10.000.00022.01.2013, Mathias Oertel
10.000.000

Im Test:

Match-3-Spiele wie Bejeweled sind langweilig und eintönig? Nicht ganz. Von Zeit zu Zeit kommen Variationen, die das Genre um frische Facetten bereichern. PuzzleQuest z.B. hat vor einigen Jahren gezeigt, dass man mit einfachen Mitteln für mehr Taktik und Spannung sorgen kann. Und auch die schlicht "10.000.000" betitelte Indie-Produktion überzeugt mit einem eigenwilligen Charme.

Rollenspiel-Dreier

Er sieht aus wie eine Mischung aus Indiana Jones und Pitfall Harry. Denn so genau lässt sich das nicht erkennen - dem pixeligen Retro-Look im 8-Bit-Stil sei Dank. Doch wieso ist Pitfall Jones in diesem unterirdischen Dungeon gelandet, aus dem er nur herauskommt, wenn er beim nächsten Durchlauf mindestens 10.000.000 Punkte einheimst? Und wieso stehen ihm sechs Räume zur Verfügung, in denen er z.B. seine Waffen, Rüstungen, Schilde, Eigenschaften aufrüsten kann? Zugegeben, die Hintergrundgeschichte ist hauchdünn und lässt nahezu alle Fragen offen. Andererseits: Zu guten alten C64-Zeiten musste man auch nicht unbedingt wissen, warum der gute Harry sich von Liane zu Liane schwingt oder über Krokodils-Mäuler tänzelt - oder wieso ein Held mit Raketenrucksack in die Höhlen gelangt ist, aus denen er Menschen rettet. Man versuchte sich einfach stillschweigend an der Aufgabe.

Und so ist es auch hier: Denn das unterirdische Zuhause, aus dem man entkommen möchte, ist nicht mehr als eine Zwischenstation. Die meiste Zeit ist man im Dungeon unterwegs. Wobei "unterwegs" ein sehr dehnbarer Begriff ist. Faktisch läuft der namenlose Held am oberen Rand des Spielbildschirms automatisch, während unten ein acht mal acht Einheiten großes Feld mit Symbolen in sieben Kategorien gefüllt ist, von denen man in üblicher Match-3-Manier gleichartige kombinieren muss. Allerdings verschiebt man nicht wie bei Bejeweled & Co einzelne Steine von rechts nach links oder oben nach unten, sondern bewegt wie in Chuzzle komplette Reihen und Spalten, um Kombotreffer zu landen.

Das Match-3-Prinzip wird mit rudimentären Rollenspiel-Elementen angereichert.
Das Match-3-Prinzip wird mit rudimentären Rollenspiel-Elementen angereichert.
Der Clou: Was man unten kombiniert, hat Auswirkungen auf Harrys Umgebung. Schafft man es z.B. mindestens drei Schwerter oder Zauberstäbe zu verbinden, kann man Monster bekämpfen, die sich dem Helden in den Weg stellen. Mit Schlüsseln kann man Kisten und Türen öffnen, Schilde füllen das Rüstungskonto auf und Steine sowie Holz nutzt man, um sein Domizil oder die angeschlossenen Werkstätten aufzurüsten. Zusätzlichen Reiz (bzw. Hektik) gewinnt die Kombomanie durch ein dynamisches Zeitlimit: Wenn der Held durch Monster oder andere aufhaltende Elemente an den linken Rand gedrückt wird, ist der Lauf beendet. Dem kann man entgegenwirken, wenn man Ketten herstellen kann, die zu einem kurzzeitigen Sprint führen. Oder aber man erforscht gegen harte Ingame-Währung bzw. als Gegenleistung für erworbene Erfahrungspunkte Boni, die das Zeitlimit z.B. beim Öffnen einer Truhe vergrößern.

Einfach, aber unterhaltsam

Mit verbesserter Ausrüstung sind die Überlebenschancen höher.
Mit verbesserter Ausrüstung sind die Überlebenschancen höher.
Dabei sind es vor allem die Wechselwirkungen, die aus dem simplen Geschicklichkeitsspiel einen motivierenden Mix aus Endless Runner, Match 3 und Pseudo-Rollenspiel machen. Eine verbesserte Waffe bringt einen ungefährdet am nächsten Monster vorbei. Der aufgerüstete Schild sorgt dafür, dass ich bei einem gegnerischen Angriff nicht an den gefährlichen linken Rand gestoßen werde. Doch das Geld (und im Zweifel die Rohstoffe für den Ausbau meiner Basis) dafür muss ich mir bei einigen Durchläufen erst ansparen. Weiteren Anreiz bekommt man durch kleine Nebenaufgaben wie "Schaffe drei Fünfergruppen" oder "Nutze eine Schriftrolle zum Öffnen einer Tür", bis schließlich die obligatorische "Schaffe X Punkte" wartet. Erledigt man die, wartet ein neuer Rang, der einem beim erneuten Betreten des Dungeons nicht nur ein schnelleres Ansteigen des Punktekontos, sondern vor allem gefährlichere Gegner beschert. Aber man hat dadurch auch nach und nach Zugriff auf Tränke, mit denen man den Spielverlauf modifizieren kann. Man kann sich z.B. einen 15-prozentigen Punkteanstieg verschaffen, muss dafür aber in Kauf nehmen, dass die Gegner 30 Prozent stärker zuschlagen.

Bis hierhin ist es ein langer Weg.
Bis hierhin ist es ein langer Weg.
Doch trotz aller Kleinigkeiten, mit denen man das "Match 3"-Prinzip aufbrechen möchte, begegnet man schließlich einer gewissen Redundanz. Die Gegner werden zwar schwerer und mitunter benötigt man mehr Schlüssel, um durch diese oder jene Tür zu kommen, doch man gelangt relativ früh an den Punkt, an dem man nicht mehr überrascht wird. Ähnlich gelagerte Titel wie PuzzleQuest konnten deutlich langfristiger motivieren, indem Aufgaben variiert wurden, man auch abwechslungsreicher gefordert wurde. Dennoch und trotz der für meinen Geschmack zu zufälligen Symbolausschüttung, die auch zu Frustmomenten führt, bin ich immer wieder gerne in die kleine Welt von 10.000.000 zurückgekehrt. Zu groß war der Ehrgeiz, das Ziel zu erreichen. Und zu stimulierend war die Beschallung durch den ebenfalls an 8-Bit-Zeiten angelehnten Soundtrack, der mich immer wieder an die Altmeister Martin Galway und mehr noch an Rob Hubbard erinnerte.

Fazit

Nur noch ein Spiel. Dieses Mal kann ich es schaffen. Verdammt, mir fehlt noch eine Million! Okay, noch eins. Und ehe man sich versieht, ist doch wieder eine halbe oder ganze Stunde vorbei. Es ist erstaunlich, mit welch einfachen Mitteln 10.000.000 immer wieder motiviert: Ein paar Charakter- und Waffenverbesserungen hier, eine Echtzeit-Komponente dort und schon geht der motivierende Spaß im Match-3-Stil los. Doch in der Einfachheit liegt auch die Crux. Schaut man sich andere Titel wie PuzzleQuest an, die das Kombosammeln mit Rollenspiel verbinden, kratzt man hier nur an der Oberfläche. Es gibt auf Dauer zu wenig Abwechslung, der Spielverlauf entwickelt sich ab einem Punkt nicht weiter und verlässt sich nur auf stärkere Monster. Zusätzlich ist die Ausschüttung der Symbole mitunter arg zufällig und führt zu Situationen, in denen man unter Zeitdruck nach "dem einen" sucht, in der Hoffnung, eine Kette zu starten, die einem noch den Hintern retten kann. Doch letztlich konnte ich nicht aufhören, bis ich endlich die vermaledeiten 10.000.000 Punkte ergattern konnte - auch weil mich der charmante audiovisuelle Retro-Stil immer wieder an den Bildschirm rief.

Pro

motivierende Match-3-Variante
Figuren-Entwicklung
charmanter Retro-Stil
zahlreiche Nebenaufgaben
cooler Soundtrack

Kontra

zu zufallsabhängig
auf Dauer wenig Abwechslung

Wertung

PC

Interessante Match-3-Variante mit leichtem Rollenspieleinschlag sowie charmantem 8-Bit-Retrostil, der allerdings auf der Zielgeraden die Puste ausgeht.

iPad

Auch auf dem Touchscreen zeigt sich die Punktejagd als interessante Match-3-Variante!

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