Im Test: Schwärmerische Science-Fiction
Extraterrestrische Erfahrung oder Moonwalking-Simulator?
Das Konzept eines derartigen Erkundungs-Adventures klingt wie gemacht für die Virtuelle Realität. Trotzdem hat es Entwickler Mindfield Games vorerst als klassisches Monitor-Spiel veröffentlicht. Eine Vive-Unterstützung ist in Arbeit, für Oculus Rift wird bereits eine Beta angeboten, die wir mangels Hardware aber noch nicht testen konnten. Also haben wir uns ohne VR ins All begeben. Da sich die Steuerung per Maus und Tastatur ein wenig träge anfühlt und das Abenteuer ohnehin ein langsames Tempo vorgibt, habe ich mich zurückgelehnt und mit dem 360-Controller gespielt. Von einer Fluchtsequenz abgesehen werden ohnehin keine schnellen Reaktionen gefordert. Stattdessen schreite ich in etwas zu gemächlichem Tempo über die zerklüftete Mondoberfläche und später durch die verlassene Forschungsstation, auf der seltsame Dinge vor sich gehen. Ein kleines Team von Wissenschaftlern forschte offenbar an einem Phänomen, über das ich erst durch das Auffinden von Audiologs, Notizen und Fachbüchern immer mehr erfahre, je länger ich auf der Station unterwegs bin. Eine Wissenschaftlerin berichtet z.B. auf diversen Kassetten davon, wie der Rest der Mannschaft auf geheimnisvolle Weise aus der teils kollabierten Station verschwand. Da draußen ein Mondsturm tobt, bin ich erst einmal auf mich selbst angewiesen.
Magerrätsel statt Margerine
Fast alle Objekte in meiner Umgebung besitzen den typischen Rama-Markenaufdruck, lassen sich aufheben und gezielt wegschmeißen. Hier merkt man bereits, dass das Spiel eigentlich für VR konzipiert wurde: Schon die Entwickler des Job Simulator haben festgestellt, dass es darin schnell zu einen Bruch der Immersion kommt, wenn sich nicht genügend Objekte realgetreu bewegen lassen. Der Überfluss an manipulierbaren Gegenständen birgt aber auch Schattenseiten fürs Spieldesign von Adventures: Wenn ich wirklich jede Dose, jede Bestecktüte, sämtliche Bücher, Zangen und Zettel aus dem Regal nehmen kann, lenkt das schnell von den entscheidenden Gegenständen ab.
Hübsche Inszenierung
Ähnlich einfach gestrickt sind die Rätsel am Schaltpult, wo ich durch ein wenig Spielerei an den Knöpfen praktisch von selbst auf die Lösung komme. Ein wenig versüßt werden solche Aktionen durch das gelungenes Design der Technik. Im Bereich der Raumfahrt und der Erforschung mysteriöser Phänomene ist die Entwicklung im alternativen 1995 schon erstaunlich weit fortgeschritten. Bei der Computertechnik hinkt die Gesellschaft den realen Neunzigern aber weit hinterher: Es gibt kein Internet – und sämtliche Computer und Spielautomaten erinnern eher an die klobigen Großrechner der Sechziger und Siebziger Jahre. Interessant ist auch, welch starken Einfluss Isolation und Experimente auf die Psyche und den Hormonhaushalt der Astronauten nehmen. Das macht sich vor allem in den von Heimweh, Depressionen und Intrigen geprägten Briefen und Notizen bemerkbar. Die emotionale Stabilität der Crew ist offenbar gewaltig aus den Fugen geraten, bevor es zum großen Knall kam. Unter den Wissenschaftlern befanden sich auch Psychologen und Biologen, welche in einem bizarren Turmgarten mit Hilfe von Bienenschwärmen forschen – passend zum Namen des Spiels.
Fazit
Pollen ist ein typisches Beispiel für ein Erkundungs-Abenteuer, das von seinem Rätsel-Design ausgebremst wird. Meist handelt es sich nur um zu simple Schalter- und Schlüssel-Puzzles, die allerdings schlecht in die unübersichtliche Erkundung eingebunden wurden, so dass ich oft ahnungslos durch die Station irrte. Vielleicht hätten die Entwickler die Rätsel auf kleinere Areale beschränken und klarer kennzeichnen sollen, denn das langsame Untersuchen der Umgebung sorgt schnell für Ermüdung. Ich bin regelrecht froh, dass ich das Adventure nicht mit einem VR-Headset testen musste, denn dann hätte ich mich vermutlich noch häufiger verloren gefühlt. Schade, denn das Design und die Erzählung sind Mindfield Games viel besser gelungen: Als Freund von Science-Fiction-Filmen aus den Siebziger bis Neunziger Jahren hat die alternative Zeitlinie mit ihrer klobigen Technik schnell mein Interesse geweckt, so dass ich die geschickt platzierten Audio-Logs und Dokumente regelrecht in mich aufgesogen habe. Pollen ist ein hübsch inszeniertes Erkundungs-Abenteuer, welches aber erheblich unter der schwachen Integration der viel zu einfachen Puzzles leidet. Der Bruch zwischen Dramaturgie und Spielerfahrung sorgt für Ernüchterung.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Das Durchstöbern der verlassenen Raumstation fördert eine spannende Story zu Tage, die aber massiv vom schwachen Rätseldesign gestört wird.
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