Syndrome18.10.2016, Jens Bischoff

Im Test: Wahn und Horror im All

Mit Syndrome (ab 12,99€ bei kaufen) laden Camel 101 und Bigmoon Entertainment zu einem Besuch an Bord des havarierenden Raumschiffs Valkenburg. Frisch aus dem Kälteschlaf erwacht, wird man mit blutigen Gräueltaten und Intrigen konfrontiert. Wie spannend und gefährlich sich die Suche nach der Wahrheit gestaltet, verrät der Test.

Stählerner Sarg

Als man seine Kälteschlafkapsel verlässt, weiß man noch nicht, was sich an Bord des beschädigten Novacore-Forschungsschiffs zugetragen hat. Laut Computer sollen aber fast alle der 350 Crew-Mitglieder tot sein. Doch was ist passiert und wer ist dafür verantwortlich? Man selbst kann sich an nichts erinnern, leidet immer wieder unter Halluzinationen und weiß nicht, wem man trauen soll.

Kaum aus dem Kälteschlaf erwacht, bietet sich einem ein Bild des Grauens.
Ist die eingesperrte Soldatin Neomi Opfer oder Täter? Wer verbirgt sich hinter dem festsitzenden Techniker Jimmy? Und was hat es mit dem wie in Dead Space aufs Schiff gebrachten Artefakt auf sich?

Schritt für Schritt versucht man sich anhand von Datenbanken, Schriftverkehren und Log-Eintragungen ein Bild zu machen, Rettungsmöglichkeiten abzuwägen und Schäden zu beheben. Doch es dauert nicht lang und man muss selbst um sein Leben fürchten. Verteidigungssysteme werden aktiviert, Hilfsdroiden geraten außer Kontrolle und dann sind da noch diese merkwürdigen Kreaturen - halb Mensch, halb Maschine wie es scheint. Gegen manche kann man sich, zunächst nur mit einem Metallwerkzeug bewaffnet, noch zur Wehr setzen, bei anderen hilft nur Fliehen oder Verstecken.

Nur nicht auffallen

Die Flucht ist aber oft gar nicht so einfach, da die Verfolger mitunter sehr hartnäckig sein können, einem beim Rennen schnell die Puste ausgeht und überall zusätzliche Gefahren wie offene Strom- oder Gasleitungen lauern. Später kann man sich zwar auch mit diversen Schusswaffen zur Wehr setzen, Munition ist aber rar gesät, das Vermeiden offener Konfrontationen durch gezielte Ablenkungsmanöver meist wesentlich sinnvoller.

Lange Zeit kann man sich lediglich mit einem auch als Schlüssel dienenden Metall-Werkzeug gegen die an Bord befindlichen Droiden und Cyborg-ähnlichen Kreaturen zur Wehr setzen.
So versucht man Bewegungsmuster zu erkennen, Aufmerksamkeiten umzulenken, alternative Routen zu planen und sich Fluchtwege sowie Versteckmöglichkeiten einzuprägen.

Zwar gibt es auch Karten für jedes der acht Decks, die lassen sich aber nicht einfach nebenher einblenden. Ein Blick darauf kostet wertvolle Zeit, die man beim Fliehen in der Regel nicht hat. Den besten Schutz liefern, anders wie bei Alien: Isolation, enge Lüftungsschächte, in denen man zumindest für einen Augenblick durchatmen kann. Die von leider nicht auf den Karten verzeichneten Speicherterminals ausgehende Sicherheit ist hingegen oft trügerisch. Um seine Fortschritte dauerhaft festzuhalten, muss man seinen Arm nämlich erst in eine Apparatur schnallen und eine Speicherbank wählen, während dessen man nach wie vor attackiert und tödlich verletzt werden kann.

Ständige Bedrohung

Auch in Fahrstühlen ist man erst sicher, wenn die Türen geschlossen und der Aufzug gestartet ist. Hinzu kommt, dass vormals sichere Orte bei einem späteren Besuch böse Überraschungen bereithalten können oder vertraute Weg plötzlich blockiert sind. Rettende Heilstationen gibt es auch keine - regenerative Injektionen und Nahrungsmittel sind ähnlich selten wie Munition oder Batterien für die Taschenlampe.

Beim Blick auf die Karte ist man ebenso wenig sicher wie im Inventar oder beim Speichern.
Sind die Vorräte aufgebraucht, muss man neue finden oder ohne auskommen. Das sorgt natürlich immer wieder für riskante Suchaktionen und angespannte Nerven.

Auch die Soundkulisse trägt mal mit unerträglicher Stille, mal mit bedrohlichen Sirenen und Schreien maßgeblich zur Spannung bei. Hinzu kommen mit bestimmten Orten oder Gegnern in Zusammenhang stehende Wahrnehmungsstörungen à la Eternal Darkness, akustisches Herzrasen in Gefahrensituationen, simple, aber bei Bedrohung aufreibende Hacking-Minispiele und auch der ein oder andere gemeine Schockmoment. Es ist aber auch viel Trial-&-Error angesagt, um möglichst unbeschadet und ressourcensparend durch die zahlreichen Gefahrenbereiche zu gelangen. Da die Ladezeiten sowohl im Todesfall als auch bei Deckwechseln sehr lang und Speichermöglichkeiten mancherorts kaum vorhanden sind, können die Nerven gelegentlich fast überstrapaziert werden.

Mangelnde Sorgfalt

Aber auch Ungereimtheiten bei KI, Kollisionsabfrage, Steuerung und Aufgabendesign können für Unmut sorgen. Das hakelige Inventarsystem belegt manchmal sogar Plätze mehrfach, was im schlimmsten Fall zum dauerhaften Verlust ausgetauschter Waffen führen kann. Zudem lässt einen die im Stehen ungewöhnlich niedrige Ego-Perspektive immer wieder glauben, einen Zwerg zu spielen.

Trotz nicht immer glaubwürdiger KI, Kollisionsabfrage und Physik sind Ablenkungsmanöver wie das Werfen von Gegenständen in der Regel wesentlich ratsamer als direkte Konfrontationen.
Anpassungen am Schwierigkeitsgrad sind auch nicht möglich, der mit einigem Hin- und Hergerenne gestreckte aber zum Ende hin immer intensivere Spielverlauf strikt linear. Als Spielzeit sollte man je nach Spielstil zwischen zehn und 15 Stunden einplanen, wobei der Wiederspielwert trotz neu gewonnenen Blickwinkels eher gering ist.

Zwar kann man sich auf die Suche nach optionalen Text-Logs mit zusätzlichen Hintergrundinformationen machen und einen damit verbundenen, sehr seltenen Erfolg einheimsen. Aber irgendwie scheinen es die Entwickler versäumt zu haben, eine entsprechend Übersicht bzw. Archiv anzubieten, so dass man gar nicht weiß, welche oder wie viele Aufzeichnungen einem überhaupt noch fehlen. Mir sind sogar verschiedene Logs mit identischem Inhalt untergekommen. Und auch sonst wirken einige Elemente unfertig oder schlampig - von versetzten Positionsangaben auf den Deckkarten über verzögerte Reaktionen bei Tastendrücken bis hin zu Bewegungen durch Wände hindurch. Auch die deutsche Lokalisierung ist trotz einbezogener Umgebungsobjekte durchwachsen, die englische Sprachausgabe gut, aber lückenhaft.

Fazit

Wer auf Nervenkitzel à la Alien: Isolation steht, wird Syndrome mögen. Das Katz-und-Maus-Spiel an Bord eines havarierenden Raumschiffs ist aufgrund übermächtiger Bedrohungen und nur spärlicher Optionen zur Gegenwehr ähnlich spannend. Allerdings ist auch viel Trial-&-Error gefragt, was in Verbindung mit den langen Ladezeiten nerven kann. Die in erster Linie von Funksprüchen, Computereinträgen und Text-Logs getragene sowie von einer aufwühlenden Soundkulisse unterstützte Handlung sorgt da wesentlich geschickter für Spannungen und Überraschungen. Doch leider drücken immer wieder auch Unzulänglichkeiten bei Technik, KI, Bedienung oder Lokalisierung auf die Stimmung. Einige Elemente wirken einfach unfertig oder mit zu wenig Sorgfalt bedacht. Trotzdem bleibt unterm Strich noch ein gutes Spielerlebnis.

Pro

aufreibende Inszenierung
spannendes Versteckspiel
dichte Atmosphäre

Kontra

holprige Technik
viel Trial-&-Error
lange Ladezeiten

Wertung

PC

Spannendes, wenn auch etwas holpriges Katz-und-Maus-Spiel an Bord eines havarierenden Forschungsraumschiffs.

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