Knock-Knock16.12.2013, Jens Bischoff
Knock-Knock

Im Test:

Das Adventure Knock-Knock ist schon eine Weile erhältlich, hat aber erst vor Kurzem an unserem Testlabor angeklopft. Wir waren neugierig und haben es trotz später Stunde herein gelassen...

Endlose Nacht

Vor der Tür lag zunächst nur ein endlos scheinender Wald im Dämmerlicht. Doch es dauerte nicht lange, da schlurfte ein zerzaustes Männchen mit Nachthemd, Schal und Kerze aus dem Unterholz, das wirres Zeug brabbelte. Es war wohl auf der Suche nach etwas - einem Tagebuch, wie sich später herausstellte. Ich entschloss mich, es zu begleiten und ihm zu helfen, wieder nach Hause zu finden. Es war nicht leicht, da der Wald bereits nach wenigen Schritten alles Vertraute hinter uns verschlungen hatte.

Irgendwann kamen wir hundemüde an einem Haus an, dessen Tür einladend offen stand. Wir gingen hinein, legten uns hin und schliefen sofort ein. Als wir am nächsten Tag aufwachten, war es schon wieder dunkel. Zudem hätte ich schwören können, dass die Räume des Hauses gestern noch anders angeordnet waren. Egal, das Tagebuch musste irgendwo hier sein und ich hatte versprochen, bei der Suche zu helfen.

Ein Kopf in Scherben

Der Protagonist kann eine gewisse Ähnlichkeit mit Chucky der Mörderpuppe nicht leugnen.
Der Protagonist kann eine gewisse Ähnlichkeit mit Chucky der Mörderpuppe nicht leugnen.
Bald stellte sich jedoch heraus, dass das Buch als Ganzes gar nicht mehr existierte. Stattdessen kamen hier und da lediglich einzelne Seiten zum Vorschein. Wer es wohl zerrissen und die Seiten versteckt hatte? Und vor allem warum? Aus den ersten Abschnitten wurde ich jedenfalls nicht schlau. Auch was mein meist in Gedanken verlorener Begleiter vor sich hin faselte, ergab für mich nur wenig Sinn. Weltologe sei er und müsse alles aufschreiben, was so in der Welt passiere, wenn ihn die Zeit nicht im Schlaf tötete - im Traum könne er sie dabei beobachten...

Keine Ahnung, ob er Schlafwandler, betrunken oder einfach nur verrückt war. Ich war jedenfalls gleichsam besorgt wie fasziniert, wollte mehr wissen und folgte ihm auf Schritt und Tritt. Das wurde mit der Zeit allerdings immer gefährlicher, denn irgendetwas anderes schien ihn ebenfalls zu verfolgen. Erst hörte man nur leises Knarzen und Knacken, dann lautes Poltern und Getrampel, Türen schlugen auf, Lichter gingen aus, sogar Stimmen und Wehklagen erklangen aus der Dunkelheit.

Reparierte Lampen bringen Licht ins Dunkle der Nacht für Nacht anders angeordneten Räume.
Reparierte Lampen bringen Licht ins Dunkle der Nacht für Nacht anders angeordneten Räume.
Wir versuchten alle Räume zu checken, defekte Lampen instand zu setzen und den unheimlichen Besuchern aus dem Weg zu gehen. Manchmal versteckten wir uns sogar. Doch je länger wir das taten, desto länger schien die Nacht zu dauern. Aber es gab kein Entrinnen, jeden Morgen überkam uns ein unaufhaltsamer Schlaf, der erst zur nächsten Nacht endete und das Versteckspiel von Neuem beginnen ließ.

Kein Entrinnen

Das Haus präsentierte sich jedes Mal verändert, der Wald drum herum endlos. Wenigstens fanden wir immer wieder neue Buchseiten, die meinem Begleiter wie vieles andere kryptische Kommentare entlockten. Ich weiß nicht welche Gefahr größer schien - den nächtlichen Besuchern in die Hände zu fallen oder vorher den Verstand zu verlieren. Irgendwann spielte es aber keine Rolle mehr, da das Haus vom Käfig zum Grab wurde, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Wir waren gefangen in einer Endlosschleife, die uns jeden Morgen mit einer unabwendbaren "Game Over"-Ohrfeige weckte und enttäuscht zurückließ...

Der Wald jenseits der Haustür scheint endlos.
Der Wald jenseits der Haustür scheint endlos.
Nichts gegen böse oder vorzeitige Enden, aber nach einer mehrstündigen Odyssee auch noch Gefahr zu laufen, gar kein Ende zu Gesicht zu bekommen, ist schon ziemlich schwach. Der Zauber war danach jedenfalls verflogen, die Stimmung gedrückt, die Lust auf einen Neuanfang trotz Aussicht auf mindestens zwei richtige Spielenden sehr gering. Dran bleiben lohnt sich aber nicht nur für ein zufriedenstellendes Finale, sondern auch um weitere Hinweise und Geheimnisse zu entdecken. Schade nur, dass damit etliche Wiederholungen einhergehen und die Vertonung abgesehen von ein paar Brocken Englisch, nur aus Sims-ähnlichem Kauderwelsch mit deutschen Untertiteln besteht. Letztere sind zwar von sehr guter Qualität, aber ein professioneller Sprecher hätte für noch dichtere Atmosphäre sorgen können.

Fazit

Das russische Entwicklerstudio Ice-Pick Lodge hat bereits mit Pathologic oder The Void sehr spezielle Spielerfahrungen konzipiert. Auch bei Knock-Knock stellt man seine Vorliebe fürs Mysteriöse und Bizarre unter Beweis: Man begleitet einen geistig labilen Schlafwandler auf einem 2D-Psychotrip zwischen Amnesia, Slender und Limbo durch ein sich ständig veränderndes Zuhause. Man öffnet Türen, repariert Lampen und agiert im Verborgenen bis der rettende Morgen graut. Kryptische Kommentare und Tagebucheinträge machen neugierig, während ungebetene Gäste für Spannung sorgen. Das Versteckspiel nutzt sich mit der Zeit jedoch ab und kann gegen Ende sogar in eine spielerische Sackgasse führen, der man nur mit einem Neubeginn des gesamten Spiels entrinnen kann. Das ist einfach schlechtes Design und gehört eigentlich abgestraft. Auf der anderen Seite hat mich die eigensinnige Struktur und Inszenierung aber auch herrlich unterhalten, so dass am Ende die Faszination überwogen hat.

Pro

originelles Konzept
bizarres Setting & Design
stimmungsvolles Ambiente

Kontra

magere Vertonung
sehr wiederholungsreich
endlose Game-Over-Schleife möglich

Wertung

PC

Herrlich bizarrer, aber wiederholungsanfälliger 2D-Psychotrip mit lauernder Sackgasse.

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