Kleiner Ausflug in die Vergangenheit

Zu Prä-PC-Zeiten war der Name »Flipper-Simulation« gleichbedeutend mit »David´s Midnight Magic«: dieser C64-Flipper fesselte 1984 mit toller Ballphysik, überschaubarem Layout und für damalige Zeiten guter 2 ½-Farben-Grafik etliche Spieler an ihren »Brotkasten«. Anfang der 90er waren die goldenen Jahre für Flipper-Programmierer: angeregt durch den Erfolg der Programme »Pinball Dreams« und »Pinball Fantasies« der Schweden von 21st Century, die heute als Digital Illusions für Furore sorgen, ergoss sich ein Sturzbach von mehr oder weniger guten Flipper-Simulationen über den PC. Während die früheren Vertreter auf scrollende, handgepinselte 2D-Grafik setzten, glänzten spätere Spiele wie Sierras »Pro Pinball«-Serie mit hochauflösender 3D-Renderoptik. Doch schon kurz darauf ebbte das Spielerinteresse an Flippern ab, das Genre geriet in Vergessenheit.

Iridons <4PCODE cmd=DGFLink;name=Pure Pinball;id=4231> ist jetzt der Vorreiter einer neuen Generation von 3D-Flippern: vorbei sind die Zeiten fester Perspektiven und vorgerenderter Tische. Heute haben Flipper-Simulationen bunt, glänzend und gleichzeitig hochrealistisch zu sein.

__NEWCOL__Flipper, Flipper.. Freund aller Zocker

Das stilvolle, aber ausschließlich per Tastatur etwas fummelig bedienbare Hauptmenü offeriert Euch unter netter Musik nur wenige Auswahlmöglichkeiten: Optionen verstellen, Credits begutachten, Spiel starten oder dem Demo-Modus zusehen. Letzterer ist mangels Tisch-Beschreibungen im Spiel eine gute, und sehr ausführliche Sache, um die Flipper und ihre Eigenheiten näher kennen zu lernen. Die Optionen sind gerade im Video-Bereich etwas mager ausgefallen, außerdem lässt sich die Steuerung nicht den eigenen Wünschen anpassen. Am meistern vermisst man jedoch Tisch-spezifische Einstellungen: Ball-Anzahl, Zeitlimits, Punktelimits für Extras - nichts ist verstellbar, Pure Pinball (ab 7,99€ bei kaufen) ist ein Leg-ein-leg-los-Spiel.

Ihr dürft aus drei höchst unterschiedlichen Tisch-Layouts wählen: »Excessive Speed« orientiert sich inhaltlich am gleichnamigen Rennspiel von Chaos Works, das 1999 von Iridon vertrieben wurde. Hier dreht sich alles ums Auto und Höchstgeschwindigkeit, entsprechend rasant ist der Flipper aufgebaut. »World War« ist thematisch eine Mischung aus den beiden Weltkriegen, der sich etwas gemächlicher und taktischer spielt. »Runaway Train« schließlich entführt Euch in die Frühtage der Eisenbahn im Wilden Westen. Natürlich sind die Tische mit allem ausgestattet, was einen guten Flipper auszeichnet: Bumper, mehrstufige Targets, Rampen, versteckte Extras und drei bis fünf Trigger.

Gib Dir die Kugel

Nach recht kurzer Ladezeit kommt der Grafikschock - echter als bei Pure Pinball geht´s kaum noch! Die Tische sind detaillierter als die früheren Pro Pinball-Renderspiele, aber dabei komplett in Echtzeit berechnet. Alle Flipper bestehen aus etlichen Polygonen, spektakuläre Licht- und Spiegeleffekte vermitteln eindrucksvoll das Gefühl, mitten in einer Spielhalle zu sein: Blinklichter erhellen partiell die Umgebung, die chromglänzenden Rampen zeigen nicht die geringste Kante, und verfügen über spürbare Höhenunterschiede. Die hochglanzpolierten Tische spiegeln die Umgebung, und bestechen durch coole metallische Reflektionen. Alles blinkt, alles glänzt, überall bewegt sich etwas wunderschön animiert; nett anzusehende 3D-Modelle bereichern die Umgebung. Doch das Highlight ist die Flipperkugel: leicht verschmutzt und chromsilbern schimmernd reflektiert sie die gesamte Umgebung in Echtzeit - inklusive eines gut erkennbaren Spielers!

Natürlich seid Ihr nicht auf eine Kameraperspektive festgelegt - Ihr habt die Wahl unter zwölf mehr oder weniger nützlichen Ansichten: von einer sehr flachen Ballverfolger-Perspektive bis zur schrägen Totalübersicht des Tisches ist alles vertreten, wobei manche Winkel nur Showzwecken dienen und kaum vernünftiges Flippern ermöglichen. Je nach Auswahl scrollt die Ansicht mehr oder weniger ausufernd und schnell, so dass Ihr eine Weile ausprobieren solltet, welche Ansicht Euch am ehesten zusagt.

__NEWCOL__Hardware-Monster

Der Verzicht auf vorgerenderte Grafik erhöht natürlich die Hardwareanforderungen, und in diesem Bereich kann sich Pure Pinball locker mit aktuellen Shooter-Größen messen. Um die volle Pracht zu genießen, sollten die Grafikeinstellungen nämlich strikt nach oben geschraubt werden. Darüber hinaus empfiehlt sich noch Anti-Aliasing, um Kanten zu glätten, und anisotropes Filtering, um gerade bei flachen Perspektiven nicht mit flimmernden Texturen kämpfen zu müssen. Beides muss leider hardwareseitig aktiviert werden, da die Entwickler auf entsprechende Optionen bei Pure Pinball verzichtet haben. Darüber hinaus empfiehlt es sich auch, die vertikale Synchronisation Grafikarten-seitig zu aktivieren, da Pure Pinball bei schnellen Bewegungen gelegentlich »nachzieht«, was dem Spiel etwas Rasanz stiehlt. Sind all diese Grafikverfeinerungen aktiviert, sieht das Spiel zwar phänomenal aus, beschert dem Besitzer eines Mittelklasse-Rechners allerdings ruckelige Grafik und ein langes Gesicht.

Eine hohe Auflösung ist für vernünftiges Spielen allerdings unerlässlich, da gerade die oberen Tischhälften vollgestopft sind, so dass man gerade aus flachen Blickwinkeln nur wenig von den dortigen Ball-Aktivitäten mitbekommt. Selbstverständlich gibt es jedoch ein LED-Display, welches Euch jederzeit über den aktuellen Punkestand auf dem Laufenden hält, coole Animationen abspielt, und bei Aufgaben Tipps gibt.

3D-Klackern

Pure Pinball bietet natürlich die üblichen Spielmodi: Multi-Ball (bis zu vier Bälle), mehrstufige Kombos, Jackpots und zu lösende Aufgaben. Letztere verfügen fast immer über ein teils übles Zeitlimit und sind für jeden Tisch sehr unterschiedlich gestaltet. Standardmäßig habt Ihr zu Spielbeginn fünf Bälle, könnt aber natürlich weitere hinzugewinnen. Positiv ist in diesem Zusammenhang die sehr faire Ball-Save-Funktion, die einen angemessen großen Zeitraum anbietet, in der man verlorene Bälle zurückbekommt. Das ändert natürlich nichts daran, dass Ihr das Schubsen des Tisches beherrschen solltet, auch wenn man dabei immer Gefahr läuft, das Spiel zu »tilten«, quasi durcheinander zu bringen. Leider darf ausschließlich per Tastatur gesteuert werden, Gamepads werden nicht unterstützt. Dafür dürfen bis zu vier Spieler nacheinander an einem Rechner antreten.__NEWCOL__

Pure Pinball´s Akustik ist ein zweischneidiges Schwert: die Soundeffekte sind grandios gelungen und vermitteln ein sehr »echtes« Gefühl. Neben dem obligatorischen Geklacker der Trigger und Bumper gibt es an jedem Tisch themenspezifische Soundeffekte: pfeifende Lokomotiven, einschlagende Bomben, jaulende Motoren und vieles mehr - das Ganze auf Wunsch auch in 3D. Die Musik hingegen tröpfelt etwas belanglos ruhig aus den Boxen, und könnte einer »Chilling Moods«-CD entnommen sein - sie passt zwar zum Spiel, allerdings wären spezifischere Kompositionen schöner gewesen, etwa Marschmusik bei »World War« oder Hillbilli-Gefiedel bei »Runaway Train«.