Lula 3D11.07.2005, Paul Kautz
Lula 3D

Im Test:

Das Genre der Erotik-Spiele ist recht dünn besiedelt: Entweder bekommt man üblen Trash wie Rotlicht Tycoon oder harmlose Zotenreißer wie Larry 8 - von Tittenhüpfereien wie Bikini Karate Babes ganz zu schweigen. CDVs Vorzeige-Luder Lula hat nach zwei in jeder Hinsicht flachen Auftritten jetzt eine dritte Dimension dazugewonnen. Ob die frische Z-Achse für ein gutes Spiel ausreicht?

Luder von nebenan

Lula - war das nicht die Blondine in den zweifelhaften CDV-Adventures, bei der man sich ständig fragte, warum sie nicht andauernd vornüber fiel? Jaaaa, sie ist wieder da - wenn auch etwas später als erwartet: Das Spiel, ursprünglich als Shooter geplant, wurde im September 2000 angekündigt, der Release im Herbst 2001 schien sicher. Und dann der Herbst 2003. Und dann Anfang 2004. Zwischendurch schien das Projekt ganz vom Tisch, als sich CDV im Laufe einiger Einsparungsmaßnahmen

Lula in voller Pracht: In den Straßen von San Francisco geht ihr Abenteuer erst richtig los.

von ungeliebten Projekten (u.a. Imperium Galactica 3, das dann später als Nexus - The Jupiter Incident bei Vivendi wieder auftauchte) trennte - und nebenbei das Lula-Entwicklungsstudio schloss. Und auf einmal, ohne größere Vorwarnung, ist der deutsche, weibliche, aber nicht minder blonde Duke Nukem da - zu Ende entwickelt vom hauseigenen Programmierpraktikanten, wie es scheint...

Aber fangen wir ganz vorne an: Im Introvideo räkelt sich Nackedei Lula an der Tanzstange, während ihr gehirnamputierter Hund Dusty einen Gast als Rammelhausschuh missbraucht, und sich Lula darüber scheckig lacht. Abrupter Schnitt zum Spiel: Blondie ist Pornoproduzentin, der reichlich spät auffällt, dass ihre Drillings-Stars nicht pünktlich am Popp-Set auftauchen. Eine hysterische Suche später steht fest: die drei wurden entführt! Die Suche nach dem wertvollen Schauspielerfleisch führt Lula von Beverly Hills über San Francisco, Las Vegas und Mount Rushmore in eine zwielichtige Schönheitsfarm. Doch vor das »3D Action-Erotic-Adventure mit superspannender Story« (so der bescheidene Packungstext) haben die Entwickler den Kopierschutz gestellt: Wenn ihr Glück habt, dann läuft das Spiel bei euch. Wenn nicht (so wie bei uns), dann funktioniert es erst auf dem dritten Rechner - je nachdem, ob das Sicherungssystem will oder nicht.

Schneckengleich im Stöckelschuh

Lula 3D (ab 19,00€ bei kaufen) erinnert am ehesten an Simon the Sorcerer 3D: Hier wie dort steuert ihr den Protagonisten mittels Tastatur und Maus wahlweise aus Schulter- oder Ego-Perspektive durch die Landschaften, sammelt Gegenstände ein und versucht dieselben möglichst sinnvoll zu verwenden. In Lula 3D wird das gleich durch zwei Dinge erschwert.

Die in Lulas Villa aufgehängten Bilder gehören zu den besseren Gags des Spiels.

Erstens die Objekterkennung: In der Theorie wendet Lula ihren blonden Schopf automatisch jedem in der Nähe befindlichen Gegenstand zu, woraufhin dieser untersucht oder eingesackt werden kann. In der Praxis funktioniert das nur im Ausnahmefall. Viel öfter rotiert ihr wie ein verirrter Komet um ein Objekt, bis dem Programm eure Absicht klar wird und die Erkennung aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht.

Zweitens das Inventar: Bezeichnenderweise braucht Lula zum Ausstopfen ihres BHs keine Taschentücher, sie drückt da einfach alles rein, was ihr sonst in die Finger kommt. Allerdings ist die Bedienung dieser witzigen Idee schneckengleich langsam: Interessantes Objekt wird anvisiert, zum Einsacken markiert. Lula schnappt es sich, führt es laaaaaangsam in ihren BH, nimmt den Arm wieder runter, fertig. Wollt ihr etwas benutzen, muss die Heldin stehen bleiben, rechter Mausklick, Griff zum BH, Klick auf das Objekt, Lula zieht Gegenstand laaaaaaangsam aus BH, fertig. Sehr viel umständlicher geht es wirklich kaum - immerhin werden nur wenige Tasten zur Bedienung benötigt.         

Spielerisch erwartet euch eine Mischung aus klassischem Adventure (mit Personen schwätzen, Gegenstände benutzen, Puzzles lösen) und Actioneinlagen (Schießsequenzen, Autobahnraserei und mehr)

Hallo, ich stamme aus 1995: Das Figurendesign lässt Geschmack vermissen.

. Zwischendurch könnt ihr immer wieder Echtzeit-Zwischensequenzen auslösen, in denen sich Lula schauderhaft animiert mit ihrem Lieblingsdildo vergnügt oder eine Runde im Pool dreht. Die Puzzles bestechen kaum durch Logik, sind aber trotzdem meist kinderleicht zu lösen - schlicht weil es sowohl in den Gesprächen als auch im Inventar massig Hinweise gibt. Der geringe Umfang von gerade mal zehn Spielstunden wird durch Trial-and-Error-Aktionen, sehr viel Hin- und Hergerenne (wobei Lula sehr fußfaul unterwegs ist - kein Wunder, in Stöckelschuhen sprintet es sich nicht sehr gut), lange Ladezeiten sowie regelmäßiges Neustarten der Spielszenen gestreckt. Denn hält man sich nicht an die von den Entwicklern vorgesehene Reihenfolge der Aktionen oder spricht Personen zum falschen Zeitpunkt an, geht es einfach nicht weiter.

Gut rasiert und fern der Heimat

Die Optik basiert auf einer alten Version der Vulpine Vision-Engine, die schon in Gotcha! oder Psychotoxic zum Einsatz kam. Den Reifegrad des 3D-Systems sieht man besonders gut an den grob gehauenen Levels, dem nahen Aufpoppen von Details, den staksigen Animationen und vor allem an den mit der Kettensäge designten Figuren - bis auf Lula bestehen alle Charaktere scheinbar aus ein paar Dutzend Polygonen mit grotesk platten Gesichtern und lachhafter Mimik. Der schrecklich niedrige Detailgrad der Grafik ist leicht zu erklären, schließlich hat man nur eine bestimmte Anzahl Polygone zur Verfügung - und wo bei Lula der Großteil davon hingegangen ist, ist schwer zu übersehen. Dennoch ist noch Feintuning nötig, die 4Players-Frauenkennerfraktion empfiehlt eine Extraladung Anti-Aliasing, damit bei all dem Geflimmere Rundes auch wirklich einigermaßen rund wird. Umrahmt wird die Lacher-Optik von scheußlich eckigen Rendervideos, teilweise extrem schwachen

Entspannung pur: Ein fremdes Bett, aufwallende Hormone und ein schwarzer Dildo...

Texturen und massig Clipping-Fehlern. Innerhalb von Gebäuden empfiehlt es sich übrigens in die Ego-Perspektive zu schalten, da die Außensicht jetzt nicht mehr frei drehbar ist. Stattdessen bewegt sich Blondie jetzt innerhalb fixer Kameraperspektiven, was nicht nur die Orientierung erschwert, sondern auch die miese Kollisionsabfrage auf die Bühne bittet - ob es wirklich an Lulas Oberweite liegt, dass sie an allen Ecken und Kanten hängen bleibt?

Obwohl das Spiel bis zum Erbrechen auf jedem Porno-Klischee herumreitet (selbst der unvermeidliche Dolly Buster-Kalauer fehlt nicht), ist nicht alles unwitzig: einige Dialoge sitzen tatsächlich pointensicher, Lula nimmt sich gern selbst auf die Schippe. Schade nur, dass diese gelungenen Gags so schauderhaft präsentiert werden. Damit ist nicht mal unbedingt der bemerkenswert hässliche Font gemeint oder die Masse an Schreibfehlern, sondern vielmehr die einschläfernde Sprachausgabe, die speziell im Falle von Lula der Castingbühne von »Deutschland sucht den Supernuschler« entsprungen scheint. Sporadische fehlende Soundsamples und nicht untertitelte Zwischensequenzen werden nur noch am Rande bemerkt, immerhin tröstet die über weite Teile gelungene, funky Musik über weitere akustische Verbrechen hinweg.       

Fazit

Es hätte mir ein deutlicher Warnhinweis sein sollen, dass sich Lula 3D auf zwei von drei Testrechnern ums Verrecken nicht zum Laufen bewegen ließ, denn es ist erstaunlich: Der vielversprechendste Kandidat für die diesjährige Softwaregurke ist besser geschützt als Fort Knox! Im Licht von Lula 3D erstrahlt Larry 8 plötzlich als der Erotik-Adventure-Heiland, man fragt sich, wohin und vor allem wofür die lange Entwicklungszeit draufgegangen ist: An die Trial-and-Error-Rätsel kann ich mich ja gewöhnen, an das vermurkste Inventar nicht. Und die vielen Bugs, von den massiven Grafikfehler über die mäßige Kollisionsabfrage bis hin zu logischen Aussetzern, dank derer man eine Szene neu starten muss, sind einfach ein Witz. Prickelndes Vergnügen? Klar, wenn man darunter versteht, dass es einem schon von der ersten Minute an in den Fingern prickelt, den Mist schnellstmöglich wieder zu deinstallieren! Man kann dem Spiel einen gewissen Trash-Charme nicht absprechen, und für 20 Euro habe ich durchaus schon schlimmer gejammert - aber trotzdem ist Lula 3D kein Adventure, das man jemandem ernsthaft empfehlen könnte. Jedenfalls keiner Person, die man mag.

Pro

einfache Steuerung
gelungene Musik
wohlproportionierte Hauptdarstellerin
preiswert
einige witzige Dialoge

Kontra

unglaublich trashig
banale Erotik
lange Ladezeiten
unausgewogene Rätsel
Hackebeil-Figuren
gelangweilte Sprachausgabe
träge Steuerung
nicht veränderbare Mausgeschwindigkeit
teilweise sehr lange Laufwege
langatmige Inventar-Bedienung
sehr verbuggt
sehr linear
ziemlich kurz
gemeingefährlicher Kopierschutz

Wertung

PC

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