Batman: The Telltale Series - Episode 2: Children of Arkham27.09.2016, Jan Wöbbeking

Im Test: Temporeicher Abstieg in den Sumpf

Es wird ungemütlich in Gotham City: Nachdem Bruce Wayne eine unbequeme Geschichte serviert bekam, schlägt die Unterwelt in Episode 2 deutlich unbarmherziger zu. Bringt die neue Gefahr Leben in Telltales etwas dröge gestartete Interpretation von Batmans Anfängen?

Unbequeme Entscheidungen

Telltale hat eine Vorliebe dafür, den Spieler vor unbequeme Entscheidungen zu stellen: Versorge ich als Bruce Wayne den befreundeten Kandidaten Harvey Dent weiterhin mit Finanzmitteln, obwohl er sich öffentlich von mir distanzieren will? Revangiere ich mich mit einem nicht ganz einwandfreien Flirt – oder einem schmutzigen Winkelzug im vom Verbrechen kontrollierten Politpoker? Auch in den Schlägereien kann man nicht alles haben: Wenn es zur Sache geht, lässt sich mitunter nur eine von zwei wichtigen Figuren vor einem gefährlichen Hieb retten. Schön, dass die Geschichte den Spieler so oft vor die Wahl stellt. Andererseits wird diesmal aber auch klar, dass manch wichtige Entscheidung aus Episode 1 nicht wirklich eine Rolle spielt – was dem Prinzip einen herben Dämpfer verpasst. Während Telltale etwas behäbiger in die erste Episode startete, geht es diesmal temporeicher zu. Bruce gerät als Batman und Person des öffentlichen Lebens gleich in mehrerlei Hinsicht unter Druck.

Schön inszeniert aber spielerisch mau: Die Schlägereien.
Nachdem die Korruptionsgerüchte um seine verstorbenen Eltern immer hartnäckiger werden, muss er sich nicht nur den unbequemen Fragen von Journalistin Vicky Vale stellen, sondern auch einige Drahtzieher aus dem Sumpf des Verbrechens konfrontieren. Als ein Besuch von Mayor Hill auf dem Programm steht, darf ich sogar entscheiden, ob ich mich als einschüchternder Batman oder als verbal schlagfertiger Bruce auf den Weg mache. Im Laufe der Episode erfährt man bereits deutlich mehr über korrupte Netzwerke und die Motive von Jugendfreund Cobblepot. Natürlich spielt auch die geheimnisvolle Droge wieder eine wichtige Rolle, über die Bruce bereits in Episode 1 stolperte. Als es zu einem politischen Duell der beiden Spitzenkandidaten kommt, eskaliert die Lage, so dass man sich wieder zusammen mit Catwoman einige Schlägereien liefert.

Noch weniger Anspruch?

Leider verkommt die Action wieder zu fadem Knöpfchendrücken, welches nicht einmal durch eine aufgeladene Spezialattacke aufgewertet wird. Drücke nach rechts, nach oben, B, A, Y, X – nicht gerade besonders spannend oder herausfordernd, da fast immer genügend Zeit bleibt. Auch davon abgesehen bewegt sich der spielerische Gehalt diesmal gegen null. Ich hätte es kaum für möglich gehalten, aber in der nur rund 80 Minuten kurzen Episode wurden die zuvor schon wie ein Alibi wirkenden Mechaniken noch weiter ausgedünnt.

Es wird ungemütlich...
Beim Planen eines Überfalls müssen wieder eine Hand voll Linien gezogen werden, deren Platzierung aber so selbsterklärend ist wie Malen nach Zahlen. Im Gegensatz zu Episode 1 darf diesmal nicht mal ein Tatort untersucht werden, so dass es so gut wie keine Rätsel gibt. Stark präsentiert sich dagegen wieder die Regie, welche das gestiegene Erzähltempo sehr schön in Szene setzt. Während der schnell geschnittenen Kämpfe fühlte ich mich wie in einen Actionfilm versetzt. Auch die zahlreichen Hintergründe über konkurrierende Mächte in Gotham werden in den feinsinnig formulierten Dialogen gut rübergebracht. Lediglich die angestaubte Technik hat mich gelegentlich mit unscharfen Texturen oder fehlerhaften Lippenbewegungen aus der Handlung gerissen.

Fazit

Auch die zweite Episode von Telltales Interpretation der frühen Batman-Jahre hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits ist es schön, dass die Geschichte deutlich mehr Tempo aufnimmt und mich mit zahlreichen spannenden Hintergründen konfrontiert – zumal die filmische Regie sehr professionell wirkt. Andererseits haben die Entwickler die ohnehin dürftigen spielerischen Elemente aber noch weiter zurückgefahren. Rätsel gibt es diesmal so gut wie gar nicht und das simple Knöpfchendrücken in den Kämpfen hätte ich mir lieber gespart, um mich zurückzulehnen und die Choreographie zu genießen. Im Gegenzug sorgen aber die zahlreichen moralischen Entscheidungen für etwas Nervenkitzel - obwohl bereits klar wird, dass manche vermeintlich wichtigen Entschlüsse aus dem Vorgänger nicht wirklich von Bedeutung waren. Wer mit einem interaktiven Zeichentrickfilm in Batmans frühe Jahre und Gothams korrupte Verstrickungen eintauchen möchte, kommt also auf seine Kosten. Wer spielerisch etwas mehr Fleisch oder auch nur einen Hauch von Rätselanspruch erwartet, wird dagegen enttäuscht, zumal die nur rund 80 Minuten kurze Episode schneller vorüber ist als ein Spielfilm.

Einschätzung: befriedigend

Pro

professionelle Inszenierung und Kameraregie
gelungene englische Vertonung
spannende Einblicke in korrupte Netzwerke
dynamisch inszenierte Action
bis zu acht Spieler entscheiden im Multiplayer mit

Kontra

meist öde Quicktime-Kämpfe
witzloses, weil zu simples Planen der Angriffe
so gut wie keine Rätsel
gelegentlich bewegen sich Lippen nicht mit
manche Texturen aus der Nähe sehr unscharf

Wertung

PC

Erzählerisch nimmt der Einblick in Gothams korrupte Netzwerke deutlich mehr Fahrt auf, spielerisch bleibt die kurze zweite Episode aber sehr mager.

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