Mit Souffleur im Rücken
Flirten kann so einfach sein! Das Prinzip von
Super Seducer ist sehr simpel: Anhand von zehn Videos wird der Spieler in verschiedene Lebenssituationen versetzt, in denen man Frauen kennenlernen kann. Immer wieder muss man anhand von Textboxen entscheiden, wann der beste Zeitpunkt ist, um jemanden anzusprechen, wie man dabei vorgeht und welche die beste Wortwahl ist. Das Spielziel unterscheidet sich von Episode zu Episode: Mal soll man bloß die Handynummer einer Spaziergängerin ergattern, mal endlich mit der besten Freundin schlafen.
Pick-Up-Artist La Ruina, Spitzname „Gambler“, schwebt als allwissender Guru über allem und bewertet jede der Entscheidungen. Hat man sich „richtig“ entschieden und behandelt die Frau mit genügend Respekt, ohne dabei zu notgeil oder unsicher dazustehen, wird man belohnt. Diese Belohnung löste den ersten schlimmen Fall von „Cringe-Alarm“ bei mir
Frauen in Unterwäsche als Belohnung für die richtige Antwort? Diese peinliche Option hätte sich das sonst so harmlose Spiel lieber sparen sollen.
aus, auf das ich wie bei einem Horrorfilm alles erst mal nur durch meine aufs Gesicht geschlagenen Finger beobachtete: Neben einem „blauen Herzen“ räkeln sich bei der richtigen Antwort zwei Frauen in Unterwäsche neben Ruina. Während die eine noch halbwegs verwegen in die Kamera schaut, blickt die andere stetig an die Wand. Bei einer falschen Antwort sind die Frauen wieder vollständig bekleidet. Oh je - soll das also das Niveau des kommenden Spiels abbilden? Beantworte Fragen, um Frauen ins Bett zu bekommen?
Ein zahmes Beratungsspiel
Meine Sorgen waren allerdings unbegründet, denn die Design-Entscheidung leicht bekleidete Frauen als Belohnung für die richtige Antwort zu nutzen, ist wirklich das Einzige, was an Super Seducer irgendwie verwerflich ist. Und ich finde, dass Ruina sich damit keinen Gefallen getan hat, denn das tatsächliche Spiel spricht eine andere Sprache.
Neben zahmen Anwort-Möglichkeiten wie „Natürlich passe ich auf deine Katze auf“, oder „Was sind deine Hobbies?“, konnte man immer wieder auch vulgäre Optionen wie „Ich möchte dich jetzt lecken“, oder „Ich passe auf deine Katze auf, wenn du mir einen bläst“ wählen. Jede dieser mehr als offensichtlichen Arschloch-Optionen wurde sofort abgestraft. In jeder Situation wurde Ruina sofort von den Frauen zur Rede gestellt und jede machte deutlich, dass sein Verhalten ekelhaft ist. Anstatt eines blauen Herzens erschien ein zerbrochenes Herz und auch Ruina betonte immer wieder, dass so ein Verhalten nicht ok ist. Diese vermeintlich sexistischen Antwort-Optionen bereiteten mir überraschenderweise besonders viel Freude. Ich hatte die Gewissheit, dass falsches Verhalten bestraft wird und konnte mich endlich an den etlichen peinlichen Männern rächen, die
Die vulgären Optionen sind teilweise so übertrieben, dass ich immer wieder lachen musste. Jede der Frauen ist selbstbewusst und weiß sich zu wehren.
es wagen so mit Frauen zu sprechen. Denn die Frauen von Super Seducer sind alle intelligent und selbstbewusst, wohingegen Männer, die vulgäre Optionen wählen, als Verlierer dargestellt werden.
Auf spielerische Art und Weise stellt Super Seducer immer wieder klar, dass es ok ist Frauen kennenzulernen und Tipps anzunehmen wie man besser ankommt. Unfaire Mittel, Lügen, körperliche Übergriffe oder vulgäres Verhalten werden aber in den Videosequenzen eindeutig abgelehnt. Sobald das geklärt war, musste ich mich manchmal über die abstrusen Ideen kaputtlachen, die sich Ruina und sein Team als „falsche Option“ überlegt haben. Aber nicht nur das: Ich hatte zumindest anfangs Spaß dabei gut bei den Frauen rüber zukommen und vielleicht sogar eine Telefonnummer einzuheimsen. Wer würde nicht ein freundliches Lächeln einem „Ich muss weg“ vorziehen?
Immer wieder kam der Vorwurf, dass das Daten von Frauen kein Spiel sein darf und selbst das bloße Vorhandensein von belästigenden Optionen verwerflich sei. Gleichzeitig hat es sich mittlerweile gesellschaftlich etabliert, tausende Menschen in einem Shooter abzuknallen, ohne als potenzieller Massenmörder gesehen zu werden. Fest steht, dass Spieler zwischen Handlungen im Spiel und Alltag unterscheiden können. Wenn ich also eine vulgäre Option bei Super Seducer wähle, heißt das noch lange nicht, dass ich auch im echten Leben jemals so respektlos handeln würde. So lange gewisse moralische Standards gegeben sind, gebe ich jedem Spiel erst mal eine Chance mich zu überzeugen.