Im Test: Ein Paradies für Schönbauer
Das Erbe von Theme Park
Vor über zehn Jahren erschien RollerCoaster Tycoon 3. Seitdem herrscht weitgehend Flaute bei den Freizeitpark-Aufbauspielen, die seit Theme Park populär sind. Diese Lücke versucht Frontier Developments (RollerCoaster Tycoon 3, Elite: Dangerous, ScreamRide) mit Planet Coaster zu schließen. Alleine sind sie mit dieser Idee nicht, da Atari mit RollerCoaster Tycoon World und Texel Raptor mit Parkitect ähnliche Pläne verfolgen. Während sich RollerCoaster Tycoon World mit einem katastrophalen Early-Access-Start als Großbaustelle einen Namen machte, die sich mittlerweile gebessert hat, versucht Parkitect (Early Access) eher den Management-Teil zu betonen. Bei Planet Coaster hingegen steht der Parkaufbau mit aufwändigen Szenerie-Dekorationen im Vordergrund und macht das Spiel zu einem Traum für Schönbauer - verpackt in einer kunterbunten, lebendig wirkenden und charmanten Cartoon-Welt, in der es im eigenen Park nur so wuselt.
Viel Aufbau, wenig Wirtschaft
Nein, Planet Coaster ist keine Wirtschaftssimulation. Es ist ein großer "LEGO-Sandkasten", der zum ungestörten und fast schon meditativ entspannenden Bau des eigenen Traumparks einlädt. Ergänzt wird der Parkaufbau mit leichten Wirtschaftselementen, womit die Entwickler der Linie von RollerCoaster Tycoon 3 folgen. Schwere Herausforderungen sollte man nicht erwarten und deswegen darf man im Sandkasten-Modus gleich mit unendlich viel Geld loslegen. Bei den Szenarien (Missionen) und den Herausforderungen spielt Geld glücklicherweise wieder eine Rolle.
Eine freie Fläche und viele Ideen
Der Freizeitpark der Träume beginnt mit einer weitläufigen, freien Baufläche. Dort darf man nach Herzenslust Läden, Fressbuden, Schienenfahrgeschäfte, moderate bis nervenkitzelnde Attraktionen und natürlich Achterbahnen hochziehen. Wie gewohnt werden erst das Gebäude und dann Eingang, Ausgang und Warteschlange platziert. Danach wird die Attraktion mit den Parkwegen verbunden. Das Wegbausystem ist sehr gelungen, da sich natürlich anmutende Strecken mit Kurven, Steigungen, Gefällen und Co. genauso leicht wie akkurat rechtwinklig verlegte Laufwege realisieren lassen. Winkel- und Rasterausrichtung stehen als weitere Optionen bereit. Zudem lässt sich das Gelände anheben, absenken oder automatisch begradigen. Auch die Breite des Weges lässt sich festlegen, um die Besuchermassen an kritischen Stellen bewältigen zu können. Die Parkbesucher aus den Kategorien Erwachsene, Teenager und Familien sind zudem "physische Objekte" und
Die Fahrgeschäfte
Bei den Fahrgeschäften darf man aus 16 Nervenkitzel-Exemplaren und zwölf ruhigen Geschäften wählen. Hierzu zählen Karussell, Riesenrad, Schiffschaukeln und sich ziemlich schnell drehende Attraktionen mit Loopings und Co. Jedes Fahrgeschäft kann angepasst werden: Farbe, Musik, Preis, Besetzungsregeln, Premiumpass-Warteschlange, Inspektionsintervall und (manchmal) die Fahrtsequenz lassen sich modifizieren.
Die besagten Fahrgeschäfte sind im Sandbox-Modus komplett verfügbar, müssen bei den Herausforderungen und im Szenario-Modus allerdings erst erforscht werden. Dazu investiert man ein wenig Geld und nach einiger Zeit wird es freigeschaltet. Schade - die Forschung hätte etwas umfangreicher ausfallen können. Auch Upgrades oder Anbauten für bestehende Attraktionen wären eine schöne Sache gewesen. Auffällig ist, dass Attraktionen mit Wasser derzeit Mangelware sind, was förmlich nach einer Erweiterung schreit, wobei sich Wildwasserbahnen als Schienenfahrgeschäfte mit dem mächtigen "Strecken -Editor" eigenhändig erstellen lassen.
Ein XL-Burger mit extra viel Ketchup!
Die Parkbesucher wollen abseits des Spaßes noch mit Essen, Trinken und Toiletten versorgt werden. Hierzu darf man diverse Läden und Servicegebäude errichten - von Erste-Hilfe-Stationen zur Übelkeitssenkung über Hutläden bis hin zu Info-Stationen. Dabei wird auf die Kreativität der Spieler gebaut, da eigene Gebäude mit funktionalen Modulen erstellt werden können. Man kann z. B. das Modul "Pommes-Bude" mit einem "Milchshake-Stand" als Grundlage nehmen und drumherum ein Gebäude mit dem gewollten Ambiente (Piraten, Märchen oder Sci-Fi) stückweise gestalten. Einmal abgespeichert kann diese Pommes-Milchshake-Bude im Steam Workshop geteilt werden. Eine tolle Sache, aber für meinen Geschmack hätte Frontier Developments zum Start mehr Baupläne bereitstellen können. Der erste Patch schafft etwas Abhilfe.
Traumjob: Achterbahn-Designer
Bei den Achterbahnen darf man sich richtig austoben und aus fast 30 Typen allerlei Eigenkreationen erstellen - obgleich es auch hier zu wenige Vorlagen gibt. Die Gestaltung einer Achterbahn beginnt mit dem Start/Ziel-Element und dann darf man schrittweise
Schön, schöner, mein Park
Noch mehr Möglichkeiten hat man bei der Gestaltung der Szenerie. Man darf z.B. fertige Szenenobjekte wie Gruselbäume, mittelalterliche Dörfchen, Drachen oder Piraten-Szenen platzieren, oder man stellt auf "Angepasst" und kann Steine, Bäume, Sträucher, Animatronik-Figuren, Statuen, Bänke, Mülleimer, Scheinwerfer, Pyrotechnik,
Szenarien
Neben dem Sandbox-Modus gibt es die Karriere, die im Prinzip eine Folge aus mehreren Missionen ist, in denen man Aufgaben erfüllen muss. Dadurch sammelt man Sterne, steigt im Level auf und schaltet weitere Missionen frei.
Herausforderungen
Zu guter Letzt kann man sich an Herausforderungen versuchen, denen man sich in jeder der fünf Umgebungen (Tropen, Wüste, Graslandschaft, Alpin und Laubwald) stellen kann. Nach der Wahl eines Schwierigkeitsgrades beginnt der bekannte Aufbau und währenddessen bekommt man immer wieder neue Aufgaben gestellt, die es für eine kleine Finanzspritze zu lösen gilt. Die größte Herausforderung besteht zumeist darin, den Start mit nur wenig Geld zu meistern und trotzdem die ersten Besucher zufriedenzustellen - manchmal hilft da ein Kredit.
Glaubhaftes und weniger glaubhaftes Verhalten
Die computergesteuerten Besucher verhalten sich durchaus glaubwürdig, da sie sich in kleineren Grüppchen bewegen und nur auf den Wegen laufen, an denen es Fahrgeschäfte gibt. Seltsam ist hingegen, dass sie der Tag-/Nachtwechsel so gar nicht stört. Großartig sind die Animationen der Besucher und des Parkpersonals. Man kann den virtuellen Menschen bereits aus der Entfernung ansehen, wie ihnen der Park bzw. der Arbeitsplatz gefällt. Ausgelassene Jubelschreie nach Achterbahnbesuchen oder Kurzstreckensprints hin zu attraktiven Attraktionen sind keine Seltenheit. Gleiches gilt beim Personal:
Während das Fortbewegungsverhalten der Besucher überzeugt, sind andere Verhaltensweisen nicht so stimmig. So zahlen die Leute oft horrend hohe Preise für Eintritte bei den Fahrgeschäften oder beim Essen. Apropos Essen: Es ist egal, womit die Besucher ihre kulinarischen Bedürfnisse stillen. Alle Leute essen Burger oder was auch immer ihnen vorgesetzt wird. Hier hätten mehr individuelle Bedürfnisse für mehr Tiefe gesorgt. Manche Gäste könnten zum Beispiel vegetarisches Essen vorziehen oder lieber nur Pommes wollen.
Erster Patchtag
Fazit
Als Aufbau-Baukasten ist Planet Coaster eine Wucht - quasi ein Paradies für Schönbauer. Es gibt nicht nur eine beachtenswerte Anzahl an Fahrgeschäften und Achterbahntypen, nein, man kann seinen Park mit sehr vielen und vielfältigen Dekorationsgegenständen ausstaffieren - und dazu noch eigene Gebäude mit grundlegenden Funktionen sowie Achterbahnkurse aufwändig gestalten und via Steam Workshop teilen. Mit den Gelände-Deformierungsoptionen und dem einfachen Wegbau lässt sich der eigene Traumfreizeitpark Schritt für Schritt zusammensetzen. Großartig sind der lebendige, verspielte Cartoon-Stil und die Simulation der wild durch den Park wuselnden Besucher. Das Manko, dass es zu wenige Blaupläne gab, haben die Entwickler mit dem ersten Patch bereits entschärft. Schwächen tun sich im Wirtschaftsbereich auf, da es wenig tatsächlich relevante Einstellungsmöglichkeiten gibt und das Verhalten der KI-Besucher grundlegend viel zu spendabel ist, so dass man nur selten Geldnöte hat. Einzig im Herausforderungsmodus auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad wird es etwas härter. Kann man sich damit abfinden, dass der Wirtschaftsteil wie schon in RollerCoaster Tycoon 3 eher rudimentär ist und vieles eher leicht als herausfordernd ist, wird man mit Planet Coaster sehr viel Spaß haben.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Planet Coaster ist ein Traum für Schönbauer und Achterbahn-Gestalter mit wuseliger Cartoon-Optik. Die Wirtschaftselemente kommen jedoch zu kurz.
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