Im Test: Rotkäppchen auf Rachetour
Die Axt in der Hand erspart den Tod
Allzu streng hält sich der belgische Entwickler GriN nicht an die Märchenvorlage: Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern, dass der große böse Wolf Rotkäppchen eine Armee von Kampfrobotern auf den Hals hetzte. Die mit einem Aufziehschlüssel angetriebenen Blech-Schergen des Antagonisten Woolfe terrorisieren beinahe sämtliche Gassen der Stadt. In der Rolle von Red Riding Hood versucht man, der Sache auf den Grund zu gehen und herauszufinden, was hinter dem mysteriösen Tod des Vaters steckt. Auch das Verschwinden einiger Mädchen will sie aufklären. Vor einem Level schlendert die Protagonistin an erinnerungsträchtigen Orten herum und berichtet dem Spieler in Monologen aus ihrer Vergangenheit. Diese Abschnitte wurden stimmungsvoll von einer englischen Sprecherin vertont, Deutsch sind nur die Untertitel. Wenn Rotkäppchen auf ihre Großmutter oder einen Boss wie den Rattenfänger von Hameln trifft, wirken die Dialoge und Animationen aber recht hölzern.
Hölzerne Hiebe
Ein Schwachpunkt ist die etwas hakelige Steuerung: Vor allem die Kämpfe mit der Axt bieten weder einen guten Rhythmus noch gelungene Kombos. Meist lassen sich die tumben Soldaten, Ratten und Wölfe am besten damit in Schach halten, indem man sie zunächst abhängt, durch kurze Annäherung zu einem Schlag provoziert und dann kontert. Mit dieser Taktik kommt man recht erfolgreich durchs Spiel, besonders befriedigend wirken die Kämpfe so aber natürlich nicht. Ab und zu helfen ein Wirbelsprung oder andere Spezialattacken dabei, den Gegnerpulk zurückzuwerfen - deutlich effektiver als die Standardangriffe sind sie aber nicht. Die ebenfalls nicht all zu schweren Sprungsequenzen sorgen immerhin für einen etwas besseren Spielfluss, weil sie in sinnvollen Abständen mit Rätseln aufgelockert werden. Außerdem macht die malerische Umgebung einfach Lust darauf, erforscht zu werden. Natürlich gibt es auch die obligatorischen optionalen Sammelgegenstände – in diesem Fall handelt es sich dabei um Tagebuchseiten mit mehr Hintergrundinformationen.
Fazit
Schön, dass endlich auch das Genre der guten alten 2,5D-Plattformer eine Hommage erhält. In den Neunzigern entschieden sich viele Entwickler nur aufgrund technischer Beschränkungen dafür, doch mittlerweile fühlt sich der vernachlässigte Perspektiven-Mix wieder richtig frisch an. Die verträumten Kulissen machen das Erforschen, Hüpfen und die einfachen Rätsel zu einer unterhaltsamen Angelegenheit – was man von den Gefechten leider nicht behaupten kann. Ob man nun gegen mächtige Bosse oder kleine Aufziehroboter kämpft: Meist fühlt sich der simpel gestrickte Schlagabtausch mit der Axt ziemlich steif an. Auch einige schwer einsehbare Sprungpassagen auf fliegenden Inseln sowie die hölzern inszenierten Story-Sequenzen könnten mehr Feintuning gebrauchen. Trotz vieler Ecken und Kanten hat es mir aber trotzdem meist Spaß gemacht, durch die moderne Rotkäppchen-Interpretation zu hüpfen – vor allem, weil ich mich in den malerischen Kulissen wie in einem spielbaren Diorama gefühlt habe.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Malerisches Märchen-Jump-n-Run, das allerdings unter hölzernen Kämpfen leidet.
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