Faces of War27.09.2006, Marcel Kleffmann
Faces of War

Im Test:

Die schlauen Köpfe hinter dem bockschweren, aber in der Community als Überraschungshit angesehenen Soldiers: Heroes of World War II schicken nun den nächsten Spross an die fast vorweihnachtliche Verkaufsfront. Ob den Entwicklern von Best Way mit Faces of War (ab 5,04€ bei kaufen) erneut ein guter Wurf gelingt oder das Taktikspiel den "Bad Way" einschlägt, klärt der Test.

Immer wieder WWII

Die letzten beiden Jahre des Zweiten Weltkrieges stehen bei Faces of War im Zentrum des Interesses und zwar aus deutscher, russischer oder alliierter Sicht. Auf deutscher Seite verschlägt es euch in die Ardennen, während die Alliierten vorrangig in der Normandie (inklusive D-Day) unterwegs sind und die Russen über Polen in Richtung Reichstag marschieren. Ingesamt 24, teilweise sehr lange und vielschichtige Missionen (inkl. drei Tutorials), erwarten euch in den drei Feldzügen. Neben allerlei Feinden, die ihr vom virtuellen Kriegsschauplatz wegputzen müsst, gilt es Fahrzeuge zu übernehmen, Positionen oder Städte zu sichern, Brücken zu halten oder anrollende Supergeschütze zu vernichten. Diese Einsätze sind lose und ohne durchgehende Geschichte miteinander verknüpft, da waschechte Helden als Identifikationsfiguren fehlen.

Große und kleine Schlachten

Die Missionen schwanken zwischen Großeinsätzen mit hohem Soldatenaufkommen (z.B. D-Day) und kleineren Aufträgen mit einer Commandos-ähnlichen Spezialtruppe gegen eine Feindübermacht. Insbesondere bei den grandios in Szene gesetzten Massenschlachten werdet ihr das Gefühl nicht los, nur der Bruchteil einer viel größeren Kriegsmaschinerie zu sein, denn wie in allen Missionen steuert ihr ausschließlich eine kleine Squad, bestehend aus nicht mal einem Dutzend Soldaten. Alle anderen über das Schlachtfeld wuselnden Soldaten oder Fahrzeuge kontrolliert die nicht beeinflussbare Computerintelligenz. In manchen Aufträgen müsst, oder besser gesagt: solltet ihr sogar mit den virtuellen Mitstreitern interagieren (z.B. einem Panzer Feuerschutz geben), sonst stagniert der Vormarsch oder wird unnötigerweise erschwert. Beim ersten Anlauf in solchen Großmissionen ist ein Scheitern jedoch vorprogrammiert, weil ihr euch zunächst einen Überblick über das Kampfgeschehen verschaffen 

Die Soldaten nutzen den Panzer als Deckung beim Angriff auf ein feindliches MG-Nest (Kamera-Perspektive auf höchster Zoom-Stufe).
müsst und in der Hektik einige Verbündete oder parallel ablaufende Situationen schlichtweg übersehen werden.

Captain Spectator

Fälschlicherweise als Action ausgelegte Hektik bestimmt den Alltag in Faces of War. Erstens durch die zuhauf herumwuselnden Soldaten (egal ob Feind oder Freund) und zweitens haben die eigenen Leute Mitschuld an der Misere. "Wieso", fragt ihr euch? Eure Soldaten sind von der extrem klugen und zugleich aggressiven Sorte: Feinde werden automatisch beschossen, Granaten durch Hechtsprünge ausgewichen und wenn sich die Feinde zurückziehen, laufen eure Truppen gerne hinterher. Auch über den Einsatz von Spezialequipment (wie Granaten) oder sonstigem schwerem Gerät (z.B. Bazooka) entscheiden eure Mannen selbstständig. So heben meine Leute ganz ohne expliziten Befehl schon mal ein feindliches MG-Nest aus, obwohl sie lediglich einen Gegner ausschalten sollten. Was bleibt da für einen Kommandanten noch zu tun? Eigentlich nur die Soldaten von einer Deckung zur anderen zu schicken, den Rest machen die Kämpfer ohnehin alleine.

Zwischendurch müsst ihr euren aggressiven Streitkräften einen Riegel vorschieben, damit sie nicht blindlings in die nächste Falle laufen. Der kommandierende Zuschauer (aka Spieler) entscheidet also über die Art und Weise des Vorrückens und muss quasi im Notfall eingreifen. Im Auge behalten müsst ihr hingegen die Munitions- und Granatenvorräte eurer Schützlinge. Wenn alle Schießprügel leer sind, wissen selbst eure klugen Leute nicht weiter. Hier müsst ihr als Anführer mit bestem Mikromanagement vorangehen, schließlich hinterlassen die Feinde nützliche Waffen und manchmal gibt es im Kriegsgebiet sogar militärische Vorratskisten. Generell ist diese Bemutterung im umständlichen Inventarsystem für alle Leute ziemlich nervtötend und steht komplett im Gegensatz zu den sonst so eigenständigen Soldaten. Nichtsdestotrotz müsst ihr euren Soldaten ab und an eine "Erste Hilfe-Pause" verschreiben, damit sie bis zum Ende der Mission durchhalten. Selbstständiges Heilen praktizieren die Soldaten übrigens auch.

Direktsteuerung und Fahrzeuge

Herrenlose Fahrzeuge (diverse Panzer, Jeeps etc.) oder Geschütze können eure Soldaten ebenfalls übernehmen, was die Kampfkraft enorm steigert. Jedoch sind die Stahlkolosse im Vergleich zu Soldiers: Heroes of World War II verwundbarer, da alle Geschosstypen Schaden verursachen und nicht die kleineren Kaliber wie im indirekten Vorgänger unwirksam abprallen. Apropos Soldiers: Auch die Direktsteuerung der Einheiten ist vorhanden. Obwohl eure Truppe fast immer als geschlossene Einheit reagiert (Einzelaktionen sind möglich, aber umständlich) dürft ihr via gedrückter STRG-Taste eine

Downloads & Videos

Download: Singleplayer-Demo (334 MB)

Download: Multiplayer-Demo (286 MB)

Video: Trailer 1 (Laufzeit: 0:31 Min.)

Video: Trailer 2 (Laufzeit: 2:01 Min.)

Video: Gameplay 1 (Laufzeit: 3:24 Min.)

Video: Start-Trailer (Laufzeit: 2:02 Min.)markierte Einheit per Cursor steuern und manuelle Befehle geben - was im Grunde genommen selten von Nöten ist, falls KI oder Wegfindung mal versagen. Als direktgesteuerter Panzerfahrer oder Geschütznutzer kann man allerdings wunderbar die hervorragende Physik-Engine als Abrissunternehmer testen und die ganze Umgebung effekthascherisch in Schutt und Asche legen. Besonders die dynamisch zerfallenden Gebäude erwecken nach einer Schlacht einen ziemlich imposanten Zerstörungs-Eindruck. Viele Trümmer und Ruinen können übrigens als Unterschlupf oder Deckungsmöglichkeit für Scharfschützen, etc. genutzt werden.

Schwache Gegner

Obwohl die Feinde theoretisch über die gleichen Fähigkeiten wie eure Soldaten verfügen, haben eure Schützlinge einen Vorteil und zwar mehr Gesundheitspunkte. Selbst anfliegende Panzerschreck-Raketen, die ganze Gebäude in Stücke reißen, schleudern eure Soldaten in hohem Boden durch die Luft, während der Gesundheitsbalken gerade mal zur Hälfte geleert wird. Feindliche Streitkräfte ziehen bei Schusswechseln sowieso den Kürzeren, vor allem wenn ihr auf dem leichten "Arcade"-Schwierigkeitsgrad spielt. Etwas mehr "Realismus" gibt es beim "Taktik"-Schwierigkeitsgrad, der jedoch bei weitem nicht an die taktische Tiefe von Soldiers: Heroes of World War II herankommt; was schon allein daran liegt, dass die Kämpfe viel zu hektisch und aggressiv geführt

Die farbigen Dreiecke unter den ausgewählten Soldaten zeigen mit der Spitze in Blickrichtung der Kämpfer. Der Soldat mit dem gelben Dreieck ist der Gruppen-Kommandant.
werden müssen.

Prachtvolle Kulisse

Wesentlich besser als der Ablauf der unübersichtlichen, hektischen und deswegen stark im Schwierigkeitsgrad schwankenden Schlachten ist die Kulisse. Egal ob malerische Landschaften mit friedlichen Bächen und Grünflächen, bis hin zu in Trümmern liegenden Städten mit aufgetürmten Sandsackbarrieren, sämtliche Umgebungen machen einen hervorragenden und sehr detailverliebten Eindruck, der irgendwie seinen ganz eigenen Modellbaulook versprüht. Kommt es dann zum Kampf, verhüllen dichte Wolken oder kraftvoll wirkende Explosionen den Schauplatz und dank der Physik-Engine lassen sich die Areale komplett zerstören. Trotz dieser Genauigkeit im physikalischen Sektor fällt auf, dass alle Geschossprojekte oder Panzerfaustraketen relativ gemächlich durch die Luft zischen (echte Geschosse sind wesentlich schneller). So hübsch die Grafikpracht auch ist, die Ohren bekommen nicht so viel Gutes geboten. Zwar sind die ausschließlich englischen Sprecher überzeugend und die deutschen Untertitel brauchbar, aber die Musik gehört eher in den Fahrstuhl als in ein Echtzeit-Taktikspiel - zumindest die Soundeffekte passen.

Mehrspieler-Modus

Bis zu 16 Spieler im LAN oder Internet können in acht verschiedenen Multiplayer-Modi (u.a. Jeder-gegen-Jeden oder Team-Spiel) gegeneinander antreten. Darunter gibt es eine Option mit echten Sichtfeldern, die dynamisch an die Umgebung angepasst werden, was manchmal interessante Sichtlinien kreuz und quer durch zerstörte Gebäude ermöglicht. Zusätzlich gibt es eine kooperative Kampagne gegen Computergegner.

Fazit

Faces of War ist nichts Halbes und nichts Ganzes! Hinter der wunderschönen und zugleich zerstörbaren Kulisse schwächelt das Echtzeit-Taktikspiel in genau den Disziplinen, die Soldiers: Heroes of World War II damals so ausgezeichnet haben. Die Fokussierung auf die kleine Truppe, die nur ein Teil einer größeren Schlacht ist, ist eine recht gute Idee, aber warum müssen euch die Schützlinge dann so viel "taktische Arbeit" abnehmen, dass sie euch quasi zum Bildschirmschoner-Zuschauer machen. Was bleibt für euch noch zu tun übrig? Mikro-Management mit Waffen und Munition, ein bisschen Direktsteuerung und viel hektische Betriebsamkeit ohne die nötige Übersicht auf dem Schlachtfeld. Im Direktvergleich mit der anstürmenden Company of Heroes oder Joint Task Force wird Faces of War ganz klar den Kürzeren ziehen - auch in Sachen taktischer Tiefe.

Pro

kluge eigene Soldaten…
Direktsteuerung der Einheiten…
beeindruckende Kulisse
sehr vielseitige Soldaten
zerstörbare Umgebung
teils lange Missionen
gute Soundeffekte
kooperativer Multiplayer-Modus

Kontra

…die den Spieler viel zu viel abnehmen
…die oft an Ecken hängen bleiben
stark schwankender Schwierigkeitsgrad mit Trial&Error
wahnsinnig hektische Gefechte
umständliches Interface
kein Skirmish-Modus
unrealistisch langsam fliegende Geschosse
günstig wirkende Musik
Fraktionen unterscheiden sich kaum
Wegfindungsaussetzer

Wertung

PC

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