Criminal Intent29.06.2007, Bodo Naser
Criminal Intent

Im Test:

Euer Traumberuf ist Polizist bei der New Yorker Mordkommission? Dann könnt ihr schon mal mit Criminal Intent (ab 24,90€ bei kaufen) üben, was da so alles zu tun ist. Das Krimi-Adventure von Legacy Interactive erscheint nach fast zwei Jahren jetzt auch auf Deutsch bei bhv. Anspruchsvolle Spurensuche oder langweilige Ermittlung?

Law & Order lässt grüßen

Gestern habe ich zum ersten Mal eine komplette Folge Criminal Intent im Fernsehen angeschaut. Sie bot solide Krimiunterhaltung ohne große Überraschungen. Da die Serie ein Ableger von

Such- und Sammelspiele im Dienste der Polizei, wie sie keinen großen Spaß machen. 
Law & Order ist, sind die Parallelen unverkennbar. Besonders der Schauplatz, die typische Musik und der Aufbau wurden übernommen. Allerdings ist es eine ganze Ecke psychologischer, was insbesondere in den Verhören des von Vincent D'Onofrio gespielten Polizisten Robert Goren Ausdruck findet, die die Highlights jeder Folge sind. Bei den neueren Folgen wechselt er sich mit einem anderen Team ab. Die gerichtliche Aufarbeitung des Falles wie bei Law & Order entfällt hingegen.

Die Umsetzung der drei Fälle im Adventure folgt dem bekannten Schema. Wer schon einmal Law & Order gespielt hat, weiß was ihn erwartet: Spuren einsammeln, Verdächtige in die Mangel nehmen und anschließend alles im Polizeirevier auswerten lassen. Schwierig ist das alles nicht, so dass auch Neulinge auf dem Gebiet der Verbrechensbekämpfung rasch zurechtkommen. Weniger einsteigerfreundlich ist mal wieder, dass ihr euch in der Fallakte durch einen Wust an Hinweisen kämpfen müsst. Ein wenig Ordnung bringt da nur das interaktive Täterprofil, wo nur die wichtigen Daten landen. Hier seht ihr, wer für den Mord in Frage kommt.

Sterile Wasserleiche

Beim ersten Mordfall untersucht ihr eine männliche Leiche, die am Ufer des Hudson angespült wurde. Da Tatort und Fundort nicht identisch sind, ist es zunächst schwer, mehr über das Opfer zu erfahren. Ein Angler, der den Toten aus dem Fluss gefischt hat, weiß auch nicht viel; er ist wohl nur ein Zeuge. Zum Glück errechnet das Labor aus der Fließgeschwindigkeit, wo der Tote in etwa ins Wasser geworfen wurde. Ihr begebt euch dorthin, um Spuren einzusammeln. Hier gibt es deutlich mehr Anhaltspunkte als am Fundort. Blut, Schleifspuren und Fußabdrücke des Täters, alles leicht zu finden. Der Gruselfaktor hält sich in Grenzen, da sogar die Wasserleiche seltsam steril wirkt.

Ihr findet außerdem Schnipsel von kubanischen Zigarren, die vom Wagen des Opfers stammen. Scheinbar handelte es sich um einen Staatsanwalt, der mit allem Nachdruck im Fall eines Mafioso ermittelte. Ist er dem organisierten Verbrechen zum Opfer gefallen? Die zwei anderen Fälle sind in etwa ähnlich aufgebaut. Trotz filmischer Aufmachung mit gelegentlichen Rendervideos besitzen sie wenig Flair, woran auch das virtuelle Pendant von Detective Goren wenig ändern kann. Leider fehlt seine Partnerin aus dem TV, die die stocksteife Inszenierung auflockern könnte, da er stets alleine ermittelt.

Handlanger der Polizei

Die Suche nach den Verbrechern gestaltet sich nicht gerade sonderlich abwechslungsreich, da sich nach kurzer Zeit eine gewisse Routine einschleicht. Zuerst tütet ihr am Tatort alle Indizien, Aussagen und Gegenstände ein, die ihr dann per PDA

Die Auswertung der Spuren ist ziemlich umständlich, da ihr jeden Punkt einzeln durchgehen müsst.  
ans Labor schickt. Verdächtige lasst ihr von der dafür zuständigen Einheit überwachen. Das müsst ihr umständlich für jedes Beweisstück einzeln machen, was man besser automatisiert hätte. Ihr lasst ohnehin alles untersuchen, auch wenn es eine falsche Fährte ist. Noch blöder ist, dass ihr in Zeiten von Internet und Handy persönlich bei den Kollegen vorbei müsst, um ihre Berichte zu hören. Das ist viel Laufarbeit, die einem auf Dauer auf den Geist geht.

Wer jetzt glaubt, dass vielleicht mit den Verhören etwas mehr Spannung aufkommen würde, der ist auf dem Holzweg. Wann immer jemand auszuquetschen ist, kommt ihr in ein extra Menü mit verschiedenen Anzeigen. Ihr bestimmt, ob ihr eher aggressiv, schnippisch oder gutmütig fragt, was dann Auswirkung auf den Zeugen hat. Obwohl diese manchmal verstockt reagieren, ist alles so leicht gemacht, dass ihr am Schluss immer die Aussage bekommt. Notfalls fragt ihr einfach noch mal, was auch bei Berufsverbrechern ohne Abzug möglich ist. Von den psychologisch ausgefeilten Verhörmethoden Gorens im TV nicht die leiseste Spur.

                        

Leichte Rätsel

Auch bei den dünn gesäten Rätseln ist das Niveau meist nicht sehr anspruchsvoll. Dass ihr mal irgendwo einen Schlüssel, einen Code oder anderes Gerät einsetzen müsst, ist da eher die Ausnahme. 

Der virtuelle Krempel staut sich im Invenar, das übersichtlicher und besser bedienbar sein könnte.
Wenn das dann mal nötig wird, ist es trotz der bisweilen umständlichen Bedienung schnell erledigt. Andere Beispiele sind Puzzlearbeiten, wo ihr aus ein paar Schnipseln einen Text oder ein Bild zusammensetzen müsst. Wann ein Rätsel zu Ende ist, erfahrt ihr stets durch das anschließend ablaufende Videoschnipselchen, das als kurze Belohnung dient. Alles ist darauf ausgerichtet, neue Schauplätze zu bekommen, die im Spielverlauf freigeschaltet werden. Dort geht's dann wie gehabt weiter.

Negativ fällt hier allenfalls auf, dass im Inventar die normalen Sachen nicht von den Beweisstücken getrennt sind. Trotz des stichwortartigen Tagebuches im Handheld und den verbalen Hinweisen des Polizisten selbst, ist manchmal nicht so klar, was denn zu tun ist. Dass ihr aus den Schnipseln nur ein Bild und nicht alle zusammensetzen sollt, steht nirgends. Auch wenn ihr jemand etwas geben sollt, ist oft unnötiges Herumprobieren nötig, nur weil ihr nicht genau versteht, worum es eigentlich geht. Wie es halt so läuft, ist man oft verwundert, welcher Gegenstand schließlich zum Erfolg führt. Eindeutigere Hinweise wären hier Trumpf.

Steriles Ambiente

Technisch ist Criminal Intent überholt, was daran liegt, dass das Spiel schon fast zwei Jahre auf dem Buckel hat. Die unbewegten 2D-Hintergründe der Tatorte, Büros und Wohnungen gehen gerade noch durch, aber die 3D-Akteure sehen grob aus, was nicht nur an der angestaubten Grafik liegt. Die eine oder andere Figur sieht einfach daneben aus, von den stocksteifen Bewegungen mal ganz abgesehen. Es gibt nur eine feste Auflösung. Zudem ruckeln die Bewegungen und manchmal dreht sich Vincent D'Onofrio gleich dreimal um seine Achse. Wäre das alles in Ordnung, würde es dennoch den sterilen "Charme" einer im Untergeschoss eines Parkhauses versteckten Registratur vermitteln. Jede noch so alte und hundert Mal gesehene Columbo-Folge mit Peter Falk hat hier deutlich mehr Flair.

Die Sprachausgabe bietet immerhin die deutsche Originalstimme von Vincent D'Onofrio, ansonsten ist sich aber ohne Highlights. Manch latinomäßiger Akzent hört sich gar merkwürdig an, manches klingt sogar eher russisch. Negativ zu erwähnen ist noch das eine oder andere Geräusch, das unnatürlich klingt. Wenn euer Polizist läuft, hört sich das verdammt hohl an, als wäre es durch eine Gießkanne aufgenommen wurden.

       

Fazit

Die PC-Umsetzung von Law & Order war schon nicht besonders spannend und Criminal Intent macht es nicht bedeutend besser. Zwar wirkt alles ein wenig moderner als beim großen Bruder, aber das auf Dauer eintönige Spielprinzip hat sich nicht verändert. Ihr spielt immer noch den Spürhund, der alles Pixel für Pixel absucht, einsammelt und umständlich ans Labor schickt. Dann wartet ihr, bis alles ausgewertet ist, wonach dann neue Orte auf der Karte angezeigt werden, an denen es ähnlich weiter geht. Die Zeugengespräche sind zwar etwas interaktiver als bei Law & Order, aber richtig anspruchsvoll sind sie nicht. Überhaupt ist das Adventure viel zu leicht geraten, so dass alles ein Kinderspiel ist. Mit das größte Manko ist aber, dass die Fälle wenig spannend sind, weil es anders als bei der TV-Serie kaum menschliche Tiefe gibt. Die Krimiserie lebt von ihrem Hauptdarsteller, Vincent D'Onofrio, der im Spiel kaum individuell, hüftsteif und auswechselbar erscheint. Auch äußerlich kann Criminal Intent mit der in die Jahre gekommenen Kulisse nicht punkten. Insgesamt handelt es sich leider um eine typische Umsetzung, die wieder einmal reichlich lieblos daher kommt.

Pro

Wiedersehen mit bekanntem Ermittler
Reihenfolge der Fälle wählen
interaktives Täterprofil
Tipps und Hinweise

Kontra

leidlich spannende Fälle
alles wirkt steril
nicht sehr anspruchsvoll
Polizeiarbeit ist immer dasselbe
Datenflut im PDA
Hinweise helfen oft wenig
umständliche Bedienung
viel hin
und herlaufen

Wertung

PC

Nichtssagende Umsetzung, die kaum spannende Krimiunterhaltung bietet.

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