Vorschau:
Die Angst vorm Tod
Wizardry Online ist ein MMORPG auf Free-to-Play-Basis, bei dem prinzipiell sämtliche Spielinhalte kostenlos sind. Wer seinen Geldbeutel zückt, kommt jedoch hier und da schneller bzw. komfortabler voran. Neben direkten Einkaufsmöglichkeiten kann man auch zusätzliche Charakterplätze, mehr Stauraum oder Opfergaben für eine erfolgreiche Reinkarnation erwerben. Im Gegensatz zu den meisten anderen Online-Rollenspielen können Wiederbelebungen nämlich auch scheitern und den dauerhaften Verlust eines Spielcharakters nach sich ziehen.
Das damit verbundene Schreckgespenst ist allerdings nicht besonders groß, da es in der Regel genügend Optionen gibt, die erfolgreiche Rückkehr aus dem Reich der Toten zu gewährleisten - sei es durch Hilfe anderer, die den eigenen Leichnam bergen, oder durch das Opfern mitgeführter Gegenstände. Gefahr geht aber auch von anderen Spielern aus, die einen umbringen und ausrauben können. Wer gegen das Gesetz verstößt, muss allerdings auch mit den Konsequenzen leben.
Je nach Schwere der Tat wird man für eine bestimmte Zeit als vogelfrei erklärt und entsprechend gekennzeichnet. Dadurch werden nicht nur Stadtwachen-NPCs mit Haftbefehl auf einen aufmerksam, sondern auch andere Spieler, die einem nun straffrei nach Leben und Besitz trachten dürfen. Selbst wer den Charakter wechselt, bleibt vogelfrei, da nicht nur Story-Fortschritt, Item-Lager oder Freundesliste, sondern auch das Strafregister charakterübergreifend angelegt wird.
Motivierende Facetten
Mit Krieger, Dieb, Priester und Magier gibt es insgesamt vier Professionen, die von den fünf Rassen des unter einem mysteriösen Mana-Schwund leidenden Königreichs Dimento ergriffen werden können. Hinzu kommen drei moralische Gesinnungen für die man sich vorab entscheiden muss. Einschränkungen bei der Zusammensetzung gibt es nur sehr wenige, auch wenn nicht alle Kombinationen vorteilhaft sind. Manche Besonderheiten entdeckt man sogar erst viel später beim Lernen neuer Fertigkeiten.
Allerdings gibt es auch die Möglichkeit Klasse und Gesinnung nachträglich zu ändern und bestimmte Leistungsmerkmale zu übertragen sowie seine bereits investierten Fertigkeitspunkte neu zu verteilen. Völlig freie Jobwechsel wie bei einem Final Fantasy XIV sind jedoch nicht möglich. Auch die Möglichkeiten zur optischen Charakterindividualisierung sind eher begrenzt.
Gefährliche Gemäuer
Unterwegs lauern nicht nur zahlreiche Monster und Fallen, es gibt auch Rätsel, die gelöst und Hindernisse, die mit Geschick und Beobachtungsgabe überwunden werden wollen. Man balanciert über schmale Planken, hüpft sprintend über klaffende Abgründe oder duckt sich unter Feuer speienden Abwehranlagen hinweg. Verletzungen müssen mit Items oder Zaubern bzw. an reinkarnationsfähigen Brunnen kuriert werden, da es keinerlei automatische Gesundheitsregeneration gibt.
Auf ins Getümmel
Kämpfe finden bis auf separate Bossfight-Instanzen direkt an Ort und Stelle statt und laufen entgegen der Serientradition in Echtzeit ab. Man kann Ziele automatisch oder manuell anvisieren sowie auf Tastendruck automatisierte Standardhiebe ausführen. Es ist aber auch möglich und teils sogar vorteilhaft ohne derlei Hilfen zu attackieren. Wer nicht überladen ist, kann auch schnelle Ausweichschritte machen oder bei ausgerüstetem Schild Feindattacken blocken.
Um geeignete Mitspieler oder Gruppen zu finden, kann man komfortable Suchfunktionen nutzen. Fest zugeteilte Server gibt es übrigens nicht. So kann man sich vor jedem Spielbeginn für eine Spielregion entscheiden sowie im Stadtbereich oder vor Dungeon-Besuchen nach klassischer Phantasy Star Online-Manier frei zwischen Dutzenden Server-Kanälen wählen - je nachdem, ob man's gerade lieber ruhig oder gut bevölkert möchte.
Kraft der Gemeinschaft
Trotzdem geht die Charakterentwicklung mit der Zeit immer schleppender voran und man kommt nicht drum herum, immer wieder dieselben Gemäuer zu durchkämmen und Gegner zu plätten, bevor man stark genug für den nächsten Schauplatz ist. Die enorm schnelle Wiederentstehung getöteter Widersacher mag einem da entgegenkommen, kann bei normalen Erkundungen aber auch extrem nerven - vor allem, wenn man noch keine Karte vom aktuellen Gebiet besitzt.
Karten zählen jedoch zu den Dingen, die man auch über das spielinterne Auktionshaus oder persönliche Basare erwerben kann. Schade nur, dass man letztere lediglich während Spielpausen eröffnen kann. Eine gewöhnliche Tauschfunktion steht allerdings immer und überall zur Verfügung, ebenso wie verschiedene Möglichkeiten der Beuteverteilung bei Gruppeneinsätzen.
Hässliches Entlein
Schön ist hingegen, dass man sich optional auch per Maus in Blickrichtung bewegen und dadurch in manchen Situationen andere Aktionen einfacher ausführen oder besser abstimmen kann. Wizardry-Veteranen freuen sich neben der ein oder anderen knackigeren Rätseleinlage sicher auch über Schlösser an Schatzkisten, die bei gescheiterten Knackversuchen gefährliche Fallen auslösen können, Fundobjekte, die erst identifiziert oder Ausrüstungsgegenstände, die regelmäßig repariert werden müssen.
Später kann man sich auch auf Effizienz steigernde, aber riskante Schmiede- oder Juwelierarbeiten einlassen oder mit Titeln jonglieren, die man für bestimmte Leistungen wie das erfolgreiche Abschließen von Aufträgen erhalten hat. Quests bekommt man sowohl von Dorfbewohnern und Dungeon-Besuchern als auch Mitarbeitern der Abenteurergilde, deren Aufträge sich im Gegensatz zu persönlichen Gesuchen und Story-Einsätzen meist beliebig oft wiederholen lassen.
Ausblick
Wizardry Online ist trotz seines großen Namens ein sehr gewöhnliches Online-Rollenspiel, das sich weder stilistisch, technisch, noch spielerisch besonders hervortut. Auch dem beworbenen Hardcore-Aspekt wird es nicht wirklich gerecht. Ja, der eigene Charakter kann durch fiese Fallen, Gegner oder andere Spieler zu Tode kommen und anschließend ausgeraubt werden. Man kann ihn durch gescheiterte Wiederbelebungsversuche sogar dauerhaft verlieren. Aber es gibt mehr als genug Möglichkeiten dem entgegenzuwirken - notfalls durch bare Münze. Doch selbst wer keine Mikrotransaktionen tätigt, braucht sich nicht zu fürchten, solange er ausreichend vorsorgt. Die Leveltretmühlen mahlen ohne Schmiergeld allerdings sehr langsam, gute Ausrüstung macht sich rar und die Spielwelt besteht fast ausschließlich aus finsteren Kellergewölben. Durch die weht zwar immer wieder ein verführerisch rauer Charme, der mit vertrackten Rätseln oder gesicherten Schatztruhen an alte Serientraditionen erinnert, für eine dauerhafte Bindung war's bisher aber noch zu wenig.
Einschätzung: befriedigend
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