Im Test: Can you dig it?
To Shovelry!
In diesem Spiel ist ein Ritter noch ein echter Ritter – selbst, wenn er wie in der 8-Bit-Ära aus nur wenigen Pixeln besteht und auf ein paar schmalen Plattformen patrouilliert. Sobald ich mich ihm nähere, sprintet er wie von der Tarantel gestochen auf mich zu und lässt nicht locker, bis ich entweder keine Energie mehr habe, in die Lava stürze oder über einen weiten Abgrund geflüchtet bin. Und mit nicht locker lassen ist nicht gemeint, dass er lediglich ein paar Schlagroutinen abspult. Er schnellt vor und zurück, hebt den Schild über den Kopf, um meine Schaufelattacke aus der Luft abzuwehren und setzt sofort nach. Selbst wenn ein paar meiner Hiebe seine Deckung durchbrechen, dauert der Kampf eine ganze Weile. Sicher, wer sich die Attacken der Feinde einprägt, kann sie auch in Shovel Knight irgendwann relativ einfach aushebeln – aber für einen stinknormalen Gegner schlägt sich der Widersacher in schwerer Rüstung richtig gut.
Härter als der Tod?
Ich muss mich also wie bei einem nächtlichen Stromausfall auf die einstudierten Abstände verlassen. Mit nur noch einem halben Energiepunkt schicke ich den Sensemann schließlich selbst über den Jordan, indem ich ihn mit Feuerbällen bombardiere. Die lodernden Projektile sind eines der Extras, welche in Geheimkammern versteckt liegen oder sich durch gefundenes Gold im Dorf freischalten lassen. Dazu gehören z.B. so nützliche Dinge wie ein Wurfanker, Lebenskraft- und Mana-Aufrüstungen oder neue Schaufel-Angriffe. Verrückte Attacken oder neue Ideen wie im erfrischend kreativen Fly'N sind nicht dabei – stattdessen baut das Spiel ganz auf seine Hommage an 8-Bit-Plattformer.
Erinnerungen an Firebrand & Co
Der Spielrhythmus und das urige Design haben mich schon nach kurzer Zeit angenehm an Spiele wie Gargoyles Quest oder Toki erinnert. Das zum Teil aus WayForward-Veteranen bestehende Team hat seiner Fantasie freien Lauf gelassen: Auf den Burgzinnen lauern Feuer speiende Riesengreifvögel, unter der Erde schweben blau floureszierende Adlerköpfe durch die Luft und in einer Burg voller Zauberkessel wirft ein wild gewordener Alchemist mit explosiven Fläschchen um sich, bevor er einen tiefen Schluck nimmt und zu einem Mr. Hyde mutiert. Unter Wasser werde ich sogar von einem gigantischen Laternenfisch verfolgt: Statt einer kleinen Leuchte hängt eine Schatzkiste vor seinem Kopf, welche als Köder für gierige Ritter dient. Auch die abwechslungsreichen, verspielten Chiptune-Melodien sind prima gelungen und haben mir als Kind der Achtziger immer wieder Gänsehaut beschert. Weniger schön ist, dass sich die Entwickler auch bei der Steuerung an alten NES-Titeln orientieren. Im Vergleich zu Rayman, Super Meat Boy, Guacamelee & Co bewegt sich der Schaufelritter etwas träge und hüftsteif voran, was sich vor allem im Kampf gegen blitzschnelle Endgegner wie den Plague Knight als mühsam erweist. Wenn der Boss mit explosiven Projektilen um sich schmeißt, sorgt der Mangel an Agilität schnell für Frust.
Geld löst alle Probleme
Das Problem wird ein wenig durch das gelungene Währungs- und Speicher-System entschärft: Am Ort meines Todes bleiben ein paar flatternde Goldsäcke zurück, die ich mit etwas Geschick beim nächsten Mal einsammeln kann. So gnadenlos schwer wie in Spelunky oder anderen Roguelikes wird es zum Glück nicht, stattdessen orientiert sich der Schwierigkeitsgrad eher an MegaMan 9 und 10. Ganz wagemutige können sogar die Checkpoints selbst zerstören und bekommen im Gegenzug klingelndes Gold. Auch einige versteckte Abschnitte und Rätsel finden sich immer wieder in den Levels. Einen Raum unter mir erreiche ich z.B. nur, wenn ich zunächst ein paar explosive Plattformen aus dem Weg räume, mich aber nicht mit der Schaufel voran nach unten fallen lasse. Damit in der Grube nicht auch gleich alles in die Luft fliegt, muss ich zunächst einmal auf einer Anhöhe landen und springe dann ohne ausgefahrene Schaufel nach unten.
Fazit
In Shovel Knight steckt viel Liebe zu den Klassikern der 8-Bit-Ära: Entwickler Yacht Club Games hat sich den knallharten Schwierigkeitsgrad von MegaMan zum Vorbild genommen und ihn mit dem mystischen Design von Oldies wie Gargoyles Quest verschmolzen. Sicher: Etwas Besonderes ist solch eine Hommage angesichts der Flut von Pixelplattformern nicht mehr – und im Gegensatz zu Titeln wie Fly’n stecken auch keine coolen neuen Mechaniken im Spiel. Und doch sticht das Spiel heraus, weil die verbissen angreifenden Monster meist sehr geschickt in die ohnehin kniffligen Levels eingebaut wurden. Auch der unheimlich eingängige und abwechslungsreiche Chiptune-Soundtrack ist schon jetzt ein Klassiker! In manchen Punkten übertreibt Yacht Club Games es aber mit der Liebe zur Vergangenheit: Fiese Stürze bei gegnerischen Treffern und einige übertrieben schwere Bosse haben mich fast zur Weißglut gebracht. Wirklich übel nehmen konnte ich es dem Spiel aber nicht, denn der Rest des Abenteuers macht einfach zu viel Spaß. Hierzulande ist das Spiel bislang nur als Download für den PC erhältlich. Sobald die in den USA schon erschienenen Fassungen für Wii U und 3DS nach Deutschland kommen, testen wir sie natürlich nach!
Pro
Kontra
Wertung
PC
Der pixelige Retro-Ritter glänzt mit fantasievollen Monstern und tollem Level-Design - nur die träge Steuerung und einige übertrieben knifflige Bosse stören den Spaß.
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