DanganRonpa Another Episode: Ultra Despair Girls03.09.2015, Jens Bischoff

Im Test: Vom Adventure zum Shooter

Nach einem investigativen Adventure-Doppelpack beschreiten die DanganRonpa-Entwickler mit Another Episode - Ultra Dispair Girls nun Shooter-Pfade. Wie der Genrewechsel dem bizarren Anime-Abenteuer zu Gesicht steht, verrät der Test.

Bizarre Menschenjagd

Ultra Despair Girls ist zeitlich zwischen den Ereignissen aus Trigger Happy Havoc und Goodbye Despair angesiedelt und behandelt das Schicksal von Komaru Naegi, die von Unbekannten entführt und anderthalb Jahre völlig isoliert in einem Appartment gefangen gehalten wurde. Als eines Tages plötzlich ihre Zimmertür aufgerissen wird, erwartet sie statt der ersehnten Rettung allerdings gleich der nächste Alptraum: Die ganze Stadt wird von einer mordenden Meute mechanischer Monokuma-Bären überfallen, denen auch ihre Befreier nicht gewachsen scheinen.

Am Ende landet sie vor einem bizarren Kindertribunal, das sich zum Ziel gesetzt hat, alle Erwachsenen zu töten. Auch Komaru steht auf ihrer Abschussliste. Allerdings soll sie ihren kindlichen Peinigern erst noch zur Unterhaltung dienen und im Rahmen eines morbiden Spiels gejagt werden.

Erst Geisel, dann Gejagte - Komaru stolpert von einem Alptraum in den nächsten.
Dank einer überlassenen Strahlenwaffe und ihrer schizophrenen, aus Trigger Happy Havoc bekannten Begleiterin Toko Fukawa schlägt sich Komaru jedoch weit besser als erwartet und es keimt neue Hoffnung in ihr auf.

Hoffnung und Verzweiflung liegen bei DanganRonpa aber bekanntlich sehr dicht beieinander und so wird die Flucht von allerlei verstörenden Figuren und Vorkommnissen flankiert, bei denen auch immer wieder erzählerische Bögen zum Vorgänger geschlagen werden. Zwar werden auch Neueinsteiger mit den wichtigsten Ereignissen und Zusammenhängen vertraut gemacht, Serienkenner blicken aber natürlich weit tiefer in die verwobenen Abgründe der makaberen Anime-Saga.

Feuer frei!

Wie in den Adventure-Vorgängern machen Story und Dialoge den Großteil der Spielzeit aus. Dazwischen steuert man Komaru aus der Schulterperspektive durch Towa City, wo sie sich mit ihrer Hacking-Gun allerlei mechanischer Angreifer erwehren muss. Neben klassischen Monokumas, die einem mit scharfen Stahlkrallen auf die Pelle rücken, bekommt man es auch mit kriechenden, fliegenden und rollenden Exemplaren zu tun, die zum Teil sogar über Schutzschilde und Schusswaffen verfügen.

Jede Gattung hat dabei individuelle Schwachstellen, die es vor allem mit spezieller Munition auszunutzen gilt. Die Hacking-Gun erlaubt den Einsatz bis zu acht verschiedener, meist nur begrenzt vorrätiger Munitionsarten. Diese reichen von konventionellen Projektilgeschossen über Funksignale zum Aktivieren und Manipulieren elektrischer Schaltkreise bis hin zu niederstoßenden Druckwellen.

Ungleiches Paar: An der Seite ihrer schizophrenen Bekanntschaft versucht Komaru dem mörderischen Treiben in Towa City zu entkommen.
So kann man Gegner munitionssparend in Abgründe schubsen, als Köder verwenden, kollektiv unter Strom setzen oder von ferngelenkten Autos überfahren lassen.

Dadurch ergeben sich auch interessante Kombinationen und Kettenreaktionen, deren perfekter Einsatz in speziellen Arealen sogar belohnt wird. Auch auf besonders treffsichere Schützen warten lukrative Extras, obwohl das Zielen trotz diverser Hilfen so seine Tücken hat. Vor allem bei größeren Gegnermengen oder Bosskämpfen sowie in verwinkelten Gängen gehen Kamera und Kollisionsabfrage gerne mal auf Abwege. Im späteren Spielverlauf kann auch das Wechseln der Munitionsarten etwas nervig sein, da schnelle diagonale Steuerkreuzbewegungen einfach zu selten korrekt erkannt werden und man beim Umweg über Pausemenü und Touchscreen stärker aus dem Spielfluss gerissen wird.

Flucht nach vorn

Auch die Ladeunterbrechungen zehren hin und wieder an den Nerven. Nicht nur, weil man beim Erkunden der eigentlich recht kompakten Spielabschnitte immer wieder aus dem Rhythmus kommt, sondern auch weil sie Kampfhandlungen jäh unterbrechen können. Wer versehentlich zu weit zurückweicht, riskiert sogar, dass Gegner komplett regenerieren, eigene Wunden und Munition aber nicht. Wer nicht viel wert auf Rankings und Boni legt, kann sich aber beliebig oft voll erholt am letzten Checkpoint wiederbeleben und mit hilfreichen Tipps versorgen lassen. Auch der anfangs gewählte Schwierigkeitsgrad lässt sich bei Bedarf nachträglich noch herabsetzen.

Mit gutem Timing kann man dem Tod sogar in einem letzten Reaktionstest von der Schippe springen und gleichzeitig seine Gegner lähmen. Spielstände lassen sich aber nur an diffamierenden Pipi-Töpfchen sichern, die überall in der Stadt installiert wurden. Wer hingegen die Sau rauslassen will, wechselt einfach zu Komarus Begleiterin Toko, die sich per Stromschlag in ihr Alter Ego Genocide Jack verwandelt,

Schräg: Um den Spielstand zu speichern, muss man brav aufs Töpfchen gehen.
um von schizophrenem Gelächter begleitet alles niederzumähen, was sich ihr in den Weg stellt - zumindest so lange ausreichend Stromreserven vorhanden sind.

Starkes Duo

Im Verlauf des Spiels lassen sich sowohl Tokos als auch Komarus Fähigkeiten schrittweise ausbauen. Während Letztere neue Talente und Fertigkeiten aus Büchern lernt und individuell zusammenstellt, verschlingt die Entfaltung von Tokos Wahnsinn bare Münze, die man alternativ auch in Munitionsmodifikationen investieren kann. Bei Shopbesuchen muss man dann eben abwägen, was einem wichtiger ist - mehr Durchschlagskraft im Nah- oder Fernkampf, mehr Munition, Feuergeschwindigkeit oder Angriffskraft.

Allerdings wird nicht immer nur gekämpft. Hin und wieder ist auch Köpfchen gefragt. Die harmonisch in den Spielverlauf eingebetteten und meist clever mit der Umgebung verzahnten Rätseleinlagen haben mir trotz teils etwas zu aufdringlicher Hilfestellungen gut gefallen. Auch das manchmal nur mit spezieller Strahlenmunition mögliche Aufspüren und Sammeln von Hinweisen,

Multifunktionswaffe: Die verschiedenen Munitionsarten sind nicht nur im Kampf, sondern auch beim Lösen von Rätseln und anderen Aufgaben wichtig.
Graffiti, Steckbriefen, und anderen Schriftstücken, um mehr über die bizarre Spielwelt zu erfahren oder auch einfach nur lohnende Boni zu kassieren, wurde motivierend implementiert.

Eine deutsche Lokalisierung hat man sich wie bei den Vorgängern gespart. Hinzu kommt aber, dass man sich dieses Mal sogar den japanischen Originalton seperat herunterladen muss. Immerhin ist der Download kostenlos. Die mit vielen vertrauten Stimmen aufwartende US-Synchro kann sich aber ebenfalls hören lassen und im Vergleich zu den deutlich umfangreicheren und spannenderen Adventure-Episoden gibt es nur sehr wenige unvertonte Dialoge.

Fazit

Trotz anfänglicher Skepsis muss ich zugeben, dass DanganRonpa das Wildern in Shooter-Gefilden gar nicht so schlecht zu Gesicht steht. Zwar fällt die maue Technik noch mehr ins Auge als noch zu Adventure-Zeiten, aber wie in den Vorgängern verbringt man auch in Ultra Despair Girls die meiste Zeit in herrlich bizarren Dialog- und Story-Sequenzen, wo dies kaum eine Rolle spielt. Doch selbst der Griff zur Waffe hat mich dank taktischer Skill- und Munitionswahl samt individueller Modifikationen durchaus positiv überrascht. Rätseleinlagen, Suchspiele und andere Herausforderungen wurden überzeugend in den Spielverlauf eingebettet, auch wenn man sich bei den Hilfestellungen meiner Meinung nach ruhig etwas zurückhaltender hätte geben können. Auch die vielen Ladeunterbrechungen beim Erkunden der Spielwelt blieben negativ in Erinnerung. Zudem gibt es wie üblich keine deutschen Untertitel und selbst den japanischen Originalton muss man sich dieses Mal separat herunterladen. Vom Kauf abhalten sollte einen das aber nicht, auch wenn die Klasse der Adventure-Vorgänger nicht erreicht wird.

Pro

herrlich bizarre Spielwelt und Charaktere
motivierende Rätseleinlagen und Herausforderungen
individuelle Fertigkeitenwahl und Patronenmodifikationen

Kontra

mäßige Technik
lästige Ladeunterbrechungen
nicht lokalisiert

Wertung

PS_Vita

Der Genrewechsel sorgt technisch und spielerisch für das ein oder andere Stirnrunzeln; Story und Inszenierung sind aber herrlich bizarr wie eh und je.

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