Tribes: Vengeance22.10.2004, Marcel Kleffmann
Tribes: Vengeance

Im Test:

Tribes-Fans haben nach dem Aus von Entwickler Dynamix schon das Ende der Reihe vor Augen gehabt. Aber dann übernahm Irrational Games (System Shock 2) die Serie und schnitt das Gameplay der Vorgänger auf den Massenmarkt zu. So wurde der Mehrspieler-Modus deutlich zugänglicher für Quereinsteiger. Als Entschädigung für diesen radikalen Einschnitt kann Tribes: Vengeance (ab 9,94€ bei kaufen) eine waschechte Kampagne mit Story anbieten.

Tribes-Solo

Im Verlauf der Story wechselt ihr zwischen den Missionen die Protagonisten und erblickt das Abenteuer aus einer anderen Perspektive. So dürft ihr die Tribes-Welt z.B. aus der Sicht einer königlichen imperialen Familie betrachten. Das andere Extrem führt euch in die Haut eines ausgestoßenen, aber stolzen Tribes-Mitgliedes. Um mehr Würze in die Story zu bringen, haben die Entwickler nicht nur einige nervende Klischees eingebaut, sondern interessante Zeitsprünge zwischen die 15 Missionen gesetzt. Ihr kämpft also manchmal in der Vergangenheit, dann wieder in der Gegenwart und kommt schließlich dem Finale auf die Schlichte. Mit dieser netten Story bekommt das einstmals nur für Multiplayer-Gefechte genutzte Szenario trotz schwacher Modelle und hakelnder Sprachausgabe (behoben vom ersten Patch) neuen Tiefgang.

In der Singleplayer-Kampagne schlagt ihr euch in teilweise recht großen Innenlevels herum.
Missions-Design

Für die nötige Abwechslung in der Kampagne sorgen nicht nur die ständig wechselnden Schauplätze in Außenlevels, Arenen oder engen Innenbereichen, sondern auch die Aufgaben in den Missionen: Geschützturme steuern, Fahrzeuge fahren, Basen erobern, Gebäude verteidigen, Arenakämpfe bestehen, kleine Jump-&-Run-Rätsel lösen oder gar durch Lüftungsschächte krabbeln.

Einzig und allein die horrenden Ladezeiten und ein paar Bugs fallen negativ auf. Außerdem sollten Action-Fans keine wahnsinnig neuen Ideen erwarten, denn das Mission-Design bietet bekannte Kost. Aber aufgrund der enormen Jetpack-Geschwindigkeit und coolen Luftduelle fällt die altbackene Gestaltung der Einsätze selten störend auf. Außerdem sind alle Protagonisten mit einem zuschaltbaren Universal-Ski ausgerüstet, mit dem ihr auf fast allen Oberflächen gleiten könnt, sofern ihr genug Schwung mitbringt.

Mit Ingame-Zwischensequenzen wird die Story fortgeführt. Allerdings sind die Animationen der Gesichter nicht überzeugend. 
Eine geschickte Kombination von Jetpack und Skiern katapultiert euch mit rasanter Geschwindigkeit durch die Levels und macht es den Gegnern wirklich schwer, euch überhaupt zu treffen. Auch die aus Beben III bekannten Jumppads feiern auf manchen Karten ein Revival. Damit aber nicht genug, denn steuerbare Fahrzeuge (Panzer, Gleiter etc.) stehen ebenfalls zu einer Spazierfahrt bereit - nur Transport-Vehikel sind Fehlanzeige.

Multiplayer light zum Mitnehmen

Beim Mehrspieler-Modus müssen die alteingesessenen Tribes-Zocker kräftig schlucken, denn die Zeit der innovativen Gefechte ist vorbei. Auch die epischen Dimensionen sowie die Komplexität sind ordentlich zurückgeschraubt worden und übrig geblieben sind stark an Unreal Tournament 2004 angelehnte Duelle, die allerdings mit den flashigen Jetpacks aufwarten. Ihr erlebt im Multiplayer packende, actiongeladene Gefechte mit maximal 32 Spielern; computergesteuerte Bots gibt es nicht.

        

Sämtliche Gefechte bauen nach wie vor auf Teamplay auf: Es bringt überhaupt nichts, wenn ihr unkoordiniert durch die virtuellen Welten lauft. Stattdessen solltet ihr euch untereinander organisieren, vor allem bei der Kontrolle der Fahrzeuge, die unter Umständen mit mehreren Personen gefahren werden können. Kleinere taktische Einlagen kommen mit stationären Geschützen oder zerstörbaren Generatoren ins Spiel, obwohl niemals der Team-Faktor der Vorgänger erreicht wird. Eurem Team könnt ihr außerdem keine Kommandos mehr per Minikarte geben.

Im Multiplayer stehen Teamkämpfe an der Tagesordnung!
Klassen und Modi

Charakter-Klassen gibt es im Multiplayer auch. Ihr müsst euch in der Partie für eine von drei verschiedenen Panzerungs-Klassen entscheiden, wobei der Kerl mit der dicksten Rüstung z.B. kein Scharfschützengewehr tragen kann. Alle anderen dürfen mit nur drei unterschiedlichen Waffen durch die Gegend stolzieren. Neben diversen futuristischen Fernkampfkanonen gibt es noch vier Item-Pakete, die entweder Geschwindigkeit, Schutzschilde, Energie oder Reparatur-Eigenschaften mit sich bringen bzw. verbessern. Der Störsender und die Tarnvorrichtung sind dem Rotstift zum Opfer gefallen.

Hinter dem Arena-Modus verbirgt sich das stinknormale Team-Deathmatch. Natürlich darf Capture the Flag nicht fehlen und beim Rabbit sollte der "Auserwählte" möglichst schnell weit weglaufen. Neu sind die beiden Modi "Ball" und "Fuel". Den Ball-Modus müsst ihr euch am besten als bewaffnetes Football-Spiel mit fliegenden Mitspielern vorstellen, die sich um einen Ball kloppen. Bei Fuel muss jedes Team versuchen, Treibstoff-Kanister aufzusammeln und einen Tank in der Heimatbasis aufzufüllen.

Die Fahrzeuge sorgen besonders im Mehrspieler-Modus für packende Duelle. Vor allem, wenn mehrere Personen an Bord sind.
Da ja das Gameplay mehr auf Schnelligkeit und flotte Action zugeschnitten wurde, haben die Entwickler die Schlachtfelder bewusst kleiner gehalten, jedenfalls im Vergleich zu den gigantischen Schauplätzen in Tribes 2. Dafür sind die Karten allesamt hübsch gestaltet, fair ausbalanciert und mit kleinen Versteckmöglichkeiten versehen. Auch Basen inkl. Ausrüstungsterminal sind weitgehend fair platziert. Nur diesmal fällt das Verschanzen in den Festungen nicht so leicht, denn in jeder Sekunde kann ein leicht gepanzerter Kontrahent über die Mauern flitzen und euch von hinten attackieren.

Technische Seite

Für eine zeitgemäße Darstellung der Luft- und Bodenschlachten sorgt eine extrem verbesserte Unreal-Engine, die besonders bei den weiten Außenlandschaften ihre Muskeln spielen lässt. Die virtuelle Vegetation auf den Karten sowie die netten Waffen-Effekte erfreuen den Betrachter. Allerdings sind die Charakter-Modelle und teilweise auch die Animationen nicht das Gelbe vom Ei. An der Soundkulisse kann eigentlich nicht herumgemeckert werden, obwohl die Sprachausgabe an manchen Stellen nicht gerade überzeugen kann und etwas zu comicähnlich wirkt.

      

Fazit

Während Tribes 2 für gigantische Schlachten mit zahlreichen taktischen Team-Möglichkeiten sorgte, verströmt Tribes: Vengeance einen starken Mainstream-Geruch. Die enorm schnellen Schlachten auf den wesentlich kleineren Karten machen zwar viel Spaß, aber viele coole Elemente aus Tribes sind dem Rotstift zum Opfer gefallen. Genau deshalb erinnert das Spiel auch recht stark an den Genre-Kollegen Unreal Tournament 2004, obwohl es in Tribes natürlich die schnellen Jetpacks sowie den Universal-Ski gibt. Alles in allem ist der Multiplayer-Modus nicht schlecht - er ist halt nur "anders" als bei den Vorgängern. Überraschend gut ist auch die Kampagne geworden, die mit einer netten Story, soliden Missionen, viel Abwechslung, geskripteten Ereignisse und einer großen Portion Action aufwartet. Lediglich die schwachen Charakter-Modelle und die mit einem Patch behobenen Sprachausgabe-Fehler fallen negativ auf. Wenn ihr ein knackiges Actionspiel mit viel Speed sucht und zugleich Story-Geheimnisse lüften möchtet, ist das futuristische Abenteuer eine gute Investition. Tribes-Veteranen sollten sich hingegen überlegen, ob sie dem Mainstream folgen wollen.

Pro

nette Story im Tribes-Universum
außergewöhnliche Charakter- und Zeit-Sprünge
solides Missions-Design in der Kampagne
viele geskriptete Ereignisse
actiongeladene Duelle mit hohem Tempo
fetziges Jetpack, schnittige Skier, coole Jumppacks
steuerbare Fahrzeuge
einsteigerfreudlich
weitgehend fair balanciertes Waffenarsenal
gutes Karten-Design im Multiplayer-Modus
spaßige Mehrspieler-Modi
hübsche Landschaftsdarstellung

Kontra

hässliche Charakter-Modelle und Animationen
keine Bots
lange Ladezeiten
Probleme mit der Sprachausgabe (Patch erforderlich)
Hardcore-Tribes-Fans fehlt die Komplexität im Multiplayer
wenig bis gar keine neue Einfälle
zu wenig Multiplayer-Karten

Wertung

PC

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