There Came an Echo04.03.2015, Benjamin Schmädig

Im Test: Die Evolution des Klicks

Sprachsteuerung? Bleibt mir fern! Ich kann wenig damit anfangen, mich durch Menüs zu quatschen, wenn jede Maus (und meist auch Gamepads) die Wege deutlich schneller erledigen. Allerdings: Wenn es nicht um Benutzeroberflächen geht, dann werde ich hellhörig. Denn was könnte dem Erleben eines interaktiven Abenteuers zuträglicher sein, als die Protagonisten wie reale Personen anzusprechen?

Bewegungs-ABC

"Miranda, geh nach Delta vier", sage ich sinngemäß auf Englisch und dann: "Konzentrier das Feuer auf Ziel eins. Wechsle zum Scharfschützengewehr, sobald ich das Signal gebe."

"Corrin, beweg dich zu Echo zwei." Ich brauche Verstärkung gegen einen starken Feind. Als Corrin am ausgewiesenen Punkt ankommt, legt er ein Sperrfeuer, so dass Miranda endlich ungestört zielen kann. "Jetzt!" rufe ich ihr zu, woraufhin sie statt ihrer Pistole das Gewehr anlegt. Sekunden später ist der Kampf entschieden.

Wer There Came an Echo spielen will, muss das derzeit noch auf Englisch tun. Deutsche Texte und Spracherkennung sollen in knapp zwei Wochen verfügbar sein, auch wenn Independent-Entwickler Jason Wishnov darauf hinweist, dass der Termin nicht als sicher gilt.

Quartett für fünf

Es ist Wishnovs zweites Spiel nach Sequence und trotz gelungener Referenzen ein ganz anderes. Denn anstatt Rollen- und Rhythmusspiel zu vereinen, inszeniert er diesmal Echtzeittaktik – ohne Ressourcen oder das Errichten eines Lagers. Vier Kämpfer müssen lediglich in einem Wechsel aus engen Gängen und breiten Arealen

Auf einen gesprochenen Befehl hin bewegen sich die Figuren zwischen markierten Positionen.
an zahlreichen Gegnern vorbei. Während sie sich dabei eigenständig verteidigen, ändern sie nur auf Anweisung des Spielers ihre Position, nehmen einen bestimmten Feind unter Beschuss oder helfen sich gegenseitig wieder auf die Beine.

Philosophie und Fantasie

Das alles spielt sich vor dem Hintergrund eines Cyberpunk-Krimis ab, der von Dick und Asimov bis hin zu Descartes viel davon zitiert, was in der Science-Fiction zum Nachdenken anregt. Die Geschichte dreht sich um den Computerspezialisten Corrin, der aus seinem Büroalltag gerissen wird, als er Besuch von geheimnisvollen Agenten erhält.

Man selbst übernimmt die Rolle eines oder einer Sam, die Corrin per Funk Anweisungen erteilt, während er und seine Begleiter immer tiefer in ein großes Mysterium eintauchen. Zwar kommt das Spiel schon nach etwa fünf Stunden bei einer Auflösung an, die inhaltlich sehr vertraut wirkt. Gute Sprecher, allen voran Wil Wheaton, ließen mich aber mit einem guten Gefühl zurück.

Alleine das abschließende Kommando war die Reise wert.

Über Berg und Tal

Selbst das sympathische Video mit fast allen Beteiligten (auf einen herkömmlichen Abspann verzichtet Wishnov) kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es eine Reise mit ebenso vielen Höhen wie Tiefen ist.

Bemerkenswert ist die hervorragende Spracherkennung, die zuverlässig Befehle an eine oder mehrere Figuren erkennt – sogar dann, wenn man nicht die komplette Anweisung ausspricht. "Bewege dich nach Bravo drei" funktioniert genauso wie "Bewege Bravo drei", "Gehe Bravo drei" oder andere Varianten. Man kann sogar eigene Anweisungen erstellen, indem man einem Kommando ein beliebiges bekanntes Wort zuweist.

Mal muss man dabei die Figuren an Wachen vorbei schleusen, indem man sie im richtigen Zeitpunkt auf den Weg schickt. Ein andermal dreht man zwei Geschütztürme, um Angreifer aus verschiedenen Richtungen abzuwehren. Oder man teilt die Gruppe, um verschiedene Aufgaben gleichzeitig zu erledigen.

Wie die Zeit vergeht!

So abwechslungsreich die Situationen allerdings sind, so überschaubar sind die Einsätze: Alle Missionen bestehen aus wenigen Gefechten, die noch dazu binnen weniger Sekunden vorüber sind. Weil sich die Protagonisten zwischen den Schusswechseln zudem lange unterhalten, ist das eigentliche Spiel ausnehmend kurz. Immer wieder wird es unterbrochen, bevor es erneut Fahrt aufnimmt – bis zur nächsten Pause.

Den Gefechten selbst fehlt hingegen trotz zahlreicher Befehle eine fordernde taktische Tiefe. Es ist zwar möglich, den Feind zu flankieren, Gegner mit einer Schnellfeuerwaffe in Deckung zu zwingen und mit einer Art Granatwerfer nah beieinander Stehende gleichzeitig anzugreifen. Die Schilde von Freund und Feind geben

Aus einer solchen Position sollte sich das Team schnell fort bewegen. Meist entscheidet aber massives Dauerfeuer die Gefechte.
jedoch so schnell nach, dass etwa zum Umgehen einer Position kaum Zeit bleibt. Letztlich entscheidet massives Dauerfeuer die meisten Aufeinandertreffen. Mit einem langsameren Ablauf, vielleicht erzwungen durch stärkere Schilde, hätte There Came an Echo vor allem in weitläufigen Einsatzgebieten um ein Vielfaches packender sein können!

Wenn alle alles können

Variation vermisse ich auch beim Ausrüsten der Kämpfer. Immerhin darf ich vor jedem Einsatz vier Waffentypen (z.B. Scharfschützengewehr und Granatwerfer) sowie besondere Fähigkeiten (u.a. bessere Trefferquoten mit bestimmten Waffen) verteilen. Echte Spezialisten forme ich aufgrund der geringen Statusänderungen aber nicht und von jeder Waffenart stehen lediglich zwei Stück zur Verfügung. Egal, welche Namen sie tragen: Im Grunde ziehen stets die gleichen vier Kämpfer los.

Zu guter Letzt machen There Came an Echo sogar Programmfehler zu schaffen. Damit sind keine kleinen Bugs gemeint, sondern Unannehmlichkeiten, die ein Weiterspielen verhindern. Zum Glück konnte ich jedes Mal nach einem kurzen Neustart am aktuellen Speicherpunkt fortfahren. Ärgerlich ist es trotzdem, wenn die Spracherkennung plötzlich nicht mehr funktioniert, wenn sich einer der Vier partout nicht bewegen will oder wenn das Spiel auf einem schwarzen Bildschirm Winterschlaf hält.

Fazit

Das abschließende Kommando ist ein Sinnbild für gelungene Immersion: Weil ich den Befehl selbst erteile, bin ich mittendrin, wenn das Abenteuer auf eine emotional erfüllende Art endet. There Came an Echo lebt von seiner guten Geschichte, der gelungenen Auflösung und sympathischen Sprechern. Es zehrt von einer sehr guten Spracherkennung zahlreicher Anweisungen. Diese natürliche Interaktion sorgt für eine starke Bindung an die Figuren und das Geschehen – deshalb ist es so schade, dass das Spiel so wenig aus seinen guten Anlagen macht. Das Taktieren beschränkt sich oft auf schnelle Waffenwechsel und die meisten Gefechte sind nach wenigen Sekunden gleich vorbei. Filmszenen machen den Großteil fast aller Einsätze aus und ärgerliche Fehler verhindern gelegentlich das Weiterkommen. Und während zusätzliche Herausforderungen sowie die Möglichkeit, gegen Onlinespieler anzutreten, gerade dieser Echtzeittaktik gut gestanden hätten, ist nach etwa fünf Stunden schon das Ende erreicht. Ich mag There Came an Echo! Ein gutes Spiel ist es leider nicht.

Pro

vielschichtige, wenn auch vertraute Science-Fiction-Geschichte
präzise Spracherkennung zahlreicher, auch verkürzter Befehle
abwechslungsreiche Aufgabenstellungen
Erstellen eigener Kommandos
optional: reine Maus/Keyboard- sowie Gestensteuerung
geplant: komplett deutsche Version

Kontra

insgesamt wenige Missionen mit zu kurzen Gefechten
viele lange Dialoge unterbrechen Spielfluss
überschaubare taktische Möglichkeiten im Kampf und beim Ausrüsten
unterschiedliche Programmfehler verhindern gelegentlich das Weiterspielen
keine ausführlichen separaten Kämpfe und kein Multiplayer
derzeit ausschließlich englische Sprache und Spracherkennung

Wertung

PC

Gute Spracherkennung und eine sympathische Geschichte zeichnen diese Echtzeittaktik aus - der vor allem spielerische Tiefe und ein größerer Umfang fehlen.

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