The Walking Dead 2 - Episode 1: All That Remains19.12.2013, Benjamin Schmädig
The Walking Dead 2 - Episode 1: All That Remains

Im Test:

Irgendwie überlebt Clementine den Anfang vom Ende. Den Ausbruch jener Seuche, die Menschen zu hungernden Tieren werden ließ. Doch ihre Reise ist längst nicht zu Ende, denn unmittelbar nach den Ereignissen der ersten Staffel beginnt ein neuer Abschnitt. Er wird an einem Punkt enden, der weit vom Anfang entfernt liegt – das lässt der Einstieg in die nächsten fünf Folgen  bereits durchblicken. Kann Telltale den emotionalen Schwung der Vorgänger aufrecht erhalten?

Die Toten laufen weiter

Eins sollte klar sein: Wer die zweite Staffel The Walking Dead ohne jedes Vorwissen erleben möchte, sollte diese Zeilen nicht lesen. Ich werde keine Einzelheiten vorweg nehmen – kleine Hinweise auf Figuren und Entwicklungen muss die Besprechung eines erzählstarken Spiels aber zwangsweise enthalten.

Dass Clementine diesmal im Vordergrund steht, verraten ja die Bilder der Verkaufsportale, wie z.B. Steam. Dass die Geschichte kurz nach dem Einstieg einige Monate in die Zukunft springt, war ebenfalls im Vorfeld bekannt. Ich hatte Hinweise zur Handlung allerdings ignoriert, mir war der Zeitsprung deshalb neu. Kurz nachrechnen: 16 Monate sind etwa 480 Tage. Auch die Kurzgeschichten 400 Days liegen also mindestens drei Monate in der Vergangenheit.

Nur ein hilfloses Mädchen?

Es tut verdammt gut, die inzwischen zehn Jahre alte Clem zu spielen und zwar aus verschiedenen Gründen. Zum einen ist mir das Mädchen jetzt noch näher als in der

Zum ersten Mal ist Clementine ganz auf sich alleine gestellt.
Zum ersten Mal ist Clementine ganz auf sich alleine gestellt.
ersten Staffel. Damals konnte ich sie in der Rolle eines starken Erwachsenen beschützen, jetzt stecke ich in ihrer Haut – der eines verletzlichen Kindes. Zum anderen ist Clementine aber nicht nur äußerlich, sondern auch in ihrer Art und Weise gealtert. Der Überlebenskampf hat sie härter gemacht. Und gerissener. Mit weinendem Blick habe ich sie etwa um Hilfe betteln lassen – das war mir richtig unangenehm. Gemacht habe ich es trotzdem.

Eine ganz andere Seite habe ich nach einer der schmerzhaftesten Szenen entdeckt, die Telltale je gezeigt hat. Dort ist mir beinahe schlecht geworden, während ich sogar den Tränen nahe war – ein starker Moment, den Clem anschließend mit einer herrlichen Mischung aus Zorn und Trotz kommentieren konnte. Klasse!

Im Fluss der Ereignisse

Telltale jongliert gewohnt routiniert mit krassen Bildern und dem ruhigen Blick in die menschliche Seele. Die Autoren führen vielschichtige Figuren ein, die einfach nur ums

Überzeugend gelingt Telltale einmal mehr das Zusammenspiel mit anderen Figuren.
Überzeugend gelingt Telltale einmal mehr das Zusammenspiel mit anderen Figuren.
Überleben kämpfen. Die aber auch eine versteckte Agenda verfolgen. Als Clementine eine Gruppe Überlebender trifft, erlebt sie nicht nur warmherzige Ruhe, die mir im Umfeld des brutalen Alltags richtig gut tat. Sie wird auch in Diskussionen verstrickt, in denen ganz unterschiedliche Temperamente und Ansichten aufeinander prallen.

Und genau wie in der ersten Staffel fühlte ich mich sofort in diese Unterhaltungen einbezogen. Weil ich mit vielen Antworten und Bemerkungen das Gespräch beeinflusse, bin ich immer ein unmittelbarer Teil der jeweiligen Gemeinschaft. Dieser Erlebnisfluss gelingt Telltale nach wie vor hervorragend. Vor großen Entscheidungen sieht man übrigens keine Hinweise mehr auf das Ergebnis. Ich hatte diese Hilfe ohnehin ausgeschaltet – der Affekt des Augenblicks steht dadurch stärker im Vordergrund.

Noch ist natürlich nicht abzusehen, wie sehr meine Entscheidungen den Fortgang der Ereignisse beeinflussen. Eine schwerwiegende Wahl musste ich bereits treffen, abgesehen davon scheint der Schwerpunkt aber nach wie vor auf der Dynamik im Zusammenspiel der Figuren, nicht im Lenken des großen Schicksals zu liegen. In meinen Augen ist das der richtige Weg. Eingeschränkt fühlte ich mich allerdings immer dort, wo ich Clementine frei bewegen konnte - und trotzdem in eine Richtung gewiesen wurde, obwohl ich mich gerne anders verhalten hätte.

Enge Pfade

Eine größere Handlungsfreiheit hatte ich mir auch beim Absuchen der Umgebung nach Hinweisen oder dem Verwenden von Gegenständen gewünscht:

Trotz Inventar und freiem Bewegen darf Clementine nur wenige feste Aktionsmöglichkeiten nutzen.
Trotz Inventar  darf Clementine nur wenige feste Aktionsmöglichkeiten nutzen.
Dann laufe ich nämlich nur markierte Interaktionspunkte ab, anstatt durch gutes Beobachten Nützliches oder einfach Interessantes zu entdecken. Die Möglichkeit, ein Gespräch im Raum nebenan zu belauschen oder an der Tür vorbei zu schleichen, ist leider eine Ausnahme. Ich hätte mich auch gefreut, wenn Clementine verschiedene Wege gehen oder ignorieren könnte. Dann würde sich die interaktive Kulisse vielleicht so glaubhaft anfühlen wie das Drama, das darin stattfindet. Aber darauf verzichtet Telltale weiterhin.

Zudem fehlen mir auch diesmal spielerische Herausforderungen abseits der Reaktionsspiele. Wenn ich schon Gegenstände finden und kombinieren muss, sollte sich das nach mehr als dem Abarbeiten eines Stichpunktzettels anfühlen. Immerhin sind die Reaktionstests diesmal fordernder, so dass sie die Dringlichkeit echter Gefahr vermitteln.

Fazit

Ich bin unheimlich gespannt, wie es mit Clementine und den Anderen weitergeht! Ich habe Versprechen gegeben, meine Mitmenschen manipuliert... Doch jetzt bangt mir vor den Konsequenzen: Welche Gegenleistungen werden die Anderen einfordern? The Walking Dead blickt wieder einmal tief in die menschliche Seele und macht mich zu einem Teil der Geschichte, wenn ich in eifrigen Diskussionen um das Leben des Mädchens kämpfe. Schade, dass Telltale auf der eingeschränkten Handlungsfreiheit sowie dem sturen Anklicken aller Aktionsfelder besteht. So fehlt neben den Reaktionsspielen ein Anspruch, mit dem sich die Serie auch spielerisch entwickeln könnte. Doch obwohl sich die Entwickler auf vertraute Stilmittel verlassen: Schon in der ersten Folge der zweiten Staffel wächst eine ebenso taffe wie liebenswerte Überlebenskünstlerin zur Hauptfigur, die einige der gelungensten Überraschungen und schweißtreibendsten Höhepunkte der Serie erlebt. Ein starkes Fundament für Teil zwei der Reise!

Pro

emotional starker Einstieg in neue Staffel
glaubhaftes Einbeziehen in fesselnde Unterhaltungen
beklemmende Geschichte um Überleben und Vertrauen
interessante, vielschichtige Charaktere
guter Wechsel zwischen krassen und warmherzigen Szenen
fordernde Reaktionsspiele mit verzweigten Abläufen
wahlweise Übernahme der Entscheidungen des Vorgängers
besser markierte Interaktionsmöglichkeiten

Kontra

eingeschränkte Handlungsfreiheit
stures Anklicken/Ausprobieren aller Interaktionsfelder
keine nennenswerten Rätsel oder ähnliche Herausforderungen
mit anderthalb bis zwei Stunden relativ kurz
ausschließlich englische Sprache und Untertitel

Wertung

360

Starker Einstieg in die neue Staffel mit emotionalen und schweißtreibenden Höhepunkten.

PlayStation3

Starker Einstieg in die neue Staffel mit emotionalen und schweißtreibenden Höhepunkten.

iPhone

Starker Einstieg in die neue Staffel mit emotionalen und schweißtreibenden Höhepunkten.

iPad

Starker Einstieg in die neue Staffel mit emotionalen und schweißtreibenden Höhepunkten.

PC

Starker Einstieg in die neue Staffel mit emotionalen und schweißtreibenden Höhepunkten.

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