Tiny Hands Adventure10.08.2018, Jan Wöbbeking

Im Test: Trash Bandicoot?

Die Begeisterung für 3D-Plattformer reißt nicht ab – vor allem, wenn sie nostalgische Erinnerungen an die Kindheit vor den ersten 3D-Konsole wecken. Kein Wunder also, dass sich Tiny Hands Adventure ausgiebig bei Naughty Dogs Beuteldachs und anderen Frühwerken mit eher schmalen Hüpf-Pfaden bedient. Eine kunterbunte Hommage oder billiger Abklatsch? Wir klären es im Test.

2,5D

Schon in den ersten Minuten des rund zwei Stunden kurzen Spiels kommen Erinnerungen an Titel wie Croc oder Bug (Too!) hoch – beides Titel, bei denen die Entwickler sich noch nicht an eine offene Welt trauten, sondern den Protagonisten lieber über schmale Pfade laufen ließen. Auch das Danziger Indie-Team Blue Sunset Games schickt seinen Dino-Helden Borti in wechselnder Perspektive durch wild wechselnde Kulissen: Ein Comicland-Feldweg von der Seite, ein futuristischer Skyway mit zahlreichen Treppen und Kurven oder auch die typische Flucht vor einem rollenden Dschungel-Felsen in Richtung Kamera wie bei Crash. Der Knackpunkt daran ist, dass das offenbar unerfahrene Team das Leveldesign nicht wirklich im Griff hat. Oft erkennt man tödliche Biester wie die kantigen Krebse zu spät, die Sicht auf einen Abgrund wird von Büschen verdeckt oder Borti versinkt dank Schnittstellenfehlern in einer Mauer oder der massiven Wampe eines Deko-Monsters. Mahlzeit!

An Abwechslung mangelt es der Regie nicht. Mal sieht man die Action auch von oben oder die Kamera dreht sich um einen Turm - was das Hüpfen dort allerdings ziemlich fummelig gestaltet.
Auch die Platzierung von Brückensprossen oder schwebender Plattformen erinnert eher an das, was man in Nutzer-Levels aus LittleBigPlanet zu Gesicht bekommt: Viele schmale Objekte, die den Flow beim Hüpfen durchbrechen. Selbst die Spezialfähigkeiten und die trashig präsentierte Story wirken reichlich dämlich. Fee Florella stellt den jungen T-Rex Borti in ihren magischen „Chambers of Trials“ auf die Probe, damit er sämtliche Boss-Guardians für sie liquidiert und nebenbei Edelsteine zusammenklaubt. Für jeden erfolgreichen Auftragsmord bekommt er ein neues Gadget, das er anstelle seiner Stummelarme einsetzen kann. Sein lang gehegter Traum ist es schließlich, ein erfolgreicher Torwart zu werden. Natürlich. Dumm nur, dass ein längerer Drehschlag-Stab oder das Werkzeug zum Ausheben vergrabener Verstecke (mit einem Bohrer??)  den Spielablauf kaum beeinflussen.

Ziemlich amateurhaft

Der längere Stab in Aktion. Das kantige Gebilde links neben Borti stellt übigens einen Gegner dar.
Wenn sich die Kamera ruckartig dreht oder das Boss-Gürteltier kaum animiert auf den Spieler zu rauscht, erinnert das ebenfalls an die ersten Gehversuche eines Hobby-Entwicklers in Project Spark. Allerdings um einen, der es immerhin beherrscht, eine gewisse Herausforderung in seine Levels einzubauen. Durch den nicht allzu leichten Schwierigkeitsgrad entwickelt sich bei Hüpfspielfans wie mir ab und zu durchaus ein gewisser Motivationsfaktor. Zumindest wenn nicht die etwas holprige Kollisionsabfrage oder kleine Menüfehler dazwischenfunken. Seltsam auch, dass es nicht mal eine Analogsteuerung gibt. Alternativ darf man Attacken wie einen schwungvollen Bodenkick oder eine aufladbare Rolle (Yooka-Laylee lässt grüßen) auch per Tastatur starten.

Fazit

Tja, nicht jeder kleine Indie-Plattformer ist einen zweiten Blick wert. Während Skylar & Plux sich im vergangenen Jahr als überraschend spaßig herausstellte, ist es bei Tiny Hands Adventure umgekehrt. Das Spiel erinnert von vorne bis hinten an ein schnell abgeliefertes Hobby-Projekt mit zahlreichen Macken - von hölzernen Animationen über eine holprige Kollisionsabfrage bis hin zu witzlosen Fähigkeiten und einer billig inszenierten Story. Für einen waschechten Verriss ist das Spiel allerdings auch nicht schlecht genug, denn manchmal entwickelt sich durchaus eine angenehme Herausforderung. Von einigen Steuerungs- und Übersichtsprobleme abgesehen haben die Entwickler nämlich einen angenehm fordernden Schwierigkeitsgrad erreicht, der einen Jump-n-Run-Fan wie mich oft bei der Ehre packt, es noch einmal versuchen zu wollen. Wenn man seine Ansprüche ein wenig herunterschraubt, ist  Tiny Hands Adventure also ein ziemlich holpriges, gerade noch ausreichend unterhaltsames Jump-n-Run. Heute erscheint übrigens auch eine Umsetzung für Nintendo Switch. Versionen für PS4 und Xbox One sollen dieses Jahr folgen.

Pro

mitunter angenehm fordernder Schwierigkeitsgrad
albernes Soundtrack-Gedudel besitzt hohen Ohrwurmfaktor

Kontra

trashig inszenierte Story
Fehler bei Schnittstellen und der Kollisionsabfrage
Übersichtsprobleme
witzlose Spezialfähigkeiten
ruckartige Kameradrehungen
rein digitale Steuerung und manchmal hängende Menüs
nur auf Englisch erhältlich

Wertung

PC

Amateurhaft, holprig, aber immerhin manchmal fordernd: Tiny Hands Adventure ist meilenweit von der Qualität seiner Vorbilder entfernt.

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