Die Macht der Chemie
Sein Name wird nicht neben Blockbuster-Machern wie Druckman, Cage oder Levine erwähnt, steht aber genau wie seine Kollegen für einige der besten Spiele ihres Genres. Denn Barth erdenkt nicht einfach Puzzles, für die er vertrackte Lösungswege ersinnt – er erstellt Systeme, mit denen man nach Lust und Laune eigene Abläufe entwirft und gibt lediglich Ausgangsmaterialien und das gewünschte Ergebnis vor. Wie man das Letztere erstellt, überlässt er alleine der Fantasie und dem Können seiner Spieler.
Konstruierte man in
Infinifactory etwa kleine Fabrikanlagen einschließlich Schweißmaschinen und Laufbändern, programmierte man in
Shenzhen I/O selbst platzierte elektronische Module. In Opus Magnum ist man schließlich als Alchemist Anataeus Vaya unterwegs, dessen Fach allerdings nicht das Magische ist, sondern eine Art frei erfundene Chemie.
Man zieht Greiarme und Befehle einfach aufs Spielfeld, um komplexe Abläufe zu erstellen.
Man verarbeitet also Elemente, die wie einzelne Atome dargestellt werden, und fügt die so gewonnenen Stoffe zu später sehr komplexen Produkten, Molekülen quasi, zusammen.
Drehen, drücken, schieben
Dafür nutzt man sich drehende oder auf Schienen fahrende Greifarme, um z.B. Feuer auf ein Feld zu transportieren, auf dem es zu Salz verarbeitet wird, woraufhin dieses von einem weiteren Arm dorthin gebracht wird, wo es mit Kupfer verschmolzen wird, das man mithilfe mehrerer Einheiten Quecksilber ebenfalls erst herstellen muss. Je komplexer die Moleküle und je mehr Möglichkeiten der Weiterverarbeitung man erhält, desto aufwändiger werden diese Vorgänge. Immerhin muss man jeden Produktionsschritt eigenhändig programmieren, indem man den gewünschten Befehl (greifen, drehen, ein Feld weit auf Schienen bewegen usw.) an die gewünschte Position der Zeitleiste zieht.
Das ist grundsätzlich kinderleicht! Tatsächlich bleibt Opus Magnum sogar etwas zu lange sehr einfach, weil man im Grunde nur relativ überschaubare Abläufe aneinanderreiht – es ist Barths bisher leichtestes Spiel. Erst im letzten Drittel sind die gewünschten Produkte so komplex, dass man sehr genau überlegen muss, wie man
zeitliche und räumliche Abläufe kombiniert.
Und spätestens, wenn man endlich dabei zusieht, wie die programmierten Abläufe wie ein Uhrwerk ihr Programm abspulen, um ein Produkt nach dem nächsten zu fertigen, ist das Ergebnis unverschämt befriedigend. Opus Magnum ist nämlich auch Barths bisher schönstes Spiel; die edle Steampunk-Ästhetik steht den metallenen Greifarmen, bronzefarbenen Schienen und satt leuchtenden Elementen ganz hervorragend!
Entspannung im GartenUmso reizvoller ist es, nicht nur effektive Produktionswege zu erstellen, sondern auch besonders schicke. Gelegentlich habe ich jedenfalls darauf gepfiffen, dass die Online-Rangliste jeder Lösung anzeigt, wie teuer die verwendete Anlage im Vergleich zu denen anderer Spieler ist, wie lange sie für das Herstellen ihres Produkts benötigt und wie viel Platz sie einnimmt. Das ist natürlich gerade im Wettstreit mit Freunden ein großer Anreiz und Grund genug, manche Lösung noch lange nach ihrem
Sigmar's Garden ist eine gelungene Abwechslung vom Alltag als Alchemist und könnte sogar auf eigenen Füßen stehen.
Erstellen zu optimieren. Bedauerlich finde ich nur, dass man nicht hin und wieder begrenzten Platz zur Verfügung hat, mit einem limitierten Budget auskommen oder auf ganz andere Bedingungen Rücksicht nehmen muss.
Fordernd wird das Spiel mit der Alchemie dafür spätestens mit den den von Spielern erstellten Aufgaben – zum großen Teil ausgesprochen anspruchsvolle Kopfnüsse, bei denen es schwer fällt, überhaupt eine funktionierende Produktionskette zu entwerfen. Wer seine grauen Zellen mit vertrackten Aufgaben antreiben will, findet also mehr als genug Gelegenheiten.
Unterhaltsam ist außerdem die Solitaire-Variante Sigmar's Garden, in der man in richtiger Reihenfolge die Elemente des Alchemie-Baukastens vom Spielfeld räumen muss. Zum einen würde das Minispiel locker als eigenes kleines Spiel durchgehen. Zum anderen ist sogar ein unbedeutender, aber trotzdem interessanter Teil der Geschichte an die Anzahl gewonnener Partien gebunden. Überhaupt stellt der Plot um den ebenso begabten wie über Norm von sich überzeugten Anataeus Vaya dem edlen Alchemie-Baukastens einen angenehm unterhaltsamen Rahmen.