Runaway: A Twist of Fate25.11.2009, Bodo Naser
Runaway: A Twist of Fate

Im Test:

Wieso, weshalb, warum ist Brian Basco tot? Wer das wissen möchte, muss Runaway: A Twist of Fate (ab 0,95€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) spielen, den inzwischen dritten Teil des spanischen Comic-Abenteuers. Gelingt es Gina, das Geheimnis um Brians Ableben zu lösen? Wir sind ihr gefolgt…

Saat für Gottesacker

Alles beginnt spannenderweise auf dem Friedhof, wo Brian Bascos Leben so plötzlich endete. Es ist erfreulich, dass sich

Der Comicstil kommt einem vertraut vor, aber die Kulisse zeigt sich insg. etwas düsterer als bisher.
die Story nicht lange Zeit lässt und sofort zur Sache kommt. Die Beerdigung hat gerade stattgefunden und alle sind fort - bis auf Gina, die dunkelhaarige Geliebte von Brian, die man schon aus den Vorgängern kennt. Man spielt zunächst sie, die einen seltsamen Anruf auf dem Handy erhält. Lebt Brian doch noch? Wenn ja, müsste er sich noch im Grab befinden. Nur wie bekommt ihn die zierliche Frau dort raus? Eine massive Platte ziert nämlich Bascos letzte Ruhestätte.

Hier fällt sogleich auf, dass Runaway eine Ecke finsterer ist als sein Vorgänger. Der spielte noch auf einer Südseeinsel, wo man am weißen Strand auf Surfer traf, den grünen Dschungel erforschte und die Sonne vom blauen Himmel strahlte. Dieses Mal sind die Farben gedeckter und die Szenerie düsterer, obwohl sich am Grafikstil der Pendulo Studios wenig geändert hat, denn Runaway ist immer noch ein beeindruckend gezeichnetes Comic-Adventure. Allerdings passt der erste Eindruck zum Inhalt, denn es geht auch um härtere Themen wie Sterben, Irrenhäuser oder Mord.

Bedroht von außen

Natürlich steckt noch mehr dahinter, als der erste Eindruck verrät, was aber zunächst nur angedeutet wird. Die lebhaft inszenierten Zwischensequenzen legen nahe, dass die beiden ansehnlichen Helden von Dunkelmännern verfolgt werden. Da gibt es z.B. Gestalten, die im Auto vor dem Friedhof lauern. Was führen sie im Schilde? Hat Brian nicht mal als Toter seine Ruhe? Wollte er seinen Tod nur vortäuschen, um von sich abzulenken? Die Videos sind eines der Highlights des Adventures, die nicht nur zwischen den Kapiteln zu sehen sind, sondern auch die Lösung manches Rätsel versüßen.

In den langatmigen Gesprächen sind Hinweise auf das nächste Rätsel versteckt - hier geht es knackiger zur Sache.
Im zweiten von sechs Kapiteln wird's noch ne Ecke mysteriöser: Jetzt spielt man Brian, der in einer Nervenheilanstalt eingesperrt ist. Angeblich soll er in einem Anfall von Wahnsinn, den tarnfarbenen Colonel aus dem zweiten Teil - einen echten Kommisskopf- umgebracht haben. Was steckt da wieder dahinter, denn der sympathische Rotschopf ist wahrlich kein irrer Killer? Vermutlich will man ihn mundtot machen. Fragt sich nur, wer daran ein Interesse hat, dass Basco von der Bildfläche verschwindet. Bei Licht betrachtet sind es doch mehr Leute als gedacht!

Die Story beginnt furios, hängt aber im dritten Kapitel ziemlich durch, da die dortige Mordermittlung sich nicht nahtlos ins sonstige Geschehen einfügt. Das wirkt eher wie ein Bremsklotz in der ansonsten schwungvollen Geschichte, die von ihren zwei sympathischen Hauptakteuren lebt. Zum Glück nimmt die Story gegen Ende wieder Fahrt auf, was den Mittelteil aber nur teilweise wieder wettmacht. Denn wer dort die Lust verliert, kommt gar nicht zum Schluss.

Rätsel überall

Die Szene in der Irrenanstalt ist gleich ein Beispiel dafür, was man bei Runaway 3 alles anstellen muss, um weiter zu komme: Zunächst hört es sich so an, als würde es mehrere Lösungswege geben. Aber das war nur ein frommer Wunsch, denn das Adventure ist trotz vieler Dialoge so linear wie die Schnüre, an denen der Engel aus dem ersten Kapitel baumelt. Meist ist schon zu Beginn klar, wohin grob die Reise geht. Im zweiten Kapitel muss man etwa durch die Lüftungsschächte türmen. Allerdings ist der einzige Raum, von dem das möglich erscheint, natürlich verschlossen. Wie also raus kommen?

Dafür muss man einen ganz schönen Umweg nehmen, denn allein kommt man nicht in die Lüftungsschächte, weil sie zu eng für Basco sind. Immerhin ist man mit einem Zirkuskünstler auf dem Zimmer, der sich nach Wunsch verbiegen kann. Nur wie bringt man den "Schlangenmenschen" dazu, sich in die Schächte zu quetschen? Da er in seiner eigenen Welt lebt, könnte man ihn bei seiner Ehre als Akrobat packen. Auf dem Weg dorthin muss man immer wieder die Besonderheiten der Insassen beachten, mit ihnen reden und sie gegeneinander ausspielen.

                 

Machbar bis undurchsichtig

Weshalb musste Brian Basco sterben? Im Laufe des Adventures findet man mysteriöse Antworten...
Wieso konnte ich mit Runaway 2 nicht so viel anfangen? Ganz einfach: Die Rätsel im Vorgänger waren unnötig kompliziert. Obwohl man oft schon lange vorher sah, wie etwas laufen könnte, war es dann doch viel schwerer als gedacht. Wenn man sich schon am Ziel glaubte, gab es immer noch was drauf, was zu lösen war - der eine findet soetwas genial und der andere eben nervig. Und ich gehöre zur letzteren Fraktion, weil ich das Gefühl habe, dass mir hier unnötig etwas aufgezwungen wird, um die Rätsel zu strecken.

Dieses Mal ist aber alles machbarer. Die Rätsel sind zumindest in den ersten beiden Kapiteln stets lösbar, weil sie nicht so verkopft sind. Zudem gibt es keine fiesen Knobelaufgaben, an denen man sich die Zähne ausbeißt, da nur Inventar- und Dialogrätsel vorkommen. Das ändert sich leider schlagartig im dritten Kapitel, wo es dann nicht mehr unbedingt logisch zugeht. Die Lösungswege sind dann nicht immer nachvollziehbar. Wie man an einer Stelle darauf kommen soll, dass man gerade Fischgräten braucht, weiß noch nicht mal Gina, wie sie uns erstaunt mitteilt. Schließlich ermittelt sie in einem Mordfall und geht nicht zum Angeln.

Hilfe für (fast) alle Fälle

Für alle, die auf dem Schlauch stehen, gibt's Hilfe beim Lösen des Adventures. Anders als beim zweiten Teil sorgt eine Hot-Spot-Anzeige für Orientierung, die aber einen Haken hat: Sie zeigt nicht alle Ausgänge. So kann es vorkommen, dass man einen Raum gar nicht findet, weil man vorbei läuft. Das passiert in Zimmern, die unterteilt sind. So habe ich erst nach einer vollen Stunde Spielzeit rausgefunden, dass der Friedhof ja einen Eingang hat. Da hilft leider nur, alles abzulaufen. Zudem ist die Annäherung oft inkonsequent: Einmal betritt man etwas per Pfeil und einmal muss man den Handlungsbutton verwenden, um rein zu kommen - wie etwa beim Schuppen im dritten Akt.

...und viele Verdächtige: Was und wer steckt hinter dem Mord?
Die Lösungstipps sind zwar witzig gemacht: Wählt man die Spielhilfe, komm ein seltsamer Labormensch, der alles zu wissen scheint. Allerdings sind die Tipps oft ungenau und existieren nicht für alle vorkommenden Rätsel. Ein weiteres Problem ist, dass die Tipps selbst verklausuliert formuliert sind. Ihren Sinn muss man erst entschlüsseln, was nicht immer zweifelsfrei möglich ist. In diesen Fällen braucht man nach wie vor die Komplettlösung aus dem Internet.

Kindische Dialoge

Leider hat der etwas düstere Gesamteindruck nicht dazu geführt, dass einem das Spiel selbst erwachsener vorkommt. Viele der Charaktere verhalten sich einfach kindisch und das ist durchaus gewollt: So versucht man die Welt der Geister durch den Kakao zu ziehen, indem die einzige Frau, die daran glaubt, lächerlich gemacht wird. Ricarda lässt sogar die Übersetzung einer Anleitung von einem Geist vornehmen - und zwar von einem schwedischen. Aber es ist gibt auch schöne Szenen, etwa wenn der eine Insasse mit seinem imaginären Auto friedlich über die Straßen düst.

Immerhin lassen sich die manchmal ausufernden und banalen Gespräche umgehen: Wer nix über die Leute in der Klapsmühle wissen möchte, muss auch nicht danach fragen. Zur Lösung braucht man nämlich nur ein Mindestmaß an Texten zu lauschen. Die zum Teil schwachen Dialoge sind eigentlich schade, denn die Charaktere wirken durchweg skurril. Nicht nur in der "Klapse" scheint jeder einen Schuss zu haben, wie sich an einer schlagkräftigen Hausmeisterin oder einem fanatischen Elvisfan zeigt. Leider spiegelt das die Sprachausgabe nicht immer unbedingt wider.

        

Fazit

Runaway: A Twist of Fate beginnt interessant, hängt in der Mitte durch, um dann in Richtung Schluss wieder Fahrt aufzunehmen. Zunächst sticht einem die scharf gezeichnete Umgebung ins Auge, die einen stimmungsvollen Herbst inszeniert. In dieser eher realistischen als quietschbunten Comicwelt macht es einfach Spaß, dem Geheimnis um Bascos Verschwinden nachzugehen. Die Frustgrenze wird dieses Mal weniger oft erreicht als im Vorgänger, weil die Rätsel unterm Strich machbarer sind: Es werden keine übertriebenen Dinge verlangt, es gibt eine Hot-Spot-Anzeige und wenn man hängt, hilft einem der kleine Kerl aus dem Off. Zudem machen Brian und Gina eine sehr gute Figur, wenn sie sich durch die Szenen rätseln, was auch durch die coolen Filme unterstrichen wird. So könnte es eigentlich weiter gehen bis zum Schluss und eine gute Wertung wäre greifbar, aber dann schwächelt das Abenteuer. Der Mittelteil, wo man den Mord am Colonel untersucht, entfaltet keine hohe Motivation mehr. Man fragt sich zu oft, was das eigentlich soll, was man gerade macht und warum über so viel Unwichtiges gequatscht wird. Zudem bringt einen die Hilfe nicht immer weiter, weil die Kommentare undurchsichtig sind oder man Orte aufgrund fehlender Übersicht nicht findet. Um an wichtige Informationen zu kommen, muss man oft in ausuferndes Geschwätz einsteigen, obwohl es einen gar nicht interessiert. So verging mir in der Mitte des Spiels die Lust an diesem Abenteuer und den Rest der Strecke bis zum Finale habe ich mich regelrecht geschleppt. Schade, dass man den Schwung des Einstiegs nicht halten konnte.

Pro

Gina und Brian spielen
meist machbare Rätsel
umfangreiche Dialoge
spleenige Typen
witzige Spielhilfe

Kontra

Mittelteil hängt durch
manche Ausgänge/Gegenstände schwer zu finden
viel unwichtiges Geschwätz
Hilfe hilft nicht immer

Wertung

PC

Nach gutem Beginn fällt die Spannung im Mittelteil deutlich ab. Immerhin sind die Rätsel machbarer als beim Vorgänger.

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