Im Test: Temporeicher Abstieg in den Sumpf
Unbequeme Entscheidungen
Telltale hat eine Vorliebe dafür, den Spieler vor unbequeme Entscheidungen zu stellen: Versorge ich als Bruce Wayne den befreundeten Kandidaten Harvey Dent weiterhin mit Finanzmitteln, obwohl er sich öffentlich von mir distanzieren will? Revangiere ich mich mit einem nicht ganz einwandfreien Flirt – oder einem schmutzigen Winkelzug im vom Verbrechen kontrollierten Politpoker? Auch in den Schlägereien kann man nicht alles haben: Wenn es zur Sache geht, lässt sich mitunter nur eine von zwei wichtigen Figuren vor einem gefährlichen Hieb retten. Schön, dass die Geschichte den Spieler so oft vor die Wahl stellt. Andererseits wird diesmal aber auch klar, dass manch wichtige Entscheidung aus Episode 1 nicht wirklich eine Rolle spielt – was dem Prinzip einen herben Dämpfer verpasst. Während Telltale etwas behäbiger in die erste Episode startete, geht es diesmal temporeicher zu. Bruce gerät als Batman und Person des öffentlichen Lebens gleich in mehrerlei Hinsicht unter Druck.
Noch weniger Anspruch?
Leider verkommt die Action wieder zu fadem Knöpfchendrücken, welches nicht einmal durch eine aufgeladene Spezialattacke aufgewertet wird. Drücke nach rechts, nach oben, B, A, Y, X – nicht gerade besonders spannend oder herausfordernd, da fast immer genügend Zeit bleibt. Auch davon abgesehen bewegt sich der spielerische Gehalt diesmal gegen null. Ich hätte es kaum für möglich gehalten, aber in der nur rund 80 Minuten kurzen Episode wurden die zuvor schon wie ein Alibi wirkenden Mechaniken noch weiter ausgedünnt.
Fazit
Auch die zweite Episode von Telltales Interpretation der frühen Batman-Jahre hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits ist es schön, dass die Geschichte deutlich mehr Tempo aufnimmt und mich mit zahlreichen spannenden Hintergründen konfrontiert – zumal die filmische Regie sehr professionell wirkt. Andererseits haben die Entwickler die ohnehin dürftigen spielerischen Elemente aber noch weiter zurückgefahren. Rätsel gibt es diesmal so gut wie gar nicht und das simple Knöpfchendrücken in den Kämpfen hätte ich mir lieber gespart, um mich zurückzulehnen und die Choreographie zu genießen. Im Gegenzug sorgen aber die zahlreichen moralischen Entscheidungen für etwas Nervenkitzel - obwohl bereits klar wird, dass manche vermeintlich wichtigen Entschlüsse aus dem Vorgänger nicht wirklich von Bedeutung waren. Wer mit einem interaktiven Zeichentrickfilm in Batmans frühe Jahre und Gothams korrupte Verstrickungen eintauchen möchte, kommt also auf seine Kosten. Wer spielerisch etwas mehr Fleisch oder auch nur einen Hauch von Rätselanspruch erwartet, wird dagegen enttäuscht, zumal die nur rund 80 Minuten kurze Episode schneller vorüber ist als ein Spielfilm.
Einschätzung: befriedigend
Pro
Kontra
Wertung
PC
Erzählerisch nimmt der Einblick in Gothams korrupte Netzwerke deutlich mehr Fahrt auf, spielerisch bleibt die kurze zweite Episode aber sehr mager.
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