Harry Potter und der Gefangene von Askaban16.05.2004, Paul Kautz
Harry Potter und der Gefangene von Askaban

Im Test:

Keine Ruhe für Harry: Mehr Ärger, ein neuer Erzfeind und neue Abenteuer in der Magierschule Hogwarts – und das anderthalb Jahre nach seinem letzten Ausflug. Was die Zauberer-Uni dem normalsterblichen Spieler zu bieten hat, und wie viel Spaß das Schuljahr macht, erfahrt ihr aus unserer Review.

Zaubern wie Copperfield

Das Leben meint es mal wieder nicht so gut mit dem kleinen Magier mit der großen Narbe: Die Stief-Familie nervt wie eh und je und ein großer schwarzer Hund hat es scheinbar auf ihn abgesehen. Zu allem Überfluss scheint der mordende Zauberstabschwinger Sirius Black aus dem Magiergefängnis Askaban ausgebrochen zu sein, und ebenfalls Harry im Visier zu haben. Trost bietet nur die Zugfahrt nach Hogwarts, wo Potter mit seinen Freunden Ron und Hermine zusammentrifft, doch auch hier gibt es keinen Frieden: Während ihr durch das Tutorial trabt und die Feinheiten der Steuerung paukt, notbremst der Zug plötzlich, alles wird dunkel und kalt – ein Dementor,

Die düsteren Dementoren treten in Massen auf und erfordern schnelle Zauber-Reflexe.
ein düsterer Seelen fressender Wächter von Askaban schaut auf eine Stippvisite vorbei, und Harry fällt in eine unerwartete Ohnmacht. Wäre da nicht Professor Lupin, der neue Professor für »Verteidigung gegen die dunklen Künste«, hätte Harry wohl keine Chance gehabt..

Nach diesem dramatischen Start trudelt ihr in den sicheren Gemäuern Hogwarts’ ein, wo auch gleich die ersten Schulstunden warten. Und schon bekommt ihr ein Novum in der Welt der Potter-Spiele zu sehen: Ihr steuert nicht mehr ausschließlich Harry, sondern immer wieder auch Ron und Hermine – meist zwar alle drei auf einmal, oft jedoch auch einzeln. Gelegentlich springt das Programm sogar zwischen allen umher, wenn ihr für ein Puzzle etwa zusammenarbeiten müsst. Denn jeder der drei lernt seine eigenen Zaubersprüche, dir ihr dann geschickt zusammen einsetzen müsst: Harry kann beispielsweise mit »Glacius« Flüsse gefrieren (und anschließend darauf herumschliddern) sowie Dementoren-Rudel mit »Expecto Patronum« verschwinden lassen. Hermine dagegen übernimmt mit »Lapifors« und »Draconifors« die Kontrolle über kuschelige Kaninchen bzw. Feuer speiende Mini-Drachen. Ron schließlich kann sich mittels »Carpe Retractum« in Windeseile zu speziellen magischen Pfosten hin-, oder besonders markierte Blöcke zu sich ziehen. Darüber hinaus benötigen manche Schlösser oder Verstecke jetzt die Kraft der drei Stäbe, so dass ihr gelegentlich mit allen drei Freunden gleichzeitig zaubern müsst. Die neuen magischen Sprüche lernt ihr dieses Mal übrigens nicht per albernem Nachmal-Spielchen, sondern müsst einen Geschicklichkeits-Parcours bewältigen. Gezaubert wird je nach Ziel wie gehabt automatisch: Ihr visiert es an, das Programm wählt den dazu passenden Spruch aus.

Schliddern mit Potter: Der Glacius-Zauber verwandelt einen Bach in eine rutschige Angelegenheit.
Frischer Wind in Hogwarts

Das Game ist wie die Vorgänger eine Mischung aus Jump-and-Run und Action-Adventure. Ihr verbringt also einen genauso großen Teil der Spielzeit mit dem Überwinden von Hindernissen wie mit Gesprächen, Suchen von Geheimverstecken und Kämpfen. Falls mal ein Sprung daneben geht, werdet ihr dank unendlicher Leben automatisch zum letzten Spielstand transferiert. Gespeichert wird wie üblich über magische Bücher, die großzügig über Hogwarts verteilt sind – freies Speichern bleibt dem Zauberlehrling nach wie vor verweigert. Wie bereits in den Vorgängern wimmelt es in Hogwarts wieder von versteckten Türen und Geheimgängen, die Schatzkisten oder sonstige Bonusspender enthalten.            

Nach einer kurzen Zauberspruch-Behandlung seid ihr um magische Bohnen, Kürbispasteten oder Kesselkuchen reicher, die ihr gegen allerlei nützliche Sachen eintauschen könnt: Entweder gegen Passwörter zu

Auf dem Rücken von Seidenschnabel erkundet ihr einen Teil der Ländereien von Hogwarts.
versteckten Bereichen (wo abermals Boni warten) oder insgesamt 80 Sammelkarten, die dieses mal nicht nur auf  Zauberer beschränkt sind, sondern auch Drachen oder Quidditch-Spieler enthalten. Um das Spiel vollständig zu lösen, müsst ihr alle Geheimnisse, Passwörter und Karten finden. Apropos Quidditch: Dieses Mal bleibt euch der Sprung auf den Besen verwehrt, ein Spiel bekommt ihr nur in einer Zwischensequenz zu sehen. Dafür schwingt ihr euch auf den Rücken des Hippogreifen Seidenschnabel und dreht mit ihm eine Runde oder zwei durch die Wäldereien Hogwarts’, während ihr durch Ringe taucht. Leider bewegt sich das Vieh selbständig vorwärts; auch auf die Route habt ihr nur so viel Einfluss, dass ihr entweder einen Ring erwischt oder eben nicht. Mehr Flugeinlagen gibt es mit Hermines Drachen-Zauber, mit dem ihr einen kleinen Feuerspeier wundervoll tapsig durch die Lüfte bewegt.

Zum Greifen nahe

Leider gilt auch dieses Mal, was schon in den Vorgängern ein Ärgernis war: Wer die Story des Buches nicht kennt, wird sie mit dem Spiel auch nicht kennen lernen. Ihr bekommt nur Schlüsselpunkte der Geschichte mit, zwischen denen teilweise kilometerlange Lücken klaffen – Harry Potter im Schnelldurchlauf. Außerdem ist das Spiel wieder verhältnismäßig kurz: Zwar werden Entdecker viel Zeit mit dem Aufspüren der Geheimnisse verbringen, aber das offizielle Spiel ist schon nach einem regnerischen Nachmittag vorbei - auch wenn es erst als »offiziell« beendet gilt, wenn man alles und jeden gefunden hat. Denn es gibt einige »Nebenquests« wie eine

Einige Zauber müssen zu dritt ausgeführt werden, um zum gewünschten Ergebnis zu führen.
Wichtelplage oder einen Hindernisparcours auf dem Rücken von Seidenschnabel zu meistern. Ein Mehrspielermodus fehlt allerdings immer noch.

Technisch war bislang kein Potter ein Glanzstück, auch dieses mal ist die Optik mehr zweckmäßig als wirklich schön, aber dennoch nett anzusehen: Die Figuren bestehen endlich aus mehr als einer Hand voll Polygone und bewegen sich sehr weich durch das stimmungsvolle Hogwarts. Zaubersprüche werden von schönen Partikeleffekten begleitet, helle Sonnenstrahlen fallen durch bunte Fenster, die Oberflächen von Flüsse und Seen kräuseln sich realistisch – alles in allem kein Kracher, aber dennoch ein klarer Fortschritt im Vergleich zu vorher, und außerdem nicht sehr hardwarehungrig. Akustisch gibt es hingegen nur wenig auszusetzen: Die orchestrale Musik ist unerwartet bombastisch und hervorragend eingespielt, die deutsche Sprachausgabe größtenteils vorzeigbar – leider bekommt man nicht die Original-Sprecher zu hören.       

Fazit

Wie erwartet ist Harry Potter Nummer 3 seinen Vorgängern in vielen Punkten sehr ähnlich: Ein harmloses Action-Adventure für große und kleine Entdecker mit netter Grafik und guter Spielbarkeit. Leider existieren auch einige Ärgernisse der früheren Teile weiter: Die Story wird im Zeitraffer abgespult, die Technik ist nicht wirklich aufregend, die Spielzeit hält sich in arg überschaubaren Grenzen. Aber dennoch macht es einfach Spaß, mit dem Trio Infernale durch Hogwarts zu traben, auf Seidenschnabels Rücken herumzuflattern und Dementoren im Dutzendpack zurück nach Askaban zu scheuchen. Harry-Fans kommen ebenso wenig um den Kauf herum wie alle, die leicht verdauliche Action-Abenteuer mögen. Fortgeschrittene Spieler werden allerdings auch dieses Mal vermutlich nur eine verächtliche Augenbraue in die Höhe ziehen.

Pro

ansehnliche Grafik
viele Zwischenspielchen
sehr viel zu entdecken
einfache Steuerung
orchestraler Soundtrack

Kontra

Story im Schnelldurchlauf
sehr simples Spielprinzip
keine Original-Stimmen
kein Mehrspielermodus
recht kurz

Wertung

PC

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