Autobahn Raser - Das Spiel zum Film02.03.2004, Paul Kautz
Autobahn Raser - Das Spiel zum Film

Im Test:

Die Wege der Softwareentwickler sind unergründlich: Die Autobahn Raser-Serie hat unter PC-Spielern schon seit Jahren einen gewissen trashigen Ruf, belehrte alle Zweifler jedoch dank kommerziellen Erfolgs eines Besseren. Was erfolgreich ist, wird getreu dem Synergie-Effekt möglichst weit gestreut, damit die Kasse noch lauter klingelt – in diesem Fall rasen deutsche Jungschauspieler gerade unter der bekannten Fahne durch die Kinos. Und nun der Knüller: Es folgt das Spiel zum Film zum Spiel. Zuviel des Guten?

Ich geb’ Gas..

Im Tiefflug über den Marienplatz: Die Touristenattraktionen wurden wahllos herausgepickt und im Level verteilt.

Wer den Kinofilm noch nicht gesehen hat, bekommt einen gut fünf Minuten langen und durchaus witzigen Trailer desselben als Intro serviert. Die große Ernüchterung wartet daraufhin im trostlosen Hauptmenü, in dem ihr eure Raser-Kenntnisse in verschiedenen Spielmodi auf die Probe stellen könnt: Schneller Spurt im »Kurzrennen«, Hektik im «Rennen auf Zeit«, Auspuffzeigen in der »Verfolgungsjagd«. Der Mehrspielermodus für lediglich zwei Flitzer am horizontal geteilten Splitscreen sollte besser schnell unter dem Mantel des Vergessens verschwinden, bleibt also noch der »Missionsmodus«. In dem müsst ihr pro Stadt mehrere Levels bewältigen, und euch so Stück für Stück auf der Raser-Leiter nach oben drängeln.

Wie in der Serie üblich, flitzt ihr durch allerlei deutsche Großstädte: München, Berlin, Hamburg und Köln werden unsicher gemacht. Anfangs gibt es eine Kennenlern-Runde, danach dreht ihr eure Kreise gegen drei Kontrahenten, und seht zu, dass ihr möglichst ganz oben auf dem Treppchen landet. Gelegentlich springt ihr auch in das grün-weiße Blech der Polizei, und müsst böse Autoschieber-Banden stoppen, in dem ihr den Wagen kaputtrammt. Alle paar Level bekommt ihr zur Belohnung einen neuen Wagen, mit dem ihr weiteres Unheil stiften könnt.

Umgedrehter Spieß: Als Polizist rammt ihr euren Widersacher so lange, bis er aufgibt - oder lasst euch von ihm huckepack mitnehmen..
..ich will Aspirin

Man erwartet von Davilex kein neues Need for Speed. Man erwartet allerdings auch nicht auf den grafischen Stand von vor fünf Jahren zurückgeworfen zu werden: Sämtliche Fahrzeuge bestehen scheinbar nur aus ein paar Dutzend Polygonen ohne jegliche Details, die Umgebungen bieten nichts, aber auch gar nichts Aufregendes, und das Wort »Effekte« existiert einfach nicht. Dass man durch bekannte Städte fährt, merkt man nur an den integrierten Touristenattraktionen wie dem Münchner Olympiastadion oder dem Brandenburger Tor in Berlin, das war’s allerdings auch schon mit der Realitätsnähe.  

Wenn es doch wenigstens rasant wäre – aber nein! Der Tacho zeigt zwar 240, die gefühlte Geschwindigkeit zuckelt allerdings etwa bei 70 Stundenkilometern daher.

Mit Vollgas durchs Brandenburger Tor: Der Turbo bringt einen Hauch von Rasanz ins Spiel.
Schneller wird es nur mit dem regenerierbaren Turbo, der eurer Mühle kurzzeitig Chili in den Auspuff jagt, und damit wenigstens etwas Dynamik entfesselt. Theoretisch existiert auch ein Schadensmodell - jedenfalls bewirken Rempler oder das nähere Kennenlernen einer soliden Wand das Auffüllen einer entsprechenden Anzeige. Aber weder wirkt sich das optisch noch spielerisch auf euer Fahren aus; außerdem könnt ihr die Karre im Flug durch das Aufsammeln entsprechender Symbole reparieren. Bleiben noch die hohlen Gegner, die kein Überholen, sondern nur Rammen kennen, sowie die Polizei, die nur gelegentlich Lust zur Verfolgung hat, und sich lieber einen Spaß daraus macht, mehrere Runden lang vor euch her zu fahren – wohl um den störenden Zivilverkehr aus der Bahn zu scheuchen.

Rave On!

Wer bis hierhin noch nicht die Lust am Autobahn-Rasen verloren hat, sei noch auf den Aufsehen erregenden Sound hingewiesen: Ihr habt pro Stadt genau einen Song. Diesen hört ihr also immer und immer und immer wieder, bis ihr alle Missionen gemeistert habt, und damit in eine neue Metropole wechselt, wo das gleiche Spiel von vorne anfängt.

Die Polizei, Dein Freund und Opfer: Hiesige Gesetzeshüter sind nicht viel mehr als grün-weiße Zivilfahrzeuge.
Wer eine Allergie gegen Techno-Stampeden hat, sollte die Musik also besser leise drehen, denn euch wummert u.a. ein Werk von Scooter entgegen – passenderweise in Berlin, der Hochburg der alljährlichen Massenbedröhnung. Wer daraufhin die Flucht ins Hauptmenü antritt, findet dort allerlei Informationen zum Film inkl. Darstellerinfos, sowie einigen teils erst freizuspielenden Trailern. Die Steuerung komplettiert das Desaster: Ihr könnt nicht etwa die Tasten selbst belegen, sondern dürft lediglich unter drei fertigen Mustern wählen – was zur Folge hat, dass ihr beispielsweise mit den Pfeiltasten lenken, und mit der rechten Shift-Taste den Nitro zünden müsst. Schafft ihr einen Highscore, könnt ihr euren Namen nicht etwa eintippen, sondern müsst die Buchstaben aus einer Scroll-Liste herausfummeln.  

Fazit

Tja. Hm. Resignation macht sich breit. Wo soll man da nur anfangen? Die Serie wird den Trash-Stempel vermutlich nie los. Allerdings sehe ich auch nicht, dass man sich bemüht, den Zustand irgendwie zu verbessern. Offensichtlich haben die Entwickler dieses mal in Richtung der NFS-Serie geschielt, das Polizei-Raser-Wechsel-Spielchen kam mir jedenfalls bekannt vor. Doch so löblich dieser Ansatz ist, so kläglich ist er in die Hose gegangen: Optik, Steuerung und Spielgefühl sind viertklassig, der Soundtrack lässt mir teilweise das Blut aus den Ohren schießen. Den Vergleich mit Edelrasern der Marke Midnight Club 2 oder NFS Underground sollte man sich aus Zwerchfell-Schonungsgründen besser sparen, und vom Geld lieber einige Runden auf dem Karussell drehen – da ist das Fahrgefühl realistischer.

Pro

preiswert
etwas Bonusmaterial
allerhand Fahrzeuge freizuspielen
gewisser Trash-Reiz
sehr simples Fahrmodell

Kontra

extrem detailarme Grafik
geographischer Humbug
schwammige Steuerung
schlimmer Soundtrack
nur ein Song pro Stadt
sehr abwechslungsarm
dürftiger Mehrspielermodus
nicht veränderbare Steuerung
praktisch nicht vorhandenes Fahrgefühl
hohle Gegner

Wertung

PC

Langweiliges und überflüssiges Möchtegern-Rennspiel.

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