Im Test: Zwei-Stick-Action mit Persönlichkeit
Die Neugier hat gesiegt
Für einen Zweistick-Shooter à la Geometry Wars bin ich immer zu haben. Und ich bin immer auf der Suche nach interessanten Spielen dieser Art. Bei einem Ausflug in den Steam-Store bin ich über ein Video auf das Indie-Projekt Bezier gestoßen, das von dem Briten Philip Bak weitgehend im Alleingang im Laufe der letzten acht Jahre entwickelt wurde. Mit einer farbenfrohen Neon-Ästhetik, die beim Gegnerdesign u.a. auf sich verändernde Kurven basierend auf Bezierkurven setzt, wurde meine Aufmerksamkeit geweckt.
Der Wahnsinn spielt mit
Ungewöhnlich z.B. ist, dass der Multiplikator durch Abschüsse sich nicht nur auf die Punktzahlen auswirkt: Auch auf Schussfrequenz und -Durchschlagskraft zeigt es Wirkung, wenn man effektiv arbeitet. Außerdem nimmt Philip Bak vieles wörtlich bzw. sorgt mit seiner Interpretation bestimmter Anzeigen oder Statuseffekte für einen skurrilen Unterton, der gut zur erzählten Geschichte um eine Rebellion innerhalb eines Computersystems passt. Denn die Lebensenergie ist die "Ouch"-Anzeige, wohingegen der Multiplikator als "Oomph" bezeichnet wird. Dementsprechend leuchtet bei Treffern, die man einstecken muss, auch ein deutliches "Ouch" auf. Statuseffekte wie "Mute" (man kann nicht schießen) oder "Confusion" (die Schüsse gehen per Zufall raus und nicht in die eigentlich vorgesehene Richtung) werden
Ebenfalls interessant: In jedem der 15 Abschnitte muss man nicht nur höchst abwechslungsreiche Gegnerwellen ausschalten, die teils sehr gut in Abstimmung mit der Musik orchestriert werden. Zusätzlich gibt es auch so genannte Schildanlagen, die zerstört werden müssen, bevor das Zeitlimit abgelaufen ist. Dabei sind die Voraussetzungen für diese Aufgabe in jedem Level anders. Mal sind die Schildanlagen von Feindwellen umgeben. Dann wiederum können verschiedenfarbige Markierung gesetzt sein, so dass man erst beobachten und die richtige Markierung finden muss, von der aus man feuern kann - natürlich alles, während die „normalen“ Gegnerwellen weiter auf einen zufliegen.
Obwohl es bei den Verteidigungsanlagen eigentlich genug Abwechslung gibt, stellt sich in den meist drei bis vier Minuten langen Abschnitten dennoch Routine ein - in erster Linie, weil die Verteidigungstaktik der Schilde pro Level immer identisch ist. Spannender wäre es gewesen, wenn auch hier spontan gewechselt würde.
Das Ende naht
Zum Glück lassen erledigte Schildanlagen sammelbare Extras zurück, mit denen man die Gegner zusätzlich zur Schiffsbewaffnung sowie bis zu vier "Glühwürmchen"-Dronen in Schach halten kann. Und man kann bei jedem der relativ lang auf sich warten lassenden Levelaufstiege des Schiffs den schwer verdienten Punkt in sieben defensive oder offensive Verbesserungen wie höhere Geschwindigkeit, mehr Reichweite der Blaster, größere Chance auf kritische Treffer oder Rüstung ausgeben. Die Verbesserungen werden übrigens auch in den anderen zwei Modi angewendet, der täglichen Highscore-Jagd oder der Ausdauer-Ballerei, in denen man gegen die Zeit Welle auf Welle samt Schilden unter Beschuss nimmt, um schließlich in den Ranglisten zu landen.
Fazit
Bezier ist verdammt kurz - auch und selbst für eine Dualstick-Ballerei. Aber es ist auch verdammt intensiv. Wenn Dutzende Gegner auf einen zu rauschen, während man unter Zeitdruck die letzte Schildanlage bearbeitet und einen dann auch noch der bis auf den letzten Abschnitt unzerstörbare Boss beharkt, bilden sich Schweißperlen auf der Stirn und kommt es zu Schnappatmung. Philip Bak als Designer, Entwickler und Komponist des grandiosen Soundtracks in Personalunion orientiert sich an einschlägigen Genre-Vertretern wie Geometry Wars oder Tachyon Project. Er setzt dem Ganzen aber seine ganz persönliche, britisch-skurrile Note auf, wenn z.B. riesige "Ouch"-Einblendungen gegnerische Treffer markieren oder der Kombo-Multiplikator sich nicht nur auf Punktzahlen, sondern auch Feuerfrequenz auswirkt. Eingängig sowie mechanisch ohne Fehl und Tadel, ist nur die kurze Spielzeit bedauerlich, die auch durch die beiden kurzen Ranglisten-Modi nicht wesentlich gesteigert werden kann. Doch dieses kurze intensive Vergnügen mit Persönlichkeit ist mir weitaus lieber als die x-te in die Länge gezogene Twinstick-Action von der Stange.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Kleiner, aber feiner Twinstick-Shooter, der als Ein-Mann-Projekt mit ein paar ungewöhnlichen Ideen seine eigene Identität gewinnt.
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