Act of War24.03.2005, Bodo Naser
Act of War

Im Test:

Nicht nur in der realen Welt, sondern auch in Ataris neuem Echtzeit-Strategiespiel Act of War (ab 4,97€ bei kaufen) kostet das Barrel Öl mit jedem Tag mehr. Terroristen versuchen durch gezielte Attacken, die brenzlige Lage zusätzlich anzuheizen - ein Horror-Szenario, das durchaus eines nicht allzu fernen Tages Realität werden könnte. Die Story ist es, die das Spiel von Eugen Systems dem Klassiker Command & Conquer: Generäle voraus hat. Ob es die Konkurrenz auch spielerisch schlägt, erfahrt ihr im Test.

Urban Warfare

Vor dem Buckingham Palace, in den Bankenvierteln New Yorks oder sogar mitten im Washingtoner Regierungsviertel tobt ein hochmoderner Krieg,

In fast jeder Mission kämpft ihr irgendwann auch in den Straßen einer Stadt, wo einiges zu Bruch geht.
 der die Straßen der Metropolen in rauchende Schlachtfelder verwandelt. Drei Konfliktparteien gibt es: Die Antiterroreinheit Taskforce Talon geht unter Schützenhilfe der US-Army gegen mysteriöse Terroristen vor, die stets bestens ausgerüstet sind und scheinbar vor nichts zurückschrecken. Ziel der exakt geplanten Terroranschläge ist es, ein Klima der Angst zu erzeugen, um den Ölpreis dauerhaft in die Höhe zu treiben. Aber wer steckt hinter den Attacken?

Nach dem 11. September 2001 erscheint leider vieles möglich, was zuvor noch als pure Fiktion abgetan wurde. Sogar die ziemlich dick aufgetragene Geschichte, die Act of War erzählt und die aus der Feder von US-Autor Dale Brown stammt, der vor allem in den USA für seine vielen Militärromane bekannt ist. Allerdings ist es wohl kaum wahrscheinlich, dass echte Bin Ladens über ein derartiges Arsenal schwerer Waffen verfügen wie das Konsortium im Spiel. Aber das nennt man wohl künstlerische Freiheit.

Die Terroristen fahren mitten in Washington schweres Geschütz auf.
Voller Action ist die Geschichte jedoch allemal, die fortlaufend durch Filmsequenzen weitererzählt wird.

Kampagne mit Spezialeinheit

In der 33 Missionen umfassenden Kampagne dürft ihr vorsorglich nur die Guten spielen, so dass ihr gar nicht in Verlegenheit kommt, auch unschuldige Zivilisten attackieren zu müssen. Entscheidet ihr euch für den Feldzug, führt euch das direkt in die libysche Wüste: Euer erster Auftrag ist es, mit einer Hand voll Männern der Taskforce Talon einen General festzunehmen, was noch recht simpel ist. Ein schriftliches Geheimdienst-Dossier, das nicht immer ganz übersetzt ist, ersetzt das Tutorial. Drei Schwierigkeitsgrade sind wählbar, die ihr vor jeder Mission ändern könnt. Später werden die Aufträge umfangreicher, sie verlieren sich allerdings zusehends im ermüdenden Hin und Her des Straßenkampfes.                       

Realistische Waffen

Die Guten sind mit einem an die US-Armee erinnernden Waffenarsenal ausgerüstet:

Ein Rudel Kampfhubschrauber wartet auf seinen Einsatz.
Ein Bradley-Schützenpanzer kommt hier ebenso vor wie ein Apache-Hubschrauber oder eine Paladin-Panzerhaubitze. Wer auch mal die eher blass bleibenden Terroristen spielen möchte, muss sich für eines der 18 zusätzlichen Schlachtfelder entscheiden, denn nur dort sind auch sie spielbar. Deren Waffenarsenal hat einen russischen Einschlag, aber auch französische Waffen, geklaute Prototypen und futuristische Tarnsysteme kommen vor. Die Waffen orientieren sich an realen Vorbildern, entsprechen aber auch dem, was in der Zukunft sein könnte. Die Taskforce verfügt über allerhand Spezialgerät, wozu sogar Spionagedrohnen zählen.

Altbekanntes Gameplay

Als Missionstypen existieren lediglich das Gefecht mit einer vorgegebenen Anzahl von Kämpfern sowie der Aufbau einer Basis, der für ein Echtzeit-Strategiespiel nur allzu typisch vonstatten geht.  Wie zu den seligen Zeiten von GDI und NOD errichtet ihr Gebäude wie Kaserne, Heliport oder Krankenhaus, die alle einzig dem Aufbau einer schlagkräftigen Armee dienen. Mittels spezieller technologischer Ausbauten könnt ihr die Kampfkraft eurer Soldaten steigern. Schützen könnt ihr das Lager mit Verteidigungstürmen aller Art und Sandsackstellungen, die bemannt werden. Einzig innovative Ausnahme bleibt das Ressourcensystem, da ihr auf drei verschiedenen Wegen an Geld kommt: Förderung von Öl, Anzapfen einer Bank oder einfach durch Gefangennahme von sich ergebenden Feinden.

Im Einzugsbereich eines Sanitätshelis werden eure Soldaten geheilt.
Die Antiterrormissionen sind hingegen zu einfach, so dass ihr sie fast im Vorbeigehen erledigen könnt.

Komfortabel zu bedienen

Viele Abläufe sind automatisiert, was die Führung eurer Armee enorm vereinfacht, die im explosiven Gewusel ohnehin schon schwierig genug ist. So müsst ihr Tanklaster nicht erst umständlich einweisen, denn sie fahren von ganz alleine zum Bohrturm. Angeschlagene Fahrzeuge müssen nur Hilfe anfordern, schon werden sie zum Reparieren transportiert.

Mit Baufahrzeugen funktioniert das aber leider nicht. Vieles wie auch der Sanitätsdienst läuft mit Hubschraubern ab. Verwirrend: Leider sind auf den Minikarten die Richtungen falsch eingezeichnet, so dass im Gegensatz zur oberen Karte im Spiel eine andere Richtung exisitiert. Praktisch: Klickt ihr eine Einheit zwei Mal an, werden alle Einheiten dieses Typs ausgewählt.              

Fordernde KI

Die recht passiv wirkenden Gegner der Kampagne, die sich zunächst nur streng nach vorgegebenem Skript fortbewegen,

Wer die Banken immer hübsch besetzt hält, bei dem fließt auch der Zaster weiter.
 täuschen darüber hinweg, dass die KI in den restlichen Szenarien höchst aggressiv vorgeht. Hier versuchen die Feinde z.B. frühzeitig, die raren Rohstoffquellen zu erschließen, so dass ihr dabei oft das Nachsehen habt. Ihre Aggressivität könnt ihr aber per Einstellen des Schwierigkeitsgrads justieren. So entstehen fordernde Gefechte für jeden Geschmack, bei denen ihr oft schon auf mittlerer Stufe schnell vernichtet seid. Auch die KI der eigenen Truppen kann sich sehen lassen, da sie etwa selbsttätig das Feuer auf Feinde eröffnen, die ihren Sichtkreis betreten.

Taktisch eher simpel

Abgesehen davon, die vielen Straßenschluchten für zeitgleiche Angriffe auf verschiedene Ziele zu nutzen, sind die taktischen Möglichkeiten eher bescheiden. Ihr könnt aber Hinterhalte legen, indem ihr Infanteristen im Wald oder in Gebäuden versteckt. Befehlt ihr ihnen, sich hinzulegen, werden sie so gut wie unsichtbar. Rückt nun der Feind an, attackieren sie ihn aus dem Hinterhalt, was oft großen Schaden verursacht. Einige Einheiten können diese jedoch enttarnen. Und sei die gesammelte Erfahrung auch noch so groß, jede Einheit findet in einer anderen ihren Meister! Das altbekannte Blatt-Stein-Schere gilt also auch hier:

Wer nicht aufpasst, kann in unübersichtlichem Gelände leicht in einen Hinterhalt geraten. Jeeps können den Feind enttarnen.
Ein Raketenschütze ist gut gegen Fahrzeuge, wird aber von der Infanterie schnell beseitigt.

Multiplayer

Auch zu mehreren machen die für bis zu acht Mitspieler ausgelegten Schlachten Spaß, da schnell ein hitziger Run auf die knappen Rohstoffe Öl und Banken entbrennt. Ihr könnt per LAN oder im Internet gegeneinander antreten, wobei ihr auch Teams bilden könnt.

Vieles läuft bei den drei spielbaren Konfliktparteien etwas anders, aber nicht so, dass sie sich elementar unterscheiden würden. Jede Partei hat ihre speziellen Vor- und Nachteile: So verwendet die Taskforce Talon modernste Waffentechnologie, es fehlt ihr aber an Durchschlagskraft. Ausgeglichener zeigen sich das Konsortium und die US-Armee.

             

Massig Filme

Bei Act of War existieren gleich drei Arten von Filmsequenzen: Die mit realen Schauspielern, solche in Spielgrafik und gerenderte Szenen.

Die Filmszenen mit realen Schauspielern können sich sehen lassen.  
 Leider überzeugen die Abschnitte in Spielgrafik nicht immer ganz, was etwa Massenszenen mit vielen Panzern unglaubwürdig macht. Für Auflockerung während der Kampagne sorgen die gerenderten Filmschnipsel, welche in einem kleinen Fenster ablaufen. Sie zeigen etwa, wenn ihr ein Gebäude stürmt. Die aufwändig gemachten Filmszenen sind mit professionellen Schauspielern gedreht, umfassen insgesamt ca. 45 Minuten und suchen im Genre ihresgleichen. Ihr Niveau bewegt sich in etwa auf der Höhe einer TV-Serie. Eine deutsche Sprachausgabe sorgt auch bei Leuten, die kein Englisch können, für das nötige Verständnis. Auch während der Missionen erklingt professionell aufgenommene Sprache. Allerdings haben im englischen Original die Stimmen weit besser zu den Charakteren gepasst.

Eindrückliche Grafik

Natürlich ist die 3D-Darstellung besser als bei Command & Conquer: Generäle , das ja schon zwei Jahre auf dem Buckel hat. Sie verfügt über überzeugende Effekte, besitzt weit mehr Details und sieht insgesamt viel realistischer aus. Das gilt für Personen und Fahrzeuge genauso wie für berühmte Monumente wie etwa das vorkommende US-Capitol. Jedoch ist auch diese prächtige Darstellung nicht frei von Mängeln. Zoomt ihr bequem und stufenfrei ganz nah ran, sieht die Grafik gleich nicht mehr so toll aus und ihr stellt fest, dass sich etwa die Charaktermodelle in einer Menschenmenge wiederholen. Außerdem dürft ihr trotz vieler Explosionen nicht wie versprochen alles kaputtmachen, sondern nur das, was als feindlich angezeigt wird. So ist es z.B. nicht möglich, auf eigene Truppen und Gebäude zu feuern. Wenn eure Panzer lostuckern, gerät aber schon mal ein Baum oder Mast unter ihre Ketten, was Spuren hinterlässt.

           

Fazit

Obwohl sich die beiden Echtzeit-Strategiespiel doch sehr ähneln, macht Act of War manches besser, was bei Command & Conquer: Generäle noch nicht optimal war. Dazu zählt sicher die Terroristen-Story, von der das Spielgeschehen während der Kampagne durch Filme nahezu perfekt umrahmt wird. Das Spiel von Eugen Systems ist ohne Zweifel sehr gut gemacht und die Gefechte haben ihren Reiz, auch wenn die actionreich dargestellten Straßenschlachten immer recht ähnlich ablaufen und der Häuserkampf oft zu einfach ist. Außerdem kommen Waffen, Gebäude und Umgebung eine Spur realistischer rüber als noch beim Klassiker von EA. Dennoch fehlt zum ganz großen Wurf das, was man gemeinhin Innovation nennt. Das Gameplay ist leider viel zu sehr dem verhaftet, was ihr aus anderen Echtzeit-Strategiespielen schon kennt. Dafür reicht es auch nicht, dass das Ressourcensystem außergewöhnlich ist. Im Jahr 2005 ist das einfach ein bisschen zu wenig für ein Spitzenspiel, weshalb es auch im weiteren Verlauf nicht mehr so zieht wie noch am Anfang. Insgesamt bleibt Act of War dennoch ein toll aufgemachter Spaß, der durchaus Erinnerungen an die Schlachten zwischen GDI und NOD aufkommen lässt. Das Spiel setzt dabei allerdings voll auf explosive Unterhaltung und weniger aufs kluge Taktieren.

Pro

ellenlange Kampagne
spannende Militär-Story
gute Gegner-KI
an Realität orientierte Waffen
Hinterhalte legen
Einheiten gewinnen an Erfahrung
witzige Ressourcenbeschaffung
durchdachte Bedienung
kinoreife Filmsequenzen
explosive 3D-Szenerie
deutsche Sprachausgabe

Kontra

altbekanntes Gameplay
keine Innovationen
passive Gegner in der Kampagne
Antiterroraufträge zu simpel
Missionen verlieren an Fahrt
Szenario nicht immer glaubwürdig
aus der Nähe unschöne Einheiten
nicht alles kaputtmachen
Richtung der Minikarte falsch
Texte teilweise nicht übersetzt
kein Tutorial

Wertung

PC

Die Macher des Strategiespiels brennen ein effektvoll inszeniertes 3D-Feuerwerk ab, das leider wenig Neues bringt.

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