Serious Sam 215.10.2005, Paul Kautz
Serious Sam 2

Im Test:

Serious Sam: Ein Name, der seit seinem ersten Auftritt im Jahre 2001 für kompromiss- und hemmungslose Ballereien steht, für Gegnermassen und herrlich bekloppten Humor. Nach einem halben Nachfolger und einigen Konsolenausflügen meldet sich jetzt Dukes großer Bruder mit dem offiziellen zweiten Teil zurück. Und bleibt seinen Wurzeln überaus treu.

Bombiger Papagei!

Das wundervoll bescheuerte Video klärt auf: Obermotz Mental weilt unter den Lebenden und muss zerhackstückt werden. Um das zu erreichen, hat Sam »Serious« Stone die Ehre, fünf verlorene Teile eines Medaillons zusammen zu bringen, damit Mental verwundbar wird. Das bedeutet im Endeffekt nichts anders als sieben Welten mit mehr als 40 Levels: Ihr startet in einem Dschungel-Szenario, ballert euch durch einen Sumpf und eine Riesenwelt, zerlegt Gegner in chinesisch und mittelalterlich angehauchten Arenen, weicht Lavaströmen auf einem Feuerplaneten aus, landet auf einem eisigen Gefängnisplaneten und serviert finale Kugeln in

Jede Menge Gegner auf einmal - so kennen wir den Sam.
einer glitzernden Hightech-Stadt. Und ein Sam wäre kein Sam ohne geschätzte zwei Fantastilliarden Gegner: fies lachende Hexen, Raketenwerfer-Teufel auf Ketten, aufziehbare Nashörner, Zombie-Börsenmakler, mit explosiven Törtchen bewaffnete, Einrad fahrende Clowns, die bekannten Bombenkopf-Selbstmörder, dicke weibliche Teufel, riesige Robo-Tyrannosauren oder schwer bewaffnete Schneemänner sind nur eine kleine Auswahl der Widersacher, die sich in gefühlten Hundertschaften in Richtung eures Laufs heranstürmen.

Am Ende jeder Welt wartet außerdem ein Bossgegner. Sam-Kenner wissen, dass dieser Ausdruck ein Euphemismus ist. Denn die Biester sind riesig. Wirklich, wirklich groß! »Bildschirmfüllend« wäre teilweise noch untertrieben, diese Giganten sind einfach überall: eine Art King Kong, den man nur indirekt bekämpfen kann, eine riesige Biene, ein wahnsinnig fetter Prinz mit Vorliebe für scheußlichen Gesang, ein dicker Drache oder der Mörder-Roboter Hugo, dem konventionelle Waffen gleich gar nichts anhaben können - wunderbar! Was hält man solchen Zeitgenossen ins Gesicht? Plasmaknarren, Raketenwerfer, eine doppelläufige Schrotflinte, eine Minigun, die die Munition schneller frisst als der durchschnittliche Redakteur Popcorn, einen putzigen Zielsuchpapagei mit Bombe oder eine dicke Kanone, die noch dickere Kanonenkugeln verschleudert - das meiste davon ist dem Sam-Kenner schon aus den Vorgängern bekannt.

Ihr dürft vielerlei Vehikel benutzen.
Ferner dürft ihr noch herumstehende Geschütze benutzen, um einen großen Teil der Landschaft zu fällen, außerdem warten noch bewaffnete Fahr-, Flug- und Rollmobile, die euch durchscheuerte Fußsohlen ersparen: Dinosaurier, UFO, Spike-Ball – später dürft ihr sogar an Bord eines ausgewachsenen Hubschraubers Platz nehmen!

Wir sind eins

Sam stand und steht für hirnloses Dauerfeuer. D.h., dass Puzzlefreaks hier völlig verkehrt sind – die zweieinhalb Mini-Rätsel sind bestenfalls kurze Päuschen zwischen zwei Feuerstößen. Ebenso neu und nahezu sinnlos ist Sams Fähigkeit Dinge tragen zu können: Abgesehen von knapp einer Hand voll Puzzles wird diese Eigenschaft aber nie genutzt. Warum auch, das hier ist Serious Sam! Hier warten Arena-Kämpfe mit massig Gegnern noch und nöcher, die sich teilweise über mehrere Minuten ziehen und nur knapp an der Nerv-Grenze vorbeischrammen. Wie gehabt könnt ihr das Ganze auch kooperativ angehen, am PC via LAN bzw. Internet gleich 16 Mann hoch, an der Xbox bleibt per Live bzw. System Link immerhin noch Platz für vier Rabauken. Leider dürft ihr ausschließlich kooperativ antreten, andere Modi sind nicht enthalten – vielleicht per Patch nachträglich?          

Neu und merkwürdig ist das Leben-System: Ihr startet jede Welt mit drei Wiederholungen und könnt euch durch Punkteheischerei neue Leben dazu verdienen – zelebriert durch einen wundervoll behämmerten »Extra Lahaaaaif!«-Singsang. Sind alle Leben futsch, müsstet ihr prinzipiell den Level von vorn beginnen, was bei einigen der nervenderen Jump-n-Run-Einlagen auch durchaus schnell passieren kann. Gesegnet sei daher das

Teilweise wunderschöne Landschaften lenken kurz von der Daueraction ab.
intelligente Speichersystem, welches euren Spielstand an fair verteilten Checkpunkten automatisch sichert, außerdem könnt ihr natürlich jederzeit selbst speichern.

Bewährte Qualität

Die Gegnermassen und den Mehrspielerspaß hätten wir abgehakt, was fehlt noch zum typischen Sam-Vergnügen? Ah ja – die tolle Optik! Schon die Vorgänger boten aktuelle Spitzentechnik, auch der Neuling bricht da nicht ein: enorme Weitsicht, massige Explosionen, hochdetaillierte Landschaften voller Bäume, Büsche und Zierobjekte – jedenfalls am PC. Auf der Xbox müsst ihr massive Einbußen hinnehmen, die sich am ehesten noch mit Serious Sam – The 2nd Encounter vergleichen lassen. Zurück auf dem Rechenbruder erwarten euch teilweise wunderschöne Landschaften: Speziell in den chinesischen und mittelalterlichen Welten zaubert Croteam atemberaubende Bilder, die für ein Spiel dieser Art eigentlich zu gut sind, schließlich bekommt man sie in der Daueraction nur am Rande mit. Besitzer besonders potenter Rechner bzw. Grafikkarten können außerdem noch High Dynamic Range Rendering dazuschalten und so der Optik noch mal einen Extraschub verleihen.

Spezielles Augenmerk sollte auch den Feinden gelten, schließlich sind die abgefahrenen Figuren nicht nur phantasiereich designt, sondern auch bombastisch animiert: Wenn eine Mechano-Riesenspinne ihre Arme ausfährt oder Hugo der Roboter butterweich auf euch zugestapft kommt, 

In diesem level ist alles gigantisch - besonders die Endgegner-Biene.
kann man nur anerkennend mit dem Kopf nicken – und abdrücken, logisch. Allerdings haben die meisten Widersacher den Nachteil eines überpolierten Glanzlooks, auch das überall plätschernde Wasser reflektiert zu sehr und erweckt dadurch eher dein Eindruck einer fehlverteilten Plastikfolie. Auch die sehr grob aufgelösten Zwischenvideos sind im Vergleich zur Restgrafik eine Schande – speziell, weil der Humor großartig ist! Alle bereits freigespielten Filmchen dürft ihr euch in einem gesonderten Menü immer wieder ansehen.

Auch akustisch bleibt Sam 2 den Vorgängern treu: fetzige Effekte, teilweise herrlich alberne Musik und jede Menge harhar-Sprachausgabe – allein die Sprüche vom zickigen Bordcomputer NETRISCA sind das Geld wert, Sam lässt aller paar Sekunden einen trockenen Einzeiler vom Stapel. Natürlich nimmt sich das Spiel selbst keine Sekunde ernst, Bemerkungen wie »Wer lässt eigentlich die ganzen Waffen hier liegen?« oder »Ich wusste es! Es gibt einfach keine Spiele ohne Abwasserkanal-Levels!« fehlen ebenso wenig wie mehr oder weniger dezente Anspielungen in Richtung Duke Nukem Forever, Unreal oder Quake.     

Fazit

Erwartet hier bloß keinen Tiefgang! Nach den aufregenden Tagen mit F.E.A.R. haben mir die schubweisen Stunden mit Sam 2 herrlich viel Freude bereitet – Augen prinzipiell zu, Zeigefinger an die Maus getackert und los! Ja, das Spielprinzip ist primitiver als das von Doom 3 – aber Sam nimmt sich nicht eine Sekunde ernst! Ja, es ist nur ein hirnloses Dauergeballere – aber es macht so viel Spaß! Und es sieht verdammt gut aus. Es klingt toll. Und man kann es 16 Mann hoch kooperativ spielen. Aber man sollte nicht zuviel Zeit am Stück damit verbringen. Denn lange kann das bloße Gegner-Abholzen nicht motivieren, das immergleiche Spielprinzip wird nur durch die coolen Zwischensequenzen längerfristig am Leben gehalten – und die sind eklig niedrig aufgelöst. Xbox-Ballermänner müssen außerdem mit erheblichen grafischen Einbußen leben. Summa summarum ändert sich im Sam-Land also nicht viel. Wer das Spielprinzip mag und einen brauchbaren Rechner hat, wird hier immer wieder glücklich werden. Wer von einem Shooter etwas mehr als tausende Kerben auf dem Gewehrkolben erwartet, sollte Serious Sam 2 besser meiden.

Pro

teilweise wunderschöne Levels
viele verrückte Ideen
bizarre Gegner
kompromissloses Spielprinzip
witzige Videos
einfache Steuerung
Koop-Modus
viele coole Sprüche
kurze Ladezeiten

Kontra

grob aufgelöste Videos
Xbox-Version sehr detailarm
hässliches Wasser
allein auf Dauer sehr abwechslungsarm
keine weiteren Mehrspielermodi

Wertung

XBox

PC

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