Alice12.12.2000,
Alice

Im Test:

Die neue PC-Version von Lewis Carrolls Erzählung "Alice im Wunderland" macht die Titelheldin zum Action-Girlie, das eine groteske Fantasiewelt aufmischt - wahrlich kein Kinderkram! Ob der bizarre Mix aus Märchen und Splatter-Action für Spielspaß sorgt, erfahrt Ihr in unserem Test!

Die neue PC-Version von Lewis Carrolls Erzählung "Alice im Wunderland" macht die Titelheldin zum Action-Girlie, das eine groteske Fantasiewelt aufmischt - wahrlich kein Kinderkram! Bereits das Handbuch und Renderintro besiegeln hier das weitere Schicksal von Alice.

Story

Nach ihrem Ausflug ins Wunderland findet sich das bezaubernde Mädl als psychotisches Teufelchen in einer Nervenheilanstalt wieder. "Sie lebt in einer Welt voller Gewalt, Terror und Blutvergießen", notiert der behandelnde Arzt in seinem Tagebuch - nicht gerade die Märchenprinzessin, die man aus Disneys niedlich-buntem Zeichentrickfilm kennt... Was mag unserer Heldin nur im Reich der Fantasie zugestoßen sein?

Um das herauszufinden, muss Alice erneut ins Wunderland. Diesmal entsprang es allerdings der makaberen Gedankenwelt von Projektleiter American McGee, der die Buchvorlage des britischen Schriftstellers Lewis Carrol in eine wahre Actionorgie verwandelte. Sämtliche Figuren sind grotesk überzeichnet, man wähnt sich in einem virtuellen Horrorkabinett, das sich nur lose an der originalen Erzählung orientiert: Alice folgt einem weißen Kaninchen hinab in das düstere Dorf der Verdammung. Kurz gesagt ist das neue Actiongame von Rogue und Electronis Arts nichts für Leute mit schwache Nerven und gehört auf jeden Fall nicht in eine Kinderstube!

Gameplay

Im gegnerfreien Raum absolviert der Spieler zunächst einige Übungen in Sachen Laufen, Springen und Klettern, um für das unglaublich abwechslungsreiche Gameplay gewappnet zu sein. Es folgt ein Mix aus Kämpfen gegen Kartenmännchen, Geister, Fischmenschen oder Feuerkobolde, der wagemutigen Überquerung schwankender Plattformen oder versinkender Inseln sowie intelligent mit dem Gameplay verwobener Knobeleien. Meist basieren die Rätsel auf der konventionellen Methode "Schalter, Schlüssel, Tor", aber gelegentlich warten auch nette Akustik-Logeleien oder Ähnliches.

Entscheidend für den Fortgang der Handlung ist darüber hinaus Dialogbereitschaft. Die Gespräche beginnen automatisch, man kann also nichts verpassen. Erst von Verbündeten erfährt Alice nämlich wohin die Reise weitergeht, welche Gegenstände sie zur Lösung von Puzzles braucht, woher sie diese bekommen kann oder wem sie dafür einen Gefallen schuldet. Der Marsch durch die fünf Kapitel des digitalen Wunderlands ist oft spannend und immer unterhaltsam - dank einem Dutzend optisch recht unterschiedlicher Szenarien auch für das Auge.

Alice besucht den Pilzwald und reitet im Reich der Tränen auf einer Schildkröte über das Wasser, sie irrt durch die Welt der Spiegel und beweist im Schachbrett-Schloss ihre Geschicklichkeit auf beweglichen Böden. Außerdem gibt es noch das lustige Irrenhaus, wo die Schergen des wahnwitzigen Hutmachers geplättet werden. Oder den Ameisenbau, wo eine geschrumpfte Heldin gegen allerlei Ungeziefer ankämpft, per Katapult-Schwammerl gähnende Abgründe überwindet und à la Indiana Jones vor einem rollenden Felsen flüchtet. Last but not least gilt es natürlich, das Territorium der Herzenkönigin zu erbobern.

Ihren vielfältigen Gegnern kommt Alice mit zehn Waffen bei. Das schnell gefundene Messer eignet sich für Nahkämpfe und als Wurfgerät auf mittlere Entfernungen: Ist das Opfer über die Klinge gesprungen, kehrt der Dolch binnen Sekunden automatisch zu seiner Besitzerin zurück. Ebenso praktisch, aber viel origineller ist das Schachtelteufelchen, welches wie eine Granate gehandhabt wird - ein Feuerball vernichtet alles Leben im näheren Umkreis. Irre sind auch die drei Teufelswürfel, welche je nach geworfener Zahl unterschiedliche Dämonen herbeizitieren.

Nicht wirklich eine Waffe, aber äußerst hilfreich ist darüber hinaus eine Uhr, die vorübergehend die Zeit anhält und so eine gefahrlose Flucht aus prekären Situationen ermöglicht. Bei so ziemlich allen Wummen funktioniert das Zielsystem beispielhaft gut, dank Primär- und Sekundärfunktionen sind sie vielseitig und intelligent einsetzbar. Das passt zu einem Leveldesign, wo selbst die komplexesten Katakomben derart überschaubar gestaltet sind, dass man sich kaum je verlaufen kann.

Auch unfairen Angriffen setzen die Entwickler ihre Heldin nur selten aus: Endgegner mögen übermächtig erscheinen, beugen sich aber zuverlässig der richtigen Taktik und Waffe. Um im Wunderland endgültig alle Unklarheiten zu beseitigen, hat Rogue der Protagonistin noch zwei alte Bekannte zur Seite gestellt, die sich von selbst oder auf Abruf mit kessen Sprüchen zu Wort melden: Das weiße Karnickel und die Grinsekatze; beide mit derart blutunterlaufenen Augen, als kämen sie frisch aus dem Zombie-Tierheim.

Die Steuerung selbst gibt erst recht keine Rätsel auf; man kennt das Handling aus gängigen Shootern. Speicherstände stehen jederzeit und in unbegrenzter Menge zur Verfügung, gelegentlich wird man jedoch an den Levelanfang zurückversetzt - zu einfach wollten es die Designer dann wohl doch nicht machen.

Grafik/Sound

Einfach hat es zumindest der Rechner generell nicht, denn die überwältigende Optik aus der anspruchsvollen Quake3-Engine benötigt zumindest einen PIII/400 Mhz mit 128 MB RAM und adäquater 3D-Grafikkarte für rundum flüssigen Spielablauf. Dafür gibt es dann auch astreine Animationen und eine Polygonumgebung, die sich nahezu ohne Ecken und Kanten präsentiert. Alles wirkt rund, aber nicht unbedingt bunt. Tolles Licht und einige herausragende Effekte mach das Game zu einer wahren Augenweide. Man kann wählen zwischen 16 und 32-bit Farbtiefe, aber leider wird Direct 3D nicht optimal unterstützt - desto mehr OpenGL. Für 3D-Brillen ist das Programm ungeeignet. Ähnlich gelungen ist der Sound: Klasse Synchronstimmen, atmosphärische Soundeffekte und wechselnde Begleitmusik garantieren wohlige Schauerstunden. Beim Sound wird alles unterstützt von Dolby über A3D bis hin zu EAX ist alles vorhanden. Das Spiel ist voll DirectX 8 kompatibel.

Fazit

Onkel Disney mag im Grab rotieren, doch wer auf skurrilen Humor steht, muss von diesem abgefahrenen Szenario einfach begeistert sein! Aber auch die fordernde und wunderbar in die Story eingebundenen Rätsel, die originellen Charaktere und die damit kontrastierende, schwarzhumorige Action machen aus Alice ein Spielvergnügen der bizarren Sorte. Einfach eine unbeschreibliche Atmosphäre! Für ca. 90.-DM eine lohnenswerte Anschaffung, für absolut jeden "Action-Freak" geeignet!

Spielbare Demo ca. 80 MB

Wertung

PC

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