Majesty 2: The Fantasy Kingdom Sim18.09.2009, Bodo Naser
Majesty 2: The Fantasy Kingdom Sim

Im Test:

Wahrhaft majestätisch geht's im gleichnamigen Majesty 2 zu, denn man kann einen Fantasy-König spielen. Hört sich zwar nicht sonderlich spannend an, aber das bei Paradox erschienene Echtzeit-Strategiespiel macht einiges anders als der Rest der Konkurrenz: Man muss die tapferen Helden tatsächlich zum gewünschten Ziel locken. Bringt das auch auf längere Sicht Spielspaß?

Entdeckung im Wald

Als der grün gewandete Späher aus dem Wald tritt, hat er endlich freie Sicht auf eine kleine Lichtung, die leicht zu übersehen ist. "Dort ist es!", denkt sich der Mann aufgeregt und versteckt sich gleich wieder, damit er nicht entdeckt wird. Er

Damit die Helden die Grabsteine umschmeißen können, muss man den unheiligen Gottesacker erst mal orten.
hat den Friedhof gefunden, von dem der Feind seine Skelette schickt, die dann immer wieder in seine Heimat eindringen. Schon so lange suchen die Soldaten des Königs danach, dass man über seine Entdeckung jubeln wird. Eine fürstliche Belohnung erwartet ihn und er freut sich schon darauf, sie im Gasthof zu verprassen. Er will sich gerade zum Gehen wenden, als plötzlich ein Untoter durch die Blätter wankt: Der Bote schafft es gerade noch, der wandelnden Leiche auszuweichen und zu fliehen, bevor noch mehr Feinde kommen. Er muss nun Verstärkung holen.

Tatsächlich hilft er seinem König mit der Kunde vom Lager sehr. Sofort lobt der wohlhabende Herrscher eine Belohnung auf den Kopf der Untoten aus: Satte 1.500 Goldstücke erhält der Held, der das Lager auseinander nimmt, dessen Position endlich bekannt ist. Ein illustrer Haufen aus Kämpfern, Bogenschützen und Zauberern zieht los, um die unheilvoll leuchtende Höhle auszuräuchern - alles erfahrene Krieger, die kurzen Prozess mit den Knochenmännern machen. Doch gerade als die Gräber ineinander zusammenfallen, von denen nichts übrig bleibt, bricht ein Bär auf die Lichtung. Die Helden machen auch ihm den Garaus, aber die Heiler haben alle Hände voll zu tun, damit keiner über den Totenfluss geht. Nach getaner Arbeit heimsen sie die Schatzkisten ein, die überall im Wald versteckt sind. An diesem Tag machen sie fette Beute.

Im Sold des Königs

So läuft es aus Heldensicht ab, wenn bei Majesty 2 ein feindliches Lager gestürmt wird. Bei anderen Echtzeit-Strategiespielen

Bevor Heroen ins Grab fallen, ist ihnen noch ein Heldendasein beschieden. Ohne Moos machen sie allerdings keinen Schritt. 
schickt man einfach per Mausklick die Truppen los, die dann das ihre tun, aber hier klappt das nicht so ohne Weiteres. Nicht jeder König ist schließlich ein Aragorn, dem sogar die Geister der Toten in die Schlacht folgen. Um dem eigenen Charisma auf die Sprünge zu helfen, hilft im Zweifel nur eines - der schnöde Mammon! Das kennt man aus dem Märchen, dass ein König erst etwas bieten muss, damit sich die Herren Ritter in Bewegung setzen. Schließlich sind es waschechte Profis, die von ihrem blutigen Handwerk leben. Bei Majesty sind es aber nicht Königreiche und Töchter, die verschenkt werden, sondern Gold.

Manch einer wird nun sagen: Wo ist denn da der Unterschied? Ist doch egal, ob ich eine Belohnung auslobe oder die Leute direkt sende! Der Unterschied liegt im Detail, denn die Helden sind nicht alle gleich. Es gibt verschiedene Gattungen, die alle ihre Eigenschaften haben. So spähen Waldläufer und Diebe das unerforschte Land aus, das im Nebel des Krieges verborgen ist. Wer sie nicht auf Erkundung schickt, bleibt ohne Sicht auf den Feind. Auch die Aufgaben für die Helden sind unterschiedlich: Man kann nicht nur Sachen ausspähen, sondern sie auch beschützen oder vernichten. Zudem muss die Höhe der Belohnung stimmen, da es Ziele gibt, die weit entfernt liegen. Ob sich ein Held überhaupt auf die Reise macht, hängt also schlicht davon ab, wie hoch der Lohn ist.

Geldgier pur

Genau hier hat sich bei Majesty 2 seit unserer Vorschau am meisten getan, denn die Kämpfer gehorchen nun besser: Man klickt das Ziel an und legt die 

Noch liegt der Hafen in weiter Ferne. Ihr müsst euch Schritt für Schritt ans Ziel heranarbeiten.
Höhe der Belohnung fest, schon setzten sie sich brav in Bewegung. Wie viele Helden sich für das anvisierte Ziel interessieren, lässt sich stets ablesen. Aber leider nicht, welche genau es sind. Interessieren sich fünf, sechs Leute für eine Höhle, dann reicht das meist, um zu siegen. Vorausgesetzt, man hat Heiltränke, die automatisch eingenommen werden. Denn in der Höhle sind jetzt auch Monster, die am Schluss rauskommen und angreifen. So muss man aufpassen, dass die Gruppe stark genug ist, denn am Ende muss sie noch ein paar Gegner plätten. Als König kann man dann mit Heilzaubern eingreifen, was eine der raren Möglichkeit ist, direkt am Geschehen teilzunehmen.

Am Anfang reicht es, wenn man 100 Goldstücke für eine Erkundung anbietet. Ohne Geld machen die Helden gar nichts, es sei denn die Stadt wird angegriffen und sie sind gerade in der Nähe. Mit steigender Erfahrung und Spielverkauf werden die Kämpfer immer geldgieriger. Eines machen die Helden leider nicht: Auf dem Weg zum eigentlichen Ziel bekämpfen sie keine Feinde, die am Wegesrand stehen. Das ist nicht nachvollziehbar, denn so kann es dazu kommen, dass Wölfe und Jäger aneinander vorbei strömen. Zum Glück gibt es eine Stadtwache, die sich automatisch um solche Fälle kümmert. Aber bei der Verteidigung gibt es die meisten Probleme, da es kaum möglich ist, wirksam auf einen Feind loszugehen. Man kann allenfalls eine Belohnung für ihn ausstellen.

                      

Feindverhalten

An den heldenhaften Einsatz der eigenen Kämpfer schließt sich gleich die Frage nach der Gegner-Intelligenz an. Die ist aggressiv, da man bei den meisten Missionen am Anfang

Immmer wieder probieren die Monster durchzukommen. Die Bauern müssen ihre Häuser oft reparieren. 
ums Überleben kämpft. Harmlos sind eigentlich nur die ersten beiden Missionen, die als Einführung dienen. Danach muss man ohne große Tipps zurechtkommen, was oft nicht auf Anhieb zu schaffen ist und Neulinge frustrieren dürfte. Leider gibt es nur einen Schwierigkeitsgrad, aber die Missionen sind unterschiedlich anspruchsvoll. Man bewacht Befestigungen, die im Bau sind, schließt Dimensionstore, die in die Hölle führen, oder muss einen Troll töten, der einiges aushält. So merkt man schnell, dass selbst die Missionen, die mit Anfänger gekennzeichnet sind, nichts für Einsteiger sind.

Es ist weniger das clevere Vorgehen der Feinde als vielmehr ihre schiere Masse, die einen erdrückt. Wer nicht gleich ein paar Verteidigungstürme baut, ist oft rasch verloren. Es gibt leider keine Mauern, hinter denen man sich verstecken könnte, aber immerhin hält das Schloss einiges aus. Insbesondere wenn es eine Kanalisation gibt, kommen die Ratten aus allen Löchern und die Stadt kann zum Ungezieferloch werden. Man muss sich auch die Lager kümmern, die rings um die Siedlung verstreut liegen. Gerade aus Friedhöfen, Pyramiden und Bärenhöhlen kommen immer wieder Viecher, die dann das Land unsicher machen. Leider wirken die Monster nur aus der Höhe beeindruckend; aus der Nähe sind die 3D-Modelle eher detailarm.

Feldzug ohne Story

Neben der aus 16 Missionen bestehenden Kampagne gibt es auch noch freie Missionen, deren Verlauf sich aber nicht

Eine Menge Schlachten bietet die Kampagne, allerdings wurde die Story vernachlässigt.
sonderlich unterscheidet. Man erweitert meist eine bereits bestehende Stadt, baut Handelswege auf, erforscht neue Waffen und dehnt sein Land aus, um dann irgendwann, wenn man genug schlagkräftige Kämpfer hat, den Endgegner anzugehen. Überhaupt fehlt in der Kampagne das Band einer Story, so dass der Krieg wenig mehr ist als eine bloße Aneinanderreihung von Schlachten. Man kämpft zwar auf der Seite der Guten, aber worum es in dem Konflikt geht, erfährt man nicht. Auch die Geschichte mit dem glücklosen König vom Intro wird nicht mehr aufgegriffen. Allerdings vermisst man die Story auch nicht groß, da es andere Fantasyspiele meist nicht besser machen.

Dass die Kampagne dennoch zum Weitermachen motiviert, ist angesichts der nicht vorhandenen Story verwunderlich, aber es macht bisweilen sogar süchtig. Das liegt sicher daran, dass es sich Mission um Mission schön steigert. Alles beginnt harmlos, aber man bekommt es mit immer mehr Feinden zu tun. In den späteren Missionen liegen die Lager der Monster so nahe, dass von Beginn Krieg angesagt ist. Das Spielprinzip motiviert trotz harter Kämpfe, denn es ist sogar etwas Taktik gefragt, denn man etwa darauf achten muss, was man zuerst baut. Wenn man hier Mist baut, versinkt das eigene Schloss im Chaos. Man kann auch anfänglich pleite gehen, wenn man den Handel vernachlässigt. Und da die meisten Zauber Gold kosten, kann das verheerend sein.

Interessante Kämpfe

Die in Echtzeit ablaufenden Kämpfe sind immer wieder spannend, da man nicht weiß, ob man es auch schafft. Es wird eigentlich nie langweilig, seine Kämpfer auf Verstecke, Burgen und Endgegner zu hetzen, obwohl alles vergleichsweise

Ratten aus dem Kanal. Obwohl man bei Blitzangriffen zum Zuschauen verdammt ist, wird's eigentlich nie langweilig.  
einfach gehalten ist. Es gibt z.B. keine Belagerungsmaschinen und der eigentliche Kampf läuft automatisch ab, wobei sich die Helden aber recht intelligent verhalten. Sie machen regelmäßig Spezialattacken, nehmen Tränke und ziehen sich sogar zurück, wenn's nicht mehr anders geht. Taktik ist leider nur bedingt gefragt, denn im Kampf spielt sie kaum eine Rolle. Aber man muss natürlich darauf achten, dass die Kämpfer stark genug sind, bevor man in die Schlacht zieht. Auch die Ausrüstung sollte stimmen, sonst füllt sich der vor der Stadt liegende Heldenfriedhof rasch.

Leider hat man als König nur wenige Möglichkeiten, direkt ins Kampfgeschehen einzugreifen. Die Gilden, aus denen die einzelnen Kämpfer stammen, sind eine Möglichkeit: Hier lassen sich Zauber für den König entwickeln, die teils praktisch sind. Die Gilde der Priester etwa bietet einen Heilzauber an, mit dem sich einzelne Kämpfer für 250 Goldstücke ganz heilen lassen. Das ist die ideale Wiederherstellung für Einzelkämpfer draußen im Wald, die gegen größere Gegner wie Minotauren kämpfen. Zunächst geht es nur gegen Ratten oder Wölfe, aber im späteren Verlauf werden die Gegner immer anspruchsvoller. Statt einen Bären muss man dann etwa einen Bärenmenschen besiegen und die Skelette weichen Dämonen, die mehr aushalten.

          

Echtzeit-Strategie-Typisches

Beim Aufbau gibt man sich weniger einfallsreich, denn er läuft recht vertraut ab: Man baut die Stadt aus, erfindet neue Waffen und richtet Handelskarawanen ein. Als Kasernen für die Helden dienen die Gilden, von denen es sechs gibt. Der

Allerorten Aufbaustimmung. Lassen einen die Viecher in Frieden, kann man wie üblich eine Siedlung hochziehen. 
Schmied sorgt dafür, dass die Kämpfer bessere Schwerter, Bögen und Rüstungen erhalten, was aber Gold kostet. Jedes Gebäude lässt sich zudem aufwerten, was neue Bauoptionen eröffnet. Insbesondere die Katen der Bauern wirken idyllisch, aber die anderen mittelalterlichen Bauten sehen vor allem aus der Nähe eher kulissenhaft aus. Wenn viel los, neigt das Spiel auch dazu, ins Ruckeln zu kommen - insbesondere wenn dann noch Feinde attackieren und gezaubert wird.

Gold ist der einzige Rohstoff und zugleich Zahlungsmittel und wird auf verschiedene Weisen erwirtschaftet. Zum einen ist da der Marktplatz, auf dem gehandelt wird, wo sich aber auch Tränke und Heilringe entwickeln lassen. Mit dem Markt in Verbindung stehen die Außenposten, von denen sich regelmäßig und automatisch Karawanen in die Stadt aufmachen, die ebenfalls Gewinn bringen, wenn sie dort ankommen. Man muss also die Wege frei von Gesindel halten, weshalb sich die Transporte bewachen lassen. Zudem sammelt ein Steuerbeamter Gold ein, was aber weniger Einnahmen bringt. In der Aufbauphase kann schon mal das Geld knapp werden, was sich aber durch Raubzüge mindern lässt. Man sollte früh einen Markt bauen.

Heldenaufstieg

Der Aufstieg ist nicht ganz so ausgefeilt wie in einem Rollenspiel, aber er orientiert sich grob daran. Es gibt verschiedene

Helden lassen sich gegen Geld reaktivieren, so dass man nicht auf ihre Erfahrung verzichten muss.
Klassen wie Krieger, Dieb, Magier oder Waldläufer, die sich an den Gilden orientieren. Man spielt die Guten - sprich: Menschen und Elfen. Später kommen auch noch andere Völker wie Zwerge hinzu. Kreiert man einen neuen Charakter, steigt der durchs Kämpfen auf. Punkte braucht man jedoch nicht verteilen, da der Aufstieg selbst automatisch vonstatten geht. Jeder Charakter besitzt Namen, Waffen und Ausrüstung, die er ebenfalls automatisch auffrischt; der Spieler muss das alles nur bereitstellen.

Schön auch, dass man nach jedem Auftrag den besten Helden mit in die nächste Mission nehmen darf. In einer teuren Gilde, dem Turm der Heroen, können sie gegen viel Geld wiederbelebt werden. Dann hat man auf Anhieb einen Magier der Stufe 18, was ein großer Vorteil ist, denn normalerweise müssen sie sich erst vom unfähigen Rincewind zum strahlenden Gandalf hocharbeiten. Manch hoffnungsvolle Fantasy-Karriere endet dabei vorzeitig auf dem Friedhof, von wo sich auch Helden reaktivieren lassen. Nichts geht also verloren! Obwohl die Helden schon mal bis Stufe 20 aufsteigen, wachsen sie einem nicht sonderlich ans Herz. Dafür unterscheiden sie sich zu wenig und bleiben ein Mittelding zwischen Soldat und Superheld.

      

Fazit

Majesty 2 besticht in erster Linie dadurch, dass man aufgrund des frischen Spielkonzeptes immer weiter spielen will: Anstatt Helden direkt zu steuern, muss man sie mit Gold anlocken! Obwohl die Kampagne nicht gerade einsteigerfreundlich ist, macht sie derart süchtig, dass man gar nicht mehr aufhören kann. Eine Mission folgt auf die nächste und die Ziele sind derart dicht gestrickt, dass man immer noch eines erreichen möchte: Nur noch dieses eine Bärenloch ausräuchern, diesen Hafen einnehmen oder diese leere Stelle erkunden. Man langweilt sich keine Sekunde, obwohl die Aufbauarbeit nicht gerade einfallsreich ist. Ganz im Gegensatz zum restlichen Spiel, bei dem sich 1C: InoCo etwas einfallen ließ und das schon ein wenig anders läuft. Aber das ungewöhnliche Prinzip geht auf, da die Helden sich an erteilte Aufträge halten, wenn die angebotene Summe stimmt. Und ihre Geldgier macht sich sogar irgendwie menschlich, obwohl sie persönliche Charakterzüge vermissen lassen. Die Kämpfe sind spannend, weil die Monster sich aggressiv verhalten und die Helden meist intelligent agieren. So darf man die Verteidigung keinen Augenblick vernachlässigen, auch wenn vieles automatisch abläuft. Leider bieten die Gefechte bis auf eine Hand voll Zauber nur wenige Möglichkeiten, direkt einzugreifen, da der König ja nur die Aufträge erteilt. Das kann in der defensive nerven: Man muss für einzelne Monster umständlich Steckbriefe erteilen, damit die Helden sie vernichten, bevor sie in die Burg eindringen. Wie ein richtiger König fühlt man sich zwar selten, aber Spaß macht diese indirekte Echtzeitstrategie trotzdem!

Pro

Mix aus Strategie und Rollenspiel
ungewöhnlicher Ansatz
motivierende Kampagne
aggressive KI
spannende Kämpfe
Helden mitnehmen

Kontra

automatische Kämpfe
wenige Möglichkeiten direkt einzugreifen
übliche Aufbauarbeit
kaum Story vorhanden

Wertung

PC

Süchtig machender Fantasy-Mix, der mit ungewöhnlichem Spielprinzip überrascht.

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