Im Test:
Das Spiel mit dem Hype
Wie um kaum ein anderes Spiel wurde in den letzten Jahren ein Hype um Assassins Creed (AC) aufgebaut. Produzentin Jade Raymond bestach im Vorfeld durch eloquente Interviews, ein stets charmantes Lächeln und enorme Fachkenntnis. Äh, Moment mal...
Sollte es bei einem Spiel nicht eigentlich um den Inhalt gehen und nicht um die Produzentin? Eigentlich ja, doch die Wochen vor dem Start war nicht Hauptdarsteller Altair in aller Munde, sondern die attraktive Jade. Auch ging es eher selten um die historisch akkurate und richtig gut aussehende Kulisse, in die das Action-Abenteuer eingebettet wurde.
Beinahe konnt
e man schon den Eindruck bekommen, dass man irgendetwas hinter der dezent geschminkten, stets freundlichen Fassade der Gallionsfigur (wider Willen?) verstecken wolle. Dachrennen zum nächsten Informanten gehören zu den vier neuen Missionstypen, die der "Director´s Cut" von Assassin´s Creed auf PC bietet.
Doch dann war es so weit. AC kam und überzeugte, wie man auch hier nachlesen kann. Auf der PS3 ist man mit leichten technischen Schwächen am Gold-Award vorbei gerutscht, doch auf Xbox 360 traf Altair genau meinen Nerv. Zugegeben: Die spielerische Gleichförmigkeit mit den ewig gleichen Missionstypen und dem in späteren Stufen nur selten fordernden Kämpfen sowie Klettereinlagen war und ist etwas, dessen sich das Team in einer Fortsetzung annehmen muss.
Entschädigt wurde ich dafür mit einer atemberaubenden Kulisse, die mich überzeugend in die Zeit der Kreuzzüge versetzte. Und obendrauf gab es eine Geschichte, die mit ihren Zeitwechseln zwischen fiktiver Moderne und historisch weitestgehend akkurater Vergangenheit faszinieren konnte. Eine Geschichte, die kinoreif inszeniert und sauber lokalisiert wurde.
Da das Team von Ubi Montreal für die PC-Fassung zwar neue Inhalte vorgesehen hat, aber ansonsten an den Spielmechaniken festhält, möchten wir an dieser Stelle nochmals auf den Test vom November 2007 verweisen, da dort alle wesentlichen Vorzüge und Mankos aufgeschlüsselt sind.
Director´s Cut?
Stattdessen möchte ich an dieser Stelle das Hauptaugenmerk auf die neuen Inhalte in Form von vier neuen Missionstypen sowie die technische Umsetzung richten. Wobei ich leichte Probleme mit dem Begriff "Directors Cut" habe. Denn darunter verstehe ich z.B. bei Filmen eine Version des Filmes, die durch neue Schnitte, neue Musik oder ähnliche Veränderungen mehr der ursprünglichen Vision des Regisseurs entspricht - das Paradebeispiel hier ist zweifellos Ridley Scotts Blade Runner.
Oder aber auch das Hinzufügen neuer Szenen, die dem Film nicht unbedingt eine neue Bedeutung geben, aber tiefere Einblicke in die Geschichte geben - hier denke ich spontan an die Herr der Ringe-Trilogie. Die Kulisse des mittelalterlichen Abenteuers ist nach wie vor beeindruckend, zeigt aber auch immer noch Schwächen im NPC-Design.
Doch die vier neuen Missionstypen, die euch auf dem Weg zu eurem nächsten Opfer begegnen können, fallen in keine dieser Kategorien. Man hätte quasi auch statt "Director´s Cut" die Bezeichnung "Extended Edition" oder "Mehr Spiel fürs Geld" nehmen können. Aber da AC letztlich sehr stark dem ähnelt, was man als modernen interaktiven Film bezeichnen würde, scheint der Name zumindest in dieser Hinsicht sinnvoll zu sein. Spielerisch hingegen hätte man darauf auch verzichten können.
Egal, ob man nun Dachrennen auf der Jagd nach Informanten nachgeht, Marktstände zerstören oder auch Personen für einen bestimmte Strecke begleiten und beschützen muss: Die frischen Aufgaben sind weder fordernd noch unbedingt notwendig, um etwas Neues über Altair oder seine Aufgaben zu lernen.
Das soll zwar die Hingabe der Entwickler, den geduldig wartenden PC-Usern im Gegenzug neue Inhalte zu bieten, nicht schmälern, doch unter dem Strich hätte man sich etwas Kreativeres einfallen lassen können. Ein komplett neues Opfer zum Beispiel. Hätte man diese Möglichkeit mit den neuen Aufgaben verknüpft, wären eben diese frischen Inhalte aufgewertet worden.
Rechenknecht-Meuchelmörder
Doch sei´s drum. In dieser Hinsicht haben wir auch nicht so viel erwartet. Doch wie sieht es mit der technischen Seite aus? Schon im Vorfeld schien sicher, dass einige PS unter der Haube schlummern müssten. Und so ist es auch: Unter einem Dual Core-Prozessor braucht ihr den Assassinen gar nicht antreten lassen - und falls doch, dann nur auf eigene Gefahr.
Habt ihr allerdings eine Maschine zu Hause die die Mindestanforderungen (2,6 GHz Intel Pentium D oder AMD Athlon 64 X2 3800+, mind. 256 MB Grafikkarte) erfüllt oder gar an die empfohlenen Werte stößt (Intel Core 2 Duo 2,2 GHz oder AMD
Athlon 64 X2 4400+ samt höherer Stufen), könnt ihr euch auf einen optischen Hochgenuss freuen. Die akrobatischen Sprungeinlagen gehören nach wie vor zu den Highlights der Kulisse.
Dann nämlich klettert und kämpft sich Altair ebenso eindrucksvoll wie geschmeidig animiert durch pompöse Kulissen mit teils enormer Weitsicht. Und das alles mit nur minimalem Engine-Schluckauf, der bei uns auch nur kurz nach dem Laden eines Spielstandes aufgetreten ist - ansonsten lief alles butterweich. Selbst auf hohen Details konnten wir keine gravierenden Mankos feststellen.
Auch am Rest der Kulisse hat sich wenig geändert: Die Figuren, mit denen die Straßen eindrucksvoll bevölkert werden, kommen bei genauem Hinsehen immer noch aus dem Klonlabor. Und auch die im Gegensatz zu Altairs Kluft immer noch nach letzter Grafikgeneration aussehenden Kleidungsstücke der meisten NPCs hinterlassen nach wie vor einen durchwachsenen Eindruck.
Unter dem Strich würde ich sogar die PC-Kulisse in ihrer Gesamtheit der 360-Version vorziehen. Wenn, ja wenn nicht die aufgezwungene 16:9-Vorgabe wäre. Ja: Die Konsolen-Varianten sind auf Breitbild ausgelegt. Und ebenfall ja: Durch dieses Format wird der cineastische Eindruck, der Altairs Abenteuer innewohnt, verstärkt.
Und ja zum Dritten: Auch bei PC-Monitoren ist die Zahl verkaufter 16:9-Geräte ansteigend.
Doch das alles kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die Balken am oberen unteren Bildrand auf "herkömmlichen" 4:3-Geräten einfach störend.
Im Gegensatz dazu überzeugt die Steuerung auf ganzer Linie. Und wir reden hier nicht von der Pad-Variante, die sich identisch zu den Konsolenversionen präsentiert. Auch mit Maus-/Tastatur-Kombo lassen sich Kämpfe, Kletteraktionen, Meuchelmorde, Verhöre und was sonst noch alles zum guten Gelingen eines Einsatzes gehört, unkompliziert - vorbildlich!
Fazit
Award oder nicht Award? Letztlich ging es beim Test der PC-Version von Assassin's Creed nur um diese Frage. Und natürlich auch darum, ob Altairs Abenteuer auch fast ein halbes Jahr nach dem Release dem Hype weiterhin gerecht wird. Die Antwort ist schlicht und einfach: Ja! Okay: Die vier Zusatzmissionen rechtfertigen die Bezeichnung "Director's Cut" nur eingeschränkt. Doch eine saubere, wenngleich hinsichtlich der Anforderungen nicht gerade sparsame technische Umsetzung, machen auch die PC-Version zu einem visuellen Hochgenuss. Obwohl ich mit Altair bereits im November zahllose Stunden in den 360- und PS3-Versionen verbracht habe, konnte mich der Rechenknecht-Assassine immer noch in seinen Bann ziehen. Die Steuerungs-Varianten sind allesamt gelungen, die Dramaturgie ist nach wie vor packend und die Engine kommt nur in Ausnahmefällen nach dem Einladen eines Spielstandes leicht ins Stocken. Assassin's Creed ist also dank vorbildlicher Umsetzung und trotz des aufgezwungenen 16:9-Modus auch auf dem PC ein kleines grafisches Kunstwerk, bei dem die Dramaturgie über spielerische Unzulänglichkeiten siegt.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Auch auf dem PC ist der mittelalterliche Assassine ein dramaturgisches Kunstwerk mit kleinen spieltechnischen Schwächen.
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