Im Test: Wikinger-Siedler für zwischendurch
Die Siedler im Geiste
Valhalla Hills könnte eigentlich unter dem Label "Die Siedler" daherkommen, denn der grundlegende Spielablauf erinnert ziemlich stark an die ersten Vertreter des Aufbauspiels von (Ubisoft) Blue Byte. Die Ähnlichkeiten sind keine Überraschung, denn Entwickler Funatics betritt mit dem Wikingerspiel altbekanntes Terrain, schließlich waren sie für Catan - Die erste Insel (1999), die Cultures-Reihe (2000-2002), Die Siedler 2: Die nächste Generation (2006) und Die Siedler - Aufbruch der Kulturen (2008) verantwortlich. Trotz der Cultures-Vergangenheit geht Valhalla Hills eindeutig in Richtung Siedler, abgesehen davon, dass die Einwohner über eigene Namen und zwei Bedürfnisse (Nahrung und Schlafen) verfügen. Das war’s mit den Cultures-Anleihen. Ansonsten wird alles - wie gewohnt - indirekt gesteuert: Man baut also nur Gebäude, Straßen und gibt überschaubare Kommandos, während die Einwohner den Rest selbst erledigen, sofern genügend Rohstoffe vorhanden sind.
Inselspringer
Zwei Spielmodi stehen zur Auswahl: Das "Freie Spiel" und eine Serie aus Inselkarten, die aber keinesfalls eine Kampagne darstellt. Bei dieser Inselserie werden die Karten immer größer und stetig mehr Gebäude freigeschaltet, während Tutorial-Textfenster die Spielmechanik kleinschrittig vorstellen. So müssen die Wikinger pro Insel eine Siedlung errichten, dort die notwendigen Rohstoffe anhäufen und das Portal auf dem höchsten Berg erreichen. Am Portal angekommen, können Gegner bekämpft oder Opfergaben in Warenform abgegeben werden, um die Insel abzuschließen und zum nächsten Eiland zu springen. Dabei sammeln die Wikinger jeweils kontinuierlich Ehre und dürfen ab einem gewissen Schwellwert nach Valhalla aufsteigen - das eigentliche Spielziel. Es wäre also gut, wenn die Wikinger zwischendurch nicht das Zeitliche segnen würden. Das Insel-Hopping findet gänzlich ohne Story, ohne Missionsziele, ohne Quests oder Ereignisse und ohne viel Abwechslung statt.
Zu schnell ist alles gesehen ...
Und da die Bewältigung der einzelnen Inseln meistens nicht allzu lange dauert, sticht die stetige Wiederholung des Geschehens förmlich ins Auge - gerade in der Anfangsphase und bei dem ersten halben Dutzend Inseln. Alles beginnt gleich und die Abläufe (Gebäudebau) sind jedes Mal identisch, nur der Untergrund, die Kartengröße sowie die Positionen von den Portalen ändern sich. Hier wäre es besser gewesen, wenn es pro Insel mehr zu tun gegeben hätte, anstatt jede Tutorialaufgabe mehr oder weniger an eine
Gegenspieler auf den Inseln - neben Wölfen und Co. - kommen mit den Bergzwergen erst spät ins Spiel. Nach der gefühlten zehnten besiedelten Insel tauchte die Meldung auf, dass ich nun auf Bergzwerge als Gegenspieler treffen könnte. Diese Funktion muss allerdings erst bei der Kartenerstellung aktiviert werden, sonst wird man die garstigen Zwerge gar nicht zu Gesicht bekommen. Die Gegner bauen Kohlepfannen und Türme auf und verderben mit ihrer pechschwarzen Präsenz und Pilzwuchs die ansonsten so schöne Landschaft. Stellenweise greifen die Schergen sogar ziemlich früh und ohne große Vorwarnung an, da stimmt es mit der Balance noch nicht so richtig. Für friedliche Aufbaunaturen ist es natürlich schön, dass die Bergzwerge optional sind und komplett ausgeschaltet werden können. Wer es gerne etwas schwerer hätte, darf zudem den Wikingermodus (größere Karten und gefährlichere Gegner) anschalten.
Gut für eine Partie zwischendurch
Für eine schnelle Aufbaurunde aus der Kategorie "Zwischendurch" ist Valhalla Hills prädestiniert, gerade im normalen Spielmodus (Inselserie). Im "Freien Spiel" dauert alles hingegen länger. Nicht, weil es dort mehr Spieltiefe geben würde, nein, die Inseln sind meist nur größer. Die fehlende Langzeitmotivation rührt daher, dass der Aufbauteil nicht komplex genug ist (zu wenig Gebäude, zu kurze Produktionsketten), das Mikro-Management der Wikinger mit den zwei Bedürfnissen ziemlich flach ausfällt und die Verwaltung der Siedlung kaum Handgriffe erfordert.
Darüber hinaus ist man oft zum tatenlosen Zuschauen verdammt. Letzteres ist im Aufbau-Genre nicht unbedingt ungewohnt oder schlecht, jedoch hat man hier übertrieben viel Zeit, um die wuselnden Wikinger zu beobachten
Für mehr als eine Partie zwischendurch reicht es daher nicht aus und das ist schade, denn die Grundlage des Aufbauspiels ist eigentlich gelungen, durchdacht und überzeugend. Nur fehlt es an Tiefgang - als hätte man den "Endgame-Content" irgendwie gestrichen oder vergessen ... Auch der Blick auf einige der geplanten Features für die Vollversion in der Early-Access-Beschreibung unterstreicht diesen Eindruck. Da heißt es von den Entwicklern, dass das Spiel erst in der ersten Jahreshälfte 2016 erscheinen sollte und mehr Gebäude, bessere Belohnungen, weitere Berg-Typen, Szenarien und Berg-spezifische Spielelemente angedacht seien. Auszug aus der Beschreibung :
Siedlungsaufbau und Early-Access-Verbesserungen
Der Siedlungsbau beginnt damit, dass die ersten Wikinger unweit vom Stadtportalstein vom Himmel fallen und auf göttliche Anweisungen warten. Man gibt erste Bauaufträge und die Wikinger führen diese automatisch aus, wenn ihre Bedürfnisse und die Ressourcen es erlauben. Los geht es mit dem Werkzeugmacher (Early-Access-Neuerung), bei dem man später Werkzeuge und rudimentäre Waffen für die Berufe bestellen muss. Danach folgt der Holzfäller, der logischerweise Bäume fällt. Ohne dieses Gebäude geht gar nichts und wenn man zu Beginn ein Sägewerk, einen Förster, eine Wohnhütte und einen Steinmetz gleichzeitig mit dem Holzfäller in Auftrag gibt, kann es dazu kommen, dass mehrere Projekte parallel in Angriff genommen werden und auf halbem Weg überall die Rohstoffe ausgehen. Danach muss abgerissen oder neugestartet werden.
Abgebaute Anbauten und tragende Träger
In der Early-Access-Version gab es anfänglich noch Anbauten. So war der Förster eine "Baumschule" und diese "Baumschule" war ein Anbauelement beim Holzfäller. All diese Anbauten wurden gestrichen und sind nun eigene Gebäude. Generell ist die Verlagerung auf eigene Gebäude aus der Sicht der Gewohnheit keine schlechte Sache, trotzdem wären Anbauten durchaus sinnvoll gewesen, z.B. zur Vergrößerung des Wohnraumes bei den Wohngebäuden oder zur Produktionssteigerung.
Ist die Versorgung mit den ersten Ressourcen sichergestellt, geht es weiter mit dem Bau der Straßen und später dürfen dann "komplexere" Warenketten etabliert werden. So wird z.B. Brot aus der bekannten Mischung aus Bauernhof, Mühle und Bäckerei erstellt und wer später auf durchschlagskräftigere Waffen setzen möchte, braucht einen Geologen, Kohle, Eisen und einen Waffenschmied. Mit Bier und Gold wiederum lässt sich die Kampfkraft der designierten Wikinger steigern. Und wenn die Siedlung größer wird und die Einwohnerzahl dank neuer Wohnhütten stetig steigt, fällt dankenswerterweise die Option
Kämpfen oder Opfern
Auf der Insel können Heerlager oder Türme (in unterschiedlichen Größen) platziert werden, die Kämpfer mit Axt, Bogen und Co. (je nach Vorrat im Lager) beherbergen. Wurde solch ein Lager gesetzt und Krieger angeworben, wuseln die Kämpfer um das Lager herum aus und greifen selbstständig Wölfe, Bären und andere Gegner (Portale) in der Umgebung an - auch hier wird ausschließlich indirekt gesteuert. Die Position der Heerlager können verlagert werden, um z.B. die kleinen oder großen Portale zu erreichen und dies ist selbst über große Entfernungen möglich, was das Erreichen von fernen Zielen ziemlich einfach macht.
Da die Wikinger ihren eigenen Kopf haben und machen was sie wollen, ist das Mikro-Management nahezu nicht existent. Hat ein Einwohner zum Beispiel Hunger, geht er selbstständig irgendwo hin und sucht sich etwas Essbares. Findet er/sie nichts, wird gestreikt - was auch manchmal vorkommt, obgleich das Lager übervoll mit Futtermaterial ist. Ein mehrstufiges Bedürfnissystem mit echten Auswirkungen fehlt und das vorhandene System ist allerhöchstens rudimentär.
Fazit
Funatics und Daedalic ist mit Valhalla Hills das kuriose Kunststück geglückt, ein Aufbauspiel für zwischendurch zu entwickeln - und damit landet die Wikinger-Insel-Siedelei genau zwischen den Stühlen. Während die grundlegenden Aufbau- und Wirtschaftselemente gelungen sind und immer wieder an die besten Siedler-Zeiten erinnern, hört der Siedlungsausbau genau dann auf, wenn es interessant wird und die Produktionsketten länger werden. Wenn andere Aufbauspiele mit mehrstufigen und verschachtelten Warensystemen erst zur Höchstform auflaufen, ist bei Valhalla Hills schon Schicht im Schacht und längst alles gebaut und gesehen. Obgleich die frühen Siedler-Teile in dem Bereich ebenfalls nicht herausragend waren, brachten die stetige Gebietsausdehnung und das Militärsystem mehr Würze ins Spiel - all das fällt hier trotz der Hügel leider zu flach aus. Hinzu gesellen sich zu viele Wiederholungen des gleichen Aufbauschemas im normalen Modus. Erst im freien Spielmodus, auf größeren Inseln und gegen die mitwuselnden Bergzwerge als Gegenspieler wird es etwas besser. Dennoch hätten die Bedürfnisse der Einwohner, die Gebäudevielfalt und das aktive Siedlungsmanagement mehr Tiefe vertragen können. Es wirkt fast so, als hätte es für die "Endgame-Inhalte" irgendwie nicht mehr gereicht. Und daher ist man mit der etablierten ANNO-Serie, Banished oder Stonehearth (Early Access) besser bedient als mit Valhalla Hills.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Weder Fisch noch Fleisch: Valhalla Hills fehlt es trotz gelungener Aufbau-Ansätze an Vielfalt, Tiefgang und Abwechslung.
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