Black Mirror 206.11.2009, Bodo Naser
Black Mirror 2

Im Test:

Besser spät als nie. Das gilt auch für unseren Black Mirror 2 (ab 2,15€ bei GP_logo_black_rgb kaufen)-Test, der nun nachgereicht wird. Wir mussten feststellen, dass England zu Beginn so fern ist wie die Ahnung des neuen Helden vom unaussprechlichen Schrecken auf Black Mirror Castle. Alles startet in der neuen Welt, wo sich Längen auftun. Hat es sich also wirklich gelohnt, in die düstere Welt abzutauchen?

Praktikant des Grauens

Alles beginnt jenseits des großen Teichs, wo in den Neuenglandstaaten der Protagonist seinem Ferienjob nachgeht. Darren hat es nicht leicht, denn obwohl

Der Held arbeitet nicht gern im winzigen Fotoladen seines Chefs, obwohl er dadurch auch seine große Liebe trifft. 
er eigentlich für die Fotographie brennt, macht ihm der Job im Fotoladen keinen richtigen Spaß. Das liegt weniger an der Materie als an seinem Chef, der ihn als billigen Laufburschen missbraucht. Mr. Fuller ist ein ebenso tyrannischer wie schmieriger Vertreter seines Fachs, der seine eigene Unfähigkeit durch seine unwirsche Art verdecken will und manche "Leiche" im Keller hat. Dementsprechend schnauzt er Darren ständig an und lässt keine gutes Haar an dem Studenten, den er für verweichlicht hält.

Das einzige gute an dem Job ist, dass man auch mal nette Frauen trifft, die sich allerdings nicht zu oft in Fullers Geschäft verirren, das nicht den besten Ruf genießt. Als die junge Angelina den Laden betritt, um Passfotos zu machen, wollte sie eigentlich von Darren fotografiert werden. Allerdings drängt sich Fuller vor, der sich ein hübsches Mädchen natürlich nicht entgehen lässt. Für die Frau allerdings ein zweifelhaftes Vergnügen, das sie nicht so schnell vergisst! Nach den Aufnahmen fragt sie Darren, ob nicht er ihr die Fotos bringen könne. Der ist Feuer und Flamme und sagt zu, um mit ihr allein sein zu können. Allerdings muss er erst mal an den Film kommen, was Fuller sicher nicht gern sehen dürfte.

Wahlmöglichkeit

Wie rankommen? Denn der paranoide Chef bewahrt seine Habseligkeiten in einem alterschwachen Safe auf. Klar, dass man

Wer derartige Knobelei nicht mag, kann sie beim Anfängermodus umgehen. Jedoch gilt das nicht für alle Rätsel, was inkonsequent ist.   
den in einem Adventure mit Gegenständen aus dem Inventar knacken muss. Hier wird gleich der Unterschied deutlich, für welchen Spielmodus man sich entschieden hat. Es gibt zwei Arten, das Abenteuer zu bestreiten: Erstens für Anfänger - komplett mit Spielhilfe, Hot-Spot-Anzeige und der Möglichkeit, die wüstesten Knobelaufgaben zu umgehen. Und zweitens für Hartgesottene ganz ohne Tipps, wofür man allerdings schon versiert sein muss, denn manches ist schwer zu finden. Zudem muss man Dinge oft mehrmals anklicken, um alles auszulösen.

Wer die Weicheier-Variante fährt, muss den Safe nicht selbst knacken, wenn's nicht klappt oder er plötzlich die Lust verliert. Ein Schaltfläche rechts unten sorgt dafür, dass man sofort weiter kommt, ohne zu lösen. Das gibt's leider nicht für jedes Rätsel, ist trotzdem angenehm und zudem kostenlos, da es nicht wie bei Geheimnisvolle Insel 2 Spielpunkte kostet - solche gibt es bei Black Mirror 2 nämlich zum Glück nicht. Hier zählt allein der Lösungsspaß, der jedoch angesichts der Routine oft genug auf der Strecke bleibt. Denn auch hier gilt das eherne Gesetz des Point&Click, sich mit allen über alles zu unterhalten und alles anzuschauen. Wer den Veteranen-Modus spielt, muss ohnehin wild rumprobieren, bis der Held nen Geistesblitz hat.

Kaum Hänger

Sonderlich lang muss man allerdings in den wenigsten Fällen probieren, denn die meisten Rätsel sind nicht schwer. Obwohl es immer wieder  neue Dinge zu tun gibt, finden sich genug Hinweise, Hilfen und Tipps, um weiterzukommen. Selbst wenn

Hier darf geklickt werden, wie die Hot-Spot-Anzeige verrät. Wer nicht alles akribisch absucht, kommt kaum ans Ziel.
man Sachen machen muss, die man noch nie getan hat, wie etwa Fotos zu entwickeln, findet man vergleichsweise schnell einen Weg. Meist reicht es aber, einen Gegenstand zu finden, ein paar Dinge im Inventar zu kombinieren oder mit einer bestimmten Person zu reden. Das Entwickeln scheint den Machern jedenfalls so zu gefallen, dass man es gleich mehrmals wiederholen muss. So werden auch anfänglich interessant klingende Aufgaben oft rasch zum Gähneinlage.

Leider nicht das einzige, was sich wiederholt, denn viele Dinge geben erst ihren gesamten Inhalt preis, wenn man sie anklickt, bis sich der Mauszeiger nicht mehr in ein Augensymbol verwandelt. Auch wenn man stets weiß, wo man klicken soll, ginge das einfacher, denn so wird vieles zur Klickorgie. Ein Umherirren wurde zum Glück vermieden, denn es gibt eine Schnellreisefunktion stilecht inszeniert per Postkarte bzw. per Doppelklick. Allerdings ist das auch gar nicht nötig, da der Ort ohnehin nur aus ein paar Häusern, Plätzen und Straßen besteht. Weite Weg sind also die Ausnahme, auch wenn die Rückkehr zu bereits bekannten Orten an der Tagesordnung sind.

                          

Langatmige Story

Black Mirror 2 hält mit seiner eigentlichen Geschichte zu lange Zeit hinterm Berg: Die Verbindung nach England, wo in Willow Creek der erste Teil spielte, wird zunächst nur angedeutet - zwei von

Die Story lässt nichts aus. Als Versicherungsagent sucht ihr den Schein eurer Mutter, damit sie behandelt wird.
sechs langen Kapiteln spielen somit in den USA. Man muss erst selbst rausfinden, um was es geht, so dass man den ersten Teil nicht gespielt haben muss, um es zu verstehen. Darren hat schließlich ebenso wenig Ahnung wie der Spieler. Nach und nach treten endlich ein paar Querverbindungen auf, was aber zu lang dauert: Seine Mutter kommt aus England, im Städtchen treibt sich ein seltsamer Typ mit britischen Akzent rum und Angelina ist ebenfalls Britin. Alles nur Zufall oder steckt etwa mehr dahinter?

Die behäbige Erzählweise hat aber auch ihre Tücken, denn sie weist doch Längen auf. Nicht alles, was sich zuträgt, ist unbedingt spannend. Gerade das Kleinklein der Bewohner des Küstenstädtchens interessiert kaum. Das trifft leider auch auf jenen Teil zu, der das Salz in der Suppe sein sollte: Die Liebesgeschichte um Angelina, die seltsam zaghaft verläuft. Sind nicht beide Studenten, die für einander gemacht scheinen? Da müsste es doch mehr funken, um ein glaubhafte Liebegeschichte zu erzählen. Ein Gefühlsfeuerwerk wird jedenfalls nicht entzündet, denn es macht fast noch mehr Spaß, den Versicherungsschein für Darrens Mum zu suchen. Die Macher können anfangs Interesse wecken, aber sie tun sich schwer, etwas mitreißend zu erzählen.

Eher Monologe

Der Eindruck einer gewissen Langatmigkeit kommt sicher auch davon, dass man sich buchstäblich mit Gott und der Welt

Während Darren alles durchforstet, gibt er Kommentare von sich, die oft belanglos sind. Nur gelegentlich rastet er unvermutet aus.  
über Gott und die Welt unterhalten muss. Die Gespräche sind leider nicht mit echter Multiple-Choice-Funktion, da man mal wieder nur das Thema bestimmen kann. So ist es letztlich egal, was man fragt, was die Motivation für die Gespräche nicht gerade steigert. Das ist seltsam wenig für ein Spiel, das doch recht dialoglastig ist. Belanglosigkeiten stehen auch hier wie bei der Story im Vordergrund: Wer mit wem? Wie gefällt ihnen die Gegend? Wie komme ich an einen Gegenstand?

Die Vertonung der Dialoge ist ebenfalls zwiespältig, da sie nicht immer überzeugt. Zwar wurden die Gespräche professionell vertont, aber nicht alle Stimmen sind unbedingt gelungen. Der deutsche Sprecher von Fuller gibt sich leider keine allzu große Mühe, da sich seine Stimme förmlich überschlägt, wenn er aufgeregt spricht. Für den großen Unsympathen mag das noch stimmen, aber es gilt leider auch für Darren, auch wenn nicht all zu oft, wenn er sich mal wieder künstlich aufregt. Er besitzt aber zumindest eine aus anderen Medien vertraute Stimmte, was für viele Nebenfiguren nicht gilt. Unter Strich daher keine herausragende Vertonung.

Idyll und Schrecken

Verglichen mit dem ersten Teil ist Black Mirror 2 zunächst weniger finster als gedacht.

Über der Szenerie brauen sich immer mehr Wolken zusammen, je weiter die Story voran schreitet.
Das nordamerikanische Hafenstädtchen ist eher idyllisch als düster. Dort bläst der Wind, die Häuser sind geputzt und sogar die Sonne schaut mal hinter den Wolkenbergen hervor. Später dann im englischen Willow Creek versucht man mehr an die Düsternis des ersten Teils heran zu reichen, was aber nicht immer atmosphärisch überzeugt. Im Laufe der Geschichte verfinstert sich die Szenerie immer mehr, je mehr von den Untaten der Akteure ans Licht kommt. Eigentlich war schon von Anfang an klar, dass der eine oder andere Dreck am Stecken hat.

Sonst überzeugt die Mischgrafik durch Schärfe und große Detailreichtum, der die Beobachtungsgabe des Spielers auf die Probe setzt. Leider sind viele Dinge gar nicht wirklich wichtig, wie etwa die verschiedenen Autos, die Einrichtung der Läden und Wohnungen, obwohl man es meinen könnte. Im American-Diner etwa gibt es eine Menge Sachen, die man gar nicht anklicken kann, obwohl viel rumliegt. Auch hier steht viel Zeugs rum, die der reinen Dekoration dient. Die Hot-Spot-Anzeige entlarvt diese Staffage mit einem Blick.

           

Fazit

Black Mirror 2 ist leider keine rundum gelungene Fortsetzung des ersten Teils. Obwohl es zeitlich nach Teil 1 angesiedelt ist und dessen Story fortführen sollte, spielt es sich doch oft, als wäre es irgendein Adventure. Der Anfang, der in Nordamerika spielt, ist zu lang geraten, trotz des Mords wenig spannend und verzettelt sich im Kleinklein des Städtchens. Was interessiert mich, wer wen im Dorf nicht leiden kann? Hier fehlt der innere Zusammenhang, der die Verbindung nach Black Mirror Castle weist. Erst als es nach zwei langen Kapiteln nach England geht, wird das etwas besser, was aber thematisch nie an den ersten Teil heran kommt. Zwar weist das Adventure eine hohe Dichte an Rätseln auf, aber viele sind zu schnell gelöst und das nicht nur, wenn man sich für den einfacheren Anfänger-Modus entscheidet. Jedes Mal wenn etwas spannend klingt, ist es rasch gemacht und Dinge, die wenig interessant sind, werden bis zum Exzess ausgetreten. Zu oft befinden sich Schlüssel im selben Raum wie das Schloss, das man öffnen soll. Was soll das? Das vergrätzt doch Adventure-Veteranen nur. Dann wieder gibt es Rätsel, die ewig zu dauern scheinen, weil man vom Hundersten ins Tausendste kommt. Dass man viele Hot-Spots mehrfach anklicken muss, trägt nicht gerade dazu bei, dass solche schwächere Stellen weniger nerven. Zudem bewegt man sich auf kleinem Raum, weshalb man immer wieder zurückkehren muss, um noch mal alles anzusuchen und mit allen zu reden. Die Dialoge sind nicht durchweg ein Genuss, da die deutschen Sprecher unangemessen reagieren, wenn sie künstlich ausrasten. Das alles führt dazu, dass man sich öfters fragt: Wann geht's endlich weiter? Zweifel dürften insbesondere diejenigen bekommen, die schon den ersten Teil genossen haben. Wer nur ein weiteres Adventure will, ist bei Black Mirror 2 richtig, wer eine echte Fortsetzung will eher nicht.


Pro

mysteriöse Story
machbare Rätsel
hohe Rätseldichte
abgestufte Spielhilfe
für Einsteiger und Profis

Kontra

Story hat Längen
spielt sich nicht wie echte Fortsetzung
Rätsel bisweilen wenig anspruchsvoll
Klickorgie, um alles zu finden
Rückkehr nötig

Wertung

PC

Die Story hat ihre Längen und verzettelt sich zu sehr im Kleinklein.

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