Infinite Scuba30.05.2013, Mourad Zarrouk
Infinite Scuba

Im Test:

Wir geben die Hoffnung auf eine echte Tauchsimulation nicht auf und haben uns „Infinite Scuba“ angesehen. Deren Entwickler konnten sich immerhin mit realistischen Erweiterungen zum Microsoft Flight Simulator einen Namen machen. Ein gutes Omen?

„We're really good at making realistic videogames“

Für zehn Dollar erwirbt man auf der Webseite des Entwicklers (Cascade Game Foundry) 

Die hübsche Lady wäre dann soweit: Let's go Diving
Die hübsche Lady wäre dann soweit: Let's go Diving
die Lizenz für ein „realitätsbasiertes, umweltbewusstes Videospiel, das dem Spieler ermöglichen soll die geheimnisvolle Schönheit  und Entspannung des Gerätetauchens vor realer Kulisse nachzuempfinden“. Hört sich fast zu gut an, um wahr zu sein. Nachdem der nur 70 MB große Client heruntergeladen und installiert worden ist, werde ich erst einmal von einer Warnung begrüßt. In der heißt es sinngemäß: Wir sind wirklich gut darin realistische Videospiele zu machen, aber diese Simulation kann keinesfalls die Ausbildung und das Training einer zertifizierten Tauschschule ersetzen“. Das wird ja immer besser, denke ich mir...  

Ernüchternder Sprung ins subtropische Wasser

Nach dem Start finde ich mich direkt an Deck eines Tauchbootes wieder - eine schlanke,

Immerhin: Finimeter und Tiefenmesser haben es in das Spiel geschafft.
Immerhin: Finimeter und Tiefenmesser haben es in das Spiel geschafft.
hübsche, aber namenlose Taucherin zur linken, ein Auswahlmenü zur rechten. Das Spiel ist komplett in Englisch und zunächst habe ich außer „Go Dive“ auch nicht viele Auswahloptionen. Plötzlich finde ich mich im Wasser wieder. Keine Option, ob ich mit versetzt-gestreckten Beinen klassisch eintauche oder aber rücklings nach hinten über den Steg. Keine Option, ob ich direkt durchtauche oder zunächst an der Oberfläche verbleibe und dann langsam abtauche, kein Druckausgleich - nichts. Ich befinde mich plötzlich in einigen Metern Tiefe und es setzt ein Tutorial ein, das mich mit der Steuerung vertraut macht. Die ist denkbar simpel und an klassische Shooter angelehnt (WASD). Es gibt keine Taste für das Aufblasen und Ablassen von Pressluft meiner Tarierweste (was wirklich eine der wichtigsten Dinge beim Gerätetauchen ist). Aber das Gravierende: Es gibt keinen Partner, keinen „Buddy“ ! Egal wie schwierig es sein mag die KI zu programmieren, man taucht beim Scuba-Diving (und darum geht es ja) niemals alleine! Nie! Es ist also schon nach einigen Minuten klar: Das hier ist keine Simulation.

Simulation? Fail!  Interaktiver Bildschirmschoner? Check!

Immerhin: Durch Drehen des Mausrades kann ich von der 3. Person in zwei Stufen in eine

Unter Wasser erwartet und das Wrack der Gosei Maru.
Unter Wasser erwartet und das Wrack der Gosei Maru.
Kameraperspektive aus Sicht der Taucherin wechseln. Doch warum hat man es dann unterlassen eine virtuelle Taucherbrille zu programmieren, welche auch mal beschlagen kann, wo auch mal Wasser eindringen kann, das ich dann per Pressatmung aus der Nase frei spüle? So viel vergebenes Potential.

So tauche ich also los und es gibt immerhin einiges zu sehen. Das Wrack des japanischen Frachters „Gosei Maru“ aus dem 2. Weltkrieg liegt seitlich in etwa zehn -20 Meter Tiefe auf dem sandigen Meeresboden. Über die Jahre hat es sich zu einem wunderbaren Habitat für zahlreiche Korallenarten und Fische gemausert. Ich kann Fotos machen oder mit meiner UW-Lampe in die Laderäume scheinen, wo man alte Torpedos und Fässer entdeckt. Das Spiel gibt mir auch  vor, was zu erledigen ist. Angelehnt an die Zertifizierung eines der beiden großen Tauchsportverbände (PADI) kann ich den Weg des „Naturforschers“ gehen und möglichst viele Fisch- und Korallenarten bestimmen oder ich lege mein Hauptaugenmerk auf das Wrack, suche dort nach Artefakten und gehe so den Weg des „Historikers“. Oder ich mache einfach beides, denn in Ermangelung weiterer Szenarien bleibt mir auch nichts anderes übrig, als das Wrack von innen und außen zu erkunden, bis ich auch die letzte verrostete Schraube gesehen habe. Ansonsten ist halt nicht viel zu tun, weil das Ganze ja eben keine Simulation ist.  

Interessante Infos, aber erst Wimmelbild-Folter

In der Realität ist beim Tauchen allerdings  eine Menge zu beachten und zu tun, wenn

Im Logbuch gibt es im Spielverlauf detaillierte Infos zu Fischen und Korallen.
Im Logbuch gibt es im Spielverlauf detaillierte Infos zu Fischen und Korallen.
man gesund und heile wieder an die Oberfläche gelangen will. Stichwort  Auftauchen: Der überaus wichtige „Sicherheits-Stopp“ in drei bis fünf Metern findet hier auch nicht statt. Man wird in der Nähe der Oberfläche einfach gefragt, ob man auftauchen will, das war's. Übrigens: Es gibt zwar einen „Fortgeschrittenen Modus“, nur leider zeichnet der sich nur dadurch aus, dass aus dem Spiel heraus an entsprechenden Passagen die englische PADI-Internetseite mit Hintergrundinfos aufgerufen wird. Wo das Spiel übrigens wirklich punkten kann, sind die zahlreichen illustrierten Informationen zur Unterwasserwelt, dem Schiff an sich und dem Atoll im Südpazifik. Nur leider müssen all diese Informationen erst mühsam freigeschaltet werden, indem ich z.B. auch den letzten von acht Feldstechern im Sand gefunden habe - das ist ermüdend und unnötig. Dass eine etwas bessere UW-Lampe erst freigespielt werden muss, kann ich noch verstehen, aber interessante Hintergrundinfos? Die sollten dem Spieler zumindest optional von Beginn an zugänglich gemacht werden.

Fazit

Dass wir es hier nicht ansatzweise mit einer Simulation zu tun haben, daran ändern auch simulierter Tiefenrausch oder korrekte Wassertiefen- und Druckluftanzeigen nichts. Auch die Verwendung realer Ausrüstungsgegenstände und der entsprechenden PADI- Zertifizierungen ist zwar ganz nett, aber auch nicht mehr. Wenn zumindest viel zu entdecken wäre und das Ganze auch noch fantastisch aussehen würde. Dem ist aber nicht so. An einem Nachmittag ist jeder Fisch und jede Koralle katalogisiert und fotografiert. Das Aufspüren historischer Artefakte entpuppt sich als nervige Wimmelbildsuche, auch wenn dadurch interessante Details zum Schiff und den Hintergründen der Versenkung freigeschaltet werden. Auf Nachfrage versicherten die Entwickler, dass es sich nur um eine Version 1.0 des Spiels handle und man noch sehr viel vor habe (Nachttauchgänge, Grottentauchgänge usw.). Bleibt abzuwarten, ob dafür dann erneut kassiert wird. Das derzeitige Stadium rechtfertigt die Investition für Tauchfans, mit Simulationsanspruch jedenfalls nicht.

Pro

realitätsnahe Darstellung der Unterwasserwelt
komplett gewaltfreies Setting
Verwendung realer Ausrüstung ...
detaillierte Hintergrundinfos ...
realer Schauplatz im Pazifik
Verwendung von PADI-Zertifizierungen

Kontra

keine Simulation
keine Sprachausgabe
... allerdings ohne besondere Auswirkung
... die aber erst mühsam freigesucht werden müssen

Wertung

PC

Ernüchternder Ausflug zur Gosei Maru im Chuuk Atoll. Hübsch anzusehen, aber ohne einen Hauch von Realismus.

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