Codename Panzers: Cold War10.03.2009, Bodo Naser
Codename Panzers: Cold War

Im Test:

Codename Panzers: Cold War (ab 3,20€ bei GP_logo_black_rgb kaufen)? Das klingt nicht wirklich nach einem neuen Spiel - als kalter Aufguss entpuppt es sich auch. Obwohl jetzt alles nach dem Zweiten Weltkrieg in explosiver Tradition platt gewalzt und zerstört wird, hat sich am immergleichen Spielprinzip kaum etwas geändert. Das ist vielleicht gut für fundamentalistische Panzers-Veteranen, aber schlecht für jemanden, der auf taktische Finesse und modernen Spielspaß wert legt.

Das andere Szenario

Welcher Krieg ist am besten für ein Spiel geeignet? Die Frage klingt seltsam, aber bei näherer Betrachtung ist sie durchaus berechtigt. Denn ein Großteil aller Kriegsspiele

Mitten in Deutschland tobt ein heißer Krieg und die Deutschen sind mal nicht die Bösen. Die Russen haben sie abgelöst.
ist im Zweiten Weltkrieg angesiedelt, ohne dass wir groß darüber nachdenken. Dafür muss es einen Grund geben. Erstens kennt jeder diesen Konflikt aus frühesten Schulzeiten und hat wenigstens schon ein, zwei Filme gesehen. Zweitens gab es eben klar definierte Gegner, die sich scharf voneinander abgrenzten. Auf der einen Seite die westlichen Alliierten, die das Gute verteidigen, und auf der anderen die Achsenmächte, die in Film und vor allem im Spiel als ewige Bösewichte fungieren.

So klar jeder die faschistischen Staaten ablehnt, so eindeutig kann man sich auf die Seite der westlichen Demokratien schlagen. Der Erste Weltkrieg ist als Szenario schon weniger scharf für ein Spiel definierbar, weil die Schuldfrage unklarer ist, da alle Mächte für den Krieg verantwortlich waren. Grundsätzlich taugt auch der Kalte Krieg von 1945-89 als Szenario, da er über eben solch klare Fronten verfügt und zudem noch unverbrauchter ist. Und mit Rücksicht auf den atomaren Overkill wurde er zum Glück nie ein heißer Konflikt, weshalb es eine Menge Möglichkeiten gibt, wie er hätte laufen können - ideal für ein Spiel: Wann bricht er aus? Wie ist der Kriegsverlauf? Wer gewinnt letztlich?

Das verspricht grundsätzlich interessante Überraschungen, die bei Panzers: Cold War jedoch eindeutig zu kurz kommen. Der Ausbruch anlässlich der Berlin-Blockade 1949 ist zwar wahrscheinlich, aber nicht sonderlich einfallsreich und viel zu früh gewählt, da der Zweite Weltkrieg gerade mal vier Jahre her ist - dadurch ist man hinsichtlich der verfügbaren Waffen wieder im alten Boot unterwegs. Dass die Russen versuchen Berlin zu erobern, ist ebenso plausibel wie vorhersehbar. Und dass sie zunächst aufgrund ihrer massiven Offensive schnell vorrücken, ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Nur: Wo bleibt das Ungewöhnliche, das Überraschende, das ein Spiel auszeichnen könnte?

Weltkrieg lässt grüßen

Trotz etwas Zeitkolorit machen die Entwickler recht wenig aus dem Nachkriegsszenario, denn es spielt sich wie - eben: Wie

Trotz Hubschrauber wird man den Eindruck nicht los, es handele sich um 2. Weltkrieg reloaded.
im Zweiten Weltkrieg. Bis 1949 hatte sich die Kriegführung nicht grundsätzlich geändert, Atomwaffen hatten nur die USA. So ist es vielfach das alte Arsenal, das man in die Schlacht schickt. Daran vermögen moderne Waffen wie Hubschrauber, Kampfpanzer oder Jetflugzeuge kaum was zu ändern, deren Bombardements jetzt die Umgebung verwüsten. Besonders bemerkbar macht es sich bei der Infanterie, die zwar panzerbrechende Waffen mitführt, aber kaum mit den motorisierten Schützen späterer Tage vergleichbar ist. Der sporadische Einsatz von Schützenpanzern ist eher für die Weltkriegszeit charakteristisch. Vielleicht wäre es besser gewesen, das Szenario wenigstens in die 60er-Jahre oder noch später zu verlegen, wo dann fast keine "alten" Waffen mehr im Einsatz waren. 

Wenn man das Szenario stehen lässt, spiegeln die Waffen das wider, was um 1950 tatsächlich zum Einsatz kam, wobei der Koreakrieg als Anhaltspunkt dient: M 48 Panzer Patton, M-59 Schützenpanzer und Jagdbomber etwa auf Seiten der Amerikaner. Leider gibt es so manchen Lapsus, denn der leichte russische Panzer T-70, auf den man immer wieder stößt, wurde bereits 1943 ausgemustert. Zudem wurde der T-62 erst an Anfang der 60er in Serie produziert, hier rumpelt er schon 1949 durchs Bild. Zum Glück kommen kaum übergroße Fahrzeuge wie die Prototypen Produkt 416 oder der M-103 vor, da das an der Glaubwürdigkeit kratzen würde. Eindeutig kratzt daran, dass es kaum Volltreffer bei Panzern gibt, weshalb man sie umständlich per Lebensbalken niederkämpfen muss. Die Macher scheinen zu vergessen, dass man einen Tank mit einer Granate oder Panzerfaust zerstören kann.

Kerntruppe im Einsatz

Ansonsten vermittelt das Echtzeit-Strategiespiel ein explosives, aber weitgehend vertrautes Bild. Zu Beginn der sich über vier Akte hinziehenden Kampagne startet man mit ein paar vorgebenen Einheiten. Durch Funde, Zukäufe sowie periodische

Die Missionen sind stets zu schaffen, auch wenn's mal wie bei den Lastern vermeintlich brenzlig wird. 
Zuweisungen lässt sich diese Kerntruppe erweitern. Ziel jeder Mission ist es, eine Reihe von Punkten auf der Karte abzuklappern, die oft von den sowjetischen Kräften befreit werden müssen, die aber kaum massiert Gegenwehr leisten. Es sind eher versprengte Trupps, die letztlich zu wenig unternehmen, als dass so etwas wie militärischer Anspruch entstehen könnte. Bisweilen muss man eine Stellung gegen eine feindliche Übermacht halten oder es gibt eine Anzahl von Lastern, die überleben müssen. Obwohl diese Spielziele unterschiedlich klingen, verläuft jede Mission in etwa gleich, woran auch die filmreife Aufmachung wenig ändert: Ziele anfahren, alles niedermähen, weiterdüsen. Eine russische Kampagne existiert erst gar nicht.

Jede Motivation, die darüber hinaus geht, speist sich daraus, dass ich mit meiner Kerntruppe den Krieg überstehen will. Wie bei Panzergeneral betreue ich eine kleine Einheit, die stetig wächst und die man von Schlacht zu Schlacht mitnimmt. Mit jedem getöteten Gegner gewinnt sie immer mehr an Erfahrung und wird so zur schlagkräftigen Spezialtruppe. Der Hobby-General kann zwischen den Schlachten neue Einheiten kaufen und bestimmen, welche er zur nächsten Mission mitnehmen möchte. Das ist über ein Punktebudget geregelt, das sich durch Siege füllt. Allerdings wächst mir die Truppe nicht sonderlich ans Herz, da schnell Ersatz beschafft ist, der nicht wesentlich schlechter kämpft. Wozu dann auf die eigenen Truppen achten?

                      

Für Nichttaktiker

Taktischer Verstand ist dabei kaum gefragt, was man schon daran merkt, dass man immer nur ein unkoordiniertes Rudel aus Fußkämpfern, Fahrzeugen und Panzern ins Feld führt. Bis auf die manuelle Lassomethode gibt es keine Möglichkeit,

In den Haufen aus Kriegsgerät und Mannen ist kaum Ordnung zu bringen. Von taktischem Vorgehen ganz zu schweigen.  
Formationen einzunehmen. So kann man auch nicht wirksam festlegen, wer vorne und hinten fährt. Schlecht für die Sanitäter und Pioniere, die oft in vorderster Front aufgerieben werden, wo sie eigentlich gar nicht hingehören. Hier wäre mehr automatisches Vorgehen ebenso wünschenswert wie beim in Deckung gehen, das nur die Gegner hinkriegen, die sich schön ducken. Im Gewusel des Kampfes ist es kaum möglich, mal Handgranaten einzusetzen, was gegen Fallschirmjäger und Schützen vonnöten wäre, die mühsam mit Schüssen niedergekämpft werden.

Flankenangriffe, Scheinattacken oder Umgehungsmanöver sind nur gefragt, wenn es das Skript mal ausnahmsweise zulässt, was viel zu selten der Fall ist. Die meisten Missionen hangeln sich von Ziel zu Ziel sogar die Nebenziele scheinen bei aller geheuchelten Spontaneität vorprogrammiert. Da wird zwar gesagt, dass man einen Brückenkopf einrichten kann, aber das ist geplant. Taktiker werden diesen Umstand bedauern, Einsteiger werde es begrüßen, denn für sie ist es von Beginn an machbar. Die Feinde treten selten in der Masse zu koordinierten Attacken an, weshalb es keine große Sache ist, sie auszuschalten. Der normale Schwierigkeitsgrad wurde seit unserer Vorschau etwas erhöht, was das Spiel jedoch nicht wirklich fordernd macht. Munitionsknappheit ist nicht zu befürchten, da man eigentlich immer genug zu ballern hat und Treibstoff gleich gar keine Rolle spielt.

Blasse Helden

Eigentlich will das Echtzeit-Strategiespiel auch mit seiner Geschichte punkten, die sich um zwei Kriegshelden der Europakrise dreht, wie der Dritte Weltkrieg hier heißt: Den Amerikaner Douglas Kirkland und den Deutschen Hans von Gröbel, die den Angriff der Sowjets als Verbündete abwehren. Obwohl Lieutenant Kirkland bereits ein bewegtes Leben in Nordamerika hinter sich hat und Oberst von Gröbel als Kriegsteilnehmer an Rommels Afrikafeldzug einiges zu erzählen hätte, bleiben die beiden seltsam blass. Der Spieler muss zwar dafür sorgen, dass die beiden überleben, die auf dem Schlachtfeld mitkämpfen, denn sonst hat man verloren. Aber darüber hinaus wachsen sie einem nicht sonderlich ans Herz. Es ist also kaum mit der Story früherer Panzers-Teile zu vergleichen, die doch etwas ausgefeilter war. Zudem werden hier die Russen stiefmütterlich behandelt, denn sie haben keinen Helden.

Nicht einmal für das eine oder andere Späßchen sind sie gut, obwohl sie regelmäßig vor und nach der Mission im Film zu sehen sind. Der Kampf gegen die Russen scheint humorlos abzulaufen, auch als der eine in Gefangenschaft gerät tut sich anders als in schmissigen Kriegsfilmen, die als Vorbild dienten, kaum was. Das einzige Aufregende ist, dass von Gröbel den Freikorps angehört, was wiederum ein historisch überaus unglücklich gewählter Begriff ist: Freikorps waren nämlich genau die Verbände, die sich in den blutigen Straßenkämpfen der frühen 20er-Jahre vieler Verbrechen schuldig machten - sie ermordeten z.B. politische Gegner wie Rosa Luxemburg. Das ist auch widersprüchlich, denn von Göbel kämpft ja auf Seiten der Westalliierten als Freiwilliger.

Explosive Inszenierung

Eines muss man zugestehen: Das Spiel ist technisch überaus professionell gemacht. Die Aufmachung stimmt, was man

Ein Spiel wie ein Actionfilm. Irgendwo fliegt immer irgendwas in die Luft.
immer wieder sieht, wenn sich Befehle ändern, kleine Filme ablaufen oder sich Szenen am Rande der Schlacht ereignen. Gleich in der ersten Mission stößt man auf einen Funkturm, der von den Russen besetzt ist. Als man das Ding beschießt, läuft ein Skript ab inklusive Video von der Erstürmung. Solche Ereignisse überraschen aber leider viel zu selten. Sonst zeigt sich das Spiel von seiner explosiven Seite, weshalb schon mal der halbe Bildschirm in Flammen aufgeht. Obwohl bei weitem nicht alles zerstörbar ist, tragen die Macher halt gern dick auf. Wem das gefällt, der ist hier richtig.

Auch sonst gibt es immer wieder Belohungen, mit denen nicht gegeizt wird. Übertrieben könnt man sagen, man nimmt mit 20 voll ausgerüsteten Panzern eine Mülltonne ein, die von einem schwach bewaffneten Russen gehalten wird und bekommt einen goldenen Orden, fünf Luftangriffe und ein halbstündiges Video spendiert. Manch einer von der PR-Fraktion wird das leicht, einsteigerfreundlich oder zielgruppengerecht nennen - ich hingegen nenne es schlicht übertrieben arrangierte Noob-Belohnung. Während der eine sich freut und per Hubschrauber gleich zwei nagelneue Panzer bestellt, frage ich mich, wann ich mir das verdient haben soll - da war doch gar nix zu leisten

       

Fazit

Ich werfe Codename Panzers: Cold War noch nicht mal vor, dass man das Szenario unglücklich gewählt hat, da es sich kaum vom Zweiten Weltkrieg unterscheidet. Ich werfe den Entwicklern auch nicht vor, dass sie ein unrealistisches Bild des Dritten Weltkrieges zimmern, das historische Schnitzer aufweist. Ich werfe den Machern jedoch vor, dass sich nichts am ewig gleichen Echtzeit-Strategieprinzip geändert hat - es kracht, es donnert, aber es fehlt der Anspruch. Panzers bleibt eben Panzers, auch wenn es nicht im Zweiten Weltkrieg spielt. Wo sind die Neuerungen? Die Fans der Reihe dürfte das eher freuen und jemand, der auf leicht verdauliche Strategenkost steht, die flott präsentiert wird, der liegt hier richtig. Fragt sich nur, wie lange er es spielen möchte, denn die Missionen sind auf Dauer immer dasselbe. Zudem macht das Spiel einen auf dicke Hose mit seinen geschenkten Bombenangriffen, allgegenwärtigen Explosionen und Belohnungen für nichts. Dahinter verbirgt sich eine ganz simple Ballerei, deren Verlauf stets vorgezeichnet ist und die noch nicht einmal ein Mindestmaß an Taktik verlangt. Gerade im Vergleich mit dem mehr Freiheit bietenden Officers wird das überdeutlich. Echtzeit-Taktik muss heutzutage etwas Besonderes bieten - ein anderer Schauplatz und eine flotte Inszenierung allein reichen da nicht!

Pro

unverbrauchtes Szenario
Kerntruppe mitnehmen
Einheiten mit zusätzlichen Fähigkeiten
für Einsteiger geeignet
leicht zugänglich

Kontra

Spielprinzip unverändert
Missionen gleichen sich
kaum taktische Möglichkeiten
Verlauf vorprogrammiert
bisweilen recht simpel
Helden bleiben blass

Wertung

PC

Ein bekannter Name und ein neuer Krieg allein reichen halt nicht.

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