PT-Boats: Knights of the Sea04.09.2009, Mourad Zarrouk
PT-Boats: Knights of the Sea

Im Test:

In Mönchengladbach gibt es einen Publisher, der ist bekannt für seinen Landwirtschaftssimulator, den Bussimulator, den Abriss- und Sprengsimulator oder den vor kurzem getesteten Schiffsimulator . Wer hätte gedacht, dass der sich in seiner »Core-Gamer«-Reihe auch ernsthafteren Themen wie dem 2. Weltkrieg und den damals eingesetzten Patrouillenschnellbooten widmet? Was taugt der inoffizielle »Torpedoboot-Simulator«?

Seekrieg im Norden

Im Baltikum, dem Ärmelkanal und dem finnischen Meerbusen tobt ein heftiger Seekrieg. Wahlweise auf Seiten der Kriegsmarine oder der britischen und sowjetischen Seestreitkräfte mischt ihr als Kommandant eines Patrouillen- oder vielmehr Torpedoschnellbootes mit, denn zwei bis vier Torpedos führen die acht steuerbaren Boote immer mit sich. Im englischen Sprachgebrauch hat sich der  Begriff »Patrol-Boat« durchgesetzt, daher der Titel des Spiels. Je nach Größe der Boote kann auf  bis zu sechs Stationen abwechselnd das Kommando übernommen werden.

Meistens handelt es sich dabei um kleinere bis mittlere Flugabwehrgeschütze, mittelschwere bis schwere Deckkanonen oder eben die offene Brücke, von der auch die Torpedos abgefeuert werden; im weiteren Spielverlauf lassen sich zudem Raketen von einem russischen Boot abschießen.  In einigen Einsätzen können  auch Zerstörer und sogar Kreuzer befehligt werden. Dabei können aber keine Stationen eigenhändig bedient, sondern lediglich die Waffengattungen vorgegeben werden, mit denen das Feuer eröffnet oder erwidert werden soll.

DX10 & Co.

DX10: Fotorealistische Wolken und tolle Wasserreflexionen schaffen ein authentisches Gesamtbild.

Laut Hersteller wird DX 10 Rendering explizit unterstützt, daher haben wir das Spiel auf zwei  Betriebssystemen installiert; einem PC mit Windows XP und einem mit Windows Vista. Schon auf Windows XP sehen Schiffe, Seegang, Wetter und teilweise auch die Häfen verflixt gut aus. Nun ran an die DX10-Version -sieh an: Optisch muss sich PT-Boats  nicht verstecken.

Die DX9-Version fassen wir nun nicht mehr an und spielen ab sofort nur noch die Vista-Version, die optisch tatsächlich nochmal satte 20% drauflegen kann (realistischere Sonnen/Mondreflexionen auf dem Wasser, detailliertere Texturen etc.).   Im Spielmenü lässt sich vorab der Schwierigkeitsgrad wählen und ähnlich wie bei Silent Hunter können dann auch individuelle Faktoren den eigenen Wünschen angepasst werden. So lässt sich vorgeben, ob über eine unbegrenzte Anzahl von Torpedos verfügt werden kann, Blindgänger dabei sein dürfen oder die Mannschaft unsterblich ist. Auch ob sich der Ausfall des Radars und Funk auf das Spielgeschehen auswirken soll, ist einstellbar - lediglich die absolute Unverwundbarkeit des Schiffes steht nicht zur Auswahl.

Battlestations: PT-Boats?

Schiffe und ganze Flottenverbände befehligen und von deren Stationen aktiv am Geschehen teilhaben? Diese grundsätzlich gute Idee hat man bei Eidos schon vor zwei Jahren in die Tat umgesetzt und unlängst mit  Battlestations: Pacific (4P Test: 80%) die Messlatte nochmal ein gutes Stück höher gelegt - diesen Vergleich muss sich der russische Entwickler Akella gefallen lassen.  Fairerweise muss man dem Team aber zu Gute halten, dass sich bislang noch niemand speziell dieses Schiffstyps angenommen hat. Erfreulicherweise hat es ein Tutorial an Bord der Simulation geschafft. In drei recht einfachen Missionen wird Kadetten die Steuerung per solider deutscher Sprachausgabe näher gebracht.

Wohlgemerkt: Ingame-Grafik, kein Artwork.
Dann geht's auf Seiten der Alliierten auf die erste Feindfahrt. Es gilt einen deutschen Konvoi im Nebel zu lokalisieren, die Schiffe im Verband zu zählen, per Fernglas zu identifizieren und wenn möglich einen »Nachzügler« zu versenken. Auf der taktischen Seekarte, die an jene aus Silent Hunter erinnert, sind Sektoren eingezeichnet. Per Mausklick weisen wir unser Boot an, den Sektor anzufahren, indem der Konvoi vermutet wird. Gottlob haben die Entwickler eine zwei und vierfache Zeitrafferfunktion eingebaut, die  natürlich zum Einsatz kommt. Während das Boot auf diese Weise recht schnell, aber für meine Begriffe noch nicht schnell genug, an seinen Einsatzort rauscht, frage ich mich, warum man denn nicht konsequenterweise gleich eine sechs, acht, oder zehnfache Zeitbeschleunigung spendieren konnte. Nach einer Weile ertönt die Meldung des Offiziers: »Schiff gesichtet«. Instinktiv möchte man tauchen, aber das geht ja  nicht, also halten wir  Abstand, holen das Fernglas raus und fangen mit der Aufklärung an. Plötzlich, wie aus dem Nichts wird das Feuer eröffnet und ehe ich »Torpedoschnellbooteinsatz« sagen kann, bin ich auch schon Geschichte...Mission gescheitert. Auf ein Neues: Diesmal versuche ich auch ganz bestimmt Abstand zu halten, ganz sicher. Dasselbe Spiel und nochmal und noch mal.              __NEWCOL__

...und ewig grüßt das Murmeltier

Hatte ich schon erwähnt, dass es extrem nervt in Ermangelung einer Speicherfunktion ständig den Beginn der Mission erneut spielen und immer wieder dieselben Funksprüche hören zu müssen? Krchhhh: »Eins hier: Ich hoffe wir entdecken sie, bevor sie uns entdecken« Krchhhh: »Zwei hier: Alles wird gut solange wir uns im Nebel verbergen« Krchhhh usw. usf. Gähn! Um es kurz zu machen: Irgendwann stelle ich fest, dass der Trick darin liegt, nicht via taktischer Karte am Konvoi entlangzufahren, sondern ausschließlich per manueller Steuerung mit der Tastatur (Pad oder Joystick werden leider nicht unterstützt). Bei dem Versuch den Nachzügler am Schluss zu torpedieren, wurde ich dann noch einmal versenkt (Frust!), denn die Tanker der Wehrmacht waren entweder extrem gut bewaffnet oder die britischen Torpedoboote waren seinerzeit komplett aus Holz. Schlussendlich konnte ich dann aber irgendwann diese erste Mission abschließen, die auch brav ausgewertet wurde (bis zu vier Sterne sind möglich) und mich endlich neuen Aufgaben zuwenden.

Im Fadenkreuz: Dieser Dampfer steuert seinem »Untergang« entgegen.
Die 25 Einsätze werden größtenteils immer jeweils auf Seiten der Alliierten oder auf Seiten der Kriegsmarine absolviert. Das ist zunächst durchaus interessant, sieht man denselben Einsatz doch aus zwei Blickwinkeln. Schnell merkt man aber, dass im Grunde immer wieder dasselbe gemacht wird, nur ist man eben einmal  »Cowboy« und ein anderes mal  »Indianer«, wobei das nicht von der jeweiligen Seite abhängen muss. Einmal müssen Alliierte ihre Konvois verteidigen, oder auch Deutsche angreifen und umgekehrt, aber Fakt ist: Die Einsätze ähneln einander einfach zu sehr.Klar, es macht auf den ersten Blick einen Unterschied, ob ich nachts (wunderschönes Vollmondszenario übrigens), oder mittags, bei Regen oder Nebel starte. Klar, es hört sich auch erstmal interessant an »Dokumente aus einem U-Boot« zu bergen. Es läuft  aber immer auf dasselbe hinaus: Entweder dem Gegner einen schnellen Nadelstich zufügen und sich ganz schnell aus dem Staub machen, oder eben genau das verhindern.

 

Etwas Abwechslung bieten lediglich die Einsätze, in denen größere Flottenverbände befehligt werden können, das hat dann immerhin etwas von Mini-Seeschlacht .

Die taktische Karte: Radien geben Aufschluss über Radar- und Sichweiten.
Allerdings ertappt man sich bei diesen Szenarien dabei, fast komplett über die taktische Karte zu spielen, am Reißbrett sozusagen, aber dafür ist das Spiel erstens zu »schade«, weil zu schön anzusehen und zweitens als klar actionlastiges Spiel  auch gar nicht wirklich ausgelegt. Überhaupt bedient die Mannschafts-KI die Stationen in der Offensive (»Cowboys«) derart effizient, dass man sich häufig fragt, wofür man hier eigentlich gebraucht wird. In der Defensive (»Indianer«) kommt man aber häufig gar nicht dazu überhaupt nennenswert das Feuer zu erwidern, da liegt der Kahn schon Kieloben auf dem Wasser - hier passt leider ganz oft die Balance überhaupt nicht. Es fehlen einfach die »Yes!-Momente«, denn viel zu selten bekomme ich  die Gelegenheit einen sauberen Torpedotreffer zu landen. So etwas funktioniert bei Silent Hunter & Co. um nautische Längengrade besser, was zwar auch in der Natur der verschiedenen Waffengattungen liegt, doch mit etwas besserem Spieldesign wäre auch hier viel mehr möglich gewesen, daran rettet auch das eher aufgesetzt wirkende, rudimentäre Mikromanagement im Bereich Schiffsreparatur nichts mehr. Grafiker: Eins , Missionsdesigner: Sechs, setzen!            

Fazit

Der klassische Fall des Blenders:  Unter DX10 zählt PT-Boats grafisch mit zum Besten, was derzeit auf den virtuellen Weltmeeren rumschippert. Da spiegelt sich der fotorealistische Vollmond im Fjord so schön, dass man ihn anheulen möchte! Der Sonnenuntergang taucht die Ostsee in ein gespenstisches rot glitzerndes Feuermeer und insbesondere die Stationen sind liebevoll  den Vorlagen nachempfunden. Wenn Schiffe sinken, springt sogar die Mannschaft von Bord und die Matrosen schwimmen per Freistil vom Schiff davon – sehr schön! Aber was nützt die hübsche Hülle, wenn der Charakter nicht stimmt?  Warum habe ich z.B. so häufig das Gefühl einen Einsatz ohne mein besonderes Dazutun absolviert, oder noch schlimmer, eben nicht gemeistert zu haben? Häufig scheint pure Willkür über Erfolg oder Scheitern zu entscheiden – und das demotiviert. Im Übrigen kratzt PT-Boats simulationstechnisch nur an der Oberfläche: Das Spiel  ist viel eher mit Battlestations vergleichbar, als mit Silent Hunter, ist viel mehr Arcade denn Simulation. Insofern war Rondomedia diesmal bei der Wahl des Titels nur ehrlich. Wer sich für die Thematik und das Szenario interessiert, wird überdies eine Story bzw. Karriere, Hintergrundinformationen oder auch nur ein Dossier schmerzlich vermissen. Nicht mal die Boote und ihre Spezifikationen werden irgendwo erwähnt, weder im Spiel noch im Handbuch - das ist  ärgerlich. Fans der Seekriegsführung überbrücken mit diesem Aperitif zwar nur ansatzweise die lange Wartezeit bis Silent Hunter 5, bekommen aber eine immerhin gelungene navale Techdemo, die  in der einen oder anderen Mission durchaus  ihre »Momente« haben kann.

Pro

sehr gute Grafik bei DX10 Unterstützung
solide deutsche Sprachausgabe
Zeitbeschleunigung möglich…
50 verschiedene Schiffe (acht direkt spielbar)
satte und Abwechslungsreiche Waffengeräusche
detaillierte Nachbildungen der PT-Boote und ihrer Geschütze
glaubwürdige Wettereffekte

Kontra

- kein freies Speichern möglich - schwaches Missiondesign (Leerläufe, Wiederholungen etc.)- …allerdings nur zwei bis vierfach- kein Online-Spiel (nur LAN)- keinerlei Hintergrundinformationen- keine Hintergrundgeschichte, keine Karriere- keine freien Missionen- kein zuweisen von Gruppenshortcuts auf die Teilverbände möglich - teilweise völlig willkürlicher Missionsausgang

Wertung

PC

Grafisch toll, spielerisch und inhaltlich jedoch zu wenig Tiefgang und in punkto Missionsdesign zu wenig Abwechslung.

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