Im Test:
Gemütliches Endzeitidyll
Der vom Körperbau menschenähnliche Horatio ist eher der stille, stoische Typ, während der vorlaute Crispin überall herumschwirrt und sich ärgert keine Arme zu haben. Doch so verschieden die beiden sind, so hervorragend ergänzen sie sich.
Allerdings wird die traute Zweisamkeit eines Tages jäh gestört als sich ein wortkarger Blechschädel gewaltsam Zugang zum Motorraum ihres Schiffs verschafft und ihren wertvollsten Besitz, die Energiezelle mitgehen lässt. Da ihnen der Eindringling kräftetechnisch haushoch überlegen ist, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als ihn gewähren zu lassen. Kurz darauf entschließen sie sich allerdings die Verfolgung aufzunehmen und ihr Hab und Gut irgendwie zurückzubekommen.
Die Lichter der Großstadt
Action-Sequenzen wie in Gemini Rue oder vorzeitige Ableben gibt es jedoch nicht. Konfrontationen werden stets mit Worten oder Köpfchen gelöst. Trotzdem können Fehlentscheidungen bittere Konsequenzen haben, wenn auch nicht direkt für Horatio und Crispin. Mal muss man einfach nur einen Umweg machen, mal ein hilfreiches Objekt abschreiben, mal gar Abschied von einen Kameraden nehmen.
Wer die Demo gespielt hat, hat wohl schon ungefähr ein Viertel des ganzen Spiels gesehen. Insgesamt sind die Rätselaufgaben gut und plausibel eingebettet. Und obwohl es sich in der Regel um klassische Such- und Kombinieraufgaben handelt, sind manche durchaus vertrackt und originell konzipiert. An den Haaren herbeigezogen oder willkürlich erscheinende Lösungen gibt es jedenfalls keine. Dafür aber immer wieder Hindernisse, die man auf unterschiedliche Weisen bewältigen kann.
Angriff der Riesenpixel
Kleinere Unstimmigkeiten wie als Klebstoff dienendes Hydrauliköl oder aufgrund der grobschlächtigen Optik übersehene Gegenstände sorgen zwar hier und da für Stirnrunzeln oder gar Unmut. Doch die sind schnell verziehen, wenn Crispin auf Nachfrage wichtige Hinweise gibt, man im modifizierbaren Datenlog entscheidende Entdeckungen macht oder über die Karte im Handumdrehen von Ort zu Ort gelangt.
Doch Tradition hin, Minimalismus her, bei der Soundkulisse wurde nicht gekleckert. Sowohl die stimmungsvollen Kompositionen als auch die englischen Sprecher sind top. Und das gilt nicht nur für den schon in Resonance zum Einsatz gekommenen Bastion-Erzähler Logan Cunningham. Individuelle Akzente, Sprechrhythmen und Klangfilter hauchen jedem Blechkübel Persönlichkeit ein.
Ebenfalls lobenswert: Die jederzeit aktivierbaren Entwicklerkommentare mit persönlichen Intentionen und Hintergrundinformationen sowie amüsanten Patzern und Versprechern. Allerdings gibt es Primordia bisher nur auf Englisch und als Download. Wadjet Eye Games dürfte auch keine allzu großen Ambitionen für eine deutsche Lokalisierung haben, aber vielleicht bekundet ja wie bei Gemini Rue bald schon ein heimischer Publisher sein Interesse...
Fazit
Primordia erinnert nicht nur optisch an das ebenfalls bei Wadjet Eye erschienene Gemini Rue. Allerdings wirken die künstlich aufgeblasenen Pixel auch hier etwas zu übertrieben. Auch in punkto Kameraführung und Animationen ist mir die Inszenierung oftmals zu retro. Man vermisst immer wieder wertvolle Details oder markante Eigenheiten und erkennt teils nicht einmal wichtige Sammelobjekte oder Interaktionsmöglichkeiten. Auch kleinere Logikschwächen knabbern hin und wieder an den eigentlich sehr gelungenen und durchdachten Rätseln. Das Spiel lebt aber in erster Linie von seinem konfliktgeladenen Szenario sowie den schwungvollen Dialogen. Die Atmosphäre ist düster und bizarr, der Humor zynisch und trocken. Wer seine Adventures eher rätsellastig mag, wird mit Primordia nur bedingt glücklich werden, wer auf ungewöhnliche Figuren und Geschichten steht, wird Horatio und Crispin hingegen gern auf ihrer Reise begleiten.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Süffisantes Endzeitabenteuer in grobpixeligem Retro-Look.
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