Jade Empire26.02.2007, Jörg Luibl
Jade Empire

Im Test:

China ist das Land der philosophischen Weisheiten, der exotischen Kampfkünste und Heimat zig mythologischer Wesen. Trotzdem war es bisher selten Schauplatz für Rollenspiele. Erst die Kanadier von BioWare nutzten das asiatische Riesenreich als Vorlage für ein Abenteuer. Im April 2005 haben wir Jade Empire (ab 5,99€ bei kaufen) auf der Xbox mit 84% bewertet. Jetzt ist die erweiterte Special Edition für den PC da. Was ist drin, wie sieht's aus und lohnt sich der Kauf?

Fernöstlicher Rückblick

Ich kann mich noch gut erinnern: Wir haben uns vor zwei Jahren riesig auf BioWares neues Rollenspiel gefreut, den Release schon fast mit Räucherstäbchen gefeiert, wurden aber letztlich ernüchtert. Jade Empire konnte auf der Xbox gut unterhalten, entführte in eine exotische Welt voller Geister und Dämonen, Kampf und Weisheit, unterhielt optisch, akustisch und erzählerisch auf hohem Niveau. Aber Probleme in der Kampfbalance, die Gleichmacherei in der Charakterentwicklung, das fehlende Inventargewühle sowie das karge Party-Management versperrten den Weg in Hitregionen.

Und jetzt? Zwei Jahre später serviert das Team von Grey Matter die Umsetzung für PC. Das Team hat die Kulisse natürlich aufpoliert und für höhere Auflösungen optimiert, die Ladezeiten deutlich verkürzt, außerdem hat man neben neuen Kampfstilen auch frische Monster, Waffen und Gegenstände integriert - die man allerdings mit der Lupe suchen muss. In der edlen Box finden sich ein Poster und ein Artbook mit Skizzen. Ein wirklich attraktives Paket; vor allem für all jene, die Jade Empire noch nicht kennen. Schön ist, dass die Maus- & Tastatursteuerung einwandfrei funktioniert: Ob Strafen, Salto oder Bereichsattacke - alles sehr komfortabel auszulösen. Nur die Kamera rutscht manchmal etwas schnell in eine andere Perspektive; ihr könnt übrigens auch ein Gamepad anschließen.

Verspäteter Award

Aber ist das Spiel jetzt auch besser? Macht es mehr Spaß als anno dazumal auf der Xbox? Nein. Dieselbe gute Story umrahmt dasselbe karge Party- und Charaktermanagement. Die Figuren bestechen mit ihrem Design, in den Dialogen, spielen sich aber immer noch sehr ähnlich. Setzt es technisch auf dem Rechenknecht eine neue Duftmarke? Nein. Jade Empire sieht klasse aus, wenn es in den Kämpfen kracht und funkelt, wenn das Licht eine Blumenwiese in gleißendes Licht taucht, aber in der Kulisse zeigen sich auch viele klobige Spuren der Xbox-Version, wenn man sich Mauern, Gebäude oder den Horizont anschaut; auch die alten Clippingfehler sind vorhanden - das Abenteuer lebt eher von seinem exotischen Reiz als von üppigen Details.

Trotzdem: Die Kämpfe überzeugen mit schönen Manövern, die Dialoge sind lesenswert und die Charaktere wirken ebenso glaubwürdig wie die Spielwelt. Der Hauptkritikpunkt am Original wird hier zwar etwas entschärft, aber nicht ausgemerzt: die fehlende Herausforderung in den Kämpfen. Obwohl teilweise mehr Gegner auftauchen als auf der Xbox und einige neue Monster wie der Nashorn-Dämon mit anderen Taktiken aufwarten, vermisst man irgendwann den Nervenkitzel in den Duellen. Immer noch kann man selbst riesige Feinde sehr schnell besiegen.

Viperzunge & Eisenhand

Schnelle Attacken inklusive Giftschaden im Viper-Stil für gute, enormer Schaden im etwas langsameren Eiserne Hand-Stil für böse Charaktere. Diese beiden Kampfstile ergänzen das üppige Sammelsurium an Möglichkeiten. Aber wird der Tanz auf dem Martial Arts-Parkett dadurch spürbar aufgewertet? Nein. Es ist zudem nicht nur schade, dass die beiden Neulinge nicht im Handbuch beschrieben werden, sondern auch, dass sie erst ab dem dritten Akt zugänglich sind. Und dann sind sie auch noch auf eine moralische Ausrichtung beschränkt. Warum hat man nicht den Jade-Meister-Modus sofort spielbar gemacht? Hier warten stärkere Gegner und weniger helfende Power-Ups auf euch. Aber leider erst, wenn man das Spiel einmal durch hat.

 

Fazit

Ich hab Jade Empire damals auf der Xbox durchgespielt. Es war etwas zu leicht, zu kurz und letztlich nicht das erwartete Epos. Ist die Special Edition so reizvoll, dass ich mich noch mal komplett durchkämpfen würde? Nein. Dafür sind die zusätzlichen Kampfstile, Monster, Waffen und Grafikdetails nicht interessant und üppig genug. Und irgendwie ist nach zwei Jahren auch die Faszination verflogen, zumal es erzählerisch nichts Neues zu entdecken gibt. Aber alle Rollenspielfans, die dieses Abenteuer noch nicht kennen, werden immer noch richtig gut unterhalten. Obwohl das Team von Gray Matter nicht alles an technischen Möglichkeiten ausreizt, und so manches grobe Polygon als auch Clippingfehler serviert, verwöhnen die Kampfstile mit ihren exotischen Bewegungen und gleißenden Zaubern. Die Steuerung flutscht auch mit Maus und Tastatur, das Moralsystem ist einfach, aber attraktiv und man erlebt ein durchdachtes Abenteuer abseits von D&D & Co mit frischen Facetten fernöstlicher Mythologie.

Pro

epische Story
sehr gute Dialoge
dramatisches Finale
interessante Quests
sehr gute Steuerung
geniales Figurendesign
nicht-lineare Aufträge
klasse Mimik & Gestik
glaubwürdige Spielwelt
unverbrauchtes Szenario
sehr viele coole Kampfstile
klasse deutsche Lokalisierung
jederzeit speicher- & pausierbar
bezaubernde asiatische Kulisse
taktisches Echtzeit-Kampfsystem
interessante Rätsel & Rededuelle

Kontra

enges Levelkorsett
altbekanntes Moralsystem
Story wird schnell enthüllt
Dämonengestalt zu mächtig
fade Texturen in der Weitsicht
keine Kleidung, keine Rüstung
alle Charaktere spielen sich gleich
magere Mini-Spielauswahl
kaum Party-Management, weniger Party-Leben
Bosskämpfe ohne Herausforderung

Wertung

PC

Optisch prächtig, erzählerisch klasse und actionreich. Man vermisst nur mehr Party-Management und Kampfbalance.

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