Im Test:
Die gute alte Zeit
Warteschlangen-Planung. Preisgestaltung. Achterbahnbau. Dekorations-Architektur. Das Johlen und Schreien von Gästen. Die Pfützen an Erbrochenem, über die sich die Reinigungskräfte "freuen" und an denen sich zeigt, dass die Fahrgäste entweder ihren Magen über- oder die von mir geplanten G-Kräfte unterschätzt haben. Die Faszination, immer wildere Fahrten zu planen, zu testen und in die Tat umzusetzen... Das ist alles lange her. Seit Rollercoaster Tycoon 3 (immerhin vor fast vier Jahren), zu dem ich auch heute noch immer wieder gerne für ein oder zwei unterhaltsame Stündchen zurückkehre, gibt es zwar viele Tierparks, aber eine erschreckende Dürre an Freizeitparks für Manager.
In diese Bresche möchte bitComposer mit Adventure Park springen. Und an der Oberfläche scheint das Vorhaben auch zu gelingen. Bereits beim ersten Tutorial innerhalb der Standard-Kampagne springt der Wuselfaktor ins Auge: Sobald der Park geöffnet ist, strömen die Zuschauer hinein, folgen den Wegen, nutzen die Möglichkeiten, sich zu verköstigen und stellen sich an den Fahrgeschäften an. Man kann relativ dicht heranzoomen, so dass man die verschiedenen Gebietsoptionen wie Wüste oder Grasland betrachten kann. Doch eines hat man beim Entwicklerteam B-Alive (Wildlife Park) übersehen: Optimierung. Dafür, dass die Gebiete letztlich vergleichsweise klein sind und die Kulisse jetzt auch nicht "Ich bin die nächste Generation" schreit, bleibt die Bildrate erstaunlich uneinheitlich.
Manager gefragt?
Gerade bei den Preisen ist es ein Leichtes, die Gäste bis zum Erträglichen zu schröpfen und seine Gewinne zu maximieren, da man beim Fahrgeschäft bzw. dem Kiosk in der Übersicht nahezu umgehend Feedback bekommt, wie die Preise angenommen werden.
An der Oberfläche funktioniert dies alles gut, so dass man motiviert versucht, einen bestmöglichen Finanzkompromiss zu finden, bei dem man sowohl die Gäste als auch das Bankkonto zufrieden stellt, während man die kaum fordernden Aufgaben der Kampagne in Angriff nimmt.
Logik-Probleme
Doch wenn man in die Tiefe geht, geht Adventure Park schnell die Luft aus. Mit gerade mal knapp über 20 Fahrgeschäften hat man schnell alles gesehen – vor allem, wenn man ein freies Spiel ohne Geldbegrenzung und allen Freischaltungen startet.
Dass sie z.B. bei der Preisgestaltung unterschiedlicher Meinung sind und die Preise mal für angemessen (Besucher A), dann wieder für zu billig (Besucher B) oder zu teuer (Besucher C) erachten, kann ich verstehen. Dass es aber starke Diskrepanzen bei der Dichte oder Verfügbarkeit von Ständen, Papierkörben oder Toiletten gibt, verwirrt eher als dass es hilft. Doch im Zweifelsfall kann und sollte man hier nach Bauchgefühl vorgehen und nur noch punktuell eingreifen. Schlimmer wird es jedoch, wenn die Besucher konkrete Bedürfnisse wie Essen, Toilette oder den Wunsch nach mehr oder schnelleren Fahrgeschäften haben und sie von sich aus partout nicht in der Lage sind, diesem Wunsch zu folgen. Wenn ich in einem Vergnügungspark bin und das Gefühl habe, mehr Spannung und Adrenalin zu benötigen, mache ich mich auf den Weg zur nächsten Achterbahn. Im Adventure Park laufen die Gäste schnurstracks an allen Fahrgeschäften vorbei und setzen sich im schlimmsten Fall auf ein Schaukelpferd - nur um sich danach wieder zu beschweren, dass sie mehr Adrenalin benötigen. Auch hungrige Parkbesucher stoppen nicht an den "Ess-Stationen". Solche Logikfehler passieren allerorten und werden spätestens dann fatal, wenn in der Kampagne eine bestimmte Anzahl an Gästen verköstigt werden muss und alle Wege zum "Food Court" führen…
Achterbahnbau für Anfänger
Da man darüber hinaus nie ein Gefühl dafür bekommt, wie man die Fahrt so modifizieren kann, dass die gelegentlich zu erfüllenden Anforderungen wie z.B. auf die Fahrenden einwirkenden G-Kräfte maximiert werden, nimmt die Experimentierfreude schnell ab. Mal rauscht die Lorenbahn wie ein Blitz in die Tiefe, dann wiederum scheint sie nur gebremst die Abfahrt zu nehmen. Wieso? Keine Ahnung. Ist mir auch egal. Ich hab gerade wieder Rollercoaster Tycoon 3 gestartet, das Adventure Park vergeblich zu kopieren versucht.
Fazit
Adventure Park ist ein gut gemeinter Versuch, den Esprit der Klassiker Theme Park oder Rollercoaster Tycoon wieder aufleben zu lassen. Doch letztlich bleibt es beim Versuch. Etwas mehr als 20 Fahrgeschäften sind wenig, die Hardware-Anforderungen sind trotz des gelungenen Wuselfaktors und zahlreicher Details in der höchsten Zoomstufe zu hoch in Relation zum Abgebildeten. Doch das wäre sogar noch verschmerzbar, wenn es nicht immer wieder kleine und mittlere Stolpersteine wie unlogisches Verhalten der Gäste gäbe, die sich z.B. darüber beklagen, aufs Klo zu müssen, dann aber immer wieder an den zahlreichen Gelegenheiten vorbei latschen. Das Feedback der Park-Besucher (immerhin der Schlüssel zum Freischalten neuer Elemente) ist widersprüchlich, mitunter weiß man nicht mehr, was man machen soll. Im Gegensatz dazu hat man die passabel funktionierende Wirtschaft schnell durchschaut. Der Achterbahnbau ist zwar einfach, aber unrealistisch und verzichtet sowohl auf den Einsatz von Loopings oder Schrauben als auch Physik im Allgemeinen. Kurzzeitig ganz unterhaltsam, ist Adventure Park vor allem für eines gut: Einen zu motivieren, Rollercoaster Tycoon 3 entweder aus dem Archiv zu kramen oder es sich irgendwo gebraucht zu kaufen.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Frei baubare Achterbahnen machen noch keinen erfolgreichen Rollercoaster-Tycoon-Nachahmer. Hinsichtlich Parkgast-Logik, Benutzerführung und Tiefgang trennen Adventure Park Welten vom offensichtlichen Vorbild.
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