Knights of the Temple 217.11.2005, Marcel Kleffmann
Knights of the Temple 2

Im Test:

Vor eineinhalb Jahren versuchte Knights of the Temple: Infernal Crusade einen Frontalangriff auf die von Enclave belagerte Hack&Slay-Szenerie. Jetzt kehrt der Kreuzritter zurück und zeigt der Konkurrenz, wo der Preishammer hängt. Denn für 20 Euro gibt es keine günstigere Alternative für einen Kreuzzug - oder doch?

Höllisch "gute" Story

Oh, nein! Ein Tor zur Hölle steht offen! Nicht schon wieder, denken sich die Mönche im Kloster und schicken kurzerhand den Kreuzritter Paul de Raque los, um die Hölle wieder zu versiegeln. Obwohl seine Frau mal von Dämonen besessen war, weiß der Held genau, was zu tun ist. Er muss bloß "das Auge", "das Schwert" und "den Schlüssel" finden, um die Welt zu retten. Na, wenn es weiter nichts ist…

Wo möchten Sie denn hin?

Wie ihr euch sicher denken könnt, liegen die mächtigen Artefakte nicht zusammen in einer Kiste. Nein, sie schlummern verstreut in der Mittelalter-Welt - und zwar an drei unterschiedlichen Orten. Da wäre zunächst die römisch anmutende und von der Pest geplagte Stadt

Obwohl die Levels durchaus stimmig aussehen, fehlt es hinter der Kulisse an einem guten Level-Design.
Sirmium. Hier ist es finster und unheimlich: In den spärlich beleuchteten Gassen lungern Bettler herum und an fast jeder Straßenecke werden Pestopfer verbrannt. Im Gegensatz zu dieser finsteren Kulisse besticht Yusrar im orientalischen Flair mit satten Farben, während Ylgar am helllichten Tage von Sarazenen attackiert wird. Und ihr seid natürlich mittendrin, sofern ihr euch entscheidet, dort zu starten. Richtig gehört: ihr habt die Wahl, an welchem Ort ihr beginnen möchtet. Wo ihr letztendlich anfangt ist prinzipiell egal, ihr müsst sowieso alle Schauplätze abklappern und so manche Nebenmission lädt zu munteren Reisen ein.

Die mittelalterliche Fantasywelt überzeugt weitgehend, insbesondere im düsteren Sirmium, obwohl die Grafik-Engine aus dem Vorgänger recycelt wurde. Dies sieht man spätestens bei den Charakter-Modellen, die frisch aus der Klötzchen-Klon-Fabrik kommen und die Zähne nicht auseinander bekommen - zumindest optisch. Bei der Sprachausgabe ist es scheinbar besser, aber die Ernüchterung folgt stehenden Fußes, da alle Nebendarsteller nur einen Satz sprechen, den Rest des Dialoges müsst ihr lesen. Da kann selbst der melodisch pompöse orchestrale Soundtrack nicht mehr viel retten.

Missionen holen

Nach der Schauplatzwahl lauft ihr in Action-Adventure-Manier durch die Gassen und sprecht mit zahllosen NPCs (außer in Ylgar, da wird sofort gekämpft). Diese Nebencharaktere informieren euch über die Stadt, erzählen was Böses im Anmarsch ist und geben euch weitere Aufgaben: Mal müsst ihr Geld eintreiben, Gegenstände suchen bzw. wiederbeschaffen, ein Lagerhaus befrieden, Gegner aus dem Verkehr ziehen oder aus einem einstürzenden Tempel fliehen. Als Belohnung winken Gold sowie Erfahrungspunkte, von denen der Kreuzritter nie genug bekommen kann.

Klingt so weit ganz interessant, oder? Dennoch habt ihr meist keinen Schimmer, welche der Aufgaben euch auf die Hauptquest-Fährte führen und welche nicht, da Story- und Nebenmission nicht klar getrennt sind. Zwar helfen euch kurze Visionen bei der Suche nach dem passenden Charakter, allerdings hätten es die Entwickler (evtl. mit anderen Farbsymbolen bei den NPCs) wesentlich besser lösen bzw. erklären können. So müsst ihr fast alle Aufgaben lösen bzw. gut aussortieren oder raten…   

Hack&Slay

Erkundet ihr nicht gerade die Stadt, löst keine Botenjungen-Aufträge oder springt in Lara Crofts-Schuhen durch die Umgebung, geht es in typischer Hack&Slay-Manier zur Sache. Mit Zwei- oder Einhänder-Schwertern

Das Kampfsystem ist richtig nett, nutzt sich aber im Verlauf des Spiels ziemlich ab.
sowie sonstigen scharfen Schwingern (Axt) rückt ihr den Gegnern zu Leibe – für Fernkämpfer (Armbrust)  gibt es eine Armbrust. Ihr beginnt mit zwei Schlagvarianten und einem Block.

Diese simplen Manöver reichen für die ersten Gegnerhorden problemlos aus und pro erledigtem Feind bzw. gelöstem Auftrag bekommt ihr Erfahrung. Diese Punkte könnt ihr in neue Kombos, Spezialaktionen (Knochenbrecher, Lähmung) oder göttliche Fähigkeiten investieren. Somit könnt ihr neue, teils extrem effektive Schlagabfolgen (Brecher, Stoß, Schmetterer, etc.) durchführen, die kein einfacher Feind überlebt. Später tretet ihr gegen mächtigere Dämonen an und ohne diese erweiterten Kampf-Fertigkeiten würdet ihr schnell ins Gras beißen. Neben handfesten Schlägen kann der Kreuzritter einige Zauber (Heilung, Unbesiegbarkeit, Waffenmeister, Ausweichen, etc.) wirken, deren Energie sich mit der Zeit regeneriert.

Kommt es zu einem Kampf, braucht ihr euch nicht ins Kettenhemd machen, denn die Feinde sind ziemlich hohl in der Birne und attackieren ausschließlich stupide im Sturmangriff. Lediglich durch pure Masse, den Überraschungseffekt oder direkte Haudrauf-Aktionen ist der Spieler gefährdet. Zum Glück findet ihr in wahllos herumstehenden Kisten hilfreiche Tränke, die es ebenfalls gegen bare Münze beim Händler gibt. An neue Waffen kommt ihr übrigens entweder durch erledigte Gegner oder bei einem Geschäftsmann.

Ich bräuchte drei Hände

Dieses einfache, aber gelungene Kampfsystem ist aus dem Vorgänger oder ähnlichen Titeln wie Enclave bekannt. Mit einem Gamepad funktioniert das Gemetzel ziemlich gut, solange die Kamera mitspielt. Obwohl es an der Sichtfront im Vergleich zum Vorgänger einige Verbesserungen gibt, ist der Blickwinkel nur selten das Gelbe vom Ei. Oftmals müsst ihr mit der Maus nachjustieren, was schwierig ist, weil ja beide Hände am Gamepad liegen. Genauso sieht es mit der Tastatur aus. Die linke Hand ist mit der Helden-Steuerung (WASD) beschäftigt, während die rechte Hand am Nummernblock die Kampffunktionen kontrolliert. Wieder fehlt die dritte Hand für die Maus.

Mit den eckigen NPCs führt ihr einseitige Dialoge.

Diese Probleme in Kombination mit dem teilweise unübersichtlichen und nicht vollends durchdachten Leveldesign sorgen für eine gewisse Orientierungslosigkeit. An die fast selbst erklärende Gestaltung der Level eines Prince of Persia kommt Knights of the Temple 2 (ab 24,90€ bei kaufen) bei weitem nicht heran. Dazu gibt es viel zu viele Ecken, Kanten und lästige Sackgassen.

Mager-Multiplayer

Überraschung: Das Hack&Slay-Spiel bietet einen Multiplayer-Modus mit mageren drei Modi: Deathmatch, Team-Deathmatch und einer umbenannten Capture-the-Flag-Variante. Auf recht unattraktiven Karten haut ihr euch gegenseitig oder im Team die Köpfe ein, was jedoch dank der bescheidenen Kamera nicht lange unterhält.

Fazit

Knights of the Temple 2 bietet eine kurzzeitig spaßige, aber auf Dauer extrem belanglose Metzelei. Die größte Stärke ist das umfangreiche Kampfsystem, das ausgebaut werden kann. Die große Schwäche ist die Kamera, die dem Spieler oft einen Strich durch die Rechnung macht. Interessant ist zwar, dass der Held anfangs zwischen den Schauplätzen wählen kann und dort zunächst Missionen sammelt, bevor die Kämpfe losgehen. Aber trotzdem gibt es hier ein Problem: die Haupt- und Nebenaufgaben sind nicht klar voneinander getrennt. Lediglich kurze, einmalig auftretende Visionen weisen den groben Weg. Ansonsten wisst ihr nie, ob ein Auftrag die Story vorantreibt oder nur Geld bzw. Erfahrung bringt. Etwas mehr Transparenz in der Missionsstruktur hätte hier geholfen. Hinzu gesellen sich stumpfsinnige Gegner und eine magere Sprachausgabe, die eckigen Nebendarsteller entweicht. Knights of the Temple 2 ist preiswert und kurzfristig unterhaltsam, aber längst nicht so packend wie Enclave oder Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs.

Pro

gutes Kampfsystem
viele Fähigkeiten
Schauplatz-Wahl
Haupt- und Nebenmissionen
Erkundung der Stadt vor den Kämpfen
sinnvolle Steuerung…
faire Schwierigkeitsgrade
flotter Einstieg
teils schöne Schauplätze
stimmungsvolle Musik
vollständig in Deutsch

Kontra

<P>
nervige Kamera-Probleme
stupide Gegner-KI
störende Sackgassen im Level-Design
Gameplay nutzt sich ab
08/15-Geschichte
nur ein kleiner Teil der Dialoge vertont
ziemlich kurzes Vergnügen
"nur" zwei Enden</P>

Wertung

PC

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