So Blonde19.03.2008, Bodo Naser
So Blonde

Im Test:

Eine Blondine, eine gar nicht so einsame Insel und ein Piratennest - das sind die Zutaten, aus denen So Blonde (ab 20,00€ bei kaufen) von Wizarbox gestrickt ist. Das klingt auch ein wenig nach Monkey Island mit einer Frau in der Hauptrolle, was durchaus gewollt ist. Gelingt es dem scheinbar harmlosen Comic-Adventure an den Klassiker anzuknüpfen?

Blondinen bevorzugt?

Was ist dran am Bild von der kurvigen Blondine? Nun, man könnte die gelben Haare als modernen Mythos sehen, der im Showgeschäft von Frauen wie 

Obwohl Sunny bis zur Hälfte des Abenteuers noch glaubt, im Fluch der Karibik-Ressort zu sein, wird sie nicht gleich kielgeholt. Die Piraten sind viel zu harmlos, wie vieles im Spiel. 
Marlene Dietrich, Marylin Monroe oder Pamela Anderson verkörpert wird. Das typische Klischee einer Blondine: hübsch, aber geistig beschränkt. Ihre Naivität hält sie jedoch nicht davon ab, ihre Reize für ihre Zwecke einzusetzen. Dass etwas dran sein muss, bestätigen sicher auch die unzähligen dunkelhaarigen Frauen, die blond bewusst als Haarfarbe wählen. Wenn es denn wirklich so furchtbar wäre, blond zu sein, wieso färben sich dann so viele Frauen gerade in südlichen Gefilden ihre Haare blond? Scheinbar ist gutes Aussehen doch wichtiger als Intelligenz.

Natürlich spielt auch So Blonde mit dem Klischee, das hier in Form einer blonden 17-jährigen durch die Inselwelt stakst, die zusätzlich auch noch mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde. Für ein tumbes Blondchen ist sie eigentlich zu clever, denn sie wirkt eigentlich mehr versnobt als typisch blond. Zwar gibt es spärliche Anspielungen auf das angeblich sexy Aussehen von Sunny, wirklich bestimmend sind aber eher die auf ihren Reichtum. Etwa wenn sie mit Handy, Schminktäschchen und Kreditkarte herumwedelt, um dann den Manager der "Piratenthemenwelt" sprechen zu wollen. Missverständnisse mit den Einheimischen sind inbegriffen, denen solches Verhalten freilich fremd ist.

Story ohne Schwung

Die Zurückhaltung der Bewohner gegenüber Sunny ist verständlich, da sie nicht aus ihrer Welt stammt. Obwohl ursprünglich vom Luxusschiff gefallen, wie wir in der kurzen Anfangssequenz sehen, landet sie unvermutet auf einer Pirateninsel des 18. Jahrhunderts. Als Mensch der Moderne ist das Luxuspüppchen dort natürlich aufgeschmissen, weshalb sie nichts wie weg will. Doch das entpuppt sich als gar nicht so einfach, wie Sunny im Laufe des knapp 15 Stunden langen Abenteuers feststellen muss. Denn eigentlich hat noch nie jemand die Insel wieder verlassen, wie sie von Poet Juan erfährt. Neben Sunny dürft ihr ab und an auch noch andere Personen spielen, wie ihren tierischen Begleiter Max.

Viel gibt die von Steve Ince ersonnene Story nicht her, da sie trotz Erzbösewicht One-Eye-Jack viel zu harmlos ist. Vielleicht liegt es daran, dass der Baphomets Fluch-Schöpfer bislang wenig Erfahrung mit witzigen Spielen hat. Dort wo sich Sam & Max mit Frechheiten überbieten, Verrücktheiten pflegen und einen Stilbruch nach dem anderen starten, gibt es hier fast nur Plattitüden. Schade, denn die Story vom Blondchen, das sich in einer fiesen Männerwelt durchbeißen muss, hätte durchaus Potenzial. Aber Sunny wird noch viel zu gut behandelt, obwohl sie eigentlich von Strauchdieben, Halsabschneidern und Mördern umgeben ist. Es gibt sogar einen weiblichen Piratenkapitän. Außerdem kommt die Story nur ganz allmählich in Schwung, da sich das erste Kapitel viel zu zäh hinzieht.

Rätseltechnisches

In So Blonde gibt es zwei Arten von Aufgaben: Klassische Rätsel und Minispielchen. Bei den Rätseln handelt es sich fast ausnahmslos um Inventar- und Dialogrätsel, die sich als konservativ aber lösbar entpuppen. Echte Kopfnüsse zum Knobeln

Gar nicht so einfach, in die befestigte Stadt reinzukommen. Obwohl der Bürgermeister wartet, muss die Heldin erst verschärft "anklopfen".
sind die absolute Ausnahme, obwohl einiges doch unlogisch ist. Dass ihr Sachen etwa nur im Eimer und nicht im Bach waschen dürft. Obwohl ihr euch innerhalb der vier Kapitel auf dem Eiland bis auf künstliche Sperren frei bewegen dürft, gibt es stets nur einen Weg zur Lösung. So wäre eine Stelle wie die, wo Sunny zum Bürgermeister rein möchte, geradezu prädestiniert für mehrere Lösungswege. An der Vorzimmerdame vorbeischleichen, hochklettern oder den Gärtner bestechen, damit er Lärm macht? Ist alles nicht, denn Sunny bleibt nur ein Weg. Nicht die einzige Stelle, wo sich mehrere Wege andeuten, aber nicht begehbar sind.

Das Beste an den actionreichen Minispielchen ist eigentlich, dass sie sich problemlos umgehen lassen. Wer sich dafür entscheidet, erhält die Belohnung auch ohne gewonnen zu haben. Ansonsten dürft ihr euch auch in Geschicklichkeitsspielchen, Wurf- und Sporteinlagen üben, deren Bedienung gewöhnungsbedürftig ist. Wie auf dem GameBoy sammelt ihr mit eurer Figur Tropfen ein, die immer schneller vom Himmel fallen. Spaß macht das nur bedingt, auch wenn es vom Schwierigkeitsgrad unterschiedlich ausfällt. Eher die Ausnahme sind hierbei gelegentliche Reminiszenzen an Monkey Island, etwa wenn sich die Protagonistin im Witze erzählen mit einer Brünetten messen muss.

                 

Harmlos bis unsexy

Auch optisch gibt sich das Comic-Adventure betont bunt und harmlos, weshalb es sich die ab zwölf Jahren redlich verdient hat. Schlecht ist das natürlich für die erwachsene Spielerschaft, die sich in Sachen Erotik angesichts des Themas vielleicht

Den Ladebildschirm seht ihr öfters, als euch lieb ist. Wirklich sexy ist das Blondchen eigentlich nie, weshalb auch Kids spielen dürfen.   
etwas mehr vorgestellt hat. Doch Schlüpfrigkeiten werden gekonnt und völlig unfranzösisch umschifft, wohl um das angelsächsische Publikum nicht zu verschrecken. So ist freilich auch beim Striparmdrücken partout nix zu sehen, selbst wenn 'Dünnarm' Sunny ihre Bluse ausziehen muss. Auch von ihrer naiven Art her ist Sunny eher unerotisch, was sich an ihrem ständigen Genörgel liegt, obwohl sie rein äußerlich das Zeug zur Sexbombe hätte.

Einiges in So Blonde ist arg klein gezeichnet, woran wohl auch die Umstellung auf Breitwandformat nichts ändert. Wenn ihr etwa ganz hinten im Dorf umherstreicht, wird's arg fitzelig, so dass der kläffende Köter gar nicht mehr recht zu sehe ist. Er ist nur an seinem Grrr zu erkennen. Da hilft es auch nicht viel, dass ihr euch die wichtigen Stellen per Hot-Spot-Anzeige aufzeigen lassen könnt. Auch die wichtige Schaltmechanik mit dem Totenkopf aus Fluch der Karibik vor Morganes Tür ist fast nicht zu sehen. Die über 40 Schauplätze sind durchaus professionell gezeichnet und mit Details geradezu überfrachtet. Leider hat man an den Videosequenzen gespart, denn es sich auch zwischen de Kapiteln nur als Standbilder im Comicstil zu sehen.

Witz komm raus!

Auch sonst kann sich das französische Adventure nicht so recht entscheiden: Will es nun die taffe Jugendliche präsentieren, die sich bewundernswert durchboxt, oder doch eher uralte Blondinenklischees reproduzieren, die selbst das Publikum einer Sat1-Comedyshow nicht mehr lustig finden würden? Bisweilen rutschen die Späße ins Läppische ab, etwa wenn die fiesen Piraten ein Stofftier in ihrer Hängematte aufbewahren. Humor ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem lacht. Und so zündet auch hier bei weitem nicht jede Spaßkanonenkugel, noch am lustigsten sind die Momente, wo Sunny irgendetwas Modernes erwähnt, das natürlich niemand kennt.

Stimmlich nervt Sunny glücklicherweise noch am wenigsten, da sie die Stimme von Gabriele Pietermann verpasst bekommen hat, die schon als deutsche Hermine in den Harry Potter-Verfilmungen zu hören war. Ansonsten sind auch noch Christine Pappert und Thomas Karallus zu hören, die als Heffernans in der TV-Serie King of Queens zu hören sind. Die Sprachausgabe ist professionell aufgenommen und kann sich hören lassen. Von der Musik kann man das leider nicht mit gutem Gewissen behaupten, denn es gibt auch Klänge, die an einen Pornofilm der 70er-Jahre erinnern oder an Quietschtöne wie aus einem Film mit Louis de Funes.

Aufm Schlauch

Leider ist es öfters so, dass ihr nicht mehr genau wisst, wie es weiter gehen soll. Nun, dieser Punkt kommt eigentlich in

Wo war nochmal...? Ein Beispiel für die kleinteilige Comic-Darstellung. Bei manchen Szenen seid ihr trotz Hot-Spot-Anzeige auf gute Augen angewiesen. 
jedem Adventure irgendwann mal, aber hier doch öfter als nötig. Ein Journal mit den aktuellen Aufgaben wäre hier Trumpf gewesen, das es aber leider nicht gibt. Auch dumm ist, dass die Dialogoptionen der Personen wieder da sind, wenn ihr euch von neuem mit ihnen unterhaltet. Das verwirrt zusätzlich, da ihr vielleicht nicht mehr wisst, ob ihr nun mit jemand geredet habt oder nicht. Die oft verwirrende und kleinteilige Darstellung tut ihr übriges dazu, dass alles unüberschaubar wirkt.

Hinzu kommt, dass ihr immer alles eingesammelt und mit jedem geredet haben müsst, bis es endlich mal weitergeht. Wenn ihr eine Möglichkeit überseht, latscht ihr über die halbe Insel, bis ihr dahinter kommt, wo was zu tun ist. Da kommen trotz Bescheunigungsfunktion ganz schöne Laufwege zusammen. Ein weiteres Ärgernis sind die ewigen Ladezeiten, die sich ebenfalls zusammen summieren. Überall lädt der Rechner munter nach, als müsste er jeden Bildpunkt einzeln in den Speicher schaufeln. Dass nun wirklich vor jeder Bild neu geladen werden muss, will in Zeiten von Rechnern mit 2 GB RAM Speicher nicht in den Kopf.

         

Fazit

So Blonde ist ein brauchbares Comic-Adventure, könnte aber weit besser sein. Es bietet Rätsel auf durchschnittlichem Niveau, die aber trotz luftig bunter Aufmachung erzkonservativ sind. Alles wie gehabt - die Aufgaben, der eine Lösungsweg, die viele Laufarbeit und das lineare Vorgehen. Die nicht immer leicht steuerbaren Minispielchen sind zum Glück ohne große Relevanz, da sie oft mehr nerven als Spaß machen aber umgehen lassen. Das Hauptproblem ist jedoch, dass sich das Abenteuer nicht recht entscheiden mag: Soll Sunny vorgeführt werden als reiche Göre aus der Jetztzeit oder soll sie eine ernsthafte Rolle einnehmen, der Bewunderung entgegen schlägt? Leider ist vieles zu harmlos, oft sogar läppisch und folglich nicht witzig. Humoristische Highlights wie der Wettkampf im Witzerzählen blitzen zu selten auf. Kein Wunder also, dass sich auch die Story zäh wie Kautabak dahin zieht. Soll es nun ein witziges Piratenabenteuer sein, um die finsteren Pläne von One-Eye gehen oder doch die Befreiung der Insel? Das Ganze kommt einem irgendwie vor wie eine Mixtur aus Monkey Island, Lederstrumpf und Fluch der Karibik, wobei Paris Hilton dann die Hauptrolle übernimmt. Diesen Mischmasch merkt man auch den eigentlich schön gezeichneten 2D-Landschaften an: Sie sind überfrachtet, schwer zu durchschauen und es gibt keine einheitliche Linie.

Pro

buntes Comic-Adventure
Blondinenklischees
harmlose Späße
lösbare Rätsel
auch Max spielen

Kontra

oft läppisch
teils unlogische Rätsel
kommt zu zaghaft in Schwung
maue Story
zahnloser Humor

Wertung

PC

Das harmlose Abenteuer weiß trotz Story von Steve Ince nicht so recht, was es will.

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