Im Test: Brettspielflair und Rundentaktik
Drei Spezialisten auf Weltreise
Ein „Scout“, ein „Fighter“ und ein „Speaker“ sind in der ersten Mission unterwegs in England, um die Gräber der Angelsachsen zu finden. Auf die vierte Klasse „Scientist“ habe ich verzichtet – ob ich das bereuen werde? Egal, dann probiere ich im nächsten Alnlauf eine andere Kombination. Aber auch das aktuelle Trio bietet zumindest auf den ersten Blick eine gute Mischung. Jeder Charakter verfügt über besondere Talente und Fähigkeiten, die in Dialogen, Proben sowie Kämpfen geprüft werden. Zudem schaltet man mit der Wahl des "Captains" eine Spezialfähigkeit frei: Wähle ich den Scout Harry Walker, bekomme ich z.B. doppeltes Gold.
Brettspielflair und buntes Artdesign
Die erste Expedition führt nach ein paar
Fähigkeitsproben auf dem Weg zum Ziel
Es gibt Dialogfenster mit kleinen historischen Anekdoten sowie wortwitzigen Überraschungen, die meist auf eine Auswahl an Fähigkeitsproben hinauslaufen. Dabei hat man je nach Crew bessere oder schlechtere Chancen, diese zu bestehen. Als das Trio z.B. ein altes Schlachtfeld findet, kann man sich für das Studium der Waffen entscheiden, wobei Harry nur eine Erfolgschance von 21% hat, während Bias immerhin bei 50% liegt. Was passiert, wenn ich mich für sie entscheide? Dann wird eine Slotmachine animiert, die über Erfolg oder Misserfolg bestimmt. Schön ist, dass man je nach Crew auch weitere Optionen hat: Man könnte auch einfach alle Klingen einsammeln oder Bias Fähigkeit als „Tactician“ nutzen, um nur die wertvollsten darunter mitzunehmen – das würde den Ertrag an „Collect“ vervierfachen!
Ziel es, der größte Entdecker aller Zeiten zu werden – also in einer Highscore ganz oben zu landen. Das ist ein weiter Weg, denn an der Spitze steht zu Beginn der arrogante Blondschopf „Rivaleux“, der die eigene Gruppe als Amateure beschimpft und mit satten 2000 Punkten die Ruhmesliste anführt. Aber es gibt Hoffnung: Nach fünf Expeditionen wählt die International Society den „Most Renowned Explorer“ neu – so wird natürlich der Ehrgeiz geweckt, möglichst viel rauszuholen. Und man klettert dann auch recht schnell die Karriereleiter hinauf.
Entspanntes Entdecken oder gnadenloses Abenteuer
Wer es entspannter mag, spielt den „Discovery Mode“: Hier kann man immer wieder nachladen, um andere Orte zu besuchen oder alternative Taktiken auszuprobieren. Auch wenn alle Mechaniken innerhalb des Spiels gut erklärt werden: Für Einsteiger ist dieser Spielmodus definitiv empfehlenswerter, denn so kann man am Stück mehr experimentieren und so steigt der Frust beim Scheitern natürlich nicht zu schnell an – vor allem in den Gefechten gegen Räuber, Wölfe & Co kann man mit seinen drei Greenhorns recht früh das Zeitliche segnen. Schön ist, dass man oftmals lediglich den Anführer besiegen muss und nicht alle Feinde, um eine Mission zu bestehen.
Schere, Stein, Papier um das geistige Wohl
Das Besondere am Kampfsystem: Je nachdem ob man hauptsächlich aggressive (rote), freundliche (rosa) oder verschlagene (blaue) Fähigkeiten einsetzt, bekommt man andere Belohnungen am Ende. Auch die Herzen des Einschmeichelns sorgen also für „Treffer“, die den „Spirit“ des Feindes senken, bis er flieht, weil er gegen so sympathische Kontrahenten einfach nicht antreten will - ist zu Beginn sehr witzig, aber später nur ein Mittel zum Zweck anstatt eine Spielweise mit besonderen moralischen Konsequenzen. Schön ist, dass je nach Aktion die Stimmung in den Gefechten wechselt. Wie bei Schere, Stein und Papier gibt es effiziente Wechselwirkungen zwischen Aggression, Freundlichkeit und Verschlagenheit. Ist der Feind gerade nett, sind wütende Attacken besonders geeignet; ist er gerade selbst wütend, sind Verspottungen aussichtsreicher. Man kann also sehr perfide mit der Moral taktieren!
Hinzu kommen Spezialaktionen, die z.B. Feinde auf einen Gegner fixieren oder mehrere Ziele in Linie treffen. Es gibt zwar Hindernisse wie Bäume oder Felsen, aber weder Höhenunterschiede noch physikalische Auswirkungen im Gelände – und die KI der Feinde wählt auch nicht immer den optimalen Weg zum Ziel. Obwohl man mit der Zeit immer mehr Möglichkeiten hat und es zwischendurch auch mal Bosse gibt, will
Stockholms Stortoget
Was kann man abseits der Gefechte zwischen den Expeditionen machen, außer seine Charaktere aufzurüsten? Da gibt es nicht nur den Shop mit seiner Ausrüstung, den man wiederum aufrüsten kann, sondern auch indirekte Unterstützer: Man kann mit seinen Statuspunkten sowohl allgemeine Helfer wie Lobbyisten, Händler oder Studenten engagieren, die die Ausbeute auf späteren Reisen erhöhen. Hinzu kommen Spezialisten in vier Stufen, die zwar teurer als die Helfer sind, aber noch bessere Boni bieten und die eigene Spielweise weiter gezielt stärken können. Wer Konflikte eher aggressiv löst, könnte B.G. Hunter engagieren, die bei jedem aggressiven Gefecht nochmal Collect-Beute hinzufügt. Die Möglichkeiten für Verstärkungen und Kombinationen sind angenehm vielfältig.
Fazit
Obwohl Renowned Explorers aufgrund seines kunterbunten Artdesigns vielleicht wie ein „Casual Game“ anmutet, steckt eine vor allem zu Beginn fordernde und motivierende Spielmechanik dahinter - inkl. taktischem Party-Management sowie zig freischalt- und gut kombinierbaren Fähigkeiten. Aber je länger man spielt, desto mehr Routine schleicht sich in die immer gleichen Erkundungen auf kleinen Karten sowie die schwach animierten Kämpfe. Obwohl die Texte mitunter süffisant geschrieben sind und tatsächliche historische Gestalten einbauen, entsteht kein episches Abenteuerflair wie etwa in "The Banner Saga" oder gar eine offene Reise mit tollen Überraschungen à la "80 Days". Irgendwann weiß man genau, welche Symbole bzw. Belohnungen man braucht und klickt sich eben durch. Wer gerne in Rollenspielen an der optimalen Crew feilt und rundenbasiertes Brettspielflair mag, wird hier dennoch solide unterhalten, zumal der Wiederspielwert angesichts des einkalkulierten Scheiterns sowie der vielen Talente, Ausrüstungen und Schätze hoch ist.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Fade Kulissen, zu schnell Routine, wenig episches Abenteuer, aber charmantes Brettspielflair, interessante Rundentaktik sowie vielfältige Charakterentwicklung.
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