Giants15.12.2000, Jörg Luibl
Giants

Im Test:

Interplay pflückt die Spiele-Awards in diesem Jahr wie reife Pflaumen: Ob Baldurs Gate 2 oder Sacrifice, auch die 4Players-Redaktion war begeistert und belohnte die Ausnahmespiele mit dem Platin-Award. Jetzt schickt Interplay mit Giants ein 3D-Actionspiel in die Arena, das in den USA mit zahlreichen Awards ausgezeichnet und bereits als Spiel des Jahres gehandelt wird. Ob wir uns der Begeisterung anschließen, erfahrt Ihr in unserem Test!

Interplay pflückt die Spiele-Awards in diesem Jahr wie reife Pflaumen: Ob Baldurs Gate 2 oder Sacrifice, auch die 4Players-Redaktion war begeistert und belohnte die Ausnahmespiele mit dem Platin-Award. Jetzt schickt Interplay mit Giants ein 3D-Actionspiel in die Arena, das in den USA mit zahlreichen Awards ausgezeichnet und bereits als Spiel des Jahres gehandelt wird. Und im Gegensatz zu den US-Gamern darf sich der deutsche Käufer über die Uncut-Version freuen: Monster hinterlassen kein grünes, sondern kirschfarbenes Blut, und Schönheit Delphi zeigt Euch die blanken Brüste! Ob wir uns der Begeisterung anschließen, erfahrt Ihr in unserem Test!

Story

Am Anfang war eine im All rotierende, in allen erdenklichen Farben erstrahlende Insel. Und dann - hatten die Entwickler keine Lust mehr auf episches Geschwätz und präsentierten den geschockten Ureinwohnern, "Smarties" genannt, den fürchterlichen Riesen Kabuto, die magiebegabte Delphi aus dem Volk der Sea-Reapers und die schießwütigen Meccs. Giants nimmt die eigene Story nicht so ernst, und versucht die 3D-Action mit witzigen In-Game-Filmen zu würzen, die sich der Grafik-Engine bedienen.

Gameplay

Giants ist zwar schwer in eine Kategorie zu packen, aber "taktisch angehauchte Fun-Action mit unkompliziertem Ressourcen-Management" dürfte wohl treffen. Im Spiel kann man zwischen der 1st-Person- und 3rd-Person-Perspektive wechseln, wobei sich erstere noch am leichtesten spielt. Außerdem kann man seine Kreatur(en) mit diversen Kameraperspektiven beobachten; die "Kabuto-Cam" ermöglicht sogar die Sicht aus dem nicht gerade kleinen Maul des Riesen. Es gibt eine sehr lange Singleplayer-Kampagne und natürlich eine Multiplayer-Variante. Zwei Faktoren stören leider schon zu Beginn: Man kann während des Einzelspiels nicht innerhalb der Missionen speichern (was ein kommender Patch allerdings beheben soll), und Ihr müsst mit den Meccs zu beginnen - eigentlich unverständlich, denn die freie Wahl hätte die Motivation um einiges erhöht.

Das leicht verinnerlichte Ressourcen-Management beschränkt sich auf die "Smarties", die man als Arbeiter braucht, und die in Herden durch die Landschaft ziehenden Vimps, die als Nahrungsquelle dienen. Neben den braven "Smarties" werden Euch auch einige feindliche Kreaturen begegnen: die raupenartigen Ripper, die Henchman (Bodyguards der Sea-Reaper), wildschweinartige Charger, die Verms-Fledermäuse oder die riesigen Somaks, Transporttiere der Henchman, die Euch mit Schockwellen angreifen und dabei die ganze Landschaft mit spektakulären Bodenwellen überziehen.

Wenn man sich mit den Fähigkeiten der gewählten Kreatur vertraut gemacht hat, beginnt der unkomplizierte Action-Spaß: Mit den Meccs ballert man sich durch die knallbunte Landschaft, während rechts und links Ripper aus dem Boden brechen und entweder Energiebälle feuern oder mit Tentakeln nach Euch greifen. Erlegte Monster hinterlassen meist Medi-Packs, die Eure angeschlagene Gesundheit wieder auffrischen. Giants bietet anfangs recht einfache Missionen, aber spätestens nach der dritten steigt der Schwierigkeitsgrad erheblich an.

Jede Einheit benötigt gewisse Ressourcen, um zu Kraft und Macht zu gelangen: Kabuto stillt seinen Hunger z.B. mit den straußähnlichen Vimps. Die "Smarties" helfen beim Aufbau des eigen Hauptquartiers, verkaufen in ihren Shops Waffen, Zauber und diverse Items. Die Art der angebotenen Gegenstände richtet sich danach, wer gerade ihr Herr und Meister ist. Kabuto hat z.B. kein Hauptquartier -er ist sein eigenes. Giants hat zwar auch Aufbau-Elemente, wie Hauptquartier und Ressourcen, doch das Hauptaugenmerk liegt auf der bunten 3D-Action. Das Entscheidende an Giants ist dabei die Unterschiedlichkeit der drei wählbaren Einheiten: Meccaryns (Meccs), Kabuto und Delphi (Sea-Reaper).

Meccs

Vetrieben von ihrem Urlaubsplaneten Majorca, suchen die Meccs ihr Glück auf der Insel. Alle Shooter-Fans, die mal Lust auf eine buntere und weniger ernsthafte Version des Genres haben, dürften mit den Meccs ihren Spaß haben. Die Spezialeinheit ist mit allem ausgestattet, was das Shooter-Herz begehrt: Nach der mickrigen Laser-Gun erhält man ein schon furchteinflößenderes Gewehr, eine hülsenfressende Maschinenpistole oder das tödliche Sniper-Gewehr mit Zoomfunktion - Kopf und Rumpf Eurer Gegner verabschieden sich bei einem Treffer ziemlich schnell. Hinzu kommen eine Menge Items, wie Granaten, Minen oder heilende Injektionen. Zu den Highlights gehören die verschieden Packs: Das unverzichtbare Jet-Pack ist z.B. eine Art Raketenantrieb zur Überwindung von steilen Klippen und weiten Abgründen; oder das Busch-Pack, das die Meccs für kurze Zeit mit einer Busch-Tarnung vor den Blicken feindlicher Sniper-Schützen bewahrt. Meccs brauchen die "Smarties", um ihr Hauptquartier, Verteidigungsanlagen und Waffenshops zu bauen. Damit die kleinen Arbeiter mit den riesigen Köpfen auch motiviert sind, füttern die Meccs sie mit Vimp-Fleisch.

Kabuto

Kabuto, eigentlich ein missglücktes Experiment der Sea-Reaper, ist eine laufende Kampfmaschine, der mit seinen Tritten ganze Dörfer einstampft und seine Feinde mit ohrenbetäubendem Gebrüll zu zitternden Jammerlappen macht. Seine Waffe ist sein Körper, und auf rauchende Colts und Feuerbälle antwortet der Riese mit diversen Wrestling-Moves: Elbow-Drop und Body-Slam dürften allen WWF-Kennern vertraute Begriffe sein. Hat Kabuto einen Gem-Stein parat, kann er sogar das Sonnenlicht bündeln und seine Feinde brutzeln. Außerdem kann er seinen Adrenalin-Spiegel steigern um mächtigere Moves auszuführen, oder aus allen möglichen Gegenständen und Kreaturen Wurfgeschosse "basteln": einfach mit der rechten Maustaste danach greifen und werfen. Wer Kabuto ärgern will, sollte sein Fresschen, die Vimp-Heerden, mit Mecc-Waffen vernichten oder mit Delphis Wirbelstürmen außer Reichweite bringen. Aus den gefressenen Smarties kann Kabuto Mini-Kreaturen erschaffen, die mit ihm kämpfen.

Delphi

Delphi ist die mit Traummaßen versehene Tochter der Sea-Reaper-Göttin. Im Gegensatz zu den Feuerwaffen der Meccs oder der puren Gewalt Kabutos, setzt Delphi auf klassische Waffen wie Schwert und Bogen, der sie auch auf weite Distanz zum gefährlichen Gegner macht. Doch ihre eigentliche Macht beruht auf den mächtigen Zaubersprüchen: Der Teleport-Spruch bringt die Schönheit in Sicherheit und hinterlässt den Feinden täuschend echte Kopien ihrer selbst. Mit "Verlangsamen" macht sie aus schnellen Angreifern armselige Kriecher. Zum Repertoire der Sea-Reaper gehört außerdem ein Jetski-Fahrzeug, mit dem man einige Level bestreiten kann. Die Sea-Reaper locken die "Smarties" mit magischen Blasen in die Nähe der See, um hier Stützpunkte zu bauen; Vimp-Seelen verschaffen Delphie die nötige Energie für Zaubersprüche und Kämpfe.

Multiplayer

Zwei Varianten stehen zur Auswahl: Death-Match oder Capture-the-Smartie. Hier dürft Ihr Euch -endlich- eine der drei Einheiten auswählen und in verschiedenen Spielwelten gegeneinander antreten. Die Spielbalance ist dabei jedes Mal anders gewichtet: Je nach Wahl der Landschaft, flach oder bergig, stehen Euch verschiedene Ressourcen und taktische Möglichkeiten offen. Kabuto spielt sich am besten auf die brachiale Weise, während die Meccs als Waffen- und Aufbauspezialisten wohl die vielseitigsten Taktiken ermöglichen. Delphi kann vor allem die Ressourcen ihrer Gegner außer Reichweite bringen und auf Distanz überzeugen. Dank der grundverschiedenen Einheiten und der taktsichen Freiheit sorgt Giants gerade im Multiplayer-Modus für großen Spielspaß.

Grafik/Sound

Das coole Spieldesign von Giants ist wahrscheinlich entstanden, nachdem die Entwickler tonnenweise Comicfilme und japanische Monstermovies -Kabuto und Godzilla wären gute Freunde- konsumiert haben. Wirklich atemberaubend ist die Grafik in der Tiefenperspektive - Besitzer eines 21"-Monitors können das Ganze in 1600x1200dpi und 32bit bestaunen: Es gibt bisher wohl keine realistischere Darstellung des Meeres, das sich, mit leichten Wellenbewegungen, in einem Mix aus hellblauen und türkisfarbenen Spiegeleffekten der Küste nähert. Zusammen mit den hervorragenden Lichteffekten zaubert die Grafikengine ein Südsee-Panorama, das zum Strandurlaub einlädt und sogar die 3D-Action für kurze Zeit vergessen lässt. In der Weite liegt die absolute Stärke der Giants-Grafik, denn auch der Himmel und die herrlich strahlende Sonne -man sollte sie besser nicht mit der Zoomfunktion betrachten- können auf ganzer Linie überzeugen. Hinzu kommen tolle Lens-Flare-Effekte, die gerade die Baller-Orgien mit den Meccs eindrucksvoll unterstützen.

Leider hält sich die anfängliche Begeisterung durch einige Fehler dann doch in Grenzen: Lag die Stärke von Giants noch in der Tiefenperspektive und der Weite, offenbaren sich auffällige Schwächen im Detail und auf kurzer Distanz. Sacrifice verwöhnte das Auge mit abgerundeten Hügeln und Klippen, während Giants von einer eher kantigen Landschaft mit teilweise spitzen Bergen und regelrecht scharfen Übergängen gekennzeichnet ist. Nähert man sich einer von weiten noch ansehnlichen Anhöhe, zeigen sich auf kurzer Distanz unansehnliche Texturbrocken. Außerdem scheinen die Entwickler auf Light-Maps verzichtet zu haben, denn die Schatten sind nicht dynamisch und stimmen teilweise nicht mit dem Sonnenstand überein.

Auch die Qualität des Intros und der vielen Zwischensequenzen ist eher durchschnittlich -selbst wenn die Texturen der Figuren recht detailliert und ansprechend sind: grobe Grafik im Hintergrund, Ecken und Kanten sowie grelle Farben dürften nicht jedermanns Sache sein. Trotzdem können diese Details nicht den optisch faszinierenden Gesamteindruck schmälern. Noch etwas Positives zum Schluss: Hintergrundmusik und Sound-Effekte sind unaufdringlich und absolut stimmungsvoll gestaltet.Höchstnoten werden zwar nicht erreicht, aber die Grafik-Pracht wird akustisch optimal ergänzt.

Fazit

Giants war auf den ersten Blick grafisch atemberaubend und spieltechnisch faszinierend. Am Ende bleibt jedoch ein zwiespältiger Eindruck: Das innovative Spielprinzip und die ungezwungene Fun-Action auf der kunterbunten Insel können vollends überzeugen. Und die taktischen Möglichkeiten bieten aufgrund der total verschiedenen Kreaturen langanhaltenden Spielspaß; auch die Grafik ist in der Tiefe eine reine Pracht. Doch irgendwie wirkt Giants im Vergleich zum absolut überzeugenden Sacrifice nicht ganz ausgereift: Bei den Grafik-Details wurde teilweise geschludert, und das fantastische Gameplay wird durch Frust fördernde Optionen gestört: Warum darf ich nicht überall speichern, sondern nur nach absolviertem Level? Und warum muss ich mit den Meccs anfangen? Immerhin hat Virgin Interactive bereits zwei Patches angekündigt: Der erste soll die Multiplayer-Stabilität erhöhen, und der zweite soll eine allzeit verfügbare Speicherfunktion integrieren. Giants ist trotz der angesprochenen Mängel ein empfehlenswertes Spiel, ideal für Fans schneller Action in opulenter Grafik.

Wertung

PC

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