschleicht mich allerdings oft genug das Gefühl, das Offensichtliche unbewusst ignoriert zu haben. Immer wieder schicke ich dabei meine Klone in den Tod, sind es doch nur seelenlose Hüllen, die an den Decks der Theseus-Station zerschmettern. Während mir kein Nachteil aus dem Ende meiner Kopien entsteht, wachsen in mir mit der Zeit aber Zweifel: Was ist, wenn mit jedem Tod doch ein Stück meiner Seele verschwindet? Schließlich kann ich meine Klone durch Berührung auch wieder zu mir selbst hinzufügen. Macht das einen Unterschied?     

Die Steine leben!

Im Laufe der Zeit erhalte ich über Terminals bruchstückhafte Informationen, was auf Theseus passiert ist. Im Mittelpunkt der Misere stehen dabei scheinbar diese merkwürdigen Steine, die so genannten Wächter. Sie besitzen tatsächlich telepathische Fähigkeiten und eine ganz besondere Form der Intelligenz. Sie „leben“ ohne lebendig zu sein, einzig durch ihr Bewusstsein für sich selbst.

Der Kontakt zu ihnen hat den Menschen den Swapper gebracht, denn ihre telephatischen Fähigkeiten, die scheinbar von der Crew untersucht wurden, sind eng mit der Bewusstseinsübertragung des Gerätes verknüpft. Doch was ist mit der Crew geschehen? Und wie kann ich Schlimmeres verhindern? Dies gilt es im Laufe meiner Reise durch die dunklen Gänge der Raumstation herauszufinden.

Jeder Schritt eine neue Frage

Mit jedem kleinen Stück der, werden meine Fragen drängender: Wie bin ich in diese Situation geraten und was haben die Entwicklungen auf Theseus mit mir tun? Wer bin ich überhaupt und wie ist mein Schicksal mit dem jener weiteren Person verbunden, die sich auf der Station aufhält? 

Das Besondere an The Swapper sind die philosophischen Fragen, die sich während des Spielens stellen.
Das Besondere an The Swapper sind die philosophischen Fragen, die sich während des Spielens stellen.
Zudem werden mir mit jeder Antwort auf eine Frage fünf neue gestellt: Wenn Steine ein Bewusstsein haben können, wenn dieses Gerät mein Bewusstsein kanalisieren kann, was ist es eigentlich, das mein Ich ausmacht? Stimmt es in diesem Zusammenhang, dass meine Klone nur leere Hüllen sind, oder verliere ich mit jedem ihrer Tode auch ein Stück meines eigenen Selbst? Und findet überhaupt ein Transfer der Seele statt?

Gibt es diese überhaupt? Die metaphysische Philosophie ist die Triebfeder meiner gesamten Reise und stellt mir zum Schluss eine der wichtigsten Fragen: Was macht uns menschlich? Sind wir was wir sind, nur weil wir sind, oder formen unsere Entscheidungen unser Selbst?

Fazit

The Swapper hat mich sehr beeindruckt. Das einzigartige Artdesign, die tollen Lichtstimmungen und die eindringliche Hintergrundmusik sorgen für eine ungemein dichte Atmosphäre. Theseus ist ein einsamer, aber extrem spannender Schauplatz, der durch seine Abwechlung und seine Dimensionen eine ungeahnte Faszination ausübt. Die einfache, aber sehr durchdachte Spielmechanik rückt die anspruchsvollen Rätsel in den Vordergrund, deren Lösung durch Trial-and-Error nur selten möglich ist. Nur genaues Studium der Umgebung, Planung und Kenntnis der spielmechanischen Zusammenhänge können die Passagen lösen. Noch besser ist aber die Erzählung der Geschichte, die durch Daten-Bruchstücke, telepathischen Kontakt mit den Wächtern und wenige Zwischensequenzen vorangetrieben wird. Dem Puzzler gelingt es, meine Fantasie durch kleine Informationsbrocken sowie angedeutete Zusammenhänge anzuregen und stellt mir gleichzeitig philosophische Fragen, die mich noch weit über das Ende hinaus beschäftigen. Im Zentrum des Spiels steht dabei die Frage nach dem Selbst und ob es so etwas wie eine Seele überhaupt geben kann. Die Vielschichtigkeit dieser Spielerfahrung, machen The Swapper zu etwas Besonderem. Dass es nicht für Platin gereicht hat, liegt an den etwas zu konservativen Rätseln, die sich meist auf dieselben Elemente wie Lampen sowie Schalter verlassen und bei der Lösung letztlich nicht die Euphorie eines Portal auslösen können.

Pro

tolle Atmosphäre
einzigartiges Artdesign
philosophischer Anspruch
interessante Geschichte mit spannender Erzählweise
durchdachte Spielmechanik
knackige Rätsel

Kontra

Rätsel oft etwas konservativ
Spielzeit etwas zu kurz
Detailschwächen in der Steuerung

Wertung

PC

Atmosphärisch stark, philiosophisch interessant: Ein anspruchsvoller Puzzle-Plattformer für Genießer!

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