Grow Home18.02.2015, Jan Wöbbeking

Im Test: Galaktischer Kletterausflug

The-Crew-Entwickler Reflections will die Faszination des Kletterns einfangen: Wer zerklüftete Felsen unter den Füßen und nur den Himmel über sich hat, blendet zwangsläufig alles Alltägliche aus und fokussiert sich ganz auf seine Umgebung. Besonders reizvoll wird das natürlich, wenn man als Forschungsroboter eine außerirdische  Welt voller bizarrer Pflanzen und Tiere erforscht. Ein faszinierender Erkundungstrip?

Hüpfen, kraxeln, gärtnern, sammeln

Ziel des Spiels ist die Rettung einer Zivilisation, die im fernen Weltall nach Pflanzen sucht. Als ein unbemanntes Raumschiff zwischen einer Reihe von Asteroiden eine komplette Welt exotischer Pflanzen und Tiere entdeckt, schickt es seinen Forschungsroboter hinunter, der sich auf die Suche nach einer wertvollen Spore machen soll. Auf dem Weg dorthin hüpft, klettert und gleitet der Spieler zwischen den Himmelskörpern umher und lässt gewaltige Ranken wachsen. BUD (Botanical Utility Droid) lässt es ganz entspannt angehen. Obwohl von seinem Trip die Rettung der Auftraggeber abhängt, lässt sich der putzige Roboter nicht hetzen. Auch der fürsorgliche Computer M.U.M. auf dem Mutterschiff funkt ihm immer wieder beruhigende und aufmunternde Worte zu: „Spiel schön du unten, ja?“, „Das hast du aber gut gemacht!“. Zu Beginn hielt ich Zweiteres noch für Sarkasmus, doch später erkannte ich, dass der Zentralcomputer seinen putzigen Kletterroboter einfach nur gern hat.

Das klettern läuft intuitiv ab: Mit dem rechten Trigger verankert sich BUDs rechte Hand am Felsen, mit dem linken die andere. Alternativ ist auch eine Maussteuerung möglich, es wird allerdings der Controller empfohlen.
BUD zu mögen fällt tatsächlich nicht schwer. Er stolpert zwar ein wenig unbeholfen über das unebene Terrain, gibt dabei aber lustige Piepsgeräusche von sich sieht unheimlich knuffig aus. Seine aberwitzigen Verrenkungen beim Laufen und Klettern waren zunächst nur Ergebnisse eines Experiments: Die Programmierer bei Reflections wollten erforschen, wie sich eine Figur mit dynamisch generierten Bewegungen fortbewegen lässt. Letztendlich wurde ein komplettes kleines Download-Spiel daraus. Die außerirdische Asteroiden-Welt besteht aus minimalistischen eckigen Polygonen, wirkt aber trotzdem sehr idyllisch. Am Rande rauschender Wasserfälle kraxelt man in funkelnde Diamantenhöhlen, entdeckt blökende außerirdische Tiere und erforscht das Verhalten von allerlei wundersamen Pflanzen, die einen z.B. kraftvoll zurückschleudern.

Auf der Suche nach dem Starseed

Als Spieler hat man nur wenige Aufgaben: Ohne Zeitdruck arbeitet man sich immer weiter nach oben, um den „Starseed“-Samen zu finden. Zwischendurch sucht man in versteckten Grotten nach funkelnden Edelsteinen, mit denen man BUDs Fähigkeiten aufmotzt: Plötzlich kann er z.B.  mit dem Jetpack auch ein Stückchen nach oben schweben. Noch nützlicher ist die große „Starplant“-Pflanze, die man wachsen und gedeihen lassen soll. Klammert sich Bud an die Spitze eines Ablegers, beginnt dieser mit gewaltigem Tempo zu wachsen, so dass man selbst abgelegene schwebende Inseln erreicht.

Baaah!
Die Anziehungskraft liegt irgendwo zwischen der von Erde und Mond. Bei dieser Trägheit wird die Steuerung von BUD mitunter zu fummelig. Wenn man rechtzeitig abbremst, lässt sich das wackelige Metallbündel zwar bändigen,  trotzdem hält sich BUD in brenzligen Situationen nicht immer wie vorgesehen fest, so dass man unerwartet kilometerweit in Richtung Erde segelt. Dank zahlreicher Checkpoints kommt trotzdem nur selten Frust auf. Wer die außerirdische Pflanzenwelt geschickt nutzt, kann den Sturz außerdem abbremsen oder an einem Gänseblümchen durch die Luft schweben. Die wenigen Hinweise machen den Ausflug manchmal verwirrend. Ich habe es z.B. zu früh geschafft, dass Raumschiff zu erreichen, bemerkte dann allerdings, dass ich unten zunächst etwas anderes erledigen musste. Auch der Umfang wirkt ein wenig knapp: Das Primärziel lässt sich in wenigen Stunden erreichen, danach kann man aber noch weiter in der bizarren Welt herumturnen, um nach Edelsteinen und einem neuen Missionsziel zu suchen. Einen halbwegs aktuellen Spiele-PC solltet ihr übrigens besitzen: Trotz des schlichten Designs kam es bei uns manchmal zu kleinen Rucklern. Der Soundtrack besteht oft nur aus beruhigend schlichten Akkorden, unterstützt das Spielgefühl aber passend.

Fazit

Als ich Grow Home gestern ein Weilchen auf unserem Twitch-Account gestreamt habe, hieß es im Chat sofort: „Das ist ja fast wie in der Space Night!“ Und tatsächlich: Ein Kletterausflug in Grow Home ist beinahe so entspannend wie das Chillout-Nachtprogramm auf Bayern 3. Hier kann man die fremden Welten allerdings selbst erkunden und erklimmen. Die außerirdischen Kraxeltouren mit BUD haben zwar keinerlei Realitätsanspruch, die Abgeschiedenheit und Fokussiertheit erinnern trotzdem stark an das Gefühl, welches ein Bergsteiger haben muss, wenn er eine bisher unbekannte Steilwand erklommen hat und danach den Blick über die idyllische Landschaft schweifen lässt. Es ist unheimlich entspannend, versteckte Höhlen zu entdecken, wie ein Drachenflieger durch die Luft zu gleiten, auf der Riesenranke zu „surfen“ und mit den Eigenheiten der Pflanzenwelt zu experimentieren. Manchmal funken allerdings die etwas unzuverlässige Steuerung oder die sich wegdrehende Kamera dazwischen – auch unklare Aufgabenstellungen sorgen mitunter für Verwirrung. Trotzdem steckt in Grow Home ein kurzer aber faszinierender Ausflug in eine fremdartige Berg- und Pflanzenwelt.

Pro

entspannte Erforschung von Asteroiden und Pflanzenwelt
idyllisch-minimalistisches Design
knuffige Soundeffekte

Kontra

Steuerung und Kamera etwas zu zickig und wackelig
nur ein Szenario
das ist allerdings sehr groß bzw. hoch

Wertung

PC

Kurzer, aber faszinierender Kletterausflug in eine außerirdische Bergwelt.

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