Im Test: Rachsüchtiger Badass-Zauberer
Auf der zufälligen Flucht
Die Ausgangslage scheint aussichtlos: Man ist in der Rolle des so genannten „Fictorum“ als letzter seines Zauberordens nur knapp der Hinrichtung entkommen. Die anderen Magier wurden von der Inquisition getötet. Verfolgt von den Feinden muss man über die gut 30 Gebiete pro Kapitel irgendwie zum Großinquisitor gelangen, um Rache zu nehmen. Doch der Weg dorthin kann mitunter beschwerlich sein. Denn mit jedem Neustart werden nicht nur die Areale auf den Karten per Zufall bestimmt. Auch die Inhalte jedes Gebiets und wie sie miteinander verbunden sind, werden ausgewürfelt. Die Reise wird einem aber dadurch erleichtert, dass man nicht alle Schauplätze durchwandern muss, sondern auch versuchen kann, so viel Strecke wie möglich mit einem Ziehen der Figur auf der Übersichtskarte zu überwinden.
Luft nach oben
Diese Mischung aus erzählerischer sowie aktiver Levelerkundung ist in jedem Fall interessant. Noch schöner, wäre es allerdings gewesen, wenn man einerseits Entscheidungen und Konsequenzen nicht nur auf den jeweiligen Erzähl-Abschnitt bezogen, sondern auch mit globalen Auswirkungen versehen hätte. Und wenn es innerhalb der zwar visuell variantenreichen Bereiche mehr Abwechslung beim Missionsdesign geben würde. Letztlich läuft alles darauf hinaus, dass man die Bannstrahlen deaktiviert, die einem den Teleport aus dem Level verwehren. Und der Weg dorthin ist entweder mit simplen Abklappern aller Gebäude gefüllt, um dort Ausrüstung, neue Zauber etc. zu finden. Oder aber mit Kämpfen gegen eine nicht immer ausgewogene oder den Fähigkeiten der Spielfigur angepasste Feindesmacht. Es gibt keinerlei Rätsel oder ähnliche mechanische Variation. Immerhin ist die KI nicht sehr clever, sondern nur auf direkte Konfrontation eingestellt, so dass man
Doch hier haben wir schon das nächste Problem: Die Darstellung der Auswirkung dieser eingangs pompösen Zerstörung ist höchst inkonsequent. Denn zum Schluss bleiben immer ein paar Wände und die nahezu unbeschädigte Einrichtung stehen – was letztlich einen sehr merkwürdigen Eindruck hinterlässt. Zwar kann man nun auch das Mobiliar unter Beschuss nehmen und dem Erdboden gleichmachen, eine physikalisch korrekte Konsequenz beim Zerstören der Gebäude fehlt dennoch. Aber es fällt einem spätestens jetzt leicht, die durch ein kleines Blinken markierten Gegenstände zu erfassen und aufzunehmen. Doch die (zumeist ohnehin wenigen) NPCs nehmen alles ohne Mucken und Murren hin: Dass man ihnen die Behausung zerbombt ebenso wie den eigentlichen Diebstahl. Natürlich ist man ein mächtiger Zauberer, mit dem man sich besser nicht anlegt. Doch Fictorum hätte ungleich interessanter sein können, wenn man Boni erhält, falls man so wenig Schaden in der Umgebung anrichtet wie möglich. Oder wenn einem die Bürger aus Dankbarkeit helfen und sie einem Hinweise geben, wie man möglichst sicher die nächsten Bereiche durchschreiten kann. Irgendwas, um die auf Dauer vorhersehbare Missions-Monotonie aufzubrechen, die auch durch die Spannung des optionalen Hardcore-Modus (ohne die Option, nach einem Tod am letzten Kontrollpunkt erneut einzusteigen) nicht wettgemacht wird.
Angriff ist die einzige Verteidigung
Der Fokus des Teams von Scraping Bottom Games lag eindeutig auf der Art und Weise, wie der Kampf gestaltet und visualisiert wird. Und der hat es in der Tat in sich. Man ist zweifelsfrei kein Zauberlehrling mehr, sondern lässt Tod und Zerstörung regnen. Wahlweise legt man sich am Anfang auf Feuer-, Eis- oder Blitzmagie fest – man kann keine Waffen nutzen. Ähnlich wie bei Lichdom: Battlemage kann man sein Zauberrepertoire aber später nicht nur aufstocken und z.B. auch Blitzvarianten oder Spruchrollen mit Abkühlzeit hinzufügen, falls man sich bei der überschaubaren Charakterpersonalisierung zu Beginn auf Frost festlegt hat. Zusätzlich darf man alle ausgerüsteten Magieangriffe noch mit maximal drei Modifikatoren versehen. Von diesen gibt es eine enorme Auswahl, die man allerdings erst finden bzw. bei den spärlich vorhandenen Händlern käuflich erwerben und ausrüsten muss. Reicht der Standardzauber, kann man diesen mit der linken Maustaste abfeuern. Hat man allerdings Bereichsschaden oder eine höhere Geschwindigkeit als veränderbares Element ausgerüstet, muss man all dies mit der rechten Maustaste aktivieren. Die Crux: Sobald man den Zauber spricht (also die Taste drückt), wird das sich relativ schnell wieder aufladende Mana verbraucht. Ist die Leiste leer, bevor man gezielt, modifiziert und abgefeuert hat, wird die nötige Energie aus der Lebensleiste gezogen – autsch!
Das Rad der Zeit
Fazit
Fictorum bietet eine Menge Potenzial: Einerseits bietet es actionreiche sowie mit mächtigen, beim Wirken modifizierbaren Zaubern gefüllte Kämpfe, die sich optimal kontrollieren lassen. Und als Ruhepol zwischen der Erforschung der gut 30 Gebiete pro zufällig generierter Kapitelkarte wartet eine sauber geschriebene Erzählung im Stile eines Abenteuerspielbuches mitsamt einiger Entscheidungen sowie Konsequenzen. Doch im Detail passt nicht immer alles zusammen. Die KI ist zwar aggressiv, aber letztlich schwach und setzt einen nur mit Masse unter Druck. Die zerstörbare Umgebung ist anfangs nett anzuschauen, aber in sich zu inkonsequent. Dazu kommt ein schnell redundantes Missionsdesign während der Erforschung, das komplett den facettenreichen Auswahlmöglichkeiten im "Buchmodus" widerspricht, der wiederum davon profitieren würde, wenn die Konsequenzen spätere oder globale Wirkung zeigen würden als nur zum jeweiligen Zeitpunkt bzw. für den Zeitraum eines Gebietsbesuchs. Kurzzeitig ist Fictorum mit seiner düsteren Rachegeschichte aber dennoch unterhaltsam. Allerdings bleibt immer wieder der Eindruck, das hier viel mehr möglich gewesen wäre.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Fictorum zeigt mit seinem variantenreichen Zaubersystem und den Abenteuerbuch-Intermezzi samt Sofort-Modifikationen eine Menge Potenzial, das allerdings nie ausgeschöpft wird.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.