Age of Conan: Unchained05.06.2008, Mathias Oertel
Age of Conan: Unchained

Im Test:

Wenn es eine Fantasy-Figur gibt, die sinnbildlich für erwachsene Fantasy mit eher geringerem Anspruch steht, ist es der von Robert E. Howard entwickelte Conan. Verfilmt mit Arnold Schwarzenegger, mit wechselndem Erfolg in den letzten Jahren von THQ und TDK als Soloabenteuer versoftet, ist nun im hohen Norden bei Funcom ein Online-Rollenspiel rund um das cimmerische Universum entstanden. Doch reichen Sex, Gewalt und ein interessantes Kampfsystem aus, um dem Barbaren Erfolg zu bescheren?

Die Zeitfrage

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um zu einem Online-Rollenspiel einen Test zu schreiben? Wenn man mindestens vier hochstufige Charaktere hat? Dann kommt der Bericht erst, wenn es eigentlich keinen mehr interessiert.

Wenn alle Bugs, oder zumindest die kritischen ausgemerzt sind? Das könnte sich unter Umständen sogar noch länger hinziehen. Denn wie wir alle wissen, ist ein Online-Rollenspiel nie wirklich fertig. Es wird hinter den Kulissen immer geschraubt, ergänzt und verändert.

Das Video erklärt das für ein Online-Rollenspiel ungewöhnliche, aber überzeugende Kampfsystem.

Doch wann ist der richtige Zeitpunkt? Was Age of Conan betrifft, ist für uns genau jetzt dieser Zeitpunkt gekommen. Nachdem wir uns intensiv durch die Betaphase gekämpft, das leichte Chaos der Early Access-Spieler in uns aufgenommen und die Startprobleme der Retail-Version überwunden haben, ist es Zeit, sich für den Test aus der Welt des cimmerischen Romanhelden zu lösen und die letzten Wochen Revue passieren zu lassen.

Fast wie ein Offline-Spiel

Age of Conan (AoC) beginnt verheißungsvoll und beinahe wie ein Vertreter der Offline-Rollenspiele: Nachdem ich in einem umfangreichen Editor meine Figur erstellt, benannt und einer von zwölf Klassen zugeordnet habe, wache ich nach einem Schiffsunglück an einem Strand in der Nähe der Piratenzuflucht Tortage auf. Erste kleine Befreiungs- und Sicherungsaufgaben warten auf mich und ich werde behutsam in die verschiedenen Spielmechaniken eingeführt. Bis jetzt alles noch ohne weitere Mitspieler in meiner persönlichen Instanz, einem Bereich also, der nur für mich geöffnet wurde und in den kein anderer Online-Spieler Zutritt hat. Überhaupt geht die Anfangsphase (in etwa bis in den Bereich um Stufe 20) einen gleichermaßen interessanten wie merkwürdigen Spagat ein zwischen instanzierten Missionen, die sich um die erzählerisch interessante Hauptquest sowie das Rätsel meiner Herkunft drehen. Hier gibt es Dutzende von Standardmissionen: Hol- und Bringdienste, Suche-und-Vernichte, Lauf in der Gegend/Stadt herum, um sie kennenzulernen usw.

Dementsprechend hat man schnell das Gefühl, dass hier die besten Elemente aus herausragenden Online-Vertretern wie Guild Wars auf der einen sowie World of WarCraft bzw. EverQuest 2 auf der anderen Seite aufgenommen und ansprechend vermischt wurden.

Frisches Kampfsystem

Und obendrauf gibt es ein frisches Kampfsystem, das mit seinem Echtzeitansatz ebenfalls in seinen besten Momenten an Offline-Vertreter erinnert. Denn im Vergleich zu anderen Vertretern der Online-Zunft ist es bei AoC nicht damit getan, den Gegner anzuklicken und dann einen Angriffsbefehl zu geben sowie gelegentlich noch einen Spezialangriff bzw. -Zauber vom Stapel zu lassen.

Hier ist aktives Kämpfen angesagt. Limitiert wird die Schlag- bzw. Zauberfrequenz nur durch die Waffe bzw. die damit verbundene Zeit, die es dauert, das Schwert, die Keule etc. zu schwingen oder den Zauber wieder aufzuladen. Aber

Der Feldzug durch Hyboria beginnt auf einer Sklavengaleere.
ansonsten müsst ihr die Waffe führen und könnt einen Angriff in verschiedene Richtungen durchführen. Auch die Specials der Waffen führenden Figuren werden innerhalb des Waffen-Zeitfensters aktiviert und durch die richtige Richtungsangabe (können im späteren Spielverlauf auch mehrere Tasten sein, die nacheinander gedrückt werden müssen) finalisiert. Hört sich kompliziert an, ist es aber nicht. Nach kurzer Zeit ist das System verinnerlicht und man schnetzelt und metzelt sich durch die Gegnerhorden, die weitestgehend dem klassischen Pulp-Fantasy-Universum von Robert E. Howard entsprechen. Es wartet allerlei Getier wie Wölfe, Bären etc. sowie humanoide Feinde wie Kannibalen. Und von Zeit zu Zeit bekommt ihr auch ein etwas außergewöhnlicheres Wesen vor die Klinge. Beispielhaft hierfür sind die überdimensionalen Teufelsanbeter(innen), die auf zwei Beinen durch die Wüste stolzieren und euch mit ihren Mörderklauen attackieren.

Überhaupt ist das Figurendesign durchaus ansprechend, gerade auch weil es eher in der "normalen" Fantasy fußt und nicht irgendwelche Elfen, Zwerge, Minotauren oder sonstige Spitzohren, Behaartfüßer oder minderwüchsige Bart- oder Sonstwasträger bemüht.

  

Die Zeit danach

So lange man in Tortage und den angrenzenden Gebieten oder Dungeons, die immer nachgeladen werden müssen (es gibt keine zusammen hängende Welt wie z.B. bei WoW) unterwegs ist, hält sich das Unterhaltungsniveau auf einem beständigen Niveau - vorrangig allerdings zusammen gehalten durch die Instanzen, das Kampfsystem und den übersichtlichen Charakteraufstieg. Hier gibt es in festgelegten und von Klasse zu Klasse unterschiedlichen Abständen neue Fähigkeiten, Zauber usw. Zusätzlich gibt es so genannte Fähigkeitspunkte, die man z.B. auf bestimmte Regenerationsfaktoren und

Die stygischen Wüsten bieten wie nahezu alle eine teilweise atemberaubende Aussicht - wenn man ausreichend PS unter der PC-Haube hat.
Sonderfähigkeiten wie das Schleichen verwenden kann.

Zusätzlich hat jede Klasse drei Bäume mit Sonderfähigkeiten, den Talenten. Die sind teils aktiv, teils passiv und bilden zusammen mit den Sonderfähigkeiten die grundsätzliche Personalisierung der Figuren.

Das Problem: Sobald man die kleine heile Einstiegswelt Tortage verlässt und in seine jeweilige Heimatwelt (Cimmerien, Aquilonien, Stygia) kommt, verliert AoC etwas von seinem anfänglichen Reiz.

Ein Grund dafür ist das deutliche Zurückschrauben der Hauptstoryelemente. Dass es nach dem anfänglichen Story-"Überfluss" erst einmal eine kleine Pause gibt und man erst mit Stufe 30 wieder in die Geschichte reingeworfen wird, kann ich verschmerzen. Dass es aber danach erst wieder mit Stufe 50 Neues zur Story gibt, ist verheerend. Denn nicht nur, dass damit auch der Anteil an Sprachausgabe massiv zurück geht, auch die Questqualität lässt auf mittel- und langfristige Sicht zu wünschen übrig. Ja, es macht Spaß, soundsoviele Wölfe zu jagen - vor allem, wenn man sich die Zeit nimmt und die zu Grunde legende Minigeschichte inhaltlich verfolgt. Doch irgendwann klickt man die Storys der Allerweltsmissionen weg, zumal die vermeintlichen Entscheidungsmöglichkeiten nur minimale Auswirkungen zeigen und man auf diesem Wege auch nicht dazu angehalten wird, sich die umfangreichen und teils noch nicht übersetzten Texte anzutun.

Ab diesem Moment setzt die bekannte Leveltretmühle ein, die man reihum bei nahezu allen Genre-Kollegen findet: Der nächste Stufenaufstieg, evtl. eine neue Fähigkeit, Zugang zu neuen Missionen usw., ein neuer interessanter und vor allem nutzenswerter Gegenstand. Nicht mehr, aber auch nicht weniger, zumal AoC sich erst im Mid- bzw. Richtung Endgame wie einige andere Vertreter ihrer Zunft auf das so genannte "Grinden" zum Erlangen von Erfahrungspunkten verlässt. Ja: Von Zeit zu Zeit muss man zwischen Stufe 20 und 40 im Rahmen einer Quest einen Haufen gleicher Gegner aus dem Weg räumen oder sich durch Horden zu schlagen, um zu Punkt B oder C zu kommen. Aber: Funcom hat sich in weisere Voraussicht dazu entschlossen, den Bärenanteil an Erfahrungszuwachs auf die Erfüllung der Missionen zu legen. Und hat bereits Nachbesserung zugesagt, was die derzeitigen "Grindstufen" ab etwa 45 betrifft.

Allerdings lässt sich jetzt schon absehen, dass das PvE-Spielerlebnis (Player vs. Environment, Spieler gegen Umwelt, also CPU-Monster) erzählerisch gegen Ende des Levelcaps (derzeit 80) immer mehr abnimmt und man in dieser Hinsicht noch viel unternehmen müsste, um ein Rundum-Glücklich-Paket zu schnüren, dass die PvEler bei der Stange hält. Was Funcom

In der Welt von Conan darf auch geklettert werden.
hoffentlich auch gelingt, denn eine gute Grundlage ist geschaffen - auch für Spieler, die sich nicht unbedingt auf Gilden usw. einlassen möchten und stattdessen hauptsächlich solo oder in unregelmäßigen Grüppchen unterwegs sein wollen.

Ressourcen- und PvP-Murks

Um die Richtung "gewöhnlich" tendierende Motivation aufzufangen, die sich spätestens ab Level 25 einstellt, öffnet sich AoC ab Erfahrungsstufe 20 für Gildengründer, PvP-Anhänger (Player vs. Player, reine Spieler-gegen-Spieler-Duelle) sowie Gegenstandshersteller. Während Ersteres zumindest auf dem Papier gut klingt - es gibt Möglichkeiten, seine eigene "Stadt" zu gründen, diese mit allerlei hilfreichen Gebäuden zu versehen und sogar gegen andere Gilden zu verteidigen, ist das Zweitgenannte, das allerdings eng mit Gilden und ihren Städten zusammenhängt, schon in der Grundkonzeption des Ressourcensammelns ein Schritt in die falsche Richtung. Grundsätzlich ist es zwar interessant, eine Gildenstadt so weit wie möglich aufzurüsten und in Schlachten mit Belagerungswaffen zu verteidigen, doch der Weg dorthin ist mit Frustmomenten gepflastert. Diese sind nicht nur in den exorbitanten monetären Erfordernissen zu finden, die von der Gilde aufgebracht werden müssen.

Vor allem die Form des Ressourcen-Sammelns ist ein Stein des Anstoßes. Nehmen wir als Vergleich z.B. EverQuest 2: Hier entstanden spontan in den verschiedenen Gebieten, die natürlich je nach Levelstufe erst sinnvoll betreten werden konnten, abbaufähige Ressourcen - hatte man diese abgeerntet, verschwand die Abbaustelle und wurde je nach "Spawnzeit" an anderer Stelle wieder aufgebaut. Zusätzlich wurde Crafting, also die Herstellung und Veredelung eigener Gegenstände, bereits ab einer sehr kleinen Charakterstufe ermöglicht und gefördert.

   

AoC hingegen verfolgt ein ähnliches Prinzip wie WoW, führt dies aber ins Extrem. Hier wie da gibt es feste Standorte für Materialien. Das an sich ist ja noch nicht verwerflich, funktioniert bei WoW dank einer balancierten Wieder-Auffüllrate auch gut und wertet das Crafting auf.

In der Welt des cimmerischen Königs hingegen ist das Wiederauffüllen quälend langsam, so dass zielgerichtetes Sammeln von Rohstoffen nahezu unmöglich wird - es sei denn, man parkt sich vor einer Rohstoffquelle und wartet, bis der Prozentzähler, der den Zustand des Begierdeobjektes anzeigt auf einen Wert klettert, an dem man wieder einmal abbauen kann. Verpasst man diesen Moment aber z.B. um nur ein Sekündchen, kann es sein, dass ein weiterer Spieler, der gerade vorbei kommt, den entscheidenden Klick schneller ist. Da aber für einen erfolgreichen Stadtaufbau haufenweise Ressourcen benötigt werden, ist Frust auch hinsichtlich der PvP-Duelle rund um die Städte angesagt. Vor allem, da man erst sehr spät

Mammuts, Nashörner, Pferde: Die Auswahl an Reittieren kann sich sehen lassen.
aktiv Gegenstände herstellen kann. Hier sind nahezu alle anderen Genrevertreter deutlich schneller und erfolgreich dabei, den Spieler auch in Aktivitäten abseits der Kämpfe zu lotsen, um sich auch abseits von Klinge oder Zauber in der Welt zu verlieren.

Alternativ können sich Anhänger der rein menschlichen Duelle an zwei weiteren Duell-Modi betätigen, die allerdings aus dem Spiel herausgerissen wirken. Denn weder für den Gilden- noch den persönlichen Fortschritt kann man hier viel bewirken.

Eventuell wäre Funcom hier besser beraten gewesen, vielleicht sogar eine separate PvP-Storyline oder Ähnliches einzufügen, um diesen Bereich hervorzuheben. Denn auch wenn man nicht unbedingt die Spieler-gegen-Spieler-Duelle loben kann - das Kampfsystem entfaltet erst hier seine wahre Stärke...

Blut, Sex und Spiele

Bereits im Vorfeld sorgte AoC für Furore. Immerhin ist das Online-Abenteuer das blutigste Spiel seiner Art und wird auch als solches angepriesen. Und es passt in die Welt von Conan. Genau so wie der sporadische Hinweis auf Sexualität. Doch vor allem Letzteres wirkt angesichts der Möglichkeiten, die das Conan-Universum bietet, zu aufgesetzt. Irgendwelche barbusigen Spielerfiguren, das eine oder andere leicht schlüpfrige Gespräch mit einer ebenfalls leicht bekleideten Dame und die pure Erwähung von Prostituierten ist angesichts der Vorlage fast schon zahm.

Die zu Barbaren im Allgemeinen und der Fantasy-Welt von Cimmerien im Speziellen passende Gewalt hingegen wurde adäquat eingefangen. Bei den normalen Attacken fliegen kleine Blutfontänen durch die Gegend.  Und der nach einer bestimmten Formel berechnete und prozentual ausgeschüttete "Fatality"-Proc, der abhängig von der benutzten Waffe eine von insgesamt gut 50 unterschiedlichen Animationsphasen auslöst, ist nicht nur visuell immer wieder reizvoll. Denn wenn ihr dem Gegner spektakulär die Waffe in die Brust rammt, erst einmal ein paar Mal dreht, bevor ihr den Feind mit einem Kick in die Magengegend wieder von eurem "Arbeitsgerät" entfernt oder auch mit einer Zweihandkeule wie blind auf den Schädel drescht und dabei Spritzer roter Körperflüssigkeit an den Bildschirm klatschen und die Fatality anzeigen, wird auch die Ausdauer eurer Figur rasend schnell wieder aufgefüllt - ein perfekt umgesetzter In-Game-Adrenalinschub.

"Es wird Blut geben": So steht es auf der Packung, so ist auch im Spiel und so muss es auch in einer barbarischen Welt sein. Dennoch nutzt Funcom die Lizenz nicht so konsequent, wie wir es uns gewünscht haben.
Das alles kann allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass AoC die zu Grunde liegende Lizenz nicht so eindringlich zu nutzen versteht wie z.B. Herr der Ringe Online oder seinerzeit Star Wars Galaxies (in der Ursprungsversion). Vor allem in der Zeit nach dem eindrucksvollen Tortage-Einstand wirkt es so, als ob man sich zwar mit Namen, Geografie usw. an den literarischen Werken orientiert. Aber selbst die immer wieder kehrende Erwähnung des Namens Conan verhindert nicht das Abrutschen in die Beliebigkeit. Andererseits: Würde Funcom nicht wenigstens von Zeit zu Zeit eben diesen königlichen Helden einwerfen, könnte AoC auch problemlos als "Barbarian Online" oder "Swords, Blood and Gore - The Online Adventures" durchgehen. Hier hat man vor allem hinsichtlich des PvE-Erlebnisses wichtige Atmosphärepunkte liegen lassen.

Eingeschränkte Klassenvielfalt

Die Mängel hinsichtlich der späteren PvE-Inhalte sowie der Gildenstädte und der Ressourcen sind umso bedauerlicher, da das Umfeld mit Charakterauswahl sowie das Design gelungen sind.

Die vier Klassen Soldat, Priester, Schurke, Magier mit ihren jeweils drei Unterkategorien, die allerdings abhängig vom gewählten Stamm sein können (Aquilonier, Cimmerier, Stygier), bieten übliche, aber durchdachte Kost. Nahkämpfer werden z.B. mit dem Wächter oder dem mit leicht vampirischen Zaubern ausgestatteten "Dunklen Templer" glücklich. Wer eher unterstützen möchte, wählt eine der Heilklassen, die aber im Gegensatz zu vielen anderen Genrekollegen auch gewaltig austeilen kann. Schleichklassen wie der Assassine oder der Waldläufer mit seinen Bogenangriffen (die wahlweise auch aus Schulterkamera mit manuellem Zielen abgefeuert werden) können gut austeilen, sollten aber die Feinde schon stark verletzt haben, bevor es ans Eingemachte geht. Und auch Pet-Klassen sowie Elementar-Magier werden bedient.

  

Obwohl es hier und da leichte Abweichungen von bekannten Formeln gibt (wie z.B. bei den kämpferisch starken Heilern), verlässt man sich bei Funcom im Wesentlichen auf das, was seit Jahr und Tag funktioniert. Zwar haben alle Klassen die grundlegenden Fähigkeiten, sich solo durchzuschlagen, doch natürlich haben es die Soldaten mit ihrem großen Lebenspunkte-Vorrat deutlich einfacher als z.B. Magier - doch das ist normaler Online-Rollenspiel-Alltag. Dennoch hätte sich Funcom hier möglicherweise noch stärker abgrenzen können. So etwa durch eine freiere Verteilung der Eigenschaftspunkte

Überall in Aquilonien, Cimmerien und Stygia gibt es idyllische Flecken. Allerdings sehen die unter den zu niedrig angesetzten Minimalanforderungen wahrlich nicht schön aus...
nach Stufenaufstieg im Gegensatz zur praktizierten vorgegebenen Verteilung. So hätte man die Möglichkeit gehabt, sich einen Magier mit erhöhten Lebenspunkten und dafür ggf. reduzierter Manareserve zu züchten.

Schön, aber hungrig

Ist es sinnvoll, in einem Genre, das auch deswegen floriert, weil der Genre-Primus auch auf schwächeren Maschinen problemlos läuft, einen Konkurrenten vorzustellen, der eigentlich nur auf Highend-Geräten richtig gut aussieht und sich damit schon einer gewissen Kundengruppe selbst beraubt?

Zugegeben: Die dicht bewachsenen Wälder und Sumpflandschaften, die kargen nur von grünen Oasen durchzogenen Wüsten oder die steilen Bergschluchten, die euch in AoC den Heldenalltag versüßen, sehen auf unseren Alienwares mit QuadCore, haufenweise RAM und aktueller Grafikkartengeneration schnieke aus. Beeindruckend möchte man sagen, denn sie sind eine Gefahr für reine Offline-Rollenspiele wie Two Worlds oder Oblivion.

Doch obwohl das umfangreiche Video-Optionsmenü allerlei Einstellmöglichkeiten was Sichtweite, Detailstufe usw. bietet, sollte man gar nicht erst versuchen, sich auf Rechnern der "Minimalkonfiguration" (P4 3GHz, 1 GB RAM, 128 MB Shader 2.0-Grafikkarte) in die AoC-Welt zu wagen. Zwar gab es seit der offenen Beta zahlreiche Optimierungen, doch richtig in Schwung (und damit in Bildraten jenseits der 20 Bilder pro Sekunde) kommt die Engine erst ab DualCore-Prozessoren, 2GB RAM und 512 MB Grafikkarte. Und selbst dann muss man noch die eine oder andere Ladezeit und Bildrateneinbrüche, die

"I am the King of the World"
unabhängig von der Online-Verbindung sind, in Kauf nehmen. Achja: Mit gut 28 GB grundsätzlichem Festplattenbedarf, der natürlich mit bisherigen und zukünftigen Patches im Endeffekt weitaus größer ausfallen wird, ist AoC auch hier ganz vorne zu finden und schlägt selbst EQ2 samt aller Add-Ons. Und das, obwohl die ursprünglich angepriesene DirectX10-Unterstützung noch nicht einmal funktional implementiert wurde und erst auf der GC dieses Jahres vorgestellt werden soll.

Akustisch gibt es vor allem in der "Tortage-Phase" gute (deutsche) bis sehr gute (englische) Sprachausgabe sowie ständig im Hintergrund vor sich hin dudelnde dynamische Musik, die zusammen mit den abwechslungsreichen Landschaften zu unterhalten versteht.

Und obendrauf gibt's knackige Kampfgeräusche, die sich allerdings auf Dauer etwas abnutzen.

In einem weiteren Bereich liegt das Online-Abenteuer von Funcom und Eidos ebenfalls vorne. Die monatlichen Gebühren: Hier setzt man einen neuen Rekord von gut 15 Euro. Doch ähnlich wie bei dem Konsolenmusikspiel Rock Band behalten wir uns vor, die Preisgestaltung zwar zu erwähnen, aber nicht in die Wertung einfließen lassen. Ganz im Gegensatz zum guten Support, der sich bei unseren zwei Problemfällen innerhalb weniger Stunden gemeldet und die Probleme aus dem Weg geräumt hat.  

Fazit

Ist Age of Conan der Heilsbringer für den Markt der Online-Rollenspiele? Leider nein!  Zumindest derzeit noch nicht. Zwar hat sich seit der Betaphase, dem Early Access und dem mit den üblichen Krankheiten belasteten Start einiges getan – und zwar positiv. Doch so sehr AoC in vielerlei Hinsicht Potenzial zeigt, so sehr zeigen sich beim zweiten und dritten Blick Schwächen – egal, ob man sich nun auf ein interessantes PvE-Abenteuer mit gelegentlichen Gruppen-Abenteuern gefreut hat oder vorzugsweise mit seiner Gilde um Ruhm und Ehre kämpft. Nach einer erzählerisch ansprechenden Anfangsphase vernachlässigt Funcom später sowohl Hauptstory als auch weiter führende PvE-Inhalte, was unnötigen Grind zur Folge hat. Die Gildenfeatures samt glorreicher PvP-Schlachten um Spielerstädte fallen einem unausgegorenen Ressourcensystem bzw. den teilweise zu stark aus dem Hauptgeschehen ausgegliederten Mechanismen zum Opfer. Einzig das Kampfsystem mit seinen immer wieder aufputschenden Todeshieben als auch die exzellente Kulisse, die allerdings einen enormen Hardware-Hunger hat, sind durch die Bank bemerkenswert. Die zwölf interessanten Klassen, zeigen sich solide und balanciert. Ebenso das Questsystem, das nur selten von der Standardkost abweicht, aber dennoch Unterhaltungswert bietet. Außerdem hat es im Normalfall einen erfreulich großen Anteil am Aufstieg der Figuren – zumindest bis in den Bereich um Stufe 40/45. Werde ich trotz aller Mankos, der zu schnell in den Hintergrund rückenden Story und der zum jetzigen Zeitpunkt zwar bereits reduzierten, aber immer noch vorhanden Bugs weiterspielen? Ja. Weil für mich Gilden- und sonstige PvP-Auseinandersetzungen nur eine untergeordnete Rolle spielen, ich in eine erwachsene Fantasy-Welt abtauchen kann und sowohl solo als auch in kleinen überschaubaren Gruppen mit Freunden ohne Gildenzwang und ähnlichem Gedöns gut unterhalten werde. Age of Conan hat seine Probleme – zweifellos. Die hatten aber auch andere Vertreter. Und innerhalb seiner Zunft ist AoC ein Online-Rollenspiel mit Perspektive. Ob Funcom es allerdings schaffen wird, das vorhandene Potenzial noch weiter auszuschöpfen und sich die Gunst der Fans zu sichern, bis die nahende Konkurrenz wie Warhammer Online an den Start geht, lässt die Kristallkugel offen – ein guter Grundstein ist gelegt.

Pro

<P>
zwölf ausbalancierte Klassen
durchdachtes Kampfsystem
beeindruckende Kulisse...
haufenweise waffenabhängige Finisher
in Ansätzen gute Story
stimmungsvoller Einstieg
Hauptquest-Missionen instanziert
Großteil der Missionen auch solo lösbar
übersichtliche Karte
unkonventionelle Charakter-Entwicklung
gutes Figurendesign
Erfahrungspunkte hauptsächlich über Missions-Erfüllung
multilinguale Fassung
umfangreicher Figureneditor
Gilden können Städte bauen</P>

Kontra

Grind im Mittel
und Endgame
Hauptquest nimmt an Gewichtung ab Level 20 stark ab
... aber herbe Hardware-Anforderungen
Interface wirkt häufig unausgereift (Gruppen-/Gildenfenster, Chat)
abseits der Hauptquest keine Sprachausgabe
unglückliche Kamerapositionen in Gesprächen
wenig durchdachter Ressourcenabbau
Crafting erst sehr spät im Spiel
mind. 28 GB Installationsbedarf
Lizenz wird nur ansatzweise genutzt
PvP mit Nachbesserungsbedarf
Bugs (z.B. Quests, Übersetzungen, grafische Probleme)

Wertung

PC

Eine interessante, aber noch unpolierte Alternative für Online-Rollenspieler, bei der vor allem Kulisse und Kampfsystem überzeugen.

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