ANNO 1404: Venedig06.01.2010, Marcel Kleffmann
ANNO 1404: Venedig

Vorschau:

Der fehlende Mehrspieler-Modus kostete ANNO 1404 die Platin-Auszeichnung. Gerade bei einer Aufbau- und Wirtschaftssimulation ist ein Multiplayer natürlich eine komplizierte Angelegenheit. Und nur zwei Prozent der ANNO 1701-Spieler haben sich damals an den Mehrspieler-Modus gewagt. Trotzdem wünschen sich die 1404-Bauherren laut einer Ingame-Umfrage nichts sehnlicher als mit anderen Leuten zusammen oder gegeneinander spielen zu können. Die Erweiterung ANNO 1404 - Venedig soll diesen und noch einige andere Wünsche erfüllen...

Jetzt mit Multiplayer

Seit dem für ANNO 1503 versprochenen, aber nie entwickelten Multiplayer-Modus ist diese Spielvariante ein heißes Eisen für die Anno-Serie. Diesmal wollen die Entwickler mit möglichst hoher Qualität punkten, schließlich sei "ein Multiplayer kein triviales Feature, das man mal eben so einbaut" (Related Designs). Ein klassisches Mehrspieler-Match 

Video: Der Debüt-Trailer geht auf die Merkmale der Erweiterung ein.funktioniert sowohl via LAN als auch über das Internet und bietet Platz für bis zu acht Spieler - beim Vorgänger durfte nur ein Quartett antreten. Teamplay ist ebenfalls möglich, da sich maximal vier Teams bilden lassen; sollten nicht genug menschliche Spieler zugegen sein, können Computergegner hinzugeschaltet werden. Ansonsten könnt ihr im Mehrspieler-Modus genau das tun, was ihr im 'Freien Modus' ebenfalls macht: Siedlungen aufbauen, Handel treiben, Krieg führen, Verträge anbieten, Tribute fordern, sticheln und viel Zeit totschlagen...

Neu ist der kooperative Modus, bei dem bis zu vier Spieler eine Siedlung gemeinsam und gleichzeitig kontrollieren: Teamplay und Koordination werden groß geschrieben, da alle Beteiligten auf die gleichen Ressourcen, Schiffe sowie Militäreinheiten zurückgreifen, wobei immer der zuletzt gegebene Befehl ausgeführt wird. Der Vorteil ist, dass sich die Mitspieler gegenseitig ergänzen bzw. unterstützen können: So baut ein Spieler zum Beispiel eine Okzident-Stadt auf, der Zweite kümmert sich um die Orientsiedlung, der Dritte organisiert die Verteidigung und der Vierte löst die Quests. Dies klingt auf dem Papier gar nicht schlecht, aber in der anfänglichen Aufbauphase - wenn nicht so viel zu tun ist - werden sich die Mitstreiter wohl langweilen. Erst mit zunehmender Zeit und Siedlungskomplexität könnte die Aufgabenteilung mehr Sinn ergeben; für zwei Spieler sollte hingegen genug Arbeit zum Teilen vorhanden sein. Außerdem könnte ein erfahrener Spieler eine weniger erfahrene Person an die Hand nehmen.

Szenarien nur für Einzelspieler

Das Flair von Venedig wurde detailgetreu eingefangen.
 Vorgefertigte Szenarien wird es für den Mehrspieler-Modus nicht geben. Ihr seid quasi die gesamte Zeit im "Endlos-Multiplayer-Modus" unterwegs, auch wenn sich Szenarien förmlich anbieten würden, weil sie die Startzeit beschleunigen und eine gleiche Grundlage für alle Beteiligten schaffen würden. Und weil 15 Szenarien für den Einzelspieler-Modus geplant sind, ist es umso unverständlicher, warum nicht mehrere Varianten (speziell für kooperative Erlebnisse) entwickelt wurden. Zumindest können Mehrspieler-Partien mit mehr Ressourcen oder mit bis zu drei Schiffen gestartet werden, um die oftmals langen Matches zu beschleunigen.

Die 15 Einzelspieler-Szenarien, für die laut Entwickler rund 40 Stunden Spielzeit veranschlagt werden, sind vom Beginn an freigeschaltet und unterteilen sich in drei Kategorien: Story, MiniGames und Puzzle. Drei Story-Szenarios erwarten Gelegenheitsspieler mit kleinen Geschichten nach dem Vorbild der Kampagne, wie z.B. "Die Suche von Willem van der Mark nach seiner Tochter" oder "Der Niedergang des Kaufmannsimperium von Giovanni Di Mercantes". Das letzte Szenario soll die Frage beantworten, warum sein Imperium zusammengebrochen ist und greift einen bekannten Charakter auf. Für erfahrene Spieler gibt es drei "MiniGames", die einen Teil der Anno-Mechanik isolieren: So müsst ihr in Istars Labyrinth mit einem Schiff verschiedene Schätze sammeln oder dürft in "Geißel der Meere" als Korsar die Gegend unsicher machen. Die weiteren neun Szenarien richten sich eher an Profis und haben Puzzlecharakter; zum Beispiel "Erreiche 2.000 Adelige in einer Stadt, ohne dass ein Bewohner Steuern zahlen muss" oder "Erreiche 1.000 Bettler, die auf der Straße leben und halte gleichzeitig eine positive Bilanz". Eine neue Kampagne mit durchgehender Story wird es nicht geben.    

Venedig

Die große und liebevoll nachgebildete Hafeninsel Venedig dient als übergeordnete Verbindung für die weiteren Spielplätze der Erweiterung und hat die gleiche Funktion wie der Okzident- und der Orienthafen. Ihr tretet mit 'Signore Giacomo Garibaldi' in Kontakt und könnt Waren sowie Items einkaufen, weitere Errungenschaften erlangen und auf zwei neue Schiffe zurückgreifen: Die kleine Handelskogge, die sich durch

Der venezianische Hafen.
hohe Geschwindigkeit und geringe Verlangsamung bei Schaden auszeichnet und die große Handelskogge, die ebenfalls sehr schnell ist, einen großen Laderaum bietet und bewaffnet ist - wie ein Flaggschiff 2.0, nur teurer im Unterhalt. Durch den venezianischen Einfluss erhaltet ihr außerdem Zugang zur "Sabotage" und der "Ratsversammlung" - zwei weiteren Neuerungen der Erweiterung.

Spionage und Sabotage

Der mysteriöse Rat der Zehn, die Denunziantenbriefkästen sowie die venezianische Maskerade dienten als Inspiration für die Spionage, die fortan Einzug in die Anno-Welt hält. Spionage unterteilt sich in zwei Phasen: Infiltration und Aktion. In Phase 1 geht es darum, dass sich der Spion in der fremden Stadt einen Unterschlupf (wie ein Wohnhaus) besorgt und in Phase 2 wird die Sabotage ausgeführt. Die möglichen Aktionen sind abhängig vom infiltrierten Gebäude: Ein Bürgerwohnhaus erlaubt es Feuer legen, ein Patrizierwohnhaus ermöglicht das Anzetteln eines Aufstandes und bei infiltrierten Adelswohnungen könnt ihr einen Brunnen vergiften, während Nomaden und Gesandte durch Bauchtänzer und Propheten von ihrer Arbeit abgehalten werden. Gegen Spionage/Sabotage kann man sich glücklicherweise wehren: Wurde ein Spion gesichtet, können die Spieler, wie bei den entsprechenden Quests, den Spion finden und anklicken. Zudem könnt ihr Geheimkabinette errichten, deren Wachen im Einflussbereich patrouillieren. Die Geheimkabinette lassen sich sogar tarnen. Damit die Sabotage-Fertigkeiten nicht allzu übermächtig sind, werden sie mit einer hohen Abklingzeit (z.B. 20 Minuten) versehen.

Venezianische Ratsversammlung

Laut den Entwicklern wünscht sich die Community seit längerer Zeit, dass gegnerische Inseln und Städte ohne militärische Mittel erobert werden können - dazu dient nun die " Ratsversammlung" nach dem Vorbild der venezianischen Kaufleute, die dank großer Goldmengen Einfluss auf die Politik hatten. Jede gegründete Siedlung hat fortan eine Ratsversammlung, die aus fünf Sitzen besteht. Ihr könnt euch diese sichern, indem ihr einen Goldbetrag dafür ausgebt. Der Gründer der Stadt hat automatisch einen Ratssitz und die neutralen Plätze können frei von jedem Spieler gekauft werden. Wer drei oder mehr Sitze einer Stadt innehat, kann sich den Stadtschlüssel kaufen und die Stadt übernehmen. Das "Opfer" kann sich natürlich dagegen wehren und Ratssitze zurückkaufen oder Allianzen schmieden. Der Fairness halber werden die Ratssitze teurer,

Solch ein Schloss im Hintergrund könnt ihr ebenfalls errichten.
 je prunkvoller die Insel ist und der Eigentümer der Stadt zahlt weniger. Besonders im Multiplayer-Modus können sich mit Allianzen, Hilfegesuche und Goldspenden wirklich vertrackte Situationen ergeben.

Paläste, Inseln und Vulkane

Als Zierde und zur Steigerung des Siedlungswertes dürft ihr wieder ein eigenes Schloss im venezianischen Stil errichten und es mit elf Zierelementen (Tierkäfige, Theaterbühne, Markuslöwen, Leinwand mit Künstler, Schiffschaukel, Organist) dekorieren. Zusätzlich gibt es 300 Quests, zwei neue Aufgabentypen "Schiff entern" sowie "Handelsrennen" und neue "Gegenstände": Agent (ermöglicht das Entdecken feindlicher Geheimkabinette), Geologe (ermöglicht das Abbauen von Ressourcen auf Vulkaninseln), Dekret (macht Ratsitze teurer), Denuziantenbriefkasten (verbessert die Gegenspionage) und Zisterne (vergrößert die Noria-Wasservorräte bis hin zu unerschöpflich). Darüber hinaus sind zehn neue Inselvorlagen (inklusive einer Pfannkucheninsel mit sehr viel Bauplatz) und fünf Vulkaninseln angedacht. Letztere haben unerschöpfliche und variabel konfigurierbare Rohstoffvorkommen (vgl. Saatgut-Items), doch wenn der Vulkan ausbricht, kann die dort errichtete Siedlung binnen weniger Sekunden ausgelöscht werden.

Bei all den Neuerungen fehlen allerdings Erweiterungen des tatsächlichen Spielkerns - und zwar des Wirtschaftssystems: Neue Produktionsketten oder Waren sucht man vergeblich. Related Designs begründet dies damit, dass das bisherige System außerordentlich gut funktioniert und auch die Komplexität würde stimmen, denn nur ein kleiner Prozentsatz der Spieler sei bis zur Brokat-Kette vorgedrungen. Dafür soll das Militärsystem für den Multiplayer-Modus neu ausbalanciert und "verlangsamt" werden.

Ausblick

Der Mehrspieler-Modus ist eine schöne und sinnvolle Ergänzung zu ANNO 1404 und auch die kooperative Fassung, in der man gemeinsam mit bis zu vier Spielern die Geschicke einer Siedlung lenkt, klingt auf dem Papier durchaus interessant. Doch inwiefern sich Spaß und Langeweile bei geteilten Aufgaben die Waage halten, bleibt abzuwarten - genauso wie lang die Matches tatsächlich ausfallen, da auf die Zeitbeschleunigungsfunktion wohl verzichtet werden muss. Gerade hier ist es schade, dass sich Related Designs gegen Multiplayer-Szenarien entscheidet, denn so hätte man die Spielzeit mit einer vorgegebenen kooperativen Siedlung beschleunigen können, sofern eine "kurze" Partie angestrebt wird. Dafür scheinen sich die Entwickler bei den Einzelspieler-Szenarien richtig auszutoben und überlegen sich kreative Missionen sowie kniffelige Herausforderungen. Auch das Spionage-System verspricht einen hinterhältigen Reiz, wobei die venezianische Ratsversammlung als nichtmilitärische Möglichkeit der Siedlungsübernahme sicherlich für viel (Schaden-)Freude sorgen wird. Doch trotz einiger Neuerungen und der Rückkehr des Prunkschlosses fehlt mir als Annospieler mit wirtschaftlichen Ambitionen das Wesentliche: Neue Warenketten! Erst die würden ja auch zu einem frischen Aufbauerlebnis führen. So wirkt Venedig im Prinzip nur wie ein weiterer "Hafen".

Ersteindruck: befriedigend

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