Im Test:
Gepflegtes Mittelmaß
Es gibt Spiele, die sind für mich als Rezensent angenehme Testobjekte. Sei es, weil sie besser sind als der Rest und neue Akzente setzen, oder weil sie einfach so grottenschlecht sind, dass sich der Verriss fast von selbst schreibt. Und dann gibt es da dieses Mittelmaß, diese Niemandsland der Meinung. Es gibt diese Titel, die nichts so richtig falsch machen, aber auch keinen frischen Akzent setzen können. Spiele, nach deren Abspann man sich denkt: „Das war jetzt aber … OK“. Kurz: Es gibt Das Schwarze Auge: Blackguards (ab 8,99€ bei kaufen).
Von Anfang an habe ich hier das Gefühl, die Verkörperung des mittelmäßigen Spiels vor mir zu haben. Eine Reise ins Durchschnittsland sozusagen. Und wie jede dieser Geschichten, beginnt alles mit einem mäßigen Charaktereditor. Der ist zwar solide und funktionell, aber absolut nichts Besonderes. Ich klicke mir rudimentär meinen Helden zusammen, verteile entsprechend des DSA-Regelwerkes Startpunkte sowie Talente und lege meine Ausrüstung fest. Schon kann mein Abenteuer losgehen.
Fantasy-Standard für den Durchschnittsabenteurer
Zudem beschränken sich die Entwickler zu sehr auf bekannte Erzählstrukturen, inklusive der obligatorischen Rückblenden, was im zweiten von insgesamt fünf Kapiteln in viele Arenakämpfe gipfelt. Hier tritt die Geschichte viel zu lange auf der Stelle; das ist die spielgewordene Ideenarmut! Die Antagonisten und Charaktere sind zudem stereotyp und austauschbar. Ach es gibt auch Zombies. Wer hat da gerade laut gegähnt?
Dabei ist nicht alles schlecht. Immerhin sind alle Dialoge, wenn auch mit schwankender Qualität, vertont. Zudem gibt es im Verlauf der Geschichte ein paar Entscheidungen, die den Questverlauf leicht verändern, Nebenaufgaben freischalten, Kämpfe erleichtern oder Zugang zu Gebieten ermöglichen. Diese sind aber an wichtiger Stelle nicht konsequent genug: Sobald es um Leben und Tod von Gruppenmitgliedern geht, haben meine Handlungen keinen Einfluss. Es gibt aber oft die Möglichkeit, bestimmte Szenen auf verschiedene Arten zu lösen, auch wenn es meist auf die Entscheidung zwischen Kampf oder Überredungskunst hinausläuft. Standardkost eben.
Der routinierte Schlagabtausch
Dank des guten Kreismenüs und einer frei belegbaren Hotkey-Leiste lassen sich die Kämpfe einfach bedienen. Insbesondere die Charakterentwicklung ist übersichtlich und logisch aufgebaut: Punkte können auf Fähigkeiten, Waffentalente und Attribute verteilt werden. Neue Fähigkeiten und Zauber werden, DSA-typisch, durch Lehrmeister und Bücher gelernt.
Zudem gibt es die Möglichkeit der Zuweisung von defensiven und offensiven Punkten auf Waffentalente. Dies ermöglicht taktisches Feintuning: So kann mein filigraner Zauberer mit seinem Stab besser parieren als zuschlagen, mein Zwerg mit vielen Lebenspunkten und schwerer Rüstung hingegen nutzt sein ganzes Talent für den Angriff.
Taktisch fragwürdig
Oft genug führt zudem die simple Taktik, Gegner einzeln von vorne angreifen zu lassen zum Erfolg. Außerdem hat man mit den einzelnen Gruppenmitgliedern schnell einen Standardangriff ausgemacht, von dem man nur abweicht, wenn es gar nicht mehr anders geht. Etwa wenn ein Skelett statt des filigranen Floretts die grobe Kelle braucht, da Untote natürlich gegen Stichschaden immun sind. Hier fehlt es an einer Begrenzung der Einsätze von Spezialattacken. Ebenso hätte man die Beschränkung auf normale Angriffe mit Aktionspunkt-Vorteilen belohnen können.
Zudem fehlt mir ein Beziehungssystem à la Jagged Alliance 2, das Einfluss auf die Kooperation im Kampf hat. Damals ging man soweit, dass zankende Charaktere im Kampf noch nicht mal Munition tauschen wollten. Vielleicht wäre das hier aber ungünstig, kann ich doch die Zusammensetzung meiner Gruppe zu keinem Moment selbst bestimmen. Gerade in einem gruppenbasierten Rollenspiel ist dies allerdings eine vertane Chance – wo sind die spannenden Konflikte oder moralischen Zwiespälte innerhalb meiner Gemeinschaft, die Einfluss auf das Spielgeschehen haben?
Kritischer Balanceakt
So ist z.B. ein Kampf gegen Zombiehorden unverhältnismäßig nervig: Die Viecher schlagen hart zu, vergiften immer und kommen aus allen Richtungen. Es blieb mir nicht viel mehr, als Rücken an Rücken zu stehen und zu hoffen, dass alle Schläge treffen. Nach vier Versuchen habe ich diesen Abschnitt geschafft – ohne meine Taktik zu ändern. Einzig der Zufall, Treffer oder Fehlschlag, entschied den Kampf. Das ist unbefriedigend, denn hier liegt bei der Balance einiges im Argen.
Pen&Paper-Flair in statischer Kulisse
Dies liegt vor allem an der Kulisse, die bestenfalls Mittelmaß ist. Vor allem die Animationen im Kampf und in den Dialogen sind steif. Das Artdesign wirkt zwischen Übersichtskarte, Ladenbildschirmen und Kampfsequenzen zudem merkwürdig zersplittert und inkonsequent. Ganz so, als ob man sich nicht zwischen bunter oder finsterer Fantasy entscheiden konnte. Dazu kommt ein extremer Weichzeichnungseffekt, der alles unangenehm verschwimmen lässt.
Fazit
Das Schwarze Auge: Blackguards ist für mich das spielgewordene Mittelmaß. In allen Belangen ist das Design konservativ, stereotyp und nichtssagend – von den simplen Rundenkämpfen über die maue Geschichte bis zur mäßigen Kulisse. Die Hintergrundgeschichte des eigenen Charakters ist zum Vergessen, die Erzählstruktur entspricht dem vorhersehbaren Standard und viele Mechaniken sind altbekannt. Allerdings ist, bis auf einige Probleme mit dem Balancing, auch nichts so richtig schlecht. Die Umsetzung der DSA-Regeln ist solide, die Arenen sind interaktiv und abwechslungsreich und das Pen&Paper-Flair wird durch den Verzicht auf eine dreidimensionale Oberwelt gekonnt eingefangen. Zudem sind Kreismenü, Inventar und Charakterbogen durchdacht, übersichtlich und gut zu bedienen. Insgesamt ist Blackguards also genau diese Art von Spiel, für die die Note „Befriedigend“ erfunden wurde.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Das spielgewordene Mittelmaß: Blackguards macht nichts richtig falsch, kann aber hinsichtlich Story, Kulisse und Kampf auch nicht begeistern.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.