StarDrive 223.04.2015, Benjamin Schmädig

Im Test: Keine Verhandlungssache

Der Drang nach Forschung, Technologie, Wohlstand und Macht: StarDrive 2 (ab 19,95€ bei kaufen) macht PC-Strategen zu Herrschern über ein galaktisches Reich, welches das Bezwingen seiner Rivalen als höchstes Ziel ausgibt. Tatsächlich spielen aber weder die Diplomatie noch kulturelle Errungenschaften eine Rolle. Der Sieger wird im Krieg gekürt - und testet dafür experimentelle Raumschiffe, die er selbst entworfen hat.

Verlasse den Planeten nicht!

Der erste Eindruck ist ein guter: Aufwändige Zeichnungen versüßen kurze Ladezeiten und stellen neun Völker vor, die in einer beliebig großen Sternenwelt um die Vorherrschaft ringen. Nach der Wahl der Herkunft übernimmt man vorgegebene Werte oder wählt Stärken und Schwächen. Eine gesprochene Einführung stellt sowohl Steuerung als auch Spielprinzip vor und ansehnliche Planeten drehen sich vor übersichtlichen Menüs.

Übersichtlich jedenfalls, so lange man die Verwaltung eines Planeten nicht verlässt - so lange man den Bau neuer Gebäude und Schiffe anordnet, Fabrikarbeiter zu Wissenschaftlern oder Bauern macht und umgekehrt. Sobald man sich allerdings um mehr als einen Planeten kümmert (eine automatische Verwaltung gibt es leider nicht), springt die Menüführung so schlecht nachvollziehbar zwischen verschiedenen Bildschirmen umher, dass man den Überblick verliert.

Kolonialwirtschaft als Zukunftsmodell

Und selbstverständlich dauert es nicht lange, bis man den zweiten Planeten erobert; die Landung des sofort bereitstehenden Kolonieschiffs sichert schnell die erste "Außenstelle". Auf jedem Planeten können dabei verschieden viele Bewohner siedeln, die je nach Beschaffenheit ihrer neuen Heimat unterschiedlich effektiv Landwirtschaft betreiben, Fabrikerzeugnisse herstellen oder forschen. Der Bau neuer Kolonieschiffe ermöglicht schließlich die weitere Expansion.

Notwendig ist sie deshalb, weil StarDrive 2 das kriegerische Erobern des Weltalls fordert: Weder ist ein diplomatischer Sieg möglich noch genügt das Entstehen einer Hochkultur. Obwohl man aufeinanderfolgende

Es ist ausgesprochen befriedigend, wenn die selbst erstellte Flotte einen Sieg erringt.
Züge durch Halten der Leertaste praktisch ohne Pause "durchwinken" kann, gleicht der Rhythmus dabei der klassischen Eroberungsstrategie wie Master of Orion oder Civilization.

Selbstgemacht

Das Besondere ist der umfangreiche Baukasten zum Erstellen eigener Raumschiffe. Es gibt zwar Blaupausen verschiedener Schiffstypen, aber spätestens wenn die Forschung den Bau stärkerer Waffen, härterer Rüstung und anderer Module ermöglicht, muss man diese auf vorhandenen oder komplett neuen Grundrissen anbringen. So trocken das Ausrüsten auf der karierten Unterlage auch aussieht: Das Entwerfen mächtiger Kreuzer oder flinker Spione ist ungemein motivierend.

Leider zeigt das Spiel bei der Auswahl der Schiffe nicht deren grundlegende offensive und defensive Werte an - ebenfalls ein Ärgernis, das die Handhabung erschwert. Zudem verpufft ein Teil der Begeisterung über den Eigenbau ausgerechnet in den Weltraumschlachten, die in Echtzeit stattfinden. Es fehlen wichtige Optionen, um spezielle Stärken gezielt einzusetzen. So kann man die Schiffe zwar anweisen, aus großer Entfernung das Feuer zu eröffnen, es gibt aber keinen Befehl, der sie zum Halten eines Mindestabstands bewegt. Meist ist es am sinnvollsten, die gesamte Flotte nacheinander auf sämtliche Gegner zu hetzen, anstatt clever zu taktieren.

Giggle News Network?

Fingerspitzengefühl verlangt der Eroberungsfeldzug ohnehin kaum - auf keinen Fall in diplomatischen Begegnungen, die nur auf dem Gegenrechnen des finanziellen Werts von Verträgen, Kolonien, Ressourcen, Technologien und Drohungen basieren. Interessant ist lediglich, dass die Meinung der beteiligten Völker die Höhe der Zugeständnisse beeinflusst. So spiegelt StarDrive 2 geschickt irdische Animositäten. Schade, dass Nichtangriffsabkommen stets nach wenigen Runden schon erneuert werden müssen und dass sich die Rivalen nicht zuverlässig genug an Verträge halten. Das macht viele Verhandlungen mehr zum Hindernisklick als einer interessanten Herausforderung.

Die heitere Darstellung der galaktischen Konflikte fällt außerdem etwas aus dem Rahmen. Nichts gegen eine Prise Humor! Spätestens die albernen und regelmäßigen Texte des Nachrichtensenders GNN stören aber mehr als dass sie die Hintergründe des galaktischen Konflikts beleuchten. Zum Glück darf man die Übertragungen komplett abschalten.

Interessant, aber nicht logisch

Beinahe lächerlich wirkt sogar der Kampf um einen Planeten, bei dem Invasor und Verteidiger ihre Truppen im Rundentakt auf rechteckigen Feldern bewegen. Deckung gibt es dort nicht, Einheiten und Umgebung sehen

Die Kämpfe am Boden wirken leider wie unfertige Lückenfüller.
sowohl technisch als auch stilistisch billig aus und die taktischen Möglichkeiten halten sich in engen Grenzen. Man kann zwar jede Einheit  vorher mit Fern- und Nahkampfwaffen, Schilden oder Erste-Hilfe-Mitteln ausrüsten, mit dem offenen Gestalten der Flotte ist das aber in keiner Weise vergleichbar.

Auch der technologische Fortschritt ermöglicht vor allem den Bau besserer Schiffsmodule sowie neuer Gebäude, die z.B. die Arbeitsleistung der Bewohner eines Planeten steigern. Jede Forschungsstufe bietet dabei drei mögliche Projekte, von denen nur eins erforscht werden darf. Die anderen muss man bei Bedarf von anderen Völkern kaufen. Das fördert auf der einen Seite eine interessante Spezialisierung, ist auf der anderen aber unlogisch und schränkt die spielerischer Freiheit zusätzlich ein. Es ist ohnehin kurios: Die Diplomatie erlaubt im Grunde das Nachholen dessen, was die Forschung nicht zulässt - warum so umständlich?

Fliegen Würmer durch Wurmlöcher?

StarDrive 2 hat durchaus Vorzüge. Das Erweitern des Einflussbereichs ist motivierend, das Entwickeln der Planeten gemäß ihrer Stärken ebenso und der Bau von Frachtschiffen, die automatisch Nahrungsmittel zu bedürftigen Planeten fliegen, passt ins Konzept eines lenkenden Staatsoberhaupts, das nicht jeden Weg selbst gehen muss.

Zahlreiche Wurmlöcher vergrößern zudem die strategische Vielfalt, weil sie ferne Enden der Galaxie in unmittelbare Nähe rücken. Sie erleichtern ganz generell das Reisen, da Schiffe keine besonderen

Anführer verleihen Planeten und Bodentruppen besondere Fähigkeiten.
Voraussetzungen für das Durchfliegen der "Tore" benötigen. Die Expansion ist dadurch interessanter als würde sie stundenlang vom selben Fleck ausgehen.

Mit dem Kopf gegen die Wand

Die vom Spiel gesteuerten Parteien können damit allerdings kaum umgehen. Besonders einfältig sind Piraten, die mit schwachen Einheiten stets Planeten angreifen, gegen deren Verteidigungsmaßnahmen sie nicht die geringste Chance haben. Die Flotten der großen Rivalen verhalten sich nur  wenig cleverer: Vereinzelte Stoßtrupps attackieren gut bewachte Planeten. Zu selten nehmen sie gezielt einzelne Schiffe aufs Korn, die ihnen als Teil einer Gruppe gefährlich werden könnten.

Sie gehen allerdings ungeniert auf nichtmilitärische Transporter oder Kolonieschiffe los. Kein Wunder, einen solchen "Kampf" gewinnen sie ohne Widerstand. Die Möglichkeit zur Flucht nach dem Aufeinandertreffen der Verbände fehlt nicht nur hier, sondern auch wenn eine schwache Flotte aus den eigenen Reihen auf starke Feinde trifft. Anstatt sofort kehrt zu machen, muss man das Gefecht erst starten und jedem Schiff die Flucht befehligen - das raubt unnötig viel Zeit.

Fazit

StarDrive 2 ist kein schlechtes Spiel: Trotz einer ungemütlichen Menüführung ist das Koordinieren zahlreicher Planeten motivierend, es fängt den weiten Atem einer Weltraumoper stilvoll ein und es fühlt sich gut an, wenn eigenhändig designte Schiffe mächtige Gegner aus dem All pusten. Viele Wurmlöcher und zufällige Ereignisse machen die Eroberung der Galaxie dabei zum vielseitigen Abenteuer. Viele Schwächen machen StarDrive 2 aber auch zu einem höchst mittelprächtigen Spiel. Das fängt bei der mageren Diplomatie an, mit der langfristige Entwicklungen kaum möglich sind und die als Gegenmittel für die unlogisch beschränkten Forschungswege herhalten muss. Es geht dort weiter, wo es ausschließlich den militärischen Spielsieg gibt und in den Weltraumschlachten zu wenige taktische Möglichkeiten. Es endet schließlich bei hässlichen Bodenkämpfen an, die dem Begriff "Rundentaktik" kaum gerecht werden. Zu einer Zeit, in der 4X-Strategen gleich mehrere Alternativen haben, ist die Luft für das passable StarDrive 2 sehr dünn.

Pro

umfangreiches Erstellen eigener Schiffe...
wahlweise freies Zusammenstellen der Startwerte des Volkes
Forschung zwingt zu Spezialisierung - das ist strategisch interessant...
zahlreiche Ereignisse lockern Kampagne auf
diplomatische Verhandlungen setzen Konsens der Bevölkerung voraus
viele Wurmlöcher beschleunigen Expansion und verkürzen Reisezeiten
bequemer Transport von Bevölkerung, Bodentruppen und Nahrung durch automatische Transporter...
stilvolle Planeten, Artworks und z.T. animierte Zeichnungen der Völker
schnelles "Vorspulen" aufeinander folgender Spielrunden
gute, gesprochene Einführung

Kontra

... wichtige Grundwerte der Schiffe (offensive/defensive Stärke) werden in Auswahlfenstern aber nicht angezeigt
umständliche und unübersichtliche Menüführung bremst Spielfluss
... inhaltlich aber unlogisch und spielerisch unbefriedigend
eingeschränkte Wahl der Start
und keine Wahl der Siegbedingungen
Verträge müssen ständig erneuert werden und werden schnell gebrochen
ausschließlich militärischer Sieg möglich
... allerdings werden nichtmilitärische Schiffe bei Feindkontakt automatisch vernichtet
einfältiger Rundenkampf am Boden
unsinniges Expansionsverhalten anderer Völker und Piraten
kein automatisches Verwalten einzelner Planeten
kaum taktische Optionen während Weltraumgefechten
Flucht vor Kampfbeginn nicht möglich
keine Befehlsketten
alberne (abschaltbare) Nachrichten stören mehr, anstatt die Völker und ihre Motivationen vorzustellen

Wertung

PC

Strategische Weltraumeroberung, der diplomatische und taktische Feinheiten fehlen.

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