DayZ25.03.2014, Benjamin Schmädig
DayZ

Vorschau:

Wie eine Windmühle drehen sich gleißende Sonnenstrahlen in den Wipfeln eines fernen Waldes. Die Sonne geht langsam unter, Vögel zwitschern verspielt im Abendrot. Dieses Chernarus bietet idyllische Augenblicke wie kaum ein anderes Spiel. Kaum vorstellbar, dass hinter jedem Hügel ein schreckliches Grauen lauert – sowohl im Spiel als auch für den realen Spieler.

Der Tag der Alpha-Toten

Early Access, also – Steams Frühstarterprogramm für Projekte, die noch in Entwicklung sind. Denn DayZ (ab 31,60€ bei kaufen) ist keine Modifikation von ArmA 2 mehr, sondern ein eigenständiges Spiel. Als Schauplatz dient noch immer die sagenhaft große Karte des imaginären Chernarus, das Gebiet wurde allerdings um verschiedene Areale, neue Häuser sowie andere Objekte und sogar ganze Ortschaften erweitert.

Ich habe Dutzende Stunden in dem Land verbracht, das von Zombies überrannt wurde – höchste Zeit also, dass ich mich ausführlich in dem neuen Chernarus umsehe! Immerhin verspricht Erfinder Dean Hall eine noch umfassendere Simulation des Überlebenskampfes.

Das Eingangsschild einer der größten Ortschaften in Chernarus. ArmA 2 und auch DayZ fangen die Architektur der osteuropäischen Nachkriegsmoderne sehr gekonnt ein.
Nasse Kleider sollen zu Unterkühlung führen, verfaultes Essen zu Übelkeit, an Feuerstellen wird man ein nahrhaftes Mahl kochen. Es werde sogar Blutvergiftungen geben und wer während einer Transfusion eine falsche Blutgruppe verwendet...

Die große Suche

... aber alles beginnt zunächst am Strand. In der Nähe irgendeiner Ortschaft entweder im Süden oder Osten Chernarus'. Eine Taschenlampe für die Nacht und eine Hose mit wenig Platz für Nahrung, Medizin, Munition oder andere Gegenstände sind mein ganzes Hab und Gut. DayZ dreht sich schließlich zu einem großen Teil um das Aufspüren besserer Ausrüstung, um das beinahe Verhungern oder Verbluten, bevor irgendwo eine lebensrettende Dose oder Bandage auftaucht.

Inzwischen kann ich ja fast alle Gebäude betreten und es sind sogar neue hinzugekommen; beeindruckend die große Plattenbausiedlung mit ihren verlassenen Kinderschaukeln und ausgestorbenen Parkplätzen. Viele Räume gleichen sich zwar und das schadet der Illusion, aber die Welt wirkt lebendiger als in der Modifikation. Dazu trägt auch die neue Ausrüstung bei, denn jetzt erhalte ich nicht nur durch Rucksäcke, sondern auch mit jeder Hose und jeder Jacke zusätzlichen Platz.

Muskelkraft statt Schießpulver

Wer Pech hat, findet jedoch nicht einmal eine faule Banane. Denn die Verteilung der Gegenstände geschieht in der aktuellen Version ausschließlich mit dem Start eines Servers. Wer einen belebten Server also lange nach dessen Neustart betritt, nagt irgendwann am Hungertuch. Ich habe zuletzt drei Stunden und etliche Serverwechsel gebraucht, bevor ich das erste Mal ein reichhaltiges Lager fand. Das ist natürlich unzumutbar. Wenn ich weiß, dass ich ohnehin chancenlos bin, verliert das "Abenteuer Überleben" jedenfalls seine Spannung.

Die vermisse ich auch an anderen Stellen, denn von den wenigen Zombies geht weniger Gefahr aus als das Szenario vermuten lässt. Der Nahkampf ist zudem bedeutend wirkungsvoller als in der ArmA-2-Modifikation. Für sich genommen ist das allerdings eine sinnvolle Ergänzung und die unterschiedlich starken Äxte, Schraubenschlüssel und Macheten sorgen dafür, dass die selten gewordenen Feuerwaffen zu Beginn keine Rolle spielen. Kämpfe sind durch die Nähe zu den Zombies packender, eindringlicher – jedenfalls so lange, bis die Gegner durch verschlossene Türen schlurfen und

Das Verwalten der Ausrüstung ist übersichtlicher geworden. Unterschiedlicher Kleidung kommt dabei eine große Bedeutung zu.
auch Menschen im Boden versinken oder durch Wände geschoben werden. Solche Fehler zerreißen die Illusion. Ärgerlich auch, dass die Untoten erst dann hörbar röcheln, wenn sie bereits die Verfolgung aufgenommen haben. Dabei sollte gerade ihr ständiges Ärchzen und Schnaufen schon im Vorfeld für Spannung sorgen.

Spiel's noch einmal!

Ein großes Thema waren zuletzt auch unfreiwillige Serverwechsel. Schließlich wollte ich mich mit Kollege Sebastian treffen, um das neue Chernarus in einer kleinen Gruppe zu erkunden. Doch jeder von uns wurde binnen weniger Stunden etwa ein Dutzend Mal aus dem Spiel geworfen. Und der Wiedereinstieg war kritisch: Mehrmals begannen wir ohne die mühsam angehäufte Ausrüstung an einem neuen Startpunkt von vorn. So dauerte es geschlagene zwei Stunden, bis wir das erste Mal zusammenkamen – wenige Minuten später befanden wir uns bereits auf einem neuen Server an brandneuen Startpunkten.

Fehler, Verzögerungen, Verbindungsabbrüche: Unser erster ausführlicher Blick auf das eigenständige Spiel fand nach mehreren Versuchen ein abruptes Ende, bevor wir uns richtig umsehen konnten. Hätte die Vorschau an diesem Punkt geendet, sie hätte einen mangelhaften Eindruck hinterlassen. Das ist leider eine Gefahr, mit der Käufer des aktuellen DayZ rechnen müssen.

Cola gegen Dosenöffner

So schnell wie Probleme entstehen können, verschwinden sie manchmal allerdings: Ein weiteres Update räumte am Wochenende die meisten Verbinungsprobleme aus dem Weg. Und plötzlich nahm unsere Reise nach Chernarus Fahrt auf. Wir sammelten Rucksäcke, starke Nahkampfwaffen, Verbandszeug und mehr. Echte Bandagen brauchen wir dafür nicht; zerrissene Kleider erfüllen denselben Zweck. Ich musste nach einem Kampf mit einem Zombie zwar mein Hemd ausziehen und "umfunktionieren", konnte es später aber durch eine dicke Jacke ersetzen.

Als ich Sebastian endlich zum zweiten Mal traf, brachte ich dem verdurstenden Kollegen außerdem eine Cola mit. Im Gegenzug gelangte ich mit seiner Machete endlich an das Essen der zahllosen Konserven, die ich inzwischen bei mir trug. Zuvor war es verdammt frustrierend, mit gefährlich knurrendem Magen immer neue Dosen zu finden, aber kein Werkzeug zu besitzen. Schade übrigens, dass ich fast alles Wichtige über meinen Zustand über sich ständig wiederholende Texte erfahre. Das passt nicht ins Bild einer glaubwürdigen Lebenssimulation.

Tschechische Kronen

Unser erstes Ziel war schließlich eine kleine Ortschaft im Nordosten des Landes. Mein Begleiter hatte sich im Dauerregen eine Krankheit zugezogen - wir brauchten Medizin. Und wir wollten uns für den Weg zu einem kleinen Flugplatz weiter nördlich eindecken. Ganz richtig: Wir benutzen wie die meisten Spieler eine der Landkarten, die auf verschiedenen Webseiten zum Download angeboten werden. Warum auch nicht? Ich gehe schließlich davon aus, dass meine Figur als Bewohner Chernarus' mit der heimatlichen Umgebung vertraut ist.

Eine interessante Beobachtung habe ich zudem im Regen gemacht: Ich finde tatsächlich unter jedem einzelnen Baum Schutz vor Nässe. Ich könnte mich also neben einen Stamm setzen und den Guss abwarten - buchstäblich. Was den zusätzlichen Vorteil hat, dass ich schneller wieder zu Kräften komme. Eine Erkältung könnte Kollege Sebastian vielleicht einfach aussitzen. Zumindest sollte er nicht rennen, sondern im Schritttempo gehen. Auch wenn viele Elemente wie die neuen Feuerstellen oder weitere Ortschaften noch gar nicht vorhanden sind: Ganz langsam zeigt dieses unfertige Abenteuer, welches Potential in ihm steckt. Ich bin jedenfalls gespannt, wohin mich unsere Reise führen wird.

Ausblick

Lohnt sich der Kauf dieser aktuellen, knapp 24 Euro teuren Alphafassung? Ich hatte mich auf diese Vorschau gefreut, auf die vielen neuen Möglichkeiten und den unerbittlichen Überlebenskampf im neuen Chernarus. Doch als Spiel funktioniert das eigenständige DayZ bisher nur bedingt. Manche Bausteine deuten die vielen, eng miteinander verknüpften Elemente des unerbittlichen Überlebenskampfes zwar an - viele fehlende Elemente sowie Programmfehler rauben aber die Illusion. Der unzuverlässige Netzcode machte aus dem Erlebnis etwa tagelang ein Glücksspiel, der Kampf gegen die Zombies wirkt auch jetzt noch wie ein holpriger Prototyp. Und das ist selbst im Rahmen von Early Access zu wenig. Die komplexe Simulation von Hunger, Krankheit, Verletzungen und mehr könnte im fertigen Zustand ein packendes Erlebnis sein. Immerhin will Dean Hall auch das Wirken der Spieler untereinander vielschichtiger gestalten als das "Team Deathmatch" der Mod. Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg.

Einschätzung: ausreichend

[Die Vorschau umfasst einen Blick auf die Versionen 0.42.116181 und 0.43.116251. Unsere Einschätzung gibt den aktuellen Entwicklungsstand wieder, sie schätzt nicht das angekündigte Potential des fertigen Spiels ein, das wir im guten Bereich sehen. Wir werden diese Vorschau und die Wertung im Verlauf der Entwicklung von DayZ anpassen. Anm. d. Red.]

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.