The Spatials: Galactology25.04.2018, Benjamin Schmädig

Im Test: Wie eine geölte Maschine

Was war das damals für ein – verzeiht – Griff ins Klo, als Tim Schafers Double Fine (immerhin der Populärmacher des Kickstarter-Gedankens) die Entwicklung seines unrentablen Early-Access-Titels Spacebase DF-9 abbrach und einfach unfertig veröffentlichte! Warum ich dieses Fass aufmache? Weil The Spatials: Galactology, entwickelt von einem kleinen Studio in Spanien, nichts anderes ist als ein komplettes Spacebase DF-9. Und wie sich im Test zeigt: ein richtig gutes noch dazu!

Ein fernes Heim

Ich weiß: Schon The Spatials, ohne Galactology, war ein besseres Spacebase DF-9. Das habe ich allerdings ebenso sträflich wie versehentlich ignoriert, so dass die rundverbesserte Neuauflage mein Einstieg in die kleine Serie ist.

Worum geht’s? Um den Aufbau einer Raumstation auf einem fernen Planeten. Dort werden aus Rechtecken Forschungsräume, Schlafzimmer, Küchen, Arztpraxen, Hotels, Kantinen und mehr, während man auf mehr als hundert weiteren Planeten die benötigten Rohstoffe abbaut. Im Mittelpunkt steht dabei immer die Station – auch weil man nur auf

Sowohl beim Grundriss als auch der Farbgebung sowie dem Gestalten aller Räume hat man freie Hand.
jeweils einem Planeten landen kann, um Fördergeräte zu installieren oder Handelsposten zu errichten. Selbst um später Änderungen vorzunehmen, muss ein Raumschiff erst wieder dort landen.

Ob das exoplanetare Bauvorhaben erfolgreich ist, hängt jedenfalls davon ab, ob die Bewohner der Station genug zu essen haben, ausreichend Schlaf bekommen und ob das Projekt durch Exporte oder das von Besuchern eingenommene Geld wirtschaftlich tragbar ist. Gäste zahlen immerhin nicht nur für Hotelbetten, sondern auch für Arztbesuche, Restaurant-Besuche, Souvenire und mehr. Und so ist The Spatials: Galactology vor allem eine Wirtschaftssimulation mit nicht allzu komplexen, aber sehr umfassend ineinandergreifenden Vorgängen, die man detailliert auf verschiedene Bedürfnisse einstellen kann.

Lasst sie nicht grantig werden!

Überhaupt ist die große Freiheit beim Errichten des Grundrisses und beim Einrichten aller Räume ein Segen. Man hat ja nicht nur die Wahl aus vielen Farben und Formen, sondern platziert Gegenstände aller Art auch wo immer man will. Theoretisch könnte ein Herd also neben einem Bett stehen, dessen Fußende von einem Röntgengerät komplementiert wird. Dann wäre die Lautstärke allerdings so hoch, dass die Spatials keinen Schlaf fänden, was ihnen aufs Gemüt schlägt. Und wenn das zum Dauerzustand wird, verweigern sie die Arbeit oder randalieren gar.

Detaillilert lassen sich Arbeits- und Produktionsabläufe manipulieren - die Belohung ist eine gut geölte Maschine.

Um das zu verhindern, benötigen sie außerdem genug zu essen und zu trinken, wofür man an Küchenteilen unterschiedliche Nahrungsmittel herstellt und Essensautomaten oder Snackboxen damit befüllt. Werden Bewohner durch verrichtete Arbeit zu Experten in ihrem Fach, sollte man sie außerdem befördern. Dann werkeln sie noch effektiver auf ihrem Spezialgebiet, können aber nicht mehr jeden Job ausüben und verlangen außerdem ein eigenes Bett sowie eine gewisse Qualität des Schlafraums. Sprich, teure Böden und Einrichtungsgegenstände sind dann unabdingbar.

Status Quo und Fortschritt

Und schon steckt man mitten im Kreislauf den Status Quo trotz ständiger Verbesserungen aufrecht zu erhalten. Durch Forschung erhält man Zugang zu neuen Blaupausen, benötigt für das Herstellen entsprechender Objekte aber Rohstoffe und muss nicht zuletzt dafür sorgen, dass Ressourcen ihren Weg zur Verarbeitung und fertige Produkte anschließend in die Verkaufsstände finden. Das erledigen entweder freie Spatials – effektiver ist allerdings der Bau von Paletten, auf denen ausgesuchte Materialien in beliebiger Menge gelagert werden können. Weil man außerdem einstellt, wie viel Seife sich in einer Duschkabine befinden soll oder mit wie vielen Gegenständen ein Souvenirstand bestückt wird, hat man stets die Kontrolle über die Verteilung aller in der Station rotierenden Produkte.

Und auch die Bewohner stellt man auf diese Art ein, schließt einen Koch z.B. davon aus Zutaten an die Paletten vor seinem Herd zu tragen, sodass er durchgehend mit der Nahrungszubereitung beschäftigt ist. Einen Wissenschaftler könnte man hingegen anweisen, Reparaturen durchzuführen und Forschung zu betreiben, seine Prioritäten aber so setzen, dass er stets zuerst dafür sorgt, dass defekte Geräte in Ordnung gebracht werden.

Auf diese Art kontrolliert man globale Parameter, anstatt im zeitraubenden und situationsabhängigen Mikromanagement zu versinken. Das wirkt befreiend und ist spätestens dann eine wahre Freude, wenn die gewünschten Abläufe wie die Räder einer gut geschmierten Maschine laufen.

Fleiß statt Freude

Nicht ganz so gelungen finde ich das Installieren der Fördergeräte auf anderen Planeten, denn das Anklicken der wenigen Bauvorhaben ist eine recht müßige und wenig unterhaltsame Fleißarbeit. Zum Glück ist es allerdings auch schnell erledigt.

Als im schlechten Sinn nervenaufreibend empfinde ich hingegen das Zurückerobern von Planeten, die eine befeindetes Fraktion an sich gerissen hat. Dafür setzt man nämlich eine kleine Abteilung mit möglichst guten Waffen und Rüstungen ausgerüsteten Spatials dort ab, um sie á la Command&Conquer über den Planeten zu ziehen und einen Großteil der Besetzer sowie ihrer Gebäude zu zerstören. Das ist spielerisch anspruchslos und wird zu allem Überfluss von unsäglichen Treffergeräuschen begleitet – ich wünschte wirklich, das Spiel käme ohne diese Gefechte oder würde zumindest von Beginn an das komplette Automatisieren der Kriegsführung

Auf Planeten errichtet man Fördereinrichtungen, Handelsposten und mehr.
erlauben.

Wer will, erobert auf diese Weise sogar andere Planeten. Ich habe daran allerdings kein Interesse, weshalb ich feindlich gesinnten Völkern lieber hohe Beträge zahle, damit sie mich irgendwann auf ihren Planeten landen lassen und Geschäftsbeziehungen eröffnen. Leider ist dieses profane Auszahlen der ohnehin eingenommenen Gewinne der mit Abstand einfachste Weg die Beziehungen zu verbessern.

Einbahnbasis

Und das ist ganz allgemein auch die größte Schwachstelle des Spiels: Die Freiheit bei der Wahl des Vorgehens hält sich in überschaubaren Grenzen. Es gibt zwar verschiedene Forschungswege, so dass man zunächst den Handel priorisieren könnte, anstatt das Geschäft mit dem Tourismus groß aufzuziehen. Innerhalb dieser Entwicklungswege gibt es allerdings keine Abzweigungen und auch insgesamt hat man nur marginale Möglichkeiten der Spezialisierung. Letztlich muss man ohnehin fast alle möglichen Aspekte der Stationsverwaltung; das Beschränken auf eine Einnahmequelle lohnt sich nicht und auch als friedlicher Kapitalist sollte man die Basis mit Geschütztürmen vor Angreifern schützen. Hat man den Dreh einmal raus, läuft es daher meist durchgehend rund.

Viele kleine Ereignisse lockern den Ablauf zum Glück auf: Eine Inspekteurin steckt meinem Konto nach dem Erfüllen bestimmter Aufgaben ein großzügiges Taschengeld zu, ein Starkoch hilft kurzzeitig in der Küche aus und eine Armee freundlicher Roboter greift den Spatials bei zahlreichen Handgriffen unter die Schultern. Das Erfüllen etlicher kleiner Ziele (erstelle eine Disko, verkaufe soundso viele Souvenire) wird außerdem mit finanziellen Belohnungen versüßt. Langeweile habe ich deshalb trotz des überschaubaren spielerischen Rahmens nie verspürt.

Fazit

Das Besondere an The Spatials: Galactology ist leider nicht die große, allumfassende Strategie, mit der man eine Raumstation mal so und ein andermal komplett anders aufbaut. Das Gelungene sind aber die Details, mit denen man die Bewohner etwa zu Spezialisten ihres Fachs entwickelt, ihren Ansprüchen an eine gediegene Unterkunft gerecht wird und dabei stets die Grundbedürfnisse der gesamten Crew im Blick hat. Vor allem aber sind es die detaillierten Möglichkeiten, mit denen man zahlreiche Produktionszyklen zu automatisch ineinandergreifenden Abläufen zusammenfügt, die diesen Wirtschafts-Aufbau zu einer motivierenden Simulation machen. Anstrengende und spielerisch oberflächliche kriegerische Auseinandersetzungen sowie manche Unstimmigkeiten in der grundsätzlich durchdachten Menüstruktur dämpfen den Spaß zwar hin und wieder, doch alles in allem kann ich euch diesen cleveren Basisbau nur ans Herz legen.

Pro

motivierender Auf- und Ausbau der Basis
umfangreiches Ineinandergreifen von Produktions- und Arbeitsabläufen
durchdachte Steuerung mit vielen sinnvollen Verknüpfungen...
umfassende Personalverwaltung ohne aufreibendes Mikromanagement
wichtige Detaileinstellungen bei Verhaltens der Crew und bei zahlreichen Produktionsvorgängen
besondere Ereignisse und Ziele lockern Ablauf auf und bieten zusätzliche Verdienstmöglichkeiten

Kontra

sehr geradlinige Entwicklung mit wenig sinnvollen Möglichkeiten der Spezialisierung
spaßfreie, oft nicht vermeidbare Gefechte mit Angreifern
... mit einigen umständlichen Klicks und manchen unhandlichen Menüstrukturen
Übersicht leidet besonders im Kampf unter übereinander platzierten Figuren und Symbolen
nervende Geräuschkulisse, wenn gekämpft wird

Wertung

PC

Umfangreiches, wenn auch sehr geradliniges Entwickeln einer Raumstation; im Mittelpunkt stehen durchdacht verknüpfte und detailliert manipulierbare Produktionskreisläufe.

Echtgeldtransaktionen

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